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Full text of "Der jüngere Titurel und sein Verhältnis zu Wolfram von Eschenbach"

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Der jüngere Titurel 


und 


sein Verhältnis zu Wolfram von Eschenbaeh. 


Von 


Conrad Borchling 

auf Emden. 



Am 29. Mai 1895 

von der philosophischen Fakultät der Universität Göttingen 

gekrönte Preisschrift. 


Göttingen 1897. 

Druck der Dieterich’schen Univ.-Buclidruckerei (W. Fr. KJsinor). 


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Die vorliegende Preisschrift gilt zugleich als Dissertation. 


Referent : Herr Prof. Dr. R o e t h e. 

Tag der mündlichen Prüfung: 27. April 1896. 


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Thema der Premaufgabe: 

Die Fakultät wünscht, dass durch eine genaue Vergleichung 
des jüngeren Titurel mit Wolframs Parzival und Titurel festge- 
stellt werde, 

1. in welchem Masse der Dichter des jüngeren Titurel 
nach Inhalt und Sprache von seinem Vorbilde abhängig sei, 

2. ob wir zu der Annahme genöthigt sind, dass Albrecht 
für sein Epos noch andere wesentliche Quellen benutzt habe, 
als Wolframs Dichtungen. 

Es empfiehlt sich, dass der Untersuchung nicht nur Hahn’s 
Ausgabe des jüngeren Titurel, sondern auch der auf der hiesigen 
Bibliothek vorhandene alte Druck (von 1477) zu Grunde gelegt 
werde. Die Fakultät hält es nicht für unerlässlich, dass die Auf- 
gabe für den ganzen Umfang des jüngeren Titurel gelost werde, 
sondern würde zufrieden sein, wenn der Bewerber sie erschöpfend 
für einen Teil der Albrecht’sehen Dichtung erledigte, der geeig- 
net ist, einen Ausblick auf das Ganze zu gewähren. 


Das Urteil der Fakultät lautet: 

Die Abhandlung stellt der Arbeitskraft, dem Scharfblick und 
der Belesenheit des Verfassers ein recht günstiges Zeugniss aus. 
In ihrem ersten Theile erweitert sich ihm die von der Fakultät 
verlangte inhaltliche Vergleichung des jüngern Titurel mit Wolf- 
rams Dichtungen zu einer vortrefflichen , reichhaltigen und sorg- 
fältigen Quellenuntersuchung, die einen schätzbaren Beitrag zur 
Charakteristik des spätmittelhochdeutschen Epos bildet und in 
ihren Resultaten gewiss zu ergänzen, aber schwerlich umzustürzen 
ist Nicht ganz so gelungen ist der zweite Theil der Arbeit, 
der die sprachliche und stilistische Abhängigkeit Albrechts yon 


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IV 


Wolfram darstellt. Der Verfasser hat aus Zeitmangel nur etwa 
ein Sechstel des jüngern Titurel ausschöpfen können; er ist des 
gewonnenen Materials nicht durchweg Herr geworden und lässt 
wenigstens ein für diese Quellenfrage wichtiges Moment, den 
Fremdwörtergebrauch , zu sehr ausser Acht ; auch fehlt eine ab- 
schliessende Zusammenfassung. Wenn die Fakultät demnach auch 
verlangen muss, dass der Verfasser vor dem Drucke seiner Ab- 
handlung die inhaltlichen und formellen Mängel ihres zweiten Theils 
abstelle *), so erkennt sie doch auch in ihm den grossen Fleiss, die 
sachgemässe Anlage, die Fülle der Gesichtspunkte, den klaren Sinn 
für das Wesentliche rühmend an. Die Fakultät schätzt die Arbeit 
in ihrer Gesammtheit als eine sehr tüchtige, wissenschaftlich för- 
dernde philologische Leistung und spricht ihr mit Befriedigung 
den vollen Preis zu. 


*) Diese Umarbeitung ist inzwischen nach den Wünschen der Fakultät erfolgt. 


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Meinen lieben Eltern. 


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Die Wertschätzung, die der s. g. jüngere Titurel im Laufe 
der Zeiten erfahren hat, ist immer abhängig gewesen von der Be. 
urteilung des Verhältnisses dieses grossen mhd. Epos zu Wolfram 
v. Escheubach. Solange man den Dichter des jg. Titurel mit Wol- 
fram identificierte , hat das Gedicht auch treulich alle Schicksale 
der Wolframschen Werke, vor allem des Parzival, mit durchge- 
macht. Sobald aber ein klarer Kopf einmal die Nichtigkeit der 
Ansprüche des jg. Titurel auf Wolframs Autornamen energisch 
ausgesprochen hatte, haben sich die Wege des Parzival und des 
Titurel getrennt, und ein himmelweiter Abstand trennt heute für 
unser Empfinden den jg. Titurel von den echten Werken Wolframs. 

Der Dichter des Titurel selbst hatte durch die Behandlung 
seines Stoffes, durch die Einflechtung der echten Wolframschen 
Titurel -Strophen, und nicht zum mindesten durch die gewandte 
Benutzung stilistischer Hülfsmittel, das meiste dazu beigetragen, 
dass sein Gedicht sehr bald als ein Werk des grossen , damals 
besonders hochgeschätzten Meisters angesehen wurde. Fortan steht 
der Titurel Wolframs ebenbürtig, ja zuweilen als das Hauptwerk 
Wolframs, dem Parzival zur Seite. Für das ganze Mittelalter gilt 
diese Auffassung, in demselben Jahre 1477 wurden Parzival und 
Titurel bei Joh. Mentelin in Strassburg*) gedruckt, und als in 
der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Werke der grossen 
mhd. Epiker aus ihrem langen Schlummer erwachten , behauptete 
sich das Ansehen des Titurel, als Wolframschen Werkes, in un- 
verminderter Stärke. Das umfangreiche Werk, in dessen innerste 
Tiefen niemand eindrang , erschien den Aussenstehenden damals 
wie eine unerschöpfliche Fundgrube mittelalterlicher Sagen -Ele- 
mente , wie das stolzeste Denkmal mhd. Sprache. Der phan- 


*) Nicht bei G. Zainer in Augsburg, wie noch Burgers Index zu Hains Re- 
pertorium angiebt, cf. Dziatzko, Sammlung bibl.-wiss. Arbeiten, Heft ü, p. 17. 

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tastische Görres nennt im Anfänge seiner Einleitung zum Lobengrin 
den Titurel „die Mitte, Siegel, Kleinod und Edelstein“ der drei 
Epen vom hl. Grale. Rosenkranz stellte den Titurel gar mit der 
Divina Comedia Dantes in eine Linie , und selbst der nüchternere 
Docen bezeichnete die von ihm entdeckten Münchener Bruchstücke 
des Wolframschen Titurel als Bruchstücke einer vor-eschen- 
backischen Bearbeitung des Titurel. 

Wie mit einem Schlage aber änderte sich das Bild, als Karl 
Lachmann zuerst in seiner „Auswahl“ (pag. IV und XX VI) , dann 
noch einmal mit Nachdruck in der Einleitung zu seiner Ausgabe 
Wolframs (pag. XXIX) die Meinung zurückwies: „der Dichter 
des Parzival und der Titurel - Bruchstücke habe nachher auch den 
ganzen langweiligen und albernen Titurel verfasst“. Damit war das 
Urteil des jg. Titurel gesprochen, und ebenso hoch, wie man früher 
zu ihm aufsah , ebenso tief pflegt man seitdem auf ihn herabzu- 
sehen. Auch die philologische Arbeit, die sich den Werken Wolf- 
rams in so reichem Masse zuwandte, hat den Titurel in unbilliger 
Weise vernachlässigt. Und doch ist das Verhältnis zwischen dem 
jg. Titurel und Wolframs Werken, vor allem was den Stoff anbe- 
langt, von der grössten Wichtigkeit für die interessante aber 
schwierige Frage nach den Quellen der Wolframschen Graldich- 
tungen. Noch Lachmann glaubte aus den Worten des Titurel- 
Dichters mit Sicherheit schliessen zu dürfen , dass derselbe „das 
französische Gedicht des Provenzalen Guiot vor sich gehabt habe und 
der Anordnung desselben streng gefolgt sei“ (Wolfram v. E., pag. 
XXIV). Wollte man also dem problematischen Gewährsmann Wol- 
frams etwas näher kommen, so war es dringend erforderlich, den 
jg. Titurel , dieses einzige weitere Zeugnis für das Werk Kiots, 
genau auf seine Quellen hin zu untersuchen. 

Gegenüber Lachmanns Ansicht stellte zuerst Simrock in seiner 
Uebersetzung von Wolframs Parzival und Titurel (1. Aufl. 1842, 
Bd. I pag. 499 ff.) die Behauptung auf, dass der Dichter des Titurel 
eine französische Quelle nicht benutzt, sondern alles was er Neues 
biete, aus Andeutungen ira Parzival und den echten Titurelstrophen 
herausgeklaubt habe. Allein Simrock hat diese Behauptung nicht 
durch eine ins einzelne gehende Untersuchung erwiesen , und so 
sind wir heute noch nicht in der Lage , über das Verhältnis des 
jg. Titurel zu seinen Vorgängern, vor allem zu Wolfram, bestimmt 
und scharf zu urteilen. 

Die Klarstellung dieser Frage ist die Aufgabe der folgenden 
Untersuchung. Durch eine genaue Vergleichung des jg. Titurel 
mit Wolframs Parzival und Titurel nach Inhalt und Sprache soll 


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festgestellt werden, ob Wolfram die einzige wesentliche Quelle 
Albrechts gewesen ist, oder ob wir genötigt sind, ausser Wolfram 
noch eine andere, französische oder deutsche, Vorlage für den jg. 
Titurel anzunehmen. 

Die Arbeit zerfällt ihrer Natur nach in 2 grosse Teile, die 
Vergleichung des Stoffes der beiden Epen (wenn wir Parzival 
und Wolframs Titurel als eine Einheit auffassen), und die Ver- 
gleichung ihrer Sprache. 

Für den ersten Teil ist der Untersuchung Hahns Ausgabe 
des jg. Titurel (= H) zu Grunde gelegt, mit Hinzuziehung des 
Alten Druckes von 1477 (= A. D.)*) an den Stellen, wo derselbe 
eine wesentliche Abweichung im Stofflichen darbietet. Für die 
Vergleichung der Sprache dagegen müssen beide Ausgaben, die 
sich einander überall ergänzen und controlieren , gemeinsam als 
Ausgangspunkt der Untersuchung dienen. 


*) Nach dem Exemplare der Göttinger Univ.-Bitil. 


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I. Teil. 

Stoffliche Abhängigkeit des jg. Titurel von Wolfram. 

Abschnitt I: Titurel. 

Wenn wir die gewaltige Masse von Aibrechts Gedichte über- 
schauen, so finden wir in dem scheinbaren wüsten Durcheinander der 
verschiedensten Abenteuer bei genauerem Hinsehen doch eine gewisse 
Ordnung und Einteilung des ungeheuren Stoffes. Der Dichter 
selbst giebt uns einen Fingerzeig, wenn er (str. 5687 H.) das Drei- 
gestirn seiner Helden in einer Strophe vereinigt : 

Gamuret der eine, Farcifal der ander 

Fri vor allem meine, da hicz der drille Tschionatulander. 

Um diese 3 Helden gruppiert sich der Stoff unseres Gedichtes in 
der Weise, das Schionatulander in der Mitte steht. Sein Helden- 
tum, das Cap. IX — XXXV des A. D. einnimmt, bildet den Kern 
und das Rückgrat des Gedichtes. Während seiner Jugend ist 
Gamuret der Held der Avcntiure, und in dem Augenblicke, wo 
Schionatulander nach einer glänzenden Heldenlaufbabn endlich von 
Orilus getötet wird , tritt Parzival in die Erscheinung. Allein 
dessen Erlebnisse sind kurz und dürftig behandelt, Sigunes ewige 
Klagen um den Geliebten und die Rache für Schionatulander nehmen 
einen breiten Raum ein , sodass wir auch hier den Haupthelden 
selten aus dem Gedächtniss verlieren. 

In dieser Weise hat der Dichter des jg. Titurel die Andeu- 
tung Wolframs (Tit. 39, 4) , dass Schionatulander dirre äventiure 
ein herre werden solle, aufgefasst und in seiner Weise ausgestaltet. 

Ueberhaupt bat er, wie zu erwarten war, Wolframs erstes Frag- 
ment zum Ausgangspunkt genommen ; mit dem Cap. V des jg. Titurel, 
dessen erste Strophe = W. Tit. 1 ist , beginnt die Schilderung 
von Sckiouatulanders Jugend. Die vorhergehenden Cap. II — IV 
enthalten weiter nichts als eine Darstellung der Geschichte Titu- 
rels bia zu eben dem Momente, mit welchem Wolframs erstes 


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Fragment einsetzt. Dem Ganzen ist dann noch, wie am Ende des 
eigentlichen Werkes eine Fortsetzung der Geschichte des Grales 
und seiner Hüter hinzugefügt ist, so hier die Vorgeschichte des 
Gralgeschlechtes vorgesetzt. 

Mit dieser Vorgeschichte des Gralgeschlechtes , die das erste 
Cap. des A. D. ausmacht, wollen wir jetzt beginnen *). 

Cap. I. (= str. 77 — 256 H.) Der Dichter setzt ein mit einer 
Darlegung seines Programms, denn so dürfen wir die str. 77 H. 
wohl auffassen : 

Der von Provensäle und Flegetänis parliure , 

Heidenisch von dem gräle und franeeis turnt sie tunt vil uventiure. 
Dm teil ich diutsch, gan mir sin got, hie künden: 

Wae Par cif dl da birget, das wirt ec lichte brüht an vakclziinden. 
v. 1 — 5 giebt der Dichter als seine Quelle den Kyot und Flege- 
tanis an, deren Aventiure vom Grale er ins Deutsche übertragen 
wolle. Was wir von dieser Berufung Albrechts auf seine Quelle 
zu halten haben , wird uns der 2. Teil der Untersuchung lehren ; 
nichts hindert uns, diese Worte Albrechts als eine einfache Nach- 
ahmung der gleichen Berufungen Wolframs anfzufassen. Desto 
wichtiger sind v. 6 — 7 : Was Pa reif äl det birget , dae u'irt ee lichte 
bräht (in vakelsiinden. Also, alles was Wolfram im Parzival (und, 
setzen wir stillschweigend hinzu, in seinem Titurel) an Aventiuren 
noch ausgelassen bat, das will Albrecht in seinem Gedichte nach- 
tragen. Bei einer solchen Arbeit ist es aber selbstverständlich, 
dass sich Wiederholungen längerer Partien aus dem älteren Stücke 
wie einzelne Hinweise auf dasselbe nicht vermeiden lassen. Daher 
stammen also die zahllosen direkten Anspielungen auf Wolframs 
Gedichte, die wir im ganzen Titurel finden, und andrerseits die 
ausgefifhrten Paralleldarstellungen in beiden Epen , wo natürlich 
der jg. Titurel meistens kürzer und dürftiger ist, weil er Be- 
kanntes voraussetzt. 

Ferner erlauben uns aber Albrechts oben angeführte Worte, 
in unserer Untersuchung von dem, was Albrecht an ausgeführten 
Berichten Neues giebt , sofort alles das auszuscheiden , was sich 
in Wolframs Epen, wenn auch nur mit wenigen Worten angedeutet 


*) Pie dem ganzen Gedichte vorausgescliickte geistliche Einleitung Albrechts, 
(Tit. str. 1 — 76) ist, bis auf die Verfasserstrophen 55—61, ganz aus Wolfram- 
schen Gedanken zusanimengeflirkt. Pie Grundlage bilden die theologischen Ge- 
danken der Einleitung des Willehalm, darin eingeschoben ist eine Paraphrase der 
Parzival -Einleitung und gelegentlich zerstreute Anspielungen auf andere Stellen 
Wolframs. 


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findet. Von dem, was dann übrig bleibt, bilden wieder eine be- 
sondere Kategorie diejenigen Züge nnd Darstellungen , die bei 
Wolfram zwar nicht von derselben Person oder Sache, aber doch 
sonst bei einer andern Gelegenheit erzählt werden. Diese Paral- 
lelenbildungen sind ein charakteristisches Merkmal aller jüngeren 
und naehahmenden Epen, die mit den in ihrer Vorlage vorhandenen 
Zügen und Motiven frei wirtschaften. Wie kommt es sonst, dass 
in jedem solchen späteren Werke der Held mit unvermeidlicher 
Sicherheit alle diejenigen Thaten verrichtet, die schon so viele 
andere vor ihm gethan haben? 

Erst das. was jetzt nach all diesen Abzügen übrig bleibt, ist 
entweder der eigenen Erfindung unseres Dichters zuzuschreiben, 
oder der Benutzung einer zweiten Vorlage. Da entscheiden dann 
die sachlichen Gründe. 

Kehren wir nach diesen Erörterungen über die Methode un- 
serer Untersuchung zur Vorgeschichte des Gralgeschlechts zurück. 
Der Titurel*) berichtet uns darüber folgendes: 

Troye und Rom sind die Wiegen des Geschlechtes. Senabor 
von Capadozze, der Stammvater, war noch ein Heide, er lebte zu 
der Zeit, da Jesus Christus durch seinen Tod die Welt erlöste. 
Senabors Sohn Barille, der nach dem edeln Steine genannt war, 
liess sich mit 4 Brüdern taufen, während die übrigen Heiden blie- 
ben. Das geschah etwa um die Zeit der Belagerung Jerusalems 
durch Vespasian. Der zog den Barille und zwei seiner Brüder nach 
Rom, während die ungetauften Brüder des Barille weiterhin Per- 
sigene und Cappadozze verwüsteten, bis auch sie in späterer Zeit 
den heidnischen Glauben ablegten. Dem Barille gab der Kaiser 
seine Tochter Argusille zur Frau und belehnte ihn mit Frankreich, 
seine beiden Brüder mit Anschowe und Kurnawale. Durch sie 
wurden diese Länder dem Christentum gewonnen, dem nur Frank- 
reich später noch einmal entfremdet wurde. 

Barilles Sohn war Titurisone, der nach Barillens hinterlistiger 
Ermordung durch die Heiden von Galitze und Sarragossa König 
wurde. Titurisone vermählte sich mit Elyzabel, der Tochter des 
Königs von Arragun, eines Verwandten des Kaisers Tiberie. Da 
Titurisones Ehe lange kinderlos blieb, fuhr er, auf den Rat weiser 
Männer, mit seiner Gemahlin nach dem heiligen Grabo und weihte 
ein kostbares Bild. Gott erhörte ihr Gebet; nach einer stürmi- 
schen Rückfahrt langen sie wieder in ihrem Lande an, und bald 
nachher wird ihnen ein Sohn geboren. 

*) So worden wir von jetzt an Albrccbts Werk einfach nennen, während 
Wolframs Bruchstücke durch W. Tit. bezeichnet werden sollen. 


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In der Taufe wird dem Kinde der Name Titnrel gegeben, der 
aus den 6 ersten Lettern von Tituriaone und den beiden ersten 
und letzten von Elyz&bel zusammengesetzt ist. Titurel wird unter- 
richtet in allen Tugenden, aber sein Sinn steht mehr auf Ritter- 
schaft, als auf gelehrte Bildung. Im Ovidius liest er über die 
Minne, und hält sie infolgedessen für einen bösen „schrat“. Seine 
Fragen nach ihr werden lange Zeit nicht beantwortet, da die Kö- 
nigin, seine Mutter, verboten hat, dem Knaben von der Minne zu 
sprechen. Schliesslich Übertritt aber der Erzieher das Gebot der 
Königin und belehrt den Knaben über die wahre und die falsche 
Minne. 

Als Titurel herangewachsen ist, empören sich die Heiden von 
Aveme und Navarra gegen seinen Vater. Titurisone ruft die Ker- 
linge, Provenzen, die von Arle und von Luteringe, wo damals der 
erste Herzog Karl regierte, zu Hülfe, und besiegt die Heiden völ- 
lig. Titurel kämpft hier zum ersten Male mit und zeichnet sich 
vor allen aus. Er besitzt alle Tugenden eines Christen und lässt 
sich durch Gottes reichliche Gaben nicht zum Hochmut und Abfall 
von Gott verleiten. Sein Dienst gilt goto und reinen teilen. So 
lebt er bis zu seinem BO. Jahre. — 

Die so kurz skizzierte Vorgeschichte des Gralgeschlechtes, 
wie sie Albrecht erzählt, characterisiert sich bei näherer Betrach- 
tung leicht als eigne Arbeit Albrechts. Von allen diesen Dingen 
erfahren wir weder bei Wolfram noch bei den nordfranzösischen 
Dichtern der Gralsage irgend etwas; sie Kiot zuzuschreiben, ver- 
bieten die Angaben Wolframs P. 4B5, wonach auch Kiot die Ge- 
schichte des Gralgeschlechtes erst mit Titurel anfing. 

Bei allen Dichtern , die der Blütezeit der mhd. Epik folgen 
und die grossen Werke ihrer Vorgänger zu ihrem Ausgangspunkte 
nehmen, ist nichts gewöhnlicher, als dass sie den Stammbaum der 
berühmten epischen Helden nach oben oder nach unten erweitern, 
meistens um die Verwandtschaft ihrer eigenen Helden mit einem 
Parzival, Gawan u. s. w. ad oculos zu demonstrieren. Albrecht 
hat eine besondere Vorliebe dafür, alle bedeutenderen Personen 
seines Gedichtes bis auf ihre ältesten Vorväter zurückzuverfolgen. 
So führt er das Geschlecht des Baruchs Ackerin von Baldac hinauf 
bis auf den alten König Ahasver, und auf der andern Seite hin- 
unter bis auf den Terramer des Willehalm, so giebt er sogar dem 
Secureis, seiner eigenen Erfindung, wenigstens noch einen Vater 
und Grossvater. Diese Neigung Albrechts zeigt uns deutlich den 
gelehrten Dichter. Bei ihm artet die Eigentümlichkeit Wolframs, 
die diesen scharf von Chrestien unterscheidet, dass er nämlich 


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auch ganz nebensächlichen Personen ihren bestimmten Namen giebt, 
zur gelehrten Spielerei aus. 

Der Name des Stammvaters des Gralgeschlechtes ist Senahor, 
nach Görres (Einleitung zu Lohengrin . p. XLII) im arabischen 
„der Weise“*). Er stammt aus Cappadoeze ; diesen Namen hat 
Albrecht wohl aus dem hl. Georg Reinbots entlehnt, den er später 
einmal sehr ausführlich citiert (str. 4745 f.) : auch str. 104 lässt 
sich ungezwungen auf Reinbots Gedicht beziehen. 

Der Sohn des Senahor ist Burille, dessen Name von dem Edel- 
stein Beryll genommen ist. Durch seine Gemahlin verknüpft Al- 
brecht das ans Troja entsprossene Geschlecht Titurels auch mit 
Rom und setzt es so dem Geschleehte des Eneas ebenbürtig an 
die Seite. 

Der Sohn dc9 Barille ist dann Txturisone, oder wie ihn die 
Heidelberger Handschrift No. 141 (= H. bei Zarncke, Graltempel) 
nennt: Titurilone **). Dieser Name ist natürlich aus Titurel abge- 
leitet und ebenso wie Elyzabel (cf. str. 104) eine Erfindung Albrechts. 
Ganz dieselbe Art der Namenbildnng finden wir schon in der Pi- 
latuslegende, wo den Eltern des Pilatus die Namen Pyla und Atus 
beigelcgt werden, und Albrecht selbst hat sie später bei der Be- 
nennung der Eltern der Königin Secundille noch einmal angewandt 
(str. 2939). 

Die gelehrte Art unseres Dichters zeigt sich vor allem auch 
in den durchgeführten Synchronismen. Der Stammvater des 
Gralgeschlechtes lebte zu der Zeit, als .Jesus Christus gekreu- 
zigt wurde; als nach der Eroberung Jerusalems Barille nach Rom 
übersiedelte und mit Frankreich belehnt wurde, war das 500 Jahre 
vor der Zeit, wo Gaudin (W.s Gandin), der Grossvater Parzivals, 
und Markes von Kornwale lebten. So giebt auch Gottfried von Mon- 
mouth in seiner Historia regum Britanniae (ed. San-Martc) Buch XI, 
cap. 2 an, dass Artus seine tötliche Wunde empfangen habe : anno 
ab incamatione dominica quingentesimo quadragesimo secundo. Da wir 
aus einer andern Stelle des Titurel die Bekanntschaft Albrechts mit 
Gottfrieds Chronik nachweisen können, ist es wahrscheinlich, dass 
Albreeht diese seine Berechnung nach der Angabe Gottfrieds an- 
gestellt hat. Mit dieser Methode Albrechts hängen eng zusammen 
die wunderbaren Angaben über Titurels Alter. Er ist in der 2. 
Generation nach jenem Ausgangspunkte von Albrechts Berechnung 

*) Doch lasst sich Görres Krklärung weder hier, noch bei den übrigen Namen 
ans unserer Sage halten, wie mich Herr Prof. Wellhausen frcundlichst belehrt. 

**) Vergl. Fr. Adelung, Altdeutsche Gedichte in Rom oder fortgesetzte Nach- 
richten, pag. 9. 


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geboren; mit 50 Jahren wird er zum Gral berufen (str. 252 ff.); 
als der Graltempel fertig ist und Titurel sich vermählt, zählt er 
etwas über 400 Jahre (str. 416 und 431); und als er endlich stirbt, 
hat er 500 Jahre dem Grale gedient (str. 6177). Von diesen An- 
gaben findet sich bei Wolfram oder sonst irgendwo gar nichts; 
da ist Titurel immer nur der Vater oder Grossvater des Gral- 
königs, ein alter, bei Wolfram bettlägeriger, Mann. Da aber Al- 
breclit den Stammvater des Geschlechtes in die Zeit Christi setzt, 
musste er entweder ein langes Gcschlechtsregister erfinden , um 
die 500 Jahre auszufiillen, oder sich auf andere Weise helfen. Da 
bot sich ihm die wunderbare lebenspendende Eigenschaft des Grales 
dar, und so machte er sich diese ungeheuerlichen Angaben über 
Titurels Alter zurecht. 

Von einzelnen Zügen finden sich einige, deren Ursprung 
wir noch nachweisen können. So ist vor allen das Gebot der Kö- 
nigin , dass niemand dem Knaben Titurel etwas über das Wesen 
der minne sagen soll , eine schwächliche Nachahmung der ängst- 
lichen Besorgnis der Herzeloyde, die allen ihren Dienern verbietet, 
dem Knaben Parzival von ritteraehaft zu sprechen. Die Lektüre 
des Ovid bei dieser Gelegenheit einzuführen, ist ein wundervolles 
Zeugnis für Albrechts Eigenart. 

Die Namen der Bundesgenossen Titurisones (str. 192) sind 
sämtlich aus Wolframs Willehalm entlehnt, wo sie als Bundes- 
genossen Willehalms auftreten, cf. Wh. 15, 28. 135, 16. 437, 19. Nur 
die von Arle finden sich nicht dabei, aber vergl. z. B. Wh. 221,18. 

Der Kriegsruf des Titnrisone ist (str. 115) Montjoy *) , die 
Heiden antworten mit Tervigmt ; das stammt aus Wolframs Wil- 
ehalm 18,28—19,2. — Der Schilderung von Titurels Persönlichkeit 
liegen offenbar die Andeutungen Wolframs Tit. 1 — 5 zu Grunde. — 

Die Botschaft des Engels bei der Geburt Titurels erinnert 
lebhaft an Erzählungen wie die Erscheinung des Engels in der 
Simson - Geschichte. So ist auch die Geschichte von der anfäng- 
lichen Kinderlosigkeit der Eltern Titurels und ihrer Wallfahrt 
zum heiligen Grabe, wo sie ein Opfer darbringen, ein bekanntes, 
jedem mittelalterlichen Dichter zugängliches Motiv. 

Endlich findet sich eine ähnliche Geschichte, wie sie von dem 
treulosen Verhalten der Heiden gegen Barille erzählt wird , im 
Grand St. Graal cap. 47 , wo erzählt wird , wie sich der König 
Agrestes von Kamalot in verräterischer Absicht von Josephe tau- 
fen lässt ; sobald aber Josephe fortgezogen ist, tötet Agrestes die 


*) Hahns Lesart ÄMchowe ist Corruptel. 


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von ihm zurück gelassenen Weisesten und wird wieder Heide. Zur 
Strafe dafür wird er wahnsinnig (cf. Bireh - Hirschfeld , Sage vom 
Gral, pag. 24). Dass Albrecht diese Stelle gekannt hat, lässt sich 
nicht erweisen. Ebensowenig ist es notwendig, Kenntnis des Grand 
St. Graal fiir Albrecht anzunehmen bei der Einführung des Vespe- 
sian, wie Hamburger (Zs. f. d. Ph. 21,413) meint; Albrecht hat 
dieses Wissen sicherlich ans lat. Legenden. 

Wir fassen also unsere Darlegungen dahin zusammen , dass 
Albrecht das ersteCapitel seines Gedichtes im gan 
zen frei erfunden, im einzelnen aber die verschieden 
sten Anregungen benutzt hat. 

Die jetzt folgenden Capp. II — IV des Titurel schildern die 
Schicksale Titnrels von seiner Berufung zum Grale bis zu dem 
Punkte, wo Wolframs erstes Fragment einsetzt. In breiter Dar- 
stellung spinnt Albrecht doch nur die zahlreichen Anspielungen 
Wolframs auf diese Periode von Titurels Leben aus. 

Cap. II. (str. 257 — 280 H.) Das kurze 2. Cap. des Tit. erzählt 
uns, wie Titurel durch den Engel Gottes zum Gral berufen wurde. 
Albrecht führt Wolframs kurze Angaben darüber (W. Tit. 6,1 — 2; 
Parz. 601, 24 — 25) etwas weiter aus. 

Titurel nimmt schmerzlichen Abschied von seinen Eltern, die 
auf seinen Rat (str. 266, 7) beschliessen, ein gottgeweibtes Leben 
zu führen , und mit ihren Ländern die Söhne von Bariliens Brüdern, 
die Anschowc und Kornwal innehaben, belehnen. 

Cap. III. (str. 281—415 H.) Von Engeln wird Titurel durch 
den Gralwald (Foreis Salvatsche) nach Monsalvatsche geleitet. Ueber 
diese Engel, die ersten Pfleger des Grals, spricht Wolfram aus- 
führlich P. 454, 24—30 und 471, 15—28. cf. 798. Albrecht denkt 
sich ibre Thätigkeit gerade so wie später die der Tempieisen : sie 
geleiten die Auserkorenen des Grals, verteidigen den Wald des 
Grals und hüten den Gral selber. Die Beschreibung des Gral- 
waldes (str. 282. 284—86, 2) beruht vor allem auf P. 250, 3 — 7 und 
20—25. Eine genaue Beschreibung der wunderbaren Eigenschaften 
des Grals, sowie der Art, wie die Gralhüter berufen werden, lehnt 
der Dichter ab, indem er auf Wolfram verweist (str. 261; ähnlich 
str. 294). 

Obwohl nun der Gralberg, wie schon sein Name sagt (Mont- 
salvatsch — (irr behahieue berg str. 289)*), vor Christen, Juden und 
Heiden wohl bewahrt war , umzieht Titurel ihn doch mit einer 
Mauer und erbaut eine feste Burg auf demselben. Für die Be- 

*) cf. Tcü IL 


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Schreibung dieses Palastes und seiner Ausschmückung wird der 
Leser schon wieder auf Parzival V. verwiesen (str. 300 und 310). 
Bis dahin hatten die Hüter des Grals in Zelten auf dem Berge 
gelagert, der Gral selbst schwebte frei in der Luft durch Gottes 
Kraft und liess sich von niemandem tragen oder anrühren. In 
einer reichen, mit dicken Seidenstoffen behängten Ciborie lag er, 
seiner Heiligkeit angemessen , und versorgte seine Hüter mit jeg- 
licher Art Speise und Trank. Bei Wolfram liegt der Stein auf 
einem grünen Achmardi (P. 235, 20) , nur diese Unterlage erblickt 
Feirefiz, ehe er getauft ist (P. 810,10). Dass der Gral früher 
ohne Träger frei in der Luft schwebte, hat Albrecht aus W. Tit. 
24, 4 abstrahiert, wo es heisst : die sich der gräl eem ersten tragen 
lie, das was Schoysiäne. Ueber die nahrungsspendende Kraft des 
Grals vergl. P. 238, 8 ff. und 469, 2 — 3. 470, 11—20. 

Das Gebiet des Grals, die Wüste des Foreis Salvatsehe, sichert 
Titurel durch unablässige Kämpfe mit den umwohnenden Heiden. 
Salvaterra (= Wolframs Terre de Sidvrcsche P. 251, 4. 797, 7) liegt 
noch heute in Galizien*), aber der Gral ist in das ferne Indien 
zum Priester Johannes gewandert (str. 306— 7). 

Der übrige Teil des 3. Capitels enthält die ausführliche Be- 
schreibung des Tempels, den Titurel für den Gral in ungeahnter 
Pracht und Herrlichkeit erbaut. Bei Wolfram findet sich ein Tem- 
pel des Grales nur ein einziges Mal ganz im Vorübergehn erwähnt 
(P. 816, 15). Hier hat Albrecht eingesetzt und aus eigenen Mit- 
teln eine grossartige Schilderung eingefügt, die nicht nur als dich- 
terische Leistung, sondern auch für die kunstgeschichtliche For- 
schung von grösstem Interesse ist **). Ob dem Dichter dabei ein 
bestimmter Dom seiner Zeit vorgosch webt hat, oder ob er einer 
schriftlichen Vorlage gefolgt ist, oder ob er endlich seine Beschrei- 
bung aus vielen verschiedenen Quellen selbst erst zusammengesucht 
hat, das vermag ich noch nicht zu entscheiden. 

Den Grundriss des Tempels findet Titurel eines Morgens durch 
die Kraft des Grales auf dem Plateau des Berges aufgezeichnet. 
Alles, dessen man zum Baue bedurfte, spendet der Gral (350). 
Inmitten des gewaltigen Tempels wird ein kleines Modell des 
Ganzen als Allerheiligstes für den Gral errichtet. Nach der Voll- 
endung des Tempels wird er von dem Bischof Penitenze , einem 

*) Vergl. unten p. 12. 

**) Vergl. unter den Speeialausgabcn dieser Partie des Titurel besonders die 
Ton 8. Boisseree (Abh. der Kgl. Bayer. Akad. d. Wiss., phil.-hist. CI. Bd. I (1834) 
pag. 307—92) und die von Zarncke (Abh. der Särhs. Ges. d. Wiss., phil.-hist. CI. 
Bd. YU (1879) pag. 375—054). 


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12 


Verwandten Titurels ans dem Gralgeschlechte , eingeweiht, und 
ein Engel trägt den Gral an den für ihn bestimmten Platz*). 

Cap. IV. ( str . 416—475 II.) Ala der Tempel des Grals vol- 
lendet ist, erwählt der Gral dem Titurel Richoude von Spangen 
zur Gemahlin. Die Namen ihrer Eltern, Frimutel und Richoude, 
hat Albrecht natürlich von Titurels Kindern her übertragen, nicht 
umgekehrt, wie er uns str. 420 und 435 glauben machen will. Von 
den 3 Richouden Albrechts erwähnt Wolfram überhaupt nur die 
Tochter Titurels , Parz. 84, 10 , wo sie Herzeloydens base heisst ; 
erst Albrecht hat den Namen auf Titurels Gemahlin und deren 
Mutter übertragen. Von dem Gefolge, das Richoude nach Salva- 
terre geleitet, werden nach dem Gebote des Grals nur 400 Edel- 
knaben und 80 Jungfrauen in die Gralburg aufgenommen. Aus 
den Knappen sucht sich Titurel 200 Sckildgefiihrten aus, mit denen 
er erst am See Brubane, dann auf dem Hofe der Gralburg fur- 
niert (cf. P. 227, 8 — 16). 

Als der Bischof, der einst Titurels Schwert eingesegnet hatte 
(A. D.), das Paar getraut hat, liegen sie die ersten beiden Nächte, 
ohne Gemeinschaft zu pflegen (Nachahmung von Parz. 201, 19 — 
203, 10. Parzival und Condwiramurs). Nach 20 Jahren stirbt Ri- 
choude, nachdem sie ihrem Gemahl 12 Kinder geboren hat, von 
denen aber merkwürdiger Weise alle ausser Frimutel und Richoude 
früh gestorben sind (cf. str. 565 —567); sie kamen eben nachher 
überhaupt nicht mehr vor. Um die junge Richoude wirbt Gailet 
(cf. P. 84.10—11), der Sohn des Königs Laeo von Kastelrote 
(= Castilien cf. Tit. 1713. 1987. 2110); mit ihrer Hand erhält er 
Spanien und die Oberherrschaft über 5 spanische Könige. 

Dass hier überall spanische Namen mit dem Gralgeschlechte 
in Verbindung gebracht werden, liegt sicherlich nicht daran , dass 
die Gralsage zuerst auf spanischem Boden entstanden ist. Bei Wolf- 
ram erscheint nur Katelcmgcn in dieser Verbindung, obwohl nicht 
so eng wie die oben erwähnten Länder mit dem Grale verknüpft. 
Für Albrecht genügt es aber wohl, darauf hinzuweisen, dass er sich 
ja Terre de Salveesche selbst in Galizien (in Spanien) denkt (cf. 


*) Unmittelbar an die Schilderung des Oraltempels (nach str. 415 II.) sehliessen 
sich 42 nur in der Recension TI überlieferte Strophen , die von Zamcke (Gral- 
tempel 378) „Marienloh“ genannt werden. Sie enthalten den I’lan zu einem Tem- 
pel für die Jungfrau Maria, der in der ungeheuerlichsten Uebertrcibung die Formen 
des Graltempels wiedergeben soll. Kine mystische Ausdeutung dieses Marien- 
tempels und eine kurze Verherrlichung der hl. Jungfrau bcscliliesst diese Stropben- 
reihe , als deren Quelle Zarncke (a. a. 0. pag. 499) die ersten 60 Strophen der 
von Pfeiffer in der Zs. 8, 276 ff. herausgegebenen Mariengrussc naebgowiesen hat 


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— 13 


str. 306) ; so lag es ihm am nächsten, die übrigen spanischen Reiche 
mit dem Gr alge schlechte genealogisch zu verbinden. 

Wir hören gleich darauf (448), dass Titurel auch noch den 
König von Granat de Grassien (= Granada) bezwingt und zum 
Christentume bekehrt. Dessen Tochter Clarisse giebt er seinem 
ältesten Sohne, dem Frimutel, zur Gemahlin. Sie gebiert dem Fri- 
mutel 2 Söhne und 3 Töchter. Als die jüngste Tochter noch mit 
Puppen spielt, stirbt Clarisse und wird ebenso prächtig bestattet, 
wie einst Richoude. Der alte Titurel aber verliert durch diesen 
zweiten Verlust seine letzte Kraft, und kann jetzt nur noch durch 
seine weisen Ratschlage helfen. 

Damit haben wir den Anschluss an das 1. Fragment Wolframs 
erreicht, das uns den Titurel eben als solchen weisen Ratgeber 
einführt. Mit str. 476 beginnen die von Albrecht überarbeiteten 
echten Strophen Wolframs. 

Cap. V — VII. (sfr. 476—780 II.) Cap. V — VII des Titurel 
werden von dem ersten , grösseren Teile von W olframs Titurel 
ausgefüllt. Von der 14. Strophe Wolframs ab (= jg. Tit. str. 631 H.) 
folgt Albrecht Strophe für Strophe dem Fragmente Wolframs und 
begnügt sich einige paraphrasierende Strophen einzufügen. Bis 
dahin aber hat Albrecht die Wolframschen Strophen, ohne Rück- 
sicht auf ihre Folge im ältern Titurel, in freier Weise seinen 
breitaugelegten Ausführungen eingewebt. Wir müssen also str. 
476— 630 des Titurel auf die selbstständigen Zuthaten Albrechts 
hin untersuchen. 

ln Anknüpfung an die beiden ersten Strophen W olframs wird 
Titurel eingeführt, wie er die Jugend des Grals über den Dienst 
und die Bedeutung des Heiligtums belehrt. Eine ausgeführte 
mystische Ausdeutung des Graltempels*), die allen Einzelheiten 
des gewaltigen Baues gewissenhaft folgt, hat der Dichter in diese 
Lehren Titurels eingelegt, sonst erfahren wir über das Wesen des 
Grals kaum etwas Neues. Es heisst von ihm, dass er nur den 
Getauften sichtbar ist (503, cf. Parz. 813, 17 — 22) und dass er 
sein Ingesinde mit Speise und Trank versieht. Von den Tempieisen 
hören wir str. 555 — 556, dass sie nur an 4 Tagen des Jahres 
ruhen von ihren fortwährenden Kämpfen ira Dienste des Grals, 
nämlich an dem Tage der Geburt Christi, seines Todes, seiner 
Auferstehung und der Ausgiessung des hl. Geistes (cf. A. D.). 

Den Beschluss von Cap. V (= str. 660 — 568) machen Klagen 
Titurels über den Tod Richaudens und Clarissens. 


*) Herausgegeben von Zarncke a. a. 0. 523—653. 


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14 


Mit str. B75 setzt ein neues Bild ein : Eine Schrift am Grale 
verkündet, dass Frimutel Gralkönig werden und Schoisiane, Fri- 
mutels älteste Tochter , den Gral tragen solle (cf. W. Tit. 24, 4) ; 
eine fernere Verkündigung des Grals gicbt an, dass ein jeder, der 
den Gral ansehc, eine Woche lang vor dem Tode bewahrt bleibe 
(cf. P. 480. 787 — 88). Der Tag, an dem Frimutel die Gralkrone 
empfangt, wird durch ein grosses Mal gefeiert, bei dem zum ersten 
Male der Gral von Schoisiane getragen wird. An diesem Tage 
belehrt nun Titurel noch einmal seinen Sohn und dessen Sohn 
Anfortas über des gniles Orden und die Pflichten des Gralkönigs. 
Titurel hat nämlich schon früher am Grale gelesen, dass Frimutel 
und Amfortas einst durch wcrdcr trifte tu in ne an ihrem Leibe Scha- 
den erleiden werden (str. 572). So giebt ihnen denn Titurel eine 
vollständige Satzung des Grales, die Frimutel jede Woche einmal 
den Gralrittern vorlesen soll (str. 606) , wie der Priester den 
christlichen Glauben. Im Anschluss an Parz. 502, 7 — 22 wird 
besonders der priesterliclie Charakter des Gralkönigtnms betont, 
indem alle Verordnungen des Grales auf das Verhältnis des Prie- 
sters zur Kirche ausgedeutet werden. Dem Könige des Grales 
allein ist es erlaubt, ein Weib zu haben, alle übrigen Gralritter 
müssen ledig bleiben (Parz. 495, 9 — 10). Wer den Gral ansieht 
und dabei an minne denke , der wird , wenn es statiu, minne war, 
an dem Tage im Streite verwundet werden, nach 8 Tagen aber 
wieder gesund sein (613). War es aber unilxch unkiusch, an 
die er gedacht hat, so wird er zum Tode verwundet werden 
(613 a = A. D. VI, 50). 

Diese spitzfindigen Bestimmungen finden sich bei Wolfram 
nicht, sie sind von Albrecht aus dem Geschicke des Anfortas abs- 
trahiert worden, zumal die erste Bestimmung sich überhaupt nur 
auf den jedesmaligen Gralkönig anwenden lässt*). 

Endlich hören wir noch (str. 614), dass ein Ritter erst dann 
mit Sren Tempieis geworden ist, wenn der Gral sich vor ihm 
neigt. Diese Verschärfung in der Berufung der Gralritter ist 
auch erst von Albrecht hinzugefügt worden, wir hören an keiner 
andern Stelle des Titurel davon : sie ist wohl, ebenso wie die oben 
erwähnten Verschärfungen des Verbots der Minne für die Teraplei- 
sen, aus dem Bestreben Albrechts hervorgegangen, die Satzungen 
der Gralbrüderschaft auch in ihren Einzelheiten zu fixieren. 

Hiermit sind wir an der Stelle angelangt, wo die einfache 
getreue Einfügung der Wolframschen Strophen beginnt. 


*) Vergl. auch P. 468, 28 -30. 492, 10. 


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15 — 


Abschnitt II: Gamurct. 

Cap. VIII. {str. 781 — 1087 11.) Mit Cap. VII. sind wir in den 
ersten Hauptteil des Titurel eingetreten, der Schionatulanders und 
Sigunes Heranwachsen behandelt. Der ritterliche Held dieses Teiles 
ist Gamuret, ihm ist nun vor allem das 8. Cap. gewidmet. Das- 
selbe erzählt von Gamurets 2. Zuge zum Baruch nach Baldac, sei- 
nem tapfern Streiten daselbst und seinem Tode. Angefügt wird die 
Erzählung von Parzivals Geburt, die der Darstellung in Wolframs 
Parzival (Buch II) durchaus parallel läuft. Gamurets Zug nach 
Baldac und sein Tod wird bei Wolfram im Parz. 101,21 — 102,22 
und 105,13 — 108,28 kurz und im Tit. str. 73 — 82 noch kürzer 
berichtet. Albrecht hat auch hier wieder aus den Worten und 
Andeutungen Wolframs seine ausführliche Erzählung zusammen- 
geklaubt. Dazu tritt dann aber die gelehrte Combination unseres 
Dichters, mit der er vor allem den Baruch und die ganzen orienta- 
lischen Verhältnisse behandelt hat. Ueber diesen Punkt müssen 
wir zunächst einige Bemerkungen*) vorausschicken, ehe wir den 
Inhalt unseres Capitels durchmustern. 

Wolfram giebt uns im Parzival und Titurel nur an einer 
Stelle nähere Auskunft über die Macht und die Verhältnisse des 
Baruchs von Baldac, nämlich Parz. 13, 16 — 14, 2. An dieser Stelle 
spricht Wolfram besonders von der geistlichen Macht des Ba- 
ruchs, die ausführlich (13, 25—14, 2) beschrieben und der Macht des 
Papstes gleichgesetzt wird. Zwar heisst es vom Baruch auch, viele 
gekrönte Könige seien ihm unterthan, und seine Macht erstrecke 
sich über */» der Erde oder mehr; aber von einer besonderen welt- 
lichen Würde des Baruchs, die der Stellung des römischen 
Kaisers gleichgestellt würde, ist im Parz. und W. Tit. keine Rede. 

Ganz anders tritt der Baruch bei Albrecht auf. Im Titurel 
verkörpern sich im Baruch Ackerin die höchste geistliche u n d die 
höchste weltliche Macht des Heidentums ; die eine findet ihren 
Ausdruck im baruch - Amte , die andere im Titel des atmcr&tes. 
Dieses Hervortreten der weltlichen Würde des Baruchs im Titurel 
wird uns sofort erklärlich , wenn wir merken , dass der Baruch 
Ackerin des Titurel eigentlich kein anderer ist als der König 
Terramer aus Wolframs Willehalm. Wir kommen hier an die 
Stelle, wo der Einfluss dieses 3. Wolframschen Epos aufAlbrechts 
Titurel unverkennbar zu Tage tritt. Albrecht führt uns selbst 
auf diesen Zusammenhang seines Gedichtes mit dem Willehalm, Tit. 

*) Dieselben gelten natürlich sogleich auch für die Cap. XXII — XXIX des 
Titurel, Schionatulanders grossen Zug in den Orient. 


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16 


str. 2836 — 2841 , wo das Geschlecht des Baruchs bis auf König 
Terramer, den Vater der Kyburc, hinabverfolgt wird. Es heisst 
str. 2841 , zwischen den Kämpfen des Baruchs Ackerin mit den 
Babyloniern und dem Kampfe Terramers auf Alitschanz sei ein 
Zwischenraum von dritthalb hundert Jahren ; die Schlacht bei Ali- 
tschanz habe zur Zeit Karls des Grossen stattgefunden , während 
die Kämpfe Schionatulanders beim Baruch Ackerin zu Lebzeiten des 
Königs Artus sich abgespielt hätten*). 

Terramer hat das höchste weltliche Amt der Heidenschaft 
inne, das durchaus dem römischen Kaisertum gleichgestellt wird, 
cf. Wh. 434, 1—18**). 

Nur selten wird daneben im Wh. der bäruc als Inhaber der 
höchsten geistlichen Würde der heidenschaft genannt, cf. Wh. 
217,23. Albrecht vereinigt also in seinem bflrucli 
Ackerin den bäruc des Parz. und Wh. mit demTerra- 
märdesWh. — Aus Willehalm einfach herübergenommen sind 
ferner die Namen der 9 Kernländer Ackerins, Tit. 3627 Happe, 
Sintine, Gorgane, Lupine, Gordes , Bote, Tenabri, Montespire und Sc- 
mclci = Wh. 34, 11 ff. 

Mit grosser Naivität rechtfertigt Albrecht (str. 2838 — 40) sein 
Verfahren bei der Aufzählung der Streitkräfte und Unterkönige 
des Baruchs (cf. Cap. XXIV), wo er die meisten Ländernamen aus 
dem Willehalm zusammcngestellt hat , während er die Personen- 
namen alle frei erfindet. — Die Götter, zu denen der Baruch betet, 
sind die Terramers, vor allem der Gott Kahun, den sowohl Terra- 
mer wie Ackerin in ihrem Wappen führen (Tit. 3645 f'. 4132 = 
Wh. 441, 6 — 7. 12—18). Die Fürsten und Officiere des Baruchs 
(und dann auch der Babilonier) heissen ameeiere, csceliere und eme- 
räle, wie im Willehalm die Terramers. — Wie Terramer (Wh. 353, 

*) Wir werden durch diese Kerechnung Albrecbts wiederum auf die Zeit von 
500 — 550 als Regierungszeit des Königs Artus hingeführt, cf. pag. 8. 

**) Ute er den keiserlichen tut men hat, den die beiden neu »ent admirät, 
derst ouch vogt :e lialdac. Tetramer der beider pftac, 

er w äs vogt und admirät. seht trnz man rcemschem heiser lüt 

te Körne an riemscher phahtc straz anderr kröne sint geicorht, 

die üf getouften houbten sint, ir aller kraft gein dirre ein wint 

ist: sine mugens et niht getuon. als het der Kanabäus suon 

heehe übr alle dheidenschaft beidiu ton arde und ouch von kraft. 

Io Erinnerung an diese Stelle des Wh., heisst es im Tit. str. Slüö , & — 7 von 
Ackerin : 

als der von rcemischem rieht 

Mit zepter kröne enphähet: sust Uhrt sie atmerät ouch werdidiche 
und der Titel vogt ze lialdac ist dem Tit.-l)ichtcr ganz geläufig. 


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15 — 358, 7), wird auch Ackcrin von 8 eigens hierzu belehnten Kö- 
nigen gewappnet, von denen jeder ihm ein Stück seiner Rüstung 
darreicht (str. 871 cf. 3628). — Wie Terramers Ross (Wh. 436, 3. 
Brahäne cf. Tit. 1220, 7), so wird auch das des Baruchs besonders 
bonanut: Tit. 3443, 4 Balligrice. 

Dann ist der Baruch Ackerin von Albrecht nach dem Muster 
des Terramer mit einer ganzen Schar von Verwandten umgeben 
worden, die meistenteils als Anführer der verschiedenen Heeres- 
abteilungen des Baruchs verwandt werden, wie im W'illehalm cf. 
Tit. 3169, 1 — 2. 3173. 3182 f. 3193 f. Des Baruchs Gemahlin ist 
die Atmerinne Clarissilie (str. 2804, 1—2), ihre Tochter heisst Areste 
(3173 , 5. 3175, 5). Der Sohn des Baruchs , Pardigrun (2835, 5. 
3131, 1. 3940, 1), ist noch jung und wird deshalb der huote von 
Ackerins Brudersohn Essemerell von Mecka anvertraut (str. 3129, 
7 ff. 3862, 1-2; cf. Wh. 29, 13-30, 20). 

Der Name des Baruchs selber findet sich bei Wolfram im Ti- 
turel 40, 2 , wo es in G allein heisst : zuo dem bäruc Alikarlne, 
während H und die überarbeitete Strophe im jg. Titurel ec (gein) 
Alexandrine lesen. Aus dieser Stelle kann also Albrecht den Namen 
des Baruchs nicht entnommen haben, vielmehr stammt er ebenfalls 
aus dem Willehalm, wo er in einer Anspielung auf den Stoff des 
Parzival und Titurel genannt wird Wh. 45, 16: 
äne Feireße Anschevin 
mit den bäruc Ahkerin, 
ob der icäpen solde tragen, 
von beiden hört ich nie gesogen, 
der pris so witen rncre bei. 

Im jg. Titurel heisst der Baruch durchweg Ackcrin oder Akerin, 
niemals Ahkerin ; aber auch an der Wh. -Stelle ist die Form Ahkerin 
nur eine Conjectur Lachmanns , die sich auf die eben erwähnte 
Stelle in W. Tit. stützt. Dass auch Wh. 45, 16 nicht Ahkerin, 
sondern Akarin oder Akerin zu lesen ist, ergiebt sich nicht nur 
aus den Lesarten der Handschriften an dieser Stelle *), sondern vor 
allem auch aus denjenigen Stellen des Willchalm, wo der gleichna- 
mige Nachkomme des Baruchs Ackerin, der König Akarin von 
Marroch , erwähnt wird; cf. Wh. 73, 19 ff. 96, 7. 236, 19. 357, 1. 
Überall lesen hier die Handschriften entweder Akarin Akkarin 
oder Ackerin , niemals die Formen mit h, die auch Lacbmann bei 
diesem Könige von Marroch niemals in den Text setzt. Da der 
Dichter aber die Geschlechtsgemeinschaft der beiden Akarine selbst 


*) K hat Itarkerin, lopt Akerin, mn Akkarin. 

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angiebt, ist es kaum erlaubt, den Namen des Barucks Wb. 45, 16 
gegen jede Überlieferung als Ahker'm anzusetzen , wie Lacbmann 
es thut. 

Das Land des Akarin von Marroch aus dem Willebalm nimmt 
übrigens Albrecbt, mit lcicbt erklärlicher Combination, ebenfalls 
für den Stammvater in Anspruch, und so haben wir denn das wun- 
derbare Schauspiel , dass Baldac die Hauptstadt der Marroeheise 
wird , die unter ihrem Baruch und Atmerate Aekerin gegen die 
Babilonier zu Felde ziehen, die wiederum ursprünglich nicht die 
eigentlichen Babilonier, sondern die Mannen der Könige des ägyp- 
tischen Babylon sind*). 

Die Angabo Wolframs (Pz. 13, 18 — 19), dass dem Baruch 
der erde untertan diu eicei teil seien, findet sich bei Albrecbt 
nicht. Dieser hat vielmehr eine feststehnde (wohl aus theologischer 
Gelehrsamkeit herstammende) Anschauung von den Besitzverhält- 
nissen der grossen Reiche dieser Welt. Die ganze Oekuinene zer- 
fällt ihm in 4 grosse Teile (cf. Tit. 3242 — 3243,2): das erste 
Viertel gehört dem Könige von Egypten, das zweite den beiden 
babylonischen Brüdern , das 3. dem Baruch von Baldac und das 
4. dem römischen Reiche. 

Neben dieser Einteilung steht eine offenbar theologische Ein- 
teilung der Heidenschaft in 3 grosse Sekten, die Albrecbt str. 800 
— 807 vorbringt: Die von Egyptenlande haben ein Meerwunder 
(wahrscheinlich ist das Krokodill gemeint) als ihren Gott, die 
Kriechen Iden an das vihe und an die Hute und an nmnigiu ticr, diu 
tcilde loufent , und die von Babylon beten die Sonne an. Ganz 
dieselbe Einteilung der Heidenschaft findet sich bei Rudolf von 
Ems im Barlaam und Josaphat p. 232, 37 ff. Vergleichen wir hier- 
mit die politische Einteilung, die Albrecbt 3242 — 43 giebt, so ist das 
erste in der Reihe beide Male Egypten; str. 3242 erscheint es sehr 
auffallend, da wir gleich darauf hören, dass Neptagint von Egypten 
nur ein Lehnsträger der babylonischen Brüder ist. In Albreckts 
Epos war für eine 3. orientalische Grossmacht kein Raum mehr, 


*) Diese mannigfachen , sich vielfach kreuzeudeu Beziehungen der Namon er- 
schweren die LectUre und das Verständuis des Titurel in hohem Masse, sie zeigen 
uns andrerseits aber auch am deutlichsten die Arbeitsweise des gelehrten Dich- 
ters. Die Unmenge der Kamen von Ländern und Personen lässt sich zu einigen 
wenigen grossen Gruppen vereinigen, deren jede wir nach ihrem vollständigen Um- 
fange zu bestimmen haben. Dann werden wir zwischen diesen verschiedenen 
Gruppen kaum einen Widerspruch finden und überall die anordneude Hand AI- 
breebts herausfühlen ; wir werden auf diesem Wege auch um ersten zu Albrechts 
Quellen für diese Kamen gelangen. 


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19 


so musste Egypten, das Albrecht in seiner Quelle vorfand , einer 
der beiden anderen untergeordnet werden. An zweiter Stelle er- 
scheinen str. 802 die Kriechen, str. 3242 die babylonischen Brüder. 
Albrecht hat auch diese Gleichsetzung, die uns auf den ersten 
Blick befremdlich erscheint, durebgeführt ; die Leute des Ipoinidon 
und Pompeius werden ganz beliebig bald Babylönc , bald Kriechen 
genannt. Die 3. Sekte der Heidenschaft sind die von Babylönc, die 
aber nach Albrechts Worten (Tit. 804) wiederum durchaus mit 
den Babyloniern des Ipomidon idontificiert werden müssen. Danach 
bleibt für die Baldakö ne, die Leute des Baruchs, gar kein Kaum 
mehr, und doch sagt Albrecht Tit. 807, der Baruch besitze dae 
gröste der drlcr stücke teile. Wir sehen also , Albrecht hat die po- 
litische und die religiöse Einteilung der Heidenschaft nicht mit ein- 
ander in Einklang bringen können, somit werden die str. 800 — 807, 2 
eine einfache Nachahmung der erwähnten Stelle des Barlaam sein, 
für die Verhältnisse des Titurel haben sie weiter keine Geltung, 
da gilt allein die Einteilung str. 3242 f. 

Haben wir so dargelegt, in welcher Weise Albrecht die über- 
lieferten Motive für die Ausgestaltung der Verhältnisse des Ba- 
ruchs verwandt hat, so bleibt uns jetzt noch dasjenige übrig, was 
wir Albrechts freier Erfindung zuschreiben müssen. Ich meine die 
Vorgeschichte des Geschlechtes des Baruchs Ackerin, Tit. str. 
2829—2834. 

Der Vater des Baruchs hiess Karfidun, dessen Vater Lar- 
dentze, die Aufzählung der weiteren Vorfahren schenkt sich Al- 
brecht (2834) mit einer humoristischen Wendung im Stile Wolframs. 
Nur den Stammvater des Geschlechtes giebt er noch an 2829, 5: 
Von Asstcero was stn frtiht entsprungen , der zuerst seinem Ge- 
schlechte die eteei gerillte über alle heidcnschaft erwarb (2833, 1 — 4). 
Das übrige Stück dieses Berichts ist nichts als eine wörtliche 
Übersetzung einiger Verse des 1. Cap. des Buches Esther *). Also 
ausser zwei Namen nichts als biblische Reminiscenzcn. 

Von den babylonischen Brüdern erfahren wir aus Wol- 
fram etwas mehr als über den Baruch. P. 101, 25 — 102, 14 giebt 

*) Ich fahre sie hier nach dem Texte der Vulgata an: 

Cap. I, 1. In diebus Assueri, qui regnavit ab India usque Aethiopiam super 
centum viginti septem provincias. 

v. S. Tertio igitur anno imperii sui fecit grande convivium cunctis principibus. 

v. 4. ut ostenderet divitias gloriae regni sui, ac magnitudinem , atque iac- 
tantiam potentiae suae, raulto tempore, centum ridclicet et octoginta diebus. 

v. 7. Bibebant autem, qui inritati erant aureis poculis, et aliis atque aliis 
yasis cibi inferebantur. 

2 * 


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20 


Wolfram Auskunft über das Geschlecht des Ipomidon und Pompeius. 
Ihr Mutterbruder war der bekannte König Nobcbodonosar ; der 
Stammvater ihres Geschlechtes Ninus, der Ninive gegründet hatte, 
lange bevor Baldac erbaut wurde. Der Pompeius, der einst vor 
Caesar floh , hat mit diesem Geschleckte nichts zu thun. Charak- 
terisiert wird Pompeius von Wolfram als ein stote werder man 
Pz. 102, 1 ; und 102, 14 heisst es von den beiden Brüdern „in tet 
schade und lastcr tce u . Es fehlt also jede tadelnde Beimischung, Pom- 
peius und Ipomidon sind so gnt wie Gahmuret ritterliche Könige, 
die nur deshalb , weil sic dem Haupthelden feindlich gegenüber- 
stehn, nicht unsere volle Sympathie haben. 

In Albreckts Titurel dagegen verkörpert sich in den beiden 
babylonischen Brüdern die ganze Schlechtigkeit und Hassenswür- 
digkeit des Heidentums, die in Wolframs Parzival und Titurel gar 
keine Statt hat , denn der eigentlichen Gralsagc liegt der ausge- 
sprochene Gegensatz des Heidentums ganz fern, der Gral ist Heiden 
und Christen, soweit sie nicht auserkoren sind, gleich unerreich- 
bar. Dagegen im Willehalm , der dem kerlingischen Sagenkreise 
angehört, beruht die ganze Kabel auf dem unüberbrückbaren Gegen- 
sätze und erbitterten Kampfe der Christen und der Saracenen. 
Ganz dieselbe Stimmung beherrscht den jg. Titurel , nur sind die 
Köllen so verteilt, dass die wilden Kriechen die Rolle der stets 
zu bekämpfenden Saracenen übernommen haben, während die Bal- 
dakone mit den Christen auf ein und derselben Seite stehn ; nur 
durch gelegentliche fromme Stossseufzer des Dichters werden wir 
einmal daran erinnert, dass eigentlich ja auch die Baldakone alle 
Kinder der Hülle sind. Es ist bei dieser Lago der Dinge ganz 
verkehrt, Albrechts Auffassung des Verhältnisses zwischen Christen- 
tum und Heidentum einer strengeren kirchlichen Richtung des 
Dichters in die Schuhe zu schieben, und ihn in einen starken Ge- 
gensatz zu Wolfram zu stellen , wie Sau-Marte *) es thut. Wir 
haben auch hierin nur die Abhängigkeit Albrechts von Wolfram 
zu constatieren, aber diesmal nicht vom Parzival und Titurel, son- 
dern vom Willehalm. 

Der König Terramer des Willehalm ist, wie wir gesehen ha- 
ben , das Urbild des Baruchs Ackerin in Albrechts Titurel ge- 
worden; die gesamten äusseren Verhältnisse Terramers sind 
einfach auf Ackerin übertragen worden, aber die Charakteristik 
der Person Terramers selber konnte Albrecht für Ackerin durch- 
aus nicht brauchen. Terramer ist das Oberhaupt der gesamten, 


*} Germ. 8, 421—461. 


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21 


gegen das christliche Oransche herangezogenen Heidenschaft j für 
den christlichen Legendenschreiber, der zuerst die Thaten des hl. 
Willehalm aufzeichnete, verkörperte sich also in ihm die ganze 
höllische Gewalt und Macht des Herrschers der Kinder des Satans. 
So wird denn Terramer dargestellt als ein stolzer hoehfabrender 
Herrscher, der in blindem Vertrauen auf die unermessliche Zahl 
seiner Hülfstruppen und Reichtümer das ganze christliche Abend- 
land mit leichter Mühe zu bezwingen gedenkt, aber durch die 
Macht des Höchsten von seiner stolzen Höhe in den Staub ge- 
schmettert wird. Diese Charakteristik passte für den christen- 
freundlichen, uns sympathischen Baruch Ackerin , der den toten 
Gahrnuret prächtig bestatten und ihm ein Kreuz nach Christensitte 
aufs Grab setzen lässt, nun allerdings wenig. Albrecht hat sich 
da so geholfen, dass er diese Seite Terramers für die Schilderung 
der babylonischen Brüder verwandte. Man muss zugestehn, dass 
der Baruch Ackerin auf diese Weise eine recht farblose Figur 
geblieben ist, deren persönliche Charaktereigenschaften nur wenig 
ausgeführt werden. In seinem Auftreten gleicht er dem mass- 
vollen, ritterlichen und höfischen König Artus; was dessen Hof 
für die abendländische Ritterschaft bedeutet, ist Ackerins Hof 
für die gutgesinnten Elemente der Heidenschaft. In diesem Sinne 
ist die Bemerkung von Rosenkranz*) „Baruch Ackerin parodiert 
den Artus“ richtig. 

Für seine Charakteristik der babylonischen Brüder musste 
Albrecht der Zug sehr willkommen sein, den Wolfram (Parz. 102, 
4 — 7) von ihrem Oheim , dem bekannten Könige Nobchodonosar, 
anführt. Die Geschichte dieses aus dem Buche Daniel bekannten 
Königs, „der an triigelichcn buoeben las, er solle selbe sin ein got “, 
wird von Albrecht in Ausführung der Parzivalstelle erzählt 
str. 791 — 794. Seine Hochfahrt hat sich auf alle Könige von 

Kaldea vererbt , so begehren auch Ipomidon und Pompeius gött- 
licher Ehren (Tit. 790 und später sehr oft). Von den beiden 
Brüdern tritt Pompeius im Titurel bei weitem hinter dem bedeu- 
tenderen Ipomidon, dem Besieger Gahmurets, zurück. Hätte Al- 
brecht nicht beide Brüder in der Überlieferung vorgefunden, er 
hätte sie sicher nicht erfunden , vergisst er sie doch auch so nur 
zu oft. Ipomidon ist stets die treibende Kraft, ihm wird daher 
auch der Zug in den Mund gelegt , der uns am deutlichsten die 
Gleichsetzung der Persönlichkeit Terramers und der babylonischen 
Könige beweist. In dem Kriegsrat, den Terramer kurz vor der 


*) Titurel und Dantes Komoedio pg. 73. 


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22 


Ankunft des christlichen Entsatzheeres vor Oransche beruft, ent- 
wirft er die weitgehendsten Pläne zur gänzlichen Bewältigung der 
Christenheit. Es heisst da (Wh. 340, 2 ff.) : (wenn er erst Oransche 
und Paris erobert habe,) 

darnach si fiirbaz weiten 
Uf die kristenheit durch räche. 

Tcrramer den stuol dä zAche 
wolt besitz n unt dan ze Home varn. 

9 — 11. sus wold er rcemsche kröne 

vor sinen goten schöne 
und vor der heidenschefte tragen. 
cf. Wb. 460, 21-26. 

Ganz dieselben Absichten zeigt Ipomidon fast mit denselben 
Worten an Tit. 3244.8 — 3245,7. 

Wolfram begründet den Anspruch Terramers auf das römische 
Reich ausführlich Wh. 338, 26—339, 1 : 

üf raemisch kröne sprich ich sus: 

der edele Pompeius 

von des gesläht ich bin erborn, 

( ich enh&n die vorderung nicht vlorn) 
der wart von rcentscher kröne vertribn. 
zunrehte ist manec künc belibn 
dä sit üf tninem erbe. 

Albrecht nimmt den Kern dieser Begründung mit hinüber, 
(Tit. 3243, 3—6), aber die nähere Ausführung Wolframs lässt er 
weg, weil Wolfram ja an der Parzivalstelle (102, 2—3) die Ver- 
wandtschaft des alten Römers Pompeius mit dem Pompeius von 
Babilon ausdrücklich verwirft. Dadurch wird aber die Begründung 
von Ipomidons Anspruch im Titurel unklar und unverständlich. 

Für die weitere Ausgestaltung der Verhältnisse der babylo- 
nischen Brüder fällt das Vorbild Terramers fort, denn wie wir 
gesehen haben, war ja für alle diese Dinge bereits der Baruch 
Ackerin an die Stelle Terramers getreten. Wir erkennen aber 
leicht auch hier Albrechts Arbeitsmethode. Er bedient sich hier 
sehr reichlich des Hülfsmittels der Paralleldarstellung, und zwar 
in der Weise, dass alle Verhältnisse des Baruchs in vergrössertem 
Massstabe bei den babylonischen Brüdern wiederkehren. Während 
z. B. dem Baruch von 8 Königen seine Rüstung gereicht wird, 
von denen ein jeder ein Königreich dafür als Lehen trägt, be- 
stellen sich die babylonischen Brüder ein jeder 10 Könige dazu, 
deren jedem sie 2 Lande dafür als Lehen geben (str. 876). In dem 


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23 


spateren gewaltigen Kampfe der beiden orientalischen Grossmächte, 
der der Verherrlichung Schionatulanders zur Grundlage dient, ist 
das Heer der Babylonier dreimal so gross, wie das des Baruchs. 
Der Dichter kann sich nicht genug thun in der Hervorhebung der 
unermesslichen Zahl der Länder und Hülfstruppen , die dem Auf- 
gebote Ipomidons gefolgt sind. 

Ueber die unzähligen Reiche der Babylonier belehrt Albreckt 
uns str. 3371 — 3374: 

130 Kronen sind ihnen von reht tif gerbet (3374, 1 — 2). 

72 Kronen*) haben sie sich dazu erstritten (3374,3—4). 
Das sind im ganzen 202 Kronen (3373, 1—2). Davon hat ihnen 
der Baruch 7 Kronen durch die Eroberung Syriens entrissen 
(3372, B— 7; cf. str. 796 ff.). 

Die 6 Kernlande des Ipomidon und Pompeius, die den 9 Landen 
des Baruchs entsprechen, werden zweimal aufgezählt, Tit.819 u.3377: 
1) Kaldea. 2) Scmmiar ( Sennaux 819 H.). 3) Mesepot. 4) Sicilje 

(= Kriechen 3377). 5) Samarene ( Lamarcne 819 H.). 6) Sabri- 

tene (= Snbristene 3377 H. ; Subritene 3377 A. D.). 

Kaldea, Mcsepot sind klar; Sicilje entspricht Kriechen ; das 5. 
ist Samarene = Samaria; das zweite Land ist ohne Zweifel die 
terra Sennaar der Genesis, der alte Name für das Land Babel (cf. 
Genesis X, 10; XI, 2 (8—9); Daniel 1,2). Djs 6. Land endlich, 
Sabritene, hängt wohl zusammen mit Sahara (al. Sabathra, auch 
Sabratha) , der Hauptstadt des glückseligen Arabiens (cf. Zedlers 
Univ.-Lex. , Bd. 43, pag. 44 und 135). Wir ersehen aus dieser 
Aufzählung mit vollster Deutlichkeit, dass sich Albreckt unter 
dem Babylon des Ipomidon und Pompeius die Hauptstadt des 
eigentlichen Babyloniens vorgestellt hat. Fünf der aufgezählten 
Länder liegen in Babylonien und in der Nachbarschaft desselben; 
das sechste, Kriechen ( Sicilje ) hat Albreckt hinzugefügt, in conse- 
qnenter Befolgung der oben erwähnten Gleichsetzung der heidni- 
schen Griechen mit den Unterthanen der babylonischen Brüder. 
Ursprünglich ist natürlich das egyptische Babylon (= Kahira) 
hier gemeint gewesen, das zeigt die Erwähnung von Alexandrien 
(Pz. 18, 14; 106, 11), aber schon bei Wolfram ist dies Verhältnis 
verdunkelt, indem Ninive das Streitobjekt der beiden Mächte 
bildet. — 

Ninive, das einst Ninus, der Ahnherr des Ipomidon und Pom- 


*) Die 72 Kronen (3374) sind wohl die der Könige aus der wüsten Babiionie, 
die Tit. 820 aufgefübrt werden ; sie sind aus der volksepischen Dichtung bekannt, 
(s. B. Orendel 400-402. 2522—2524. 3811—13. 8377-79. 3638-39). 


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peius gegründet hatte (Pz. 102, 11 — 13), war also die Veranlas- 
sung der Kämpfe, die zwischen den beiden eben geschilderten 
Grossmächten des Orients stattgefunden hatten. Darüber berichtet 
uns Wolfram kurz an zwei Stellen: Parz. 14, 3 — 6: 

Zwen bruoder von Babilbn, 

Fompeius und Ipontidön 
den nam der bäruc Ninive 
(das was al ir vordem e). 
und Parz. 102, 16— 18. 

In diese Kämpfe kommt Gahmuret hinein , als er nach dem 
Tode seines Vaters Gandin auf Ritterschaft auszieht (cf. Parz. 13 ff.). 
Im Dienste des Baruchs verhilft er diesem zum Siege; besonders 
zeichnet er sich im Kampfe vor Alexandrie aus, (Parz. 18, 14 — 16), 
wo er den feindlichen König Ipomidon selber hinters Ros3 sticht 
(Parz. 106, 7—11*)). 

Lange Zeit hindurch bleibt der Baruch in ungestörtem Besitze 
Ninives; Gahmuret erwirbt unterdessen Belakane und nachher Her- 
zeloyde, mit der er den Parzival erzeugt. Ihres Besitzes aber 
hat er sich noch nicht lange erfreut, da erhält er die Nachricht, 
dass der Baruch von den babylonischen Brüdern mit einem starken 
Heere angegriffen sei. Sofort schifft er sich ein und eilt dem 
Baruch zu Hülfe. 

Hier setzt nun das 8. Capitel des Titurel ein (str. 781 H.): 

Str. 782 — 785 sind nichts als eine Paraphrase der Verse Wol- 
frams Parz. 102,20 —22. Gamuret kommt nach Baldac und wird 
mit grosser Freude empfangen ; er findet den Baruch gerüstet. 

Dann lässt Albrecht dem Gamuret durch einen alten Ritter 
eine ausführliche Schilderung der Streitigkeiten um Ninive geben, 
die den Kampf des Baruchs mit den Babyloniern herbeigeführt 
haben. Albrecht verarbeitet in diesen Bericht zunächst die beiden 
oben angeführten Stellen des Parzival über die Kämpfe um Ninive, 
fügt sodann die Geschichte von Nobchodonosar nach Wolfram ein 
und schliesst mit einer ausführlichen, frei erfundenen Erzählung, 
in der er den Verlust Ninives näher motiviert (str. 796 ff.)**). 
Albrecht vergisst bei der Einfügung dieses Berichtes ganz , dass 


*) Wo Albrecht, seinen häufigen Anspielungen nach zu schliessen (Tit. 788, 4. 
8354—55. 2918), nicht die Lesart der von Lachmann bevorzugten Hs. D(g) vor 
sieb gehabt hat, sondern die der übrigen Hss. 

**) Das Feld Rakkaic (str. 824), den Sammelplatz der Babilonier, hat Albrecht 
aus dem Buche Judith cap. I, 6 j es ist da das Schlachtfeld des Nabuchodonosar 
und Arphaxad. 


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Gamuret ja schon früher einmal bei dem Baruch in Baldac gewesen 
ist und dort die Geschichte des Abfalls von Ninive erfahren haben 
muss, denn nach P. 14, 5 liegt dieses Ereignis schon vor dem 
ersten Aufenthalte Gamurets in Baldac. 

Die nun folgende Beschreibung der Kämpfe vor Baldac (str. 
842 ff.) ist ganz Albrcchts Eigentum; sie entbehrt der originellen 
Züge und hat keinen andern Zweck , als wieder und wieder Ga- 
murets Heldenthaten hervorzuheben. Gamurets Preis überstrahlt 
jetzt noch den des Baruchs, der al3 der höchste in der ganzen 
Heidenschaft galt (str. 858 nach Wh. 45, 15 — 22). Erst mit dem 
6. Schlachttage bekommen wir wieder festen Boden unter die 
Füsse. Der Dichter kommt jetzt (str. 911) zu Gamurets letztem 
Kampfe, seinem Tode und seiner Bestattung. Albrecht folgt in 
dieser Partie genau dem Botenberichte Parz. 105, 13 — 108, 29, 
den er paraphrasiert; wir haben nur die kleinen Abweichungen 
in Einzelheiten kurz aufzuführen: str. 914 ist aus dem Ritter 
(P. 105, 18) ein alt wise beiden geworden ; als derselbe das Glas 
mit dem Bocksblute auf dem Helm Gamurets zerschlagen hat, wird 
er sofort von Gamuret getötet. Bei Wolfram findet sich nichts 
von einer Tjost Gamurets und des Heiden, sondern der heidnische 
Ritter muss heimlich den Adamas mit dem Blute begossen haben. 
Es folgt dann die Tjost Gamurets mit Ipomidon , Gamuret reitet 
totwnnd auf einen grünen Plan, um seine Beichte zu sprechen. 

Von str. 924 an unterscheidet sich Albrechts Darstellung da- 
durch von der gleichlaufenden im Parzival, dass er überall seinen 
Helden, Schionatulander, in den Vordergrund rückt. Im Berichte 
des Tampanis kommt Schionatulander überhaupt nicht vor; ob wir 
ihn uns unter den vielen kleinen Edelknaben (Pz. 105, 3) mit zu 
denken haben, ist eine müssige Frage. Im Titurel (str. 40 u. 75 ff.) 
berichtet uns dagegen Wolfram ausdrücklich von Schionatulander, 
dass er den Gahmuret auf seine beiden Züge nach Baldac be- 
gleitet habe. Die Angabe Wolframs nimmt Albrecht auf und fügt 
seinen Helden der ganzen folgenden Darstellung ein. Derselbe ist 
gleichsam der Erbe Gamurets, wie er ihn in der Rolle des Helden 
der Aventiure ablöst. 

So vertraut der sterbende Gamuret (str. 924 ff.) dem Schiona- 
tulander sein Weib und seinen noch ungeborenen Sohn an ; zum 
Lohne dafür solle er sich später Sigunens Hand ausbitten, sie aber 
zuvor durch ritterliche Thatcn verdienen (cf. W. Tit. 102. 106). 
Er solle jetzt der Pfleger von 6 Landen werden (aufgezählt Tit. 
1092, 5 — 7), in Not aber sich an Artus, Gailet und Ekunat 
wenden. Schliesslich bittet ihn Gamuret, seine herrenlosen Mannen 



v 


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— 20 — 

in die Heimat zurückzufübren (cf. dagegen Pz. 106, 27/28). Echt 
Albreehtisch ist der Zusatz (932), dass Scbionatulandcr zum Heile 
von Gamurets Seele Klöster und Religiösen mit reichen Spenden 
bedenken soll. Dann beichtet Gamuret und stirbt. Es folgen end- 
lose Klagen Schionatulanders und des Baracks; den wie tot neben 
Gamurets Leiohe hingesunkeuen Knappen führt der Baruch zu 
seiner Gemahlin, die ihn auf ihren Schoss nimmt und tröstet. 

Über Gamurets Bestattung und sein Grab berichtet Wolfram 
ausführlich, Parz. 106,29 — 108,28. Albrecht (str. 960 ff.) fügt in 
den Einzelheiten einiges hinzu, wa.s er aus der Eneit (cf. En. 
8273 — 8408 und 9385 — 9574) genommen hat, die an dieser Stelle 
schon Wolframs Vorbild gewesen ist*)* In Gamurets Sarg werden 
drei Kronen mit hineingelegt, weil er dreier Lande Herrscher war 
(Tit. 972 ; cf. W. Tit. 74, 3). An Gamurets Grabe wird eine Messe 
gelesen (969 — 971), durch die die Herzen der Heiden dem Christen- 
tum sehr geneigt gemacht werden. Die Schrift des Epitafiums 
giebt Albrecht nicht an. 

Str. 976 —981 giebt Albrecht eine kurze Andeutung des wei- 
teren Verlaufes des Krieges. Nach Gamurets Tode halten sich 
die Erfolge der beiden streitenden Parteien die Wage ; die Baby- 
lonier ziehen schliesslich, ohne verfolgt zu werden, von Baklac ab. 
Der grösste Verlust lag auf der Seite der Christen, aber Gamuret 
wurde später durch Sehionatulander gerächt. 

Durch diese Strophen hat sich der Dichter den Weg offen 
gelassen für die Einführung von Schionatulanders Rachezug nach 
Baldac, der fast ein Viertel des ganzen Titurel, Cap. XX — XXIX, 
ausmacht. 

In dem nächsten Abschnitte (str. 982 — 1038) führt Schionatu- 
lander den von Gamuret erhaltenen Auftrag aus und bringt Gamu- 
rets Mannen in die Heimat zurück. Mit reichen Geschenken wird 
er vom Baruch entlassen. Zusammen mit Gamurets Mannen be- 
giebt er sich noch einmal zu Gamurets Leiche und nimmt klage- 
reichen Abschied von derselben. Auf demselben Wege, wie Gah- 
muret Parz. 58,20 — 30, kehrt die traurige Schar nach Kanvo- 
leis zurück. 

In einigen Strophen wird dann, in Anknüpfung an Tarz. 103, 
15 — 17, die crwartungs%’olle Freude Herzeloudens und Sigunens 
(die ja nach W. Tit. I bei ihrer Muhme lebte) geschildert. Herze- 


*) Die ähnliche Beschreibung Wirnts (Wig. 8230 — 8324) stammt aus Vcldeke 
und Wolfram. 


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loudens Freude wird gestört durch einen schlimmen Traum, den 
Wolfram ausführlich berichtet (Parz. 103,25 — 104,30), Albrecht 
aber nur kurz andentet (1047) ; bei ihm folgt unmittelbar darauf 
die Ankunft von Gamurets Mannen. Nicht Schionatulander, wie wir 
erwarten sollten, verkündet die Botschaft, sondern wie im Parzival 
Tampenis , Gamurets Meisterknappe. Herzeloude , die nur den 
Namen Gamurets hört und den kläglichen Aufzug sieht, fällt ohn- 
mächtig zu Boden. Niemand kümmert sich um sie, bis ein alter 
weiser Ritter sie wieder ins Leben zurückruft (1056). Jetzt glaubt 
die Königin , dass durch diese Erschütterung das Kind in ihrem 
Leibe getötet sei ; und erst als sie sieht , dass ihre Brüste noch 
Milch geben, weiss sie, dass das Kind noch lebt. Bei Wolfram 
(Parz. 110, 11 — 111,13) findet sich von dieser Befürchtung Herze- 
loudens nichts, Albrecht hat sie wohl aus Parz. 111, 1—2 heraus- 
gelesen. 

Herzeloude lässt sich nun persönlich noch einmal von Scbiona- 
lander die genaueren Umstände von Gamurets Tode erzählen; eine 
begreifliche Dittographie Albreebts. Dann werden die Fürsten von 
Herzeloudens Landen nach Kanvoleis berufen , und leisten dem 
Schionatulander das Gelöbnis der Treue (Tit. 1075—1077). 

Nach 8 Tagen (Pz. 112, 5 nach 14 Tagen, aber im Tit. fallt 
die Berufung der Fürsten dazwischen) wird Herzeloudens Kind 
geboren; die Fürsten bleiben solange in Kanvoleis, bis das Kind 
nach 6 Wochen getauft wurde. Es erhält den Namen Parzival 
und wird von seiner Mutter selbst gesäugt (Tit. 1078—87 ; cf. 
Parz. 112, 5-114, 4). 

Herzeloudo thut jetzt ihren Entschluss kund , sich mit ihrem 
Sohne in die Einsamkeit zurückzuziehen ; vergebens sind alle Ab- 
mahnungen der Fürsten und Schionatulanders. Sie zieht nach einem 
schmerzlichen Abschiede von Sigune in die wüste Solitane. Die 
Blumen auf dem Plane und der Vöglein Singen erfreuen sie nicht 
mehr, Parzival ist ihre einzige Freude. Ängstlich hirgt sie ihn vor 
Ritterschaft, und als er sie später doch verliess, um Ritter zu 
werden , starb sie vor Sehnsucht und Schmerz. (Tit. 1083 — 1087, 
ein kurzer Auszug von Parz. 116,28—128,25). 

Nach diesem kurzen Ausblicke auf Parzivals Geschichte kehrt 
der Dichter mit dem 9. Capitel zu seinem Helden Schionatulander 
zurück. 


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Abschnitt III: Schtonatulander I. 

Schionatulander ist der Held der Aventiure von dem Augen- 
blicke an, wo Gamuret stirbt, bis zu seinem eigenen Tode, der im 
35. Cap. des Titurel erzählt wird. In diesem ganzen, die Haupt- 
masse des jg. Titurel umfassenden Stücke (von Cap. IX — XXXV 
Mitte), können wir deutlich 3 Teile unterscheiden, die ebensoviele 
Etappen in Schionatulanders Heldenlnufbahn bezeichnen. 

Der erste Teil, von Cap. IX— XIX reichend, zeigt uns Schiona- 
tulanders Entwicklung in einer au f steig enden Linie von seiner 
Schwertleite bis zu dem grossen Feste auf Florischanze, aus dem 
er unbestritten als der vortrefflichste Ritter des ganzen Abend- 
landes hervorgeht. Das treibende Motiv dieses Teiles ist das Be- 
streben Schionatulanders, die geliebte Sigune linder Schildes dache 
zu erwerben. Einen breiten Raum nehmen die Kümpfe um das 
Brackenseil ein , an dessen Erwerbung Sigune ihren Besitz ge- 
knüpft hat. 

Der 2. grosse Teil (Cap. XX — XXIX) wird ausgefüllt durch 
Schionatulanders Rachezug nach Baldac und seine Kämpfe beim 
Baruch. In diesem Teile des Titurel steht der Held auf der Höhe 
seiner Laufbahn, er erfüllt Orient und Occident gleichraässig mit 
seinem Ruhme. Alles ruht auf dem 2. grossen Motive, das ihn 
bewegt, der Rache für Gamuret. 

Der Rest endlich erzählt uns Schionatulanders Kämpfe mit 
Orilus und Lehelin um die Länder des unmündigen Farzival. Man 
kann nicht leugnen , dass nach den beiden vorhergehenden glän- 
zenden Abschnitten Schionatulanders Heldentum hier deutlich die 
absteigende Linie fühlen lässt, in der es sich bewegt, bis es 
schliesslich mit Schionatulanders Tod sein Ende erreicht. 

Drei grosse treibende Motive sind es also, die Schionatulanders 
Leben bewegen , die Erwerbung des Brackenseils , die Rache für 
Gamuret, und die Kämpfe für die ihm anvertrauten Lande Parzi- 
vals. Eins dieser Motive nach dem andern tritt dazwischen, um 
die von Wolfram im ersten Titurel-Bruchstück vorbereitete Ver- 
einigung Schionatulanders und Sigunens zu verhindern; und als 
schliesslich Schionatulander in den durch das 3. Motiv hervorge- 
rufenen Kämpfen das Leben verliert, ist Sigune noch immer die 
jungfräuliche Braut, die nun den Rest ihres Lebens in der Klage 
um den Geliebten hinbringt. 

Das erste dieser drei leitenden Motive fand Albrecht in Wolf- 
rams zweitem Titurel - Bruchstück ausgesprochen ; so eröffnet er 


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denn mit diesem im 10. Capitel seines Titurel die Schilderung der 
Thaten Sohionatulanders. 

Cap. IX. (str. 1088 — 1138 H.) Das diesem vorausgehende 9. 
Capitel enthält nichts, als eine Fortführung der Geschichte Schiona- 
tulanders und Sigunens bis zu dem Augenblicke, wo Wolframs 
2. Bruchstück einsetzt. 

Zuerst erzählt uns Albreckt von Sohionatulanders Schwertleite. 
Zu diesem Feste erscheinen Artus, Gailet, Ekunat (Sohionatulanders 
Oheim), Gurnemanz (sein Grossvater) und dessen Sohn Gentulurs, 
der später von Clamide erschlagen wurde (cf. P. 177, 27 — 178, 3). 
Nach der Erteilung des Ritterschlages wird Schionatulander von 
Artus, Gailet und Gurnemanz in ritterlicher Tugend unterwiesen 
(1114 tf.). Albrecht hat hierbei nicht etwa auf die eingehende 
Belehrung Parzivals durch Gurnemanz Bezug genommen , sondern 
es herrschen die sich aus der Sache ergebenden praktischen Ge- 
sichtspunkte vor: Treue gegen Herzeloude, Parzival und Sigune, 
und Schutz der anvertrauten Lande. Für die Schilderung des 
Festes hat Albrecht die Andeutungen über Vivianzens Schwertleite 
(Wh. 63, 5 — 64, 4) benutzt. 

Den 2. Teil des 9. Capitels (str. 1123—38) macht ein Besuch 
Schionatulanders und Sigunens bei Herzeloude in der Solitane aus. 
Auf diese Weise erreicht der Dichter, dass Schionatulander und 
Sigune beim Beginn von Cap. X. sich zusammen im Walde 
befinden. Denn als bei diesem Besuche Herzeloudens Kummer in 
erhöhtem Masse wieder hervorbricht, wollen Schionatulander und 
Sigune die Nacht über nicht mehr dableiben, sondern verabschieden 
sich schon am Abend. Eine Raste von der Solitane entfernt, 
schlagen sie das prachtvolle Zelt auf, das einst Gamuret von Raz- 
zalig erhalten hatte (Pz. 64, 15 — 17), als er Belakane erwarb. Die 
Nacht verbringen sie ohne Sorge und ahnen nicht, dass der nächst^ 
Morgen ihnen das Ende aller Freuden bringen soll. 

Cap. X. (str. 1131 — 1340 II.) Damit setzt das 2. Wolframsche 
Fragment ein, das von str. 1140—1189 reicht. Dieses 2. Wolfram- 
sche Fragment enthält die Exposition der Kämpfe um das Bracken- 
seil. Bei der weiteren Ausführung derselben ergab sich als erster 
Concurrcnt des Schionatulander mit Notwendigkeit der rechtmässige 
Besitzer des Brackenseils, duc Ehkunaht de Salvasch florien, der 
Geliebte der Clauditte von Kanadic, dem diese den Bracken mit 
dem kostbaren Seile gesandt hatte. Diesen Ehkunaht von Salvasch 
florien vermengt nun der Dichter des jg. Titurel mit dem Pfalz- 
grafen Ehkunaht von Berbester, dem Oheim des Schionatulander, 
der im Parzival mehrfach vorkommt (P. 178, 19. 413, 15, 603, 16 u. 


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30 


W. Tit. 42, 1. 2). Aus diesem Umstande, dass Ekunat im Titurel 
einerseits der nächste Verwandte Sehionatulanders und andrer- 
seits sein Concurrent um das Brackenseil ist, erklärt sich die 
Unsicherheit und zugleich das Schwanken in der Zeichnung der 
Figur Ekunats, solange es sich um das Brackenseil handelt. Der 
Dichter befindet sich in diesem Punkte in steter Verlegenheit. 

Albrecht hat zu Schionatulander und Ekunat noch einen 3. Mit- 
bewerber hinzugefugt, den Orilus von Laiander. In W. Tit. wird Ori- 
lus als solcher nicht genannt, und aus der einzigen Stelle des Parzi- 
val, wo von dem Brackenseile die Rede ist (P. 141,3 — 18), lässt 
sich kein sicherer Schluss auf die Mitbewerbung des Orilus um das 
Brackenseil ziehen. Jedenfalls hat aber Albrecht aus dieser Parz.- 
Stelle die thätige Teilnahme des Orilus am Kampfe um das Bracken- 
seil abgeleitet , wenn er auch , meiner Ansicht nach , eine solche 
Bedeutung erst in Wolframs Worte hineingelegt hat*). 

Die Kämpfe der aufgezählten Bewerber ergaben nun genug 
Combinationen für den ausarbeitenden Nachdichter. Wir erkennen 
aber gerade an dieser Stelle das geringe schaffende Talent Al- 
brechts, wo es sich darum handelte, ohne Verwendung anderwärts 
hergeholter Parallelen selbständig zu gestalten. Denn nichts im 
ganzen Titurel ist langweiliger und zugleich unübersichtlicher, als 
die langen Kämpfe um den Besitz des Brackenseils. 

Wie wir aus Wolframs Fragment erfahren (str. 160—161), 
hatte Schionatulander nach vergeblichem Bemühen , die Spur des 
Bracken wiederzufinden, schliesslich, von Dornen zerkratzt , seine 
Jagd aufgegeben. Wäre er damals (fährt nun Albrecht str. 1269 
fort), als er mit blossen Beinen dem flüchtigen Bracken nachgesetzt 
war , nur einen Poynder weiter vorgedrungen , so hätte er den 
Bracken wiedergefangen ; denn an der Stelle war der Bracke durch 
sein langes Seil in dem Gebüsche verstrickt worden. Dort findet 
ihn der König Teanglis von Teseac und Talimon; der macht ihn 
los, lässt ihn aber weiter laufen**) und folgt seiner Spur, um so 
auf eine äventiure zu treffen. Das Wild, das der Bracke verfolgt, 
wird eine Meile weiter von Orilus de Laiander erlegt; der fängt 
auch den Bracken ein und besiegt den König Teanglis. 

Auf diese Weise ist der Bracke in die Gewalt des Orilus ge- 
kommen; jetzt ist Orilus im Stande, als gleichberechtigter Mitbe- 
werber Sehionatulanders und Ekunats in den Kämpfen um das 


*) Bei Cbrestieu fehlt die erste Begegoung Farzirals mit Siguue ganz; cf. 
Köpp, Zs. f. d. Ph. 17, 16. 

**) Zu Tit. 1263, 5 tergl. W. Tit. 164, 1-3. 


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31 


Brackenseil aufzutreten, da er es durch ritterlichen Kampf ge- 
wonnen hat. König Teanglis, ein typischer junger höfischer Fürst, 
ist eine Figur Albrechts , die nur zu diesem bestimmten Zwecke 
eingeführt wird*). 

Später fügt Albrecht über diesen König Teanglis von Teseac 
und Talimon noch hinzu (1288), er sei über 9 Länder Herr, und trage 
von einem Könige Krone, der selbst wieder über 15 Lande Krone 
trage (1298). Dieser Lehnsherr des Teanglis ist Artus (str. 1303 ff.), 
dessen 15 Königreiche str. 1708 aufgezählt werden; da erscheint 
auch Talimon wieder , Teseac nicht. Allein von einem Könige 
Teanglis von Teseac und Talimon, der ein Lehnsmann des Artus 
ist, habe ich sonst keine Spur gefunden**). König Teanglis kommt 
im Verlaufe des Titurel noch an zwei Stellen vor, einmal wird er 
im Turnier auf Florischanzc als einer der 30 mitturnierenden Kö- 
nige genannt (str. 1938. 2018 ff. 2130 ff.), die ihm dort zugeteilten 
6 Fürsten mit ihren Ländern stammen aber sämtlich aus I’arz. 772. 
Dann aber bewirkt Teanglis (str. 1283 ff.) durch seine Begegnuug 
mit Schionatulander , dass derselbe an Artus Hof gelangt. Also 
auch hier wieder ist Teanglis nur eine Mittelsperson, die einen be- 
stimmten Zweck zu erfüllen hat und daun auf Nimmerwiedersehen 
vom Schauplatz der Handlung verschwindet. Um das Auftreten 
des Teanglis an dieser zweiten Stelle aber noch besser würdigen 
zu können , müssen wir zunächst erst einmal Schionatulanders 
Schicksale bis zu seinem Zusammentreffen mit Teanglis verfolgen. 

An Strophe 1188, mit der Wolframs Bruchstück abbricht, 
knüpft Albrecht unmittelbar die Aussendung Schionatulanders auf 
die Suche nach dem Brackenseil : Schionatulander und Sigune 
kehren nach Kanvoleis zurück. Sigune verlangt schmerzlich nach 
dem Besitze des Brackenseiles. Um sie zu versuchen, stellt sich 
Schionatulander zunächst, als wolle er lieber das grosse Fest des 
Artus auf Florischanzc mitmachen und dort für Sigune Kuhm erwer- 
ben; aber als er sicht, dass es ihr ernst ist mit ihrem Wunsche, giebt 
er nach und erklärt sich bereit. Sigune verspricht ihm als Sold 
ihre Minne und ihr Land Katelange. Nun rüstet Sigune ihn prächtig 
aus. Seine Eisenrüstung hatte einst Gamuret vom Baruch ge- 
schenkt bekommen, sie war in Assigarciunde gearbeitet (1222 ff.) 


•) Wenn die von Bartsch für echte Lieder Wolframs erklärten Strophen des 
jg. Titurel wirklich Wolfram angehörten, so wäre damit auch Teanglis schon 
Wolframs Erfindung zuzuschreiben und von Albrecht einfach übernommen. 

**) Der Name Talimon kommt in Wolframs Willehalm vor, allerdings als Fer- 
soneunamc, der König Talimon ton Boctiin (Wh. 34 1, 26 u. ö.). 


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32 


(cf. Wh. 356, 16). Sein Schwert heisst Falzone*), sein Speer 
Duranze von Trois (cf. P. 288, 16 — 19), sein Ross Trakune von 
Spange. Als Wappen trägt er Gamurets Anker, daneben als 
Helmschmuck Sigunens Krone (aus Wb. 22, 26 — 27.). Nur Feirefiz 
und Secureis waren schöner ausgerüstet als Scbionatulander (1226). 

Auf seine Bitte lässt Sigune den Geliebten ihren weissen Leib 
scbauen und stärkt durch diese Gunstbezeugung seinen Mut aufs 
höchste**). 

Endlich nehmen sie Abschied , Scbionatulander verfolgt die 
Spur des Bracken bis an die Stelle, wo das Wild, das der Bracke 
verfolgt hatte, gefallen war. Da verlor sich des Bracken Spur. 
Lange reitet er nun irrend ira Walde umher, bis er endlich einen 
Waidmann trifft, der ihm über den Bracken Auskunft giebt und 
ihn dem Teanglis nachweist. Scbionatulander erreicht bald den ge- 
suchten und besiegt ihn. Dann schickt er den Teanglis mit einer 
Herausforderung an das Hoflager von dessen Lehnsherrn , allein 
ohne den Namen dieses mächtigen Königs zu erfahren. Es ist 
Artus , und so ist Schionatulander, ohne es zu ahnen , mit Artus 
Hofe in Berührung gekommen. 

In dem ganzen jetzt folgenden Abschnitte tritt der Kampf 
um das Brackenseil vollständig in den Hintergrund. Wir sind zu 
einer Situation gelangt, die in jeder der Dichtungen von der Art 
des Titurel ein stehender Artikel ist. Gervinus (Deutsche Nat.- 
Litt. I, 262) sagt darüber bei der Besprechnng von Ulrichs Lan- 
zelet: „Dass nun (auf dem Turnier) der Held unbekannt erscheint 
und das beste thut und alle trefflichsten Helden von Gawan bis 
auf Keye niederwirft , das versteht sich nicht allein in diesem, 
sondern in allen Sagenkreisen des Mittelalters von selbst“. 

Nicht anders ist auch im Titurel der mit str. 1307 beginnende 
Abschnitt zu beurteilen. Albrecht bezweckt durch die Einlegung 
dieser Thaten Schionatulanders nur, seinen Helden erst einmal mit 
dem nötigen Glorienschein des Ruhmes zu umgeben , der ihm bis 
jetzt noch fehlt; es ist das Debüt Schionatulanders. Als specielles 
Vorbild für unsere Stelle zeigt sich deutlich Parzivals Kämpfen 
mit Artus Rittern im Anfänge des VI. Buches des Parzival. 
Die Rolle des gareün , der die Ritter der Tafelrunde aufruft , die 


*) Dessen ausführliche Geschichte (str. 3482—6) nichts als eine Nachahmung 
der Geschichte eines Schwertes im Willebalm 77, 24 — 78, 2 ist. 

**) Vergl. über diese Vergröberung eines ursprünglich ganz ideal gedachten 
Motires San-Marte, Parz.-Studien 8, 119. 


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33 


ihnen angethane Schmach zu rächen (P. 284, 4 — 22), ist dem König 
Teanglis übertragen und dementsprechend verändert worden. Der 
gareün des Parz. erscheint noch deutlich wieder in dem garzün , 
der den Orilus ein paar mal besonders zum Kampfe anstachclt 
(.Tit. 1338. 1357-58). 

Dem eigentlichen Hauptkampfe, der mit Cap. XI beginnt und 
genau dem Streiten des Parzival an der erwähnten Stelle entspricht, 
ist ein kleinerer Kampf vorausgeschickt (str. 1307 ff.), in dem Scliio- 
natulander den Brudersohn des Teanglis , Iblet (dessen Freundin 
Laudelie war), besiegt und den jungen König Arbidol von Resariol, 
Orilus und Lehelins Schwestersohn, tötet. 

Auf diese unglückliche Tjoste Schionatulanders wird später 
wiederholt angespielt; sie ist ein Grund mehr, den Hass zu er- 
klären, den Orilus und Lehelin gegen Schionatulander tragen. Dem 
Dichter liegt viel daran , den Groll des Orilus gegen Schionatu- 
lander eingehender zu begründen, da er schliesslich den Tod des Hel- 
den herbeiführen sollte. Wurde gleich bei dem ersten Zusammen- 
treffen der beiden Ritter solch ein erregendes Moment eingeschoben, 
so verstand es sich von selbst, dass, wenn die beiden nun auch 
noch im Kampfe um das Brackenseil Gegner wurden, ihr Gegensatz 
unversöhnlich sein würde. Dadurch ist dann eine gewisse Abwechse- 
lung in das Verhältnis der drei Bewerber um das Brackenseil ge- 
bracht, denn zwischen Schionatulander und Ekunat herrscht, wie 
oben ausgeführt ist, im ganzen mehr ein freundschaftlicher Verkehr, 
während zwischen Orilus und Schionatulander und bald auch zwi- 
schen Orilus und Ekunat ein sehr gespanntes Verhältnis sich her- 
ausbildet, das schliesslich in den Tod zweier der Bewerber ausläuft. 

Es ist nun die Frage, ob wir diese feinere psychologische Mo- 
tivierung der Erfindung Albrechts zuschreiben dürfen. Ich glaube 
ja , und zwar aus folgenden Gründen : Es ist ganz unwahrschein- 
lich, dass Albrecht in einer Vorlage den Orilus und Lehelin an 
Artus Hofe gefunden hätte: denn Orilus sagt selbst (P. 135, 7 ff.), 
dass Artus und die von der Tafelrunde ihn besonders hassten, 
weil er ihrer acht beim Kampfe um den Sperber zu Kanedic be- 
siegt habe. Dieser Kampf um den Sperber liegt aber, wie Albrecht 
str. 1367 angiebt, bereits vor dem hier erzählten Ereignisse, also 
dürfen wir daraus schliessen , dass Orilus sich damals nicht an 
Artus Hof befand, sondern, so gut wie Ekunat, erst von Albrecht 
dahin versetzt worden ist, um die drei Bewerber des Brackenseils 
bei einander zu haben, und um den Kampf Schionatulanders mit 
Orilus Neffen anbringen zu können. Dieses letztere Motiv, (das 
nachher bei der Fahrt Schionatulanders nach Baldac noch einmal 

3 


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34 


wiederkehrt, so dass dann zwei Neffen des (Jrilus und Lehclin 
dureh seine Schuld das Leben verloren haben) wird übrigens später 
(str. 4437) benutzt, um ein Aequivalent zu bieten für den Tod von 
Schionatulanders Oheim Galoes , der durch Orilus Tjoste gefällt 
war. So glaube ich hierin Albreckts Erfindung sehen zu dürfen. 
Als Schiouatulander den Arbidol getötet hat und auf weitere Käm- 
pfer wartet, sieht er plötzlich einen Bracken vorüberlaufcn, den er 
für Gardivias hält, und stürmt diesem nach. Seine scheinbare Flucht 
veranlasst den spöttischen Seneschall Keye *) zu einer boshaften Be- 
merkung. ln der Nacht erst kehrt Schionatulander erschöpft zu- 
rück zu Artus Massenie , aber bereits frühmorgens stellt er sich 
wieder zum Kampfe. 

Cap. XI. (str. 1341 — 1502 H.) Nun folgt mit dem XI. Cap. der 
eigentliche Kampf Schionatulanders gegen Artus Ritter. Artus 
hält den Schionatulander, der von Kopf bis zu Fuss in eine gras- 
grüne Rüstung gehüllt ist, für den Ither, der sich nur verkleidet 
habe; er fordert deshalb seine Ritter auf, Ithers herausfordern- 
des Benehmen zu strafen. Wir sehen deutlich die Variation zu 
der ganz roten Rüstung Ithers und Parzivals ; wie Albrecht gerade 
auf das Grün kommt , geht klar au3 folgenden Stellen hervor : Tit. 
1395, 1-2: 

Von Grastcalt gehet een, nach Grasicalt geverwet. 
cf. 1295, 1 — 2 u. 5110, 5. Artus stellt dem Sieger die Ehre in 
Aussicht (1347), 

Ich suoch ävmtiur verre oder nahen. 

Von meiden und von frotven sol er ie den ersten Itus ettphähen. 
Alle drängen sich zu dieser Ehre, vor allem Segremors **). Keye tritt 
zuerst dem Schionatulander entgegen, wird aber zu Boden gestreckt, 
ebenso Segremors, Herzog Ospinel***) und Wigamur. Mit Mühe 
nur wird Gawan, der noch zu jung zum Kämpfen ist, von Artus 
zurückgehalten (Variation von P. 66, 15 — 22). Orilus selbst wird von 

*) Keye ist auch im Titnrel der bissige, großsprecherische Seneschall , wie 
ihn alle Artusromane als typische Figur verwenden. Überall drängt er sich vor, 
wo es eine Aventiure zu bestehn giebt, rpgelmässig aber muss er mit Schimpf und 
Schande abziehen und den Spott der übrigen Hofgesellschaft über sich ergehen 
lassen, wofür er sich durch sarkastische Bemerkungen rächt. Speciell ans Wolfram 
hat Alhrecbt die Rechtfertigung Keyes, Tit. 4499 ff., übernommen (cf. Parz. 296, 13 ff.), 
vergl. Tit. 4930—31. 1350. 2263-64. Überhaupt verwendet Albrecht Keyes 
Figur sehr gern, cf. noch Tit. 1331 f. 1447—49. 1833. 2105-07. 2254 ff. 2342— 
44. 4509. 4541. 4808. 

**) Diese auch aus Wolfram bekaunte typische Figur erscheint noch Tit. 1977. 
2106. 2344 f. 4513. 4515 f. 4557. 

***) Ueber ihn vergl. unten pag. 46. 


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35 


Schionatulander zu Boden gestreckt, im Fallen verletzt er sich den 
rechten Arm, sodass der Schwertkampf unterbleiben muss. Eben- 
sowenig hält Morholt von Irlant, der 5 Männer Stärke besass (An- 
spielung auf P. 73, 18—28), der Tjoste des grünen Ritters Stand. 
40 Ritter, darunter 12 Könige, besiegt Schionatulander; also ein 
glänzendes Debüt. 

Zuletzt tritt Ekunat von Berbester in die Schranken, ihm aber 
entdeckt sich Schionatulander. Jetzt erst erfährt er, dass er gegen 
Artus und seine Massenie gekämpft habe, und wird sehr bestürzt, 
denn er glaubt durch sein herausforderndes Auftreten den König 
gekränkt und beleidigt zu haben (cf. P. 284, 13 — 22). Er bittet 
den Oheim, ihm Artus Verzeihung zu verschaffen. Eknnat geht 
zu Artus, und dieser berät sich über den Fall zunächst mit den 
80 Damen seines Hofes, die ihre Zustimmung zur Verzeihung er- 
teilen. Dann gehn sie zu Orilus, aber der lehnt hartnäckig Artus 
Bitte ab und erweist ebenso der Königin und den 80 Damen die 
Unehre , ihre Bitten zurückzuweisen. Zornig ziehen Orilus und 
Jeschute, ohne Abschied zu nehmen, mit dem Bracken ab. 

Allein auf Ekunats Betrieb, der sich mit Orilus über den Be- 
sitz des Bracken seiles auseinandersetzen will, wird Orilus mit 
grossen Ehren wieder eingeholt und es kommt zu einer Bespre- 
chung wegen des Seiles unter Artus Vorsitz. Das Resultat der- 
selben ist, dass der Bracke dem Orilus zugesprochen wird, weil 
er ihn durch Kampf erstritten habe; nur durch einen ritterlichen 
Kampf könne ein andrer ihn dem Orilus abgewinnen. 

Da Ekunat auf seinem Rechte auf das Seil besteht , wird so- 
fort ein Kampf zwischen Orilus und Ekunat verabredet; dreimal 
6 Wochen, nachdem Orilus Arm geheilt ist, soll derselbe vor Nantes 
stattfinden. Bis dahin sollen beide Parteien das Streitobjekt dem 
Artus anvertranen; dem widersetzt sich aber Jeschute, sie setzt 
es durch, dass sie den Bracken und das Seil solange in ihrer Hut 
haben darf. Als Eknnat jetzt von Sigunens heissem Begehren 
nach der Schrift des Brackenseiles erzählt, wundern sich alle dar- 
über, und Jeschute muss die Schrift vorlesen , die aller Gemüter 
hocherfreut, nur Artns schmerzlich berührt wegen der Erwähnung 
seines frühgestorbenen Sohnes Ilinot (cf. W. Tit. 147). Orilus wird 
von allen Seiten gebeten, er möge doch zu dem grossen Feste auf 
Florischanze wiederkommen, damit dort noch einmal die ganze 
Schrift des Seiles vorgelescn werden könne. Orilus und Jeschute 
sagen die3 gern zu ; auch wegen des Todes von Orilus Neffen 
kommt jetzt eine Sühne zustande, das hatte alles die herrliche 
Schrift des Brackenseiles bewirkt. 

3 * 


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— 36 — 

Während dieser ganzen Verhandlungen hat Schionatulandcr 
immer noch draussen gewartet (wahrhaftig eine Ewigkeit !). Jetzt 
wird er endlich feierlich von Artus und seinen Rittern eingeholt; 
die Nacht kann er aber vor Liebespein nicht schlafen (cf. P.36, 18 ff.) — 

Die Kämpfe um das Brackenseil sind damit zu einem vorläu- 
figen Schlüsse gebracht. Fragen wir uns, was nun eigentlich Fak- 
tisches bis jetzt dabei herausgekommen ist, so ist das herzlich 
wenig. Einen eigentlichen Kampf um das Seil hat es noch gar 
nicht gegeben, denn der unentschiedene Kampf Schionatulanders 
und Orilus drehte sich gar nicht um das Brackenseil , keiner von 
beiden wusste , dass er einen Concurrenten um das Seil sich ge- 
genüber hatte. Ein Kampf zwischen Orilus und Ekunat ist ver- 
abredet worden; über Schionatulanders Ansprüche auf das Seil 
aber werden wir völlig im Unklaren gelassen. Es kommt dem 
Dichter viel mehr auf die Bedeutung der mystischen Schrift des 
Brackenseiles, als auf alle Kämpfe der Bewerber um dasselbe an. 
Aus dem allen geht hervor , dass Albrecht mit den bei Wolfram 
sich findenden Andeutungen über die Kämpfe um das Brackenseil 
nicht viel anzufangen wusste und deshalb möglichst bald von die- 
sen öden Geschichten zu dem Glanzpunkte der ersten Hälfte seines 
Gedichtes, zu dem grossen Feste des Artus auf Florischanze , zu 
gelangen bestrebt war*). — 

Den Zwischenraum zwischen dem ersten Hoflager des Artus, 
bei dem sich Schionatulandcr seine Sporen verdient , und dem 
grossen Feste auf Florischanze füllt der Dichter, ausser mit den 
Berichten über die ankommenden Gäste , noch durch die ausführ- 
liche Schilderung der Reise Gailets und der Boten des Baruchs 


*) Unsere Ansicht wird bestätigt durch einen offenbaren Widerspruch, der 
sich zwischen den im folgenden (12.) Capitel berichteten Ereignissen aufweisen 
lässt und Albrechts saloppe Arbeit in diesem Teil seines Gedichtes beweist: 

Als Schionatulandcr am nächsten Morgen die Messe gehört hat und im Be- 
griff ist, der Königin seine Aufwartung zu machen, wird er durch die Ankunft 
von Boten des Baruchs aufgch&lten. Der Dichter ergeht sich nun in einer langen 
Schilderung der Absenduug und der Heise dieser Boten , berichtet zugleich über 
die Erlebnisse Gailets auf seiner Reise zum Turnier nach Florischanze und hat 
am Ende vollkommen vergessen, dass er im Begriffe war, die Ankunft der Boten 
des Baruchs bei Artus und ihre Begrüssung durch Schionatulandcr zu erzählen. 
Denn als mehrere Tage nach den im Anfänge des Cap. XII erzählten Vor- 
gängen die erste Begegnung Ginovers und Schiouatulandcrs wiiklich stattfindet, 
(inzwischen ist Siguue an Artus Hofe angelangt , die damals erst benachrichtigt 
wordeu war), sind die Boten des Baruchs noch immer nicht da, sondern kommen 
erst an , als Artus im Begriffe steht , am dritten Morgen des eigentlicheu Festes 
18 Knappen zu Rittern zu schlagen (str. 1630—33). 


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aus. Wir müssen diese Einschiebsel, deren lose Verknüpfung mit 
dem Vorhergehenden wir eben (in der Anm.) gezeigt haben , noch 
in ihren Einzelheiten betrachten, bevor wir zum eigentlichen Fest 
auf Florischanzc übergehn. 

Cap. XII. [sfr. 1503—1629 II.) Die Sendung der Boten des 
Baruchs an Schionatulander bereitet schon hier sehr wirkungs- 
voll auf den zweiten grossen Hauptteil von Schionatulanders Ge- 
schichte , seinen Rachezug nach Baldac, vor. Von jetzt an ver- 
pflichtet Schionatulander jeden , den er im Kampfe besiegt, zur 
Teilnahme an dem Zuge nach Baldac*). Da sich aber nun wohl 
von allen Teilen unseres Gedichtes dieser dritte Zug Schionatu- 
landers zum Baruch am sichersten der eigenen Erfindung unseres 
Dichters zuweisen lässt**), so ist der damit eng zusammenhängende, 
nur vorbereitende Bericht von der Sendung der Boten des Baruchs 
gleichfalls offenbar ein Werk Albrechts. Die Unglücksfälle, die 
den Boten auf ihrer Reise zustossen, sind wohl nur eingeführt, 
um auf diese Weise den Gailet zur Teilnahme an dem Zuge nach 
Baldac zu verpflichten. Au dem Zuge Gamurets hatte Gailet nicht 
teilgenommen , der Baruch sendet aber auch ihm Geschenke , wio 
er sagt (1517) durch ergetsen shics werden mäges. Auf Schionatu- 
landers Zuge spielt Gailet dann nachher eine Hauptrolle; eine 
Zeitlang ist er sogar an Schionatulanders Stelle der Führer der 
christlichen Schar (cf. str. 3662). Diese Stellung Gailets wird 
hier schon vorbereitet. 

Zugleich hat die Schilderung der Reise der Boten noch den 
Zweck, eine Reminiscenz aus Wolframs 1. Buche (P. 25, 3—7) an- 
zubringen. Die hier an den Haaren herbeigezogeue Geschichte 
von Fridebrant von Schotten ist bezeichnend für Albrechts Manier, 
überall ausführliche littcrarische Anspielungen anzubringen und 
diese Anspielungen, wenn nötig, auch durch eigene Erweiterungen 
zur Einführung in den Zusammenhang seines Gedichtes geeignet 
zu machen. Denn ich halte an dieser Stelle alles, was Albrccht 
mehr giebt als Wolfram, für eigene Zuthat des Titureldichters. 
Albrecht führt die Angaben Wolframs weiter aus , indem er den 
Zweikampf Fridebrands mit dem Ponscburne hinzufügt. Dieser 
Ponschurne stammt aber, wie ich bestimmt annehme, aus dem Edo- 
lanz (cf. A. Schönbach, Zs. 25, 282), und den König Marko mit 
Zubehör hat Albrecht aus der Tristansage herübergenommen. Ge- 


*) Das erinnert an Parzivals Verhalten, der eine Zeit lang jeden Besiegten 
verpflichtet, an Artus Hof zu gehen und Kunnewaren zu huldigen. 

**) Siche die Besprechung des Zuges bei Cap. XIX ff. 



38 


rado diese Combinierung der Personen der verschiedensten Sagen- 
kreise macht Albrechts Erweiterung als solche kenntlich *). 

Während die Boten des Baruchs solche Kämpfe durchzumachen 
haben, ist auch Gailets Reise nach Florischanze, die Albrecbt mit 
der der Boten in Verbindung bringt, nicht ohne Unfälle verlaufen. 
Der natürliche Bruder des Urjans von Ponturteis hatte nämlich 
eine der 80 Damen der Ginover geraubt und begegnet mit ihr dem 
Gailet. Die Jungfrau fleht Gailet um Hülfe an, und dieser setzt 
dem Räuber nach. Beinahe hat er ihn eingeholt, da gelingt es 
demselben, sich in seine feste Burg zu flüchten. Gailet, der allen 
seinen Leuten weit voraus ist, kann sein Ross nicht so schnell 
zurückhalten, sondern reitet mit in das Burgthor hinein und 
wird so von dem Räuber gefangen. Schon droht dem Gailet der 
Tod, da kommt dem von Ponturteis die Nachricht, dass zwei sei- 
ner Brüder von Artus gefangen seien ; gegen diese werden Gailet 
und die Jungfrau ausgetauscht**). — Diese Episode ist weiter 
nichts als eine Parallele zu der Geschichte, die Wolfram P. 624, 19 
—628, 30 von Urjans von Punturteis selber erzählt. Die Art und 
Weise, wie Gailet gefangen genommen wird, ist Imitation von 
Iweins Gefangennahme durch Ascalon, cf. Iw. 1075 ff. 

Cap. XIII — XIV. ( slr . 1630—1930 //.). Wir kommen jetzt zu 
der Beschreibung des eigentlichen Festes auf Florischanze, das mit 
Einschluss der beiden angehängten Episoden , der Brückenprobe 
und der Entführung der Frauen durch Klinschor, den ersten Teil 
des grossen Mittelstückes des Titurel beschliesst. 

Bei Wolfram geschieht dieses grossen Festes auf Florischanze 


*) Anzunehmen, dass Albrecbt die Erweiterung der Angaben Wolframs ans 
einem eigenen Gedichte Ober Fridebraut geschöpft habe, zwingt uns auch die 
zweite Stelle des Titurel nicht, an der Albrecbt auf diese Dinge auspielt (str. 
2677 — 81): I)a wappnet sich Schionatnlander zum Kampfe gegen dieGaliotten mit 
Fridebrants Panzer (2673); mit dem Schwerte, das er nimmt, hat kürzlich Fri- 
debrant zu Kornwale eineu König besiegt, der die Kraft von Sechsen besass (cf. 
1531); das Schwert stammt von Hernant, der viel mehr dieses Schwertes, als der 
Herliut wegen sein Leben durch Fridebrant verloren batte. Die Entstehung dieser 
Anspielung wird klar, wenn wir P. 58, 12 ff. (70, 14—19. 53, 4 — 10) vergleichen. 
Dort wird die wundervolle Rüstung Fridebrants erwähnt, die er der Relakane als 
Sühne schickt, uud die später in Gahmurets Besitz gelangt. Ihr ist der Harnisch 
Fridebrants bei Albrecbt nacbgcbildet, im übrigen sind alle Angaben dieser zweiten 
Tit.-Stelle schon in der ersten enthalten, nur den Zusatz, dass das gerühmte Schwert 
noch vielmehr als Herlint die Ursache von ilernauts Tode durch Fridebrant ge- 
wesen sei, dürfen wir getrost der ausmaleuden Phantasie Albrechts zuschreiben. 

**) cf. Tit. 4477, wo der eine dieser beiden Brüder OspiDel genannt wird(?). 


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39 


nirgends auch nur die geringste Erwähnung, und doch hätte ein 
so glänzendes Fest, das alle anderen Feste, die Artus jemals ge- 
geben hatte, weit überstrahlte, wie wenigstens der Dichter des 
Titurel versichert (1615), wohl irgend eine Nachwirkung in Wolf- 
r ams Epos zurücklassen müssen. Wir haben uns deshalb zu fra- 
gen, ob es erlaubt ist, auch dieses Fest auf Floriscbanze der ei- 
genen Erfindung Albrechts zuzuweisen. 

Dass ein Dichter, der einen Stoff des Artuskreises behandelt, 
ein grosses Maifest des Artus seinem Gedichte einfügt, ist an und 
für sich fast selbstverständlich zu nennen. Man kann da kaum 
noch von einer freien Erfindung des Dichters reden , denn diese 
Maifeste des Artus gehören so sehr zu der typischen Staffage die- 
ser Epen, dass wir uns eher wundern würden, wenn wir in einem 
Gedichte von dem Umfange des Titurel eine solche Beschreibung 
nicht finden würden. Auch der Zweck dieses Festes ist überall 
derselbe: auf den Turnieren, dio auf diesen grossen Festen abge- 
halten werden , zeichnet sich der jedesmalige Held des Stückes 
dermassen aus, dass er als der ruhmreichste Held unter allen Teil- 
nehmern an diesem Turnier schliesslich mit dem Siegespreiso be- 
dacht wird. Ganz genau dasselbe geschieht hier mit Albrechts 
Helden, dem jungen Schionatulander, der mit Artus zusammen die 
unglaublichsten Heldenthaten vollbringt, alles was ihm vor die 
Klinge kommt, absticht und nach Beendigung des Turniers von 
den 80 Damen des Artus mit dem ausgesetzten Preise, einem Kuss 
und einem Schapel, belohnt wird. Schionatulander hat damit den 
höchsten ritterlichen Ruhm , den er in der Christenheit erlangen 
konnte, sich erworben. Darum führt ihn der Dichter nun in das 
Morgenland, an den Hof des Barucks, des mächtigsten Herrschers 
der Heidenscbaft , dessen Hof ein Abglanz des ritterlichen Hofes 
König Artus ist. Dort erringt Schionatulander zu seinen übrigen 
Ruhmestiteln noch die Bewunderung und Ehrung des ganzen 
Orients. 

Vor diesem allein massgebenden Plane des Dichters treten 
alle vorher in Fluss gebrachten Motive freiwillig oder unfreiwillig 
zurück. Von der Erwerbung des verhängnisvollen Brackenseiles 
hören wir nichts mehr, als dass die köstliche Schrift desselben zur 
Erhöhung der Festesstimmung ausführlich vorgetragen wird*). 


*) Der Dichter hat, seiner eigensten Neigung entsprechend, die wenigen Ein- 
gangsworte Wolframs zu dieser Schrift zu einem grossen mystischen Gedichte 
Ober die verschiedenen Tugenden ausgearbeitet , dessen Quellenuntersuchung für 
sich allein zu führen ist, da es mit Wolfram nicht das geringste zu thun hat. 


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40 


Sigune selbst liest , schon vor der grossen öffentlichen Vorlesung 
der Schrift im 14. Capitel, für sich die köstlichen Worte wohl 
dreimal hintereinander durch (str. 1832 — 1833); das ist aber nur 
durch das Entgegenkommen der Jeschute möglich gemacht, wir 
hören nirgends, dass Schionatulander das Seil erworben habe oder 
auch nur zu erwerben beabsichtige. Eine einzige, sehr unklare 
Stelle spricht kurz über diese Dinge, str. 1902 — 1908. Da sagt 
allerdings Sigune , Schionatulander habe durch die Besiegung des 
Orilus und Lehelin das Seil (1909) ritterlich erstritten; aber Si- 
gune meint mit diesen Worten nur, Schionatulander habe durch 
seine tapferen Kämpfe mit Orilus und Lehelin das Seil wohl ver- 
dient und damit die ihm von ihr gestellte Aufgabe zu ihrer Zu- 
friedenheit gelöst, denn sie fügt sofort hinzu : „ ist sie mir immer 
tiure (= werde ich das Seil auch in Wirklichkeit niemals bekommen), 
du muost mir doch se Herren sin enpfangen“. Durch Kampf von 
Orilus erworben hat nämlich Schionatulander das Seil auch auf Flo- 
rischanze nicht, da Orilus wegen seines verletzten Armes noch gar 
nicht wieder mitgekämpft hat. Aber um seinen Bruder Lehelin, 
der von Schionatulander auf Florischanze besiegt ist, von der 
Teilnahme an Schionatulanders Zug nach Baldac zu befreien, er- 
bietet sich Orilus freiwillig (str. 1902), das Seil der Sigune zu 
überlassen, so lange es ihr gefalle, und zugleich den verabredeten 
Kampf mit Ekunat solange hinauszuschieben. Albrecht hat auf 
diese Weise moralisch der Sigune und ihrem Kämpfer den Sieg 
im Streite um das Seil verschafft; leider ist es jetzt Clauditte, 
die von diesem Anerbieten nichts wissen will und den Ekunat ver- 
anlasst, auf dem festgesetzten Termine für den Kampf mit Orilus 
zu bestehn. Damit fällt der ganze Vermittlungsvorschlag des Orilus 
ins Wasser, Lehelin wird gezwungen , sich an Schionatulanders 
Zug zu beteiligen , und Jeschute bleibt zunächst im Besitze des 
Brackenseiles. 

Alle diese künstlichen Verschlingungen der Fäden, die doch 
die Sache um nichts weiter bringen, zeigen deutlich, dass Albrecht 
mit den Streitigkeiten um das Brackenseil nichts Rechtes anzu- 
fangen wusste. Hatte doch Schionatulander schon nach Wolframs 
Angaben wenig Glück in den Kämpfen um das Seil gehabt. — 

Betrachten wir jetzt im einzelnen, in welcher Weise Albrecht 
das Fest des Königs Artus ausgestattet hat. 

DerersteTeil des Festes ist die Ritterweihe von 48 Knappen 
aus fürstlichem Geschlechte (1630—1632 und 1676 — 1698). An 
dieselbe schliesst sich, wie es ständige Sitte war, ein grosses Tur- 
nier, an dem sich sämtliche anwesenden Fürsten und Ritter beteiligen. 


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41 


Dann (1743) folgt der zweite Teil des Festes, die grosse Hoch* 
zeitsfeier. Es werden 30 Jungfrauen mit eben so vielen Fürsten 
vermählt. Dies ist nichts als eine erweiternde Nachahmung des 
Festes auf Joflanze (Parz. XIV), wo Artus die aus dem Schastel 
marveile erlösten Frauen vermählt. Die scherzenden Worte Wol- 
frams (P. 730, 11 — 12): 

Arftis was frouwen milte: 
sölher gäbe in niht beeilte 

hat sich Albrecht zu Nutze gemacht und hier deshalb gleich 30 
glückliche Paare durch Artus vermählen lassen. Albrecht nennt 
davon nur 4 Paare : Orgiluse und Citegast, Clauditte und Ekunat, 
Laudile und Ascalon von Precilie , Margatine von Patrigalde und 
Hiuteger. Die ersten beiden Paare sind aus Wolfram genommen, 
das dritte ans Hartmanns Iwein , und dem Hiuteger hat Albrecht 
wohl selber die Gemahlin ausgesucht. 

Dass ein so reicher Damenflor das Fest des Artus schmückt, 
kommt daher, dass Artus alle nur irgend bekannten Schönheiten 
seiner Zeit zu diesem Feste cingeladen hatte, damit dort endlich 
der Streit um die höchste Schönheit entschieden würde. Der Dich- 
ter benutzt dieses Motiv zu einer langen Aufzählung der gefeiert- 
sten Damen der höfischen Epen, die alle auf Florischanze versam- 
melt sind (Tit. 1605—07. 10 — 12). Dabei nimmt er aus Wolfram : 
Kondiciränmrs (die Schönste der Schönen cf. P. 187, 12—21), Liäze, 
die Tochter des Gurnemanz, Sigüne, Jeschüte, die Gemahlin des Ori- 
lus, UtTepause de tschoyen, die Trägerin des Grals, Antihinte, die 
Schwester des Königs Vergulaht von Askalun (P. VHI), Jtonie und 
Kundrie, die Schwestern Gawans, Kunncuäre, die Schwester des Orilus 
und Lehelin von Lalaiuler, und Bene*) (P. 550, 25 u. ö.) Aus der 
Tristansage (Eilhart?) stammt Isolde von Legrois (cf. auch P. 187, 
17), aus Hartmanns Erec Enite, aus dem Iwein Landine von Aseho- 
lon, aus dem Lanzelet Ulrichs von Zazikhofen Iblis, die Geliebte 
Lanzelets , aus Wirnts Wigalois Flörine von Syrie, die Mutter des 
Wigalois , und Larle von Korntin, seine Geliebte. Übrig ist jetzt 
nur noch KarfUe , die in keinem uns überlieferten höfischen Epo3 
vorkommt. Da hilft uns aber Albrecht selber auf die Spur: str. 
1610, 3 — 4 (= XII, 117) heisst es (nur in A. D., nicht bei Hahn): 
KarfUe, die Edulants erlös euo einer (rufen. 

Wir sind also wohl berechtigt, in Karfitc die Heldin des nur in ge- 
ringen Bruchstücken erhaltenen Epos vonEdolanz zu sehen**), vergl. 

*) wenn die Überlieferung richtig iat. 

**) oder ist KarfUe aus Karsnafide verstümmelt (cf. P. 143, 29—30)? 


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Goedebe , Grundriss 5 I, 119 und besonders A. Schüubach, Zs. 25, 
284 ff. Für unsere Kenntnis dieses fast ganz verloren gegangenen 
Epos ist diese Angabe Albrechts sehr wichtig. In den bis jetzt 
gefundenen Bruchstücken des Edolanz kommt Karfite noch nicht 
vor *). 

Zu dieser Aufzählung der von Artus eingeladenen Damen tritt 
ergänzend die Auswahl der 20 würdigsten Damen , die aus den 
kostbaren Stoffen des Baruchs ein Gewand erhalten (1763 ff.) : 
Da kehren von den schon genannten Damen dreizehn wieder. 
Von den übrigen sieben sind Tschinover, KlaudiUe , Orgilüse , Savic 
(= Sangive, Gawans Mutter, cf. P. 636, 25 mit Lachmanns adno- 
tatio!**), aus Wolfram entnommen, und Amelie ist die Heldin in 
Rudolfs von Ems Wilhelm von Orlens. Afargatine von Patrigalt 
weiss ich nicht nachzuweisen, Pairigalt kommt vor P. 66, 23. 805, 
22. Für Florine von Syrie tritt Flöriöne von Talimön ein. 

Diesem reichen Damenflor tritt eine ebenso unermessliche Schaar 
von ritterlichen Königen und Fürsten gegenüber. Albrccht hat 
neben seiner Hauptquelle Wolfram alle ihm erreichbaren epischen 
Werke der höfischen Dichtung gründlich ausgeplündert, so dass 
wir nicht wissen , ob wir mehr seine grossartige Belesenheit in 
dieser Litteratur, oder die Unbefangenheit seiner Arbeitsweise be- 
wundern sollen. So ist bei ihm das Fest auf Florischanze zu 
einem Sammelplätze aller irgendwie bekannten Haupt- und Neben- 
figuren der höfischen Epen seiner Zeit geworden, und das scheint 
deutlich für den gelehrten Dichter die Hauptsache gewesen zu sein- 
Wenn sich dann auf dieser kolossalen Folie der Held des Gedichtes 
abhebt, so geht seine Figur gleichfalls ins Unermessliche über; 
das will der Dichter aber gerade, und darin zeigt sich seine eigen- 
tümliche Manier. 

Wir lernen die Menge der an Artus Hofe versammelten Für- 
sten und Ritter am besten ans dem dritten Teile des Festes 

*) Ich füge hier noch die andere Stelle des Titurel an, an der Albrccht von 
diesem Gedichte spricht Tit. 4539: 

Htr Jfarttnan von Owe, uu ret am iu gefalle: 

Kulte iwer werde frowe, der diener »it toi hie fliehen sam sie alle 
und Edotantz den ein l'rof eneiäle 

pruofte für die werden, an den betwanc der Gräliardois die 
fluht ze male. 

Ist hier mit dem Profenciälen der Dichter des Edolanz oder Kyot gemeint? Vergl. 
auch noch oben pag. 3? den Ponschurne. 

**) die zeigt, dass Albreclit den Parzival in einer Handschrift der Gruppe G 
vor sich batte; cf. Tit. 2016, 1. Kt/rot von Roisabinse = P. 658, 9 — 11. Irot D 
Cyrot G. 


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43 


kennen , in dem das durch die Hochzeiten und die daran ange* 
schloss ene Verlesung der Schrift des Brackenseils unterbrochene 
Turnier wieder aufgenommen wird. Diese Capitel des Titurel (XV 
■ — XVI) enthalten weiter nichts, als unendliche Namenverzeichnisse, 
die den Leser mit schauderndem Entsetzen vor dieser Poesie erfüllen. 

Cap. XV — XVI. (str. 1921 — 2228 11.) Der Dichter hat die Auf- 
zählung der am Turniere beteiligten Helden so eingerichtet, dass 
er zuerst (str. 1932 — 1917) die Anführer der 30 Rotten, in welche 
die unermessliche Schaar geteilt ist, paarweise aufzählt ; dann fol- 
gen von 16G5 — 2083 die einem jeden Anführerpaare zugeteilten 
Kämpfer; endlich wird von 2084— 2175 ganz kurz über den Aus- 
gang der einzelnen Kämpfe berichtet. Rechnen wir dazu die kurze 
Aufzählung der Kämpfer des ersten Turniers (1707 —20), so sehen 
wir, dass fast alle Helden zweimal, viele dreimal und einige sogar 
viermal aufgezählt werden. 

Pa ar 1. (1932. 1965-84. 2086—2107. cf. 1707—12) : Den ersten 
Platz nimmt mit Fug und Recht Arlüs mit seiner Schar ein. In der- 
selben kämpft bei dem 2. Turnier auch Anforlas, dem der Dichter 
an eiuer andern Stelle die Str. 1724 — 42 widmet. Damals wird 
er zuerst durch den Anblick der schönen Orgiluse in heftiger 
Liebe zu ihr entzündet, wodurch er später Gesundheit und König- 
tum des Grals verlieren sollte. Obgleich er von Artus erfährt, 
dass Orgiluse bereits die Verlobte des Citegast von Logrois sei, 
kämpft er doch in ihrem Dienste im 2. Turnier mit. (Diese Notiz 
ist abgeleitet aus P. 616, 11—617, 3). — ■ Ausser Anfortas kämpfen 
unter Artus noch Iwein, Segremors , Jöfreit fiz Idcel und Poytwin 
von Preciliorsc (1976, 1) , der nach der Anspielung Tit. str. 2091 
derselbe sein muss, wie P. 72, 10 Poytwin de Pricnlascors. Orphilet 
von Engellant stammt aus Ulrichs Lanzelet v. 687—91*). 

Dem Artus gegenüber steht Tscltaflorc von Arragün (P. 79, 2), 
unter ihm der von Portigäle (P. 66, 26), der von Ascalün (P. 67, 13), 

*) Die 15 Reiche des Artus werden zum Teil aufgczahlt str. 1707 — 08: Bri- 
tanje, Engellant , Zit (P. VII) sind aus Wolfram bekannt. Precilje ist wohl das 
Land des Königs Askalon im Iwein, der Tit. 1939. 2024 Ascalon von Precilje ge- 
nannt wird; es ist natürlich der Wald Urezljan gemeint (cf. Bcneckc z. Iwein 263). 
Kambrie, Isselant (nur II.), Steeden, Tennemarke (cf. unter Paar 13), Spolit (cf. 
str. 1993. Karel v. Spolitte) sind der geographischen Gelehrsamkeit Albrechts 
entsprungen. Für Nortceege (das Land Lots bei Wolfram), das nur in AD. ge- 
nannt wird, hat II Friert und Tamilon-, das letztere kommt schon vorher als Land 
des Teanglis vor (cf. pag 31); Frien scheint nach str. 2353, wo der künec itz 
Frtfne kein anderer als Ilartmanns In ein ftl li roi frien ist, interpoliert zu sein. 
Über Niffelant vgl. Martin z.Gudr.211, 1. ardie(?) endlich weiss ich nicht nnter- 
zubringen. 


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alle drei ans dem Turnier vor Kanvoleis (P. II) genommen , auf 
das Albreebt bei der Turnierbescbreibung überhaupt sehr viel an- 
spielt. Der Graf von Lanvcruns (1983b = XV, 68 AD) stammt 
aus P. 343, 22 , der von Beolars (1982, 4 AD) vergleicht sich mit 
Bejolarz von Leodarz Wigal. 8717, der von Johencise ist (Lot) von 
Johenis, Lanz. 2629. 

Paar 2. (str. 1933. 1985—92. 2108—11. cf. 1713—14): Gailet 
mit seinen Leuten : Gatschier von Normandie (P. I u. II). — Kilrikaie 
von Schawpanie (P. 86, 12); er wird P. 46, 17 der minnediche bed 
kunt genannt, woraus Albreebt (ebenso wie der Schreiber von D) 
einen neuen Namen Beadiunt gemacht hat. — Serabel von Kate- 
karze (= P. 772, 3). — Der buregräve von Tolcle (P. 488). — Itodc- 
kastel (str. 1713), erinnert deutlich au Tit. 440 f. Kastdrotc, das 
Stammland Gailets. — Gailet führt ausserdem die von Granat 
(cf. Tit. 448, 1) , Darlenze (= Dourlens, jetzt Doullens in der Pi- 
cardie, das ja auch dem Orlens des Rudolf v. Ems zu Grunde liegt) 
und Galitze (cf. Tit. 306). — Dem Gailet gegenüber steht CIdmidö 
von Brandigdn und lserterre mit seinen aus P. IV bekannten 
Fürsten. 

Paar 3. (str. 1034. 1992-97. 2112-15. cf. 1718): Die 6. 
Schar wird von den Vertretern der Tristansage eingenommen : 
Marke von Kotuual mit denen von Tintanjöl, Laridande( ?) und Ga- 
friöle (aus Erec 5645. Cadoc von Gafriöle, cf. Haupts Anm.). Neben 
Marke wird geuaunt der junge Tristram von Par man ic, der hier die 
Rolle des jungen Gawan im Turnier vor Kanvoleis vertritt (cf. 
P. 66, 15 — 22), und Tristrams Vater Biicalin (auch P. II). — Mar- 
kes Gegner ist Mörholt von Irland, wie er es auch in der Tristan- 
sage ist. Unter ihm kämpft der König von Ascalün (welcher ?, cf. 
oben Schar 2), Jöret von dem schönen tcalde (aus Ulrichs Lanzelet 
331 — 32 u. ö.) und der Herzog Karlmäne (aus der „Guten Frau“ 
ed. Sommer v. 3020; cf. unten llaspelgowc). 

Pa ar 4. (str. 1932. 1998-2008. 2116-22. cf. 1719. 1716—17) : 
Die 7. Schar besteht ganz aus den Kämpfern von P. VII. Sie 
haben den schwersten Stand, denn ihnen gegenüber steht Schiona- 
tulandcr mit den Mannen der Lande Gamurets, Sigunes und seines 
eigenen Stammlandes. Genannt wird Turkcnt&ls (P. 128, 8) und 
ein buregräve von Kamfaileis. 

Paar 5. (str. 1936. 2009 — 17. 2123—29): Löt von Norucege ; 
von seinen vier Fürsten ist nur l'renolas von Pydagöne bekannt 
(= P. 772, 15). Ist Parfttlas von Grede = P. 772, 16? — Lot 
kämpft mit den Fürsten des Königs Kingrimursel von Ascalün 
(P. VIII), Kingrimurscl von Schampfanzüne und dem feigen Liddamus. 


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Paar 6. (str. 1938. 2018 — 23. 2130 — 35): Jther von Kukumer- 
laut (P. III) und ihm gegenüber Teanglis von Talimön (cf. Tit. cap. X). 
Die diesen beiden zugeteilten Helden sind sämtlich aus P. 772 
genommen. 

Paar 7. (str. 1939. 2024 — 28. 2136—40): Hartinannsche'Hel- 
den : Ercc und Ascalon von Prceilje (über Precilje vergl. oben p. 43 
Aum.), der erste Gemahl der Laudine im Iwein. Von ihren Für- 
sten sind nur der von dem swarzen dorne aus Iw. 5629 und Wiga- 
mvr als epische Helden bekannt. 

Paar 8. (str. 1940. 2029-30. 2141-45. cf. 1714—15): Li- 
scandus kiinec der Fransen, der uns mit seinen Helden in den Kreis 
von Wolframs Willehalm führt; aber wie bei der Übertragung 
der Bundesgenossen Terramers auf die des Baruchs (cf. oben p. 16), 
hat Albrecht auch hier nur die Kamen der Länder herübergenom- 
men, die Personennamen selbst gebildet *). — Diesem Kreise gegen- 
über steht der von Patrigalde (P. 66, 23) mit Iliutegir (P. I cf. 
oben pg. 41) und Zironale von Seimdalke (P. 772, 10). 

Paa r 9. (str. 1941. 2031—40. 2146 — 49) : Fridebrant von Schotten 
mit Schiltunc (P. I), dem von Gascäne (cf. unten pag. 46) und dem 
von Provcnze (P. 772, 22??). Ihnen gegenüber Ekunat von Berbester 
mit dem Burggrafen von Pävermunde (W. Tit. 150, 3) und Amsor 
von Prunn (Er. 2241. 2351. P. 134, 12). 

Paar 10. (str. 1942. 2041 — 45. 2150— 52. cf. 1710): Der von 
Navarre (nicht b. Wolfr.), unter ihm Blisiböle von Jerepars (P. 772, 4 4), 
Jennidanze von Jcrgidöle (= P. 772, 11). — Sein Gegner ist Lehelin 
(P. III) mit Pliplorie von Jörapant (= P. 134, 28). 

Paar 11. (str. 1944**). 2046-56. 2153 - 61): Kyröt von B6- 
sabinse (== P. 658, 9—11). Unter ihm Vrebalise von Bona Vinal- 
terre ( über sB vil verrc :) = Winland ! ***) — Ihm gegenüber steht 
Kardis von Pelrapiere, der Bruder der Kondwiramurs (P. IV). Gur- 
nemanz von Gräharz (P. III) ist sein Berater im Streit. Dazu noch 
Gente/lürs (A. D.), der Sohn des Gurnemanz (P. 177, 29). 

Paar 12. (str. 1943. 2057 — 63. 2162 — 65): Die Brüder Tschir- 
nivel von Lyrivöne und Mirabel von Aveudröne (P. VIII u. 772, 1 — 2) 
einerseits und Jöram von Sgrie (au3 dem Wigal. 5818) andrerseits. 


*) Arle kommt im Willekalm nur 221, 18 vor, aber vergl. Tit. 192 und 
P. 772, 22. Lamarle ist wohl nur Heimflickwort auf Arle. 

**) str. 1944 u. 1943 sind umzustcllen. 

***) Der Sohn des Kyrot, Gramoflanz , konnte an dem Feste nicht teilnehmen, 
weil er in einer Tjost von Zitegast von Logrois verwundet war; dafür tötete er 
später den Zitegast (2155—57). Es ist eine Anspielung auf P. 615, 27 — 616, 2, 
die versucht, das dort erzählte zu motivieren. 


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Paar 13. (str. 1945. 2064—67. 2160 — 67): Der Ivöuig von 
Burguneis und der König von Tennintarle, die wahrscheinlich nach 
dem Vorbilde von Nibelungen II einander gegenubergestellt sind. 
Unter dem König von Burguneis (cf. Wh. 152, 24 u. ö.) steht Aliart 
von Flandern , unter dem König von Tennemarke der von TVes/t'dl 
und der von Aspigowe ; beide mit einander verbunden finden sich 
Krone 2962 u. 2970 : Westfdle und Hespehjotc ; Haspelgow in der 
Guten Frau (ed. Sommer) v.3044. Es ist eine Grafschaft ira Stifte 
Lüttich (cf. Gregorius 1404). 

Paar 14. (str. 1946. 2074—78. 2168 — 73): Ospinel, Edolanz 
(cf. oben pag. 41 f.) und Tandrcas * ). Ihnen gegenüber steht Zitegast 
von Lögrois (P. II. X— XII) mit Gwcllis Litschoie aus Koversin (P. X) 
und dem turkoiten Flor an t (P. XII — XIII). 

Paar 15. (str. 1947. 2079 — 83. 2174—75): Das letzte Paar 
endlich bilden Fürst Lamptclin von Brabant (P. II) mit llardicz 
und dem König von Aseöne**) und auf der anderen Seite die Für- 
sten von Saxönje, Düringen, Hessen, Liutschitz und Brunswige. 

Wir sehen also , in welcher enormen Weise Wolfram ausge- 
plündert worden ist, und wie viele sonstige Epen ausserdem noch 
von Aibrecbt herangezogen sind. Diese Beziehungen hat die obige 
Aufzählung, wie ich glaube, erschöpft. Alle übrigen Nameu sind 
eigene ZutbatenAlbrechts: Diejenigen geographischen Namen, 
die aus der gelehrten Kenntnis Albrechts stammen, sind schon 
mit aufgeiiibrt. Eine besondere Gruppe bilden ferner eine Reihe 

*) in dem Prof. Roelhe den Tnndareis de» Pleier» vermute! ; es wäre dies 
die einzige Anspielung auf die Werke~iJeTTleicrs, die ich bei Albrecht finde. — 
Den Ospinel nennt Haupt zu Erec* 8505 eine Erfindung Albrechts, doch kommt 
ein Köuig Ospinel schon im Karlroeinet vor, cf. Kellers Ausgabe, pag. 847 — 48; 
Bartsch zu Karlm., p. 100. Olinel ist der lleld einer französischen cliansou de 
geste. cf. Opinäui Erec 8505. — Albrecht hat von diesem Helden aber nur den 
Namen übernommen, ihn sonst ganz frei gestaltet ; er ist ein Herzog (Tit. 1354, 1) 
und kommt schon Tit. 1354—65 unter der massenie des Artus vor. Er führt 
den halben lewen üf ze rehle gestrecket im Schilde (Tit. 1355). Albrecht bringt 
von ihm nichts als die ganz gewöhnlichen Phrasen vor, die er bei jedem tapferen 
Ritter anbringt. Ospinel erscheint noch einmal (Tit. 4474) als vorübergehender 
Gegner des Artus und Schionatulander, zusammen mit Erec, Edolanz und Joret 
von dem schönen Walde. (Ein anderer Ospiinel der fürste wird Tit. 4471, 0 unter 
den Verwandten des llrandulidelin von Ponturteis genannt.) 

**) Albrecht hat, nach den Lesarten von H. und A.D. zu urteilen, aus Wol- 
frams Hardiz ton Gascöne (P. 67, 25 — 27) 3 Personen gemacht: 

1. Hardiez (immer ohne Bezeichnung des Landes): Tit. 2079, 8. 2174, 5. 

2597, 5 u. 8. w. Er stirbt im Orient Tit. 3467. 

2. den König von Aseöne : Tit. 2079, 4. 2174, 5. 4480, 1. 

3. den König von Gascöne; Tit. 2032, 1. 2149, 5. 


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47 


von echt deutschen Personennamen , die durch ihre Häufung auf 
den ersten Blick den Gedanken an Beziehungen auf verlorene 
deutsche Epen wach rufen. Nun Buden sich aber die meisten dieser 
Namen als Namen der Bauern in Nitharts Liedern wieder, und 
da wir öfter die Benutzung Nitharts durch Albrecht zu consta- 
tieren haben, zweifle ich keinen Augenblick daran , dass Albrecht 
hier aus den Bauern Nitharts tapfere Barone, Grafen, Herzoge 
und Marquis gemacht hat. Man vergl. Tit. 2012. gräveEj>pc: Nith. 

(H.) 39, 2 u. ö., Tit. 2017 Ebcrolf von Morte: Eberolt, Nith. 64, 31. 

— Tit. 2026. Herzog Willibrot : Nith. 70, 1. Tit. 20, 27: markis 
Wulberun: Nith. 60, 24. 81, 18. — Nicht bei Nithart nachweisen 
kann ich: Tit. 2011. Herzog Ingram. 2017. gräve Ilodegalt. 2028. gräve 
Liebhart. — Nach dem Muster der phantastischen Namen in P. 772, 
die, wie wir gesehen haben, von Albrecht reichlich ausgezogen 
sind, hat Albrecht noch gebildet die Namen in str. 2025, 5 — 7. 

2030a. 2032 , 5. 2039, 1-2. 2042 , 6—7. 2405a. 2047. 2050. 2055, 

1-4. 2062. 

Die jetzt noch übrig bleibenden Namen*) dürfen wir wohl alle 
Albrechts Erfindung zuschreiben. 

Die geordnete Verteilung der Kämpfer in zweimal 15 Gruppen 
hält nicht bis zum Ende des Turniers an , die Abteilungen ver- 
wirren sich, Scbionatulander kann infolgedessen nicht nur die ihm 
direkt gegenüberstehenden Kämpfer, sondern der Reihe nach alle 
bedeutenderen Kräfte der Gegenpartei abthun , sodass er am Ende 
des Turniers als unbestrittener Sieger dasteht und die ausge- 
setzten Belohnungen empfangt. (Cap. XVII. Anfang.) — So wäre 
denn das grosse Fest zu Ende, wenn nicht Albrecht noch zwei 
grosse Episoden au dasselbe angehängt hätte, von denen die ganz 
locker angefügte erste noch zur Verherrlichung und Verschönerung 
von Artus Feste dienen soll. 

Cap. XVII — XVIII. (str. 2229—2399 H.) Es ist das eine Keusch- 
heitsprobe, str. 2249 ff. t .t 

lieber die Keuschheitsproben in der mhd. Dichtung hat 0. 

Warnatsch in seiner Ausgabe des Mantels von Heinrich v. d. Türlin 
pag. 55 ff. ausführlich gehandelt. Pag. 82 — 83 spricht er eingehend 
über das Verhältnis der im Titurel erzählten Keuschheitsprobe 
zu den übrigen. Bei Albrecht ist zwar das Mittel der Probe ein 

*) Tit. 1983b. gräve Panfurel, 2104. fürste Pianze, 1988. maregraf Palmtin, 

1990. der von Prellitors, 1991. gräve ton Selarastas, 1994: Flöragüne tonKarifol; 
der ton Largwidüne ; der gräve Karnüor, 1997. gräve ton Adriäne. (2034 ein zweiter 
dieses Namens). 2006 ticont der Arbidöne, 2060. herzog Marbislne ton Grälande, 

2065. fürste ü z Johereine {= Lohereine, Lothringen?). 


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48 


anderes, als bei den früheren Darstellungen, soweit sie uns be- 
kannt sind, aber in der Behandlung lehnt sich Albrecht in den 
meisten Punkten an die bekannten Bearbeitungen , besonders der 
Mantelprobe, an. Die wichtigsten Proben dieser Art, die für Al- 
brecht als Vorbild in Betracht kommen können , sind die Mantel- 
probe in Ulrichs Lanzelet 5679—6228, nach Warnatsch pg. 69 die 
älteste deutsche Darstellung der Art, die Mantelprobe in dem 
Mantel Heinrichs v. d. Türlin, und die Becher- und Handsehuh- 
probe in Türlins Krone. 

An Ulrichs Darstellung erinnert im Titurel (str. 2342) die 
Bemerkung, dass man vor der Brücke einem jeden, der sie über- 
schreitet, aus einem Briefe seine Sünden vorliest. Auf Artus 
Bitte unterbleibt das bei den Damen (Tit. 2365 — 66) , was sicher- 
lich erst durch Albrecht hinzugefiigt worden ist. Bei Ulrich giebt 
die Ueberbringerin des Mantels nach jeder Probe Aufschluss über 
das Vergehn des Erprobten, bei Heinrich fällt diese Aufgabe über- 
all dem Keye zu, der Lieblingsfignr Heinrichs. 

Den Beweis, dass Albrecht entweder den Mantel Heinrichs 
benutzt hat, oder dass Albrechts Quelle für die Probe mit Hein- 
richs Mantel oder dessen Vorlage verwandt gewesen ist, liefert 
der Umstand, dass bei Albrecht ebenso wie im Mantel, dessen Vor- 
lage (dem Fabliau du mantel mautailld) und der Fortsetzung von 
Chrestiens Perceval mit der Keuscbheitsprobe die Anekdote von 
Artus verknüpft ist, der nicht eher am Tage zu essen pflegt, als 
bis er Aventiure gefunden hat. Albrecht spottet über diese Anek- 
dote (2265—67), die schon überall, wo sie im Zusammenhänge mit 
der Keuscbheitsprobe erscheint, missverstanden worden ist; die 
richtige Auffassung findet sich bei Wolfram P. 309, 3—11: Artus 
pflegte nicht mit seinen Rittern gemeinschaftlich zu speisen, 
bevor nicht an dem Tage eine Aventiure gemeldet war. 

Der Mantelprobe haben sieh stets die Frauen, der Becher- und 
Trinkhornprobe die Männer zu unterziehen. Dieser Grundsatz ist 
erst in der Krone durchbrochen , wo sowohl bei der Becherprobe 
wie bei der Handschuhprobe Männer und Frauen geprüft werden. 
Darin ist also Albrecht der Krone gefolgt. 

Ein anderes Motiv, das Albrecht mit der Becherprobe gemein 
hat, ist, dass die Frauen bei der Probe anfänglich gar nicht ahnen, 
um was es sich handelt (Warnatsch pg. 112). 

In der Auswahl der Personen erkennen wir Albrechts ge- 
wöhnliche Arbeitsweise wieder: Die meiste Ausbeute liefert Wolfram, 
dem sämtliche gerühmte Helden angehören; und von denen, die die 
Probe nicht bestehn, sind Keye, Segremors, Jofreit fiz Idcel und 


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Lehelin ebenfalls aus Wolfram genommen. Man kann also nicht 
sagen , dass Albrecht nur die Hartmannseben Helden , die noch 
übrig bleiben (Erec, Iwein, Kalogriand und Dodines), gegenüber 
denen Wolframs habe beruntersetzen wollen, wie Warnatsch meint. 
Der Dichter fand in allen ähnlichen Darstellungen die genannten 
Helden unter den Schuldigen; dass er aber seine eigenen Helden 
soweit als möglich alle von diesem Vorwurfe befreit wissen wollte, 
. ist natürlich. 

Von den Motiven, die die einzelnen zu Falle bringen, sind die 
bei Lehelin, Keye, Segremors angegebenen aus Wolfram zu er- 
klären, die übrigen sind Anspielungen auf Hnrtmanns Epen (str. 
2593 ist mir nicht ganz klar). Einer novellistischen Vorlage Al- 
brechts haben wir vielleicht die Wahl der Brücke zuzuschreiben, 
denn dieses selbe Mittel der Prüfung kommt, unabhängig von Al- 
brecht, später bei Hans Sachs in der Historia von König Artus 
mit der ehbrecherbrugk vor (Warnatsch pag. 83). 

Nach alledem glaube ich, dass Albrecht die hier cingefügte 
Keuschbeitsprobe nach dem Vorbilde der erwähnten ähnlichen 
Proben selbst ausgearbeitet hat. Die sehr äusscrlichc Verknüpfung 
der Probe mit der Handlung des Titurel, also die Einführung der 
Marrocheise, halte ich auch für Albrechts Werk. Diese ganze 
Episode ist eine Satire auf die Prachtliebe und übertriebene Frei- 
gebigkeit des Artus, wie Albrecht auch in den unmittelbar folgen- 
den Abschnitten die allzugrosse milte des Artus bekämpft. Dem 
Hofe des Artus wird ein viel prächtigerer, höfischerer, etiketten- 
strengerer Hof gegenübergestellt, und der Vergleich fällt in jedem 
einzelnen Punkte zu Ungunsten des Artus und seines Hofes aus 
(cf. besonders str. 2397). Diese Erfindung , die auf den ersten 
Blick Albrechts Talent zu übersteigen scheint, lässt sich doch sehr 
wohl aus dem satirischen Charakter der Keuschheitsproben ab- 
leiten. Denn bei den meisten derselben kommt ja Artus und sein 
Hof schlecht genug weg, während die Besitzer der zauberkräftigen 
Mittel stets ohne Makel bleiben. 

An einzelnen Zügen hat Albrecht einiges aus Wolfram ent- 
lehnt: Tit. 2231 = P. 285, 13 ff. : Artus schläft noch, als ihm die 
Ankunft der Marrocheise gemeldet wird. — Manche Züge in der 
Begegnung des Artus mit dem Könige von Marroch erinnern an 
das Erscheinen des Feirefiz am Hoflager des Artus (P. XV): 

1) Feirefiz ist der reichste Fürst, der jemals an der tavelrunder 
gesessen hat (P. 777, 2 — 8), viel reicher als Artus selbst (cf. P. 735, 
15 ff.). 

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BO 


2) Jofrcit fiz Idoel ist beide Male der Bote des Artus (Tit. 
2281 ff.: P. 761, 8—762). 

3) Die reiche Beschenkung der Massen ie des Artus durch den 
König von Marroch (Tit. 2392 ff.) ist eine Übertreibung von P. 78ö, 
wo dasselbe von Feirefiz berichtet wird. — Die Doppelung des 
Namens der Marrocheise hat Albrecht nur deshalb eingeführt, um 
seine geographischen Kenntnisse leuchten zu lassen und zugleich 
eine , wenn auch nur scheinbare, Verknüpfung mit der Geschichte 
Schionatulanders horbeizuftihren. (cf. str. 2326—28). 

Cap. XIX. (str. 2400 — 2523 H.) An die so behandelte Brücken- 
probe schliesst sich nun mit Cap. XIX ebenso unvermittelt eine 
andere Episode an, die Erzählung vom Raube der Frauen des Artus 
durch Clinschor. Albrecht hat sich ausgerechnet, dass dieses von 
Wolfram oft angedeutete Ereignis ungefähr in diese Zeit fallen 
müsse, darum setzt er seinen Bericht darüber hierher. We- 
sentlich ist für den Dichter auch wohl gewesen , dass er so einen 
starken Contrast zwischen diesem traurigen Ereignisse und dem 
unmittelbar vorhergehenden frohen Feste auf Floriscbanze heraus- 
bringt. Hier könnte uns nun Albrecht schätzbare Aufschlüsse über 
die Vorgeschichte dieser Entführung geben, wenn er wirklich die 
Quelle Wolframs selbst weiter ausgeschöpft hätte. Allein wir 
werden auch hier wieder alles aus den Berichten und Andeutungen 
Wolframs erklären und ableiten können. 

Wie dem Artus mehrere Jahre früher schon seine Mutter ge- 
raubt worden war (Tit. 2407, 5 nach P. 65, 30 ff.), so sind jetzt 
eines Morgens plötzlich Sangivc , Gawans Mutter, und ihre beiden 
Töchter Itonie und Kundrie nebst 300 der schönsten Frauen 
und Jungfrauen verschwunden (Sigune und Kondwiramurs waren 
durch die Kraft des Grals bewahrt geblieben). Vergeblich erkun- 
digt sich Artus zunächst bei dem eben abgezogenen Könige der 
Marrocheise nach dem Verbleibe der Frauen. Derselbe weiss nur, 
dass der böse Clinschor die Frauen entführt habe, wie er auch 
12000 edle Frauen der Marrocheise geraubt habe*). Die Schilde- 
rung , die der König dann von Clinschor giebt (str. 2427 — 30), 
kennen wir viel besser aus P. 655, 28—659, 16. 

Nicht viel mehr als der König von Marroch ihm mitgeteilt 
hat , erfährt Artus auch , als er sich bei Accedille (str. 2433, 1. 
2468, 1)**), Utpandraguns Schwester, erkundigt, die, weiser als 

*) Das bat Albrecht, in Hinblick auf die vorhergehende Episode, aus P. 659, 
15—16 entnommen: 

matte heiden unde heidenin muose ouch bi uns hie ü f ein. 

**) ein accedille (2438, 1 H.) = Sfaiedille, nach Mazadän (2438, 2) gebildet ?? 


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Bl 


Tetis und Sibille, mit Cliuschor in Verbindung steht. Sie verkün- 
det dem Artus, dass Clinschor nur durch ihre Einsprache verhin- 
dert sei, den Artus ganz zu verderben; so sehr sei sein Neid durch 
den übermässigen Aufwand, den Artus treibe, erweckt worden. 
Accedille ermahnt den Neffen, von jetzt an stets der m&ze in der 
müte zu pflegen. 

Hier hat Albrecht die bekannte Fee Morgane, die sonst eine 
Schwester des Artus ist*), unter einem andern Namen bemüht, 
ohne doch über die Entführung der Frauen dadurch mehr Licht 
zu verbreiten. 

Durch den Tadel von Artus übergrosser milte veranlasst, 
schaltet Albrecht hier eine Episode aus Artus früherem Leben 
ein, in der ihm ebenfalls für seine übergrosse milte eine derbe 
Lektion erteilt worden war (str. 2448— 67): 

König Melianz, Tschinovers Bruder, der in fernen Landen er- 
zogen und so Artus und seiner Schwester ganz unbekannt gewor- 
den war , hört die übergrosse Freigebigkeit des Artus preisen und 
beschliesst, ihm dafür eine Lehre zu geben. Da Artus die Ge- 
wohnheit hatte , jedem Bittenden jede Bitte zu gewähren , geht 
Melianz an den Hof des Artus und bittet ihn um 10 seiner 15 
Königreiche und um seine Gemahlin. Artus gerät bei dieser Bitte 
in die grösste Verlegenheit und sucht auf jede Weise den Fremden 
von seiner Bitte abzubringen. Dieser aber besteht darauf und 
trägt dem Artus zum Ersatz seine Schwester an, die über 10 Kö- 
nigreiche Herrin sei. Artus will diese Schwester lieber dem mäch- 
tigen Kardis von Pelrapiere geben und verspricht auch dem Me- 
lianz selber eine reiche Gemahlin, wenn er nur auf die Königin 
verzichten wolle. Melianz setzt den Artus jetzt zum zweiten 
Male in die äusserste Verlegenheit, indem er ihm sagt, dass eben 
diese seine Schwester, die Artus so gerne dem Kardis von Pelra- 
piere abtreten wolle, die Tschinover sei. Da erkennt endlich Artus 
den Schwager und nimmt sich von nun an dessen bittere, aber 
wohlgemeinte Lehre zu Herzen. 

Der Kern dieser niedlichen kleinen Erzählung ist die Stelle 
des Iwein v. 4526—4610. Da wird erzählt, es sei ein Ritter zu 
Artus gekommen und habe von Artus verlangt, ihm eine Bitte 
zu gewähren. Artus habe nach langem Schwanken auf das Drän- 
gen des Ritters hin bedingungslos eingewilligt. Da habe der 

*) Morgane war die jüngste der 3 Stiefschwestern des Artus aus dem Feen- 
geschlecbt und in allen geheimen Wissenschaften erfahren j vgl. Benecke x. Iwein 
8424 . Erec 5165 Fämurgän, Lanz. 7185. Tit. 4376,7 finden wir einen Nachklang 
ihres wirklichen Namens bei Albrecht. 

4* 


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Ritter verlangt, die Königin milnchmcn zu dürfen, und trotz seines 
Zornes habe Artus einwilligen müssen. Vergebens seien die Ritter 
des Artus dem Entführer nacbgeeilt , er habe sie alle geworfen ; 
endlich sei auch noch Gawan, der anfänglich nicht anwesend ge- 
wesen sei, dem fremden Ritter nachgezogen. Wir hören hier nichts 
über den Namen des Entführers der Königin, darüber giebt uns 
der französische Roman de la Charette des Chrestien de Troyes 
Aufklärung, der im übrigen die Geschichte etwas anders darstcllt 
(cf. Histoire littöraire de France XV, 255 ff.) : 

Als Artus einstmals Hof hielt, kam ein gewaffneter Ritter zu 
ihm, der erklärt, mehrere Personen von Artus Hofe in seiner Ge- 
fangenschaft zu haben. Er wolle um dieselben mit einem Ritter 
des Artus kämpfen, wenn Artus seinerseits die Königin als Pfand 
einsetzen wolle. Keux nimmt sofort den Kampf für sich in An- 
spruch, und Artus geht darauf ein. Bald gereut aber dieser Han- 
del den Artus , und er eilt mit Gauvain dem Keux nach. Allein 
es ist schon zu spät, Keux ist besiegt und der fremde Ritter mit 
der Königin fort. Gauvain eilt ihm nach und trifft bald den Lan- 
zelot , der seinerseits von Artus Hofe aufgebrochen ist , um die 
Ginevra wiederzugewinnen. Sie erfahren am nächsten Tage, dass 
Ginevra in der Gewalt des Königs Mcleaganz von Gorre ist. 

Da haben wir also den Namen des Entführers; er wird uns 
bestätigt von Wolfram, der auf die Geschichte, wie sie Chrestien 
erzählt, an zwei Stellen des Parzival anspielt*). 

Albrecht hat hier nun den Namen Melianz, der P. VH (344, 
15 u. ö.) als König Melianz von Lis eine grosse Rolle spielt. Neben 
ihm wird zugleich Meljacane (343, 26 u. ö.) als Sohn des Königs 
Poydicunjunz von Gors und Vetter des Melianz genannt (P. 344, 1 
u. 348, 25 — 27). Ich glaube deshalb , dass Albrecht sich , absicht- 
lich oder nicht, eine Verwechselung dieser beiden Namen hat 
zu Schulden kommen lassen. Den aus Hartmanns Iwein ge- 
schöpften, durch Reminiscenzen aus Wolfram vermehrten Kern hat 
Albrecht nun seinerseits mit einem alten Motive der gnomischen 


*) P. 887, 1-8: 

Dt» kom Melj acanz •'» not, 
nie so vaste zuo getrat, 
kom und dä nach mit im streit, 
die frou Ginover dolle, 
u. P. 683, 8—11 i 


üf der swertbrücke erleit 

das was gein dirre not ein niht. 


daz «m der werde I.anzilM 
do er von der swertbrilcke }>fat 
im tcas gevanenusse leit, 
dier dä mit strtie holte. 

swas der werde Lanzilöt 

unt sit mit Melj aeanze streit, 


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ii ii i üu i 


63 


Dichtung verbunden. Die Figur des räuberischen Meljacanz, den 
Wolfram P. 343, 23— 344, 10 mit dem schärfsten Tadel überschüttet, 
wird zu der liebenswürdigen Gestalt des klugen Beraters eines 
verschwenderischen Königs, und das ganze gleicht mehr einem an- 
mutigen Rätselspiele mit stark moralischen Tendenzen , als einem 
Abschnitte eines ritterlichen Gedichtes. Was Albrecht sonst noch 
an einzelnen Beziehungen hinzugethan hat, lässt sich alles ans 
Wolfram, wie Kardis von Pelrapiere, oder aus dem Titurel selber 
erklären, wie die Erwähnung der 15 Reiche des Artus. 

Damit hätten wir denn das Fest auf Florischanzo mit all 
seinen Anhängseln, und zugleich den ersten Hauptteil des grossen 
Mittelstückes des Titurel , das die Laufbahn Schionatulanders be- 
handelt, zum Abschlüsse gebracht. Schionatulander ist auf der 
Höhe seines Ruhmes angekommen, und behauptet sich mit grossem 
Glücke auf derselben auch während des 2. Abschnittes seiner Ge- 
schichte, seiner grossen Fahrt nach Baldac, auf die wir ihn jetzt 
zu begleiten haben. 

Abschnitt IV: Schionatulander II. 

Aus Wolframs Titurel erfahren wir , dass der junge Schiona- 
tulander seinen Oheim Gahmnret auf dessen beiden Fahrten nach 
Baldac begleitet hat (W. Tit. 40 n. 75 ff. ; cf. jg. Tit. Cap. VIII); 
aber von einer Heerfahrt christlicher Helden zum Baruch von Bal- 
dac , unter der Leitung des herangewachsenen Schionatulander, 
hören wir bei Wolfram auch nicht die geringste Andeutung. Aber 
auch in Wolframs Quellen kann dieser Kampf nicht erzählt wor- 
den sein, denn sonst würden wir mit Sicherheit wenigstens P. 141 
eine Anspielung auf denselben finden. Dass Albrecht diesen Zng 
Schionatulanders nach Baldac, im Anschluss an Wolfram, für sein 
Gedicht erfunden hat, das bestätigen uns innere Gründe, die wir 
aus Albrechts Darstellung entnehmen. 

Die ganze Heerfahrt Schionatulanders zum Baruch nach Bal- 
dac ist nichts als eine Parallele zu den P. I u. II (Tit. Cap. VIII) 
erzählten Zügen Gahmurets. Ganz äusserlich deutet das der Dichter 
selbst schon dadurch an, dass er den Schionatulander von seinem 
ersten Auftreten im Oriente an bis zu dem Augenblicke, wo durch 
den Fall Ipomidons von Babylon Gamurets Tod gerächt worden 
ist, stets Gamuret den jungen oder Gamuret den andern oder kurz- 
weg Gamuret nennt*). Auf der anderen Seite entspricht Sigune 

*) Vergl. str. 2849, 6—7: 

Und wart roa allen einen namen gescheide», 

trän Gamuret der junge, niht anders was sin nam vor allen heiden; 


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der zurückbleibenden Herzeloyde. Als ein paralleles Paar hat ihnen 
Albrecht Ekunat und Clanditte an die Seite gestellt und auf der Seite 
von Scbionatulanders Gegnern erkennen wir unschwer iu Secureis und 
Arabadille abermals das Abbild Gahmurets und Herzeloydens, oder 
Schionatulanders und Sigunens. Wir sehen, der Dichter gefallt sich 
ausserordentlich in solchen Parallelen, die Rosenkranz (Titurel und 
Dantes Komoedie , pag. 73) zu dem ärgerlichen , in seiner mysti- 
schen Bildlichkeit eines Albrecht würdigen Ausrufe veranlassen: 
„ Leider bleibt es bei diesem ermüdenden Ubereinanderhinstreichen 
des sich Gleichen , nur in der Länge oder Kürze Verschiedenen 
und kommt nicht einmal zur ersten Form, zum Dreieck; nur zum 
spitzen Winkel bringen es beide Helden im Kampfe*. 

Das Motiv, das bei Albrecht das ganze Unternehmen Schio- 
natulanders veranlasst und beherrscht, die Rache für den getöteten 
Gamuret, findet sich bei Wolfram gar nicht; denn der Dichter des 
Parzival behandelt Gahmurets Geschichte ganz kurz als Einleitung 
zu seiner eigentlichen Aventiure und lässt sie fallen, sobald er zu 
dem Helden seiner Aventiure gekommen ist. Der Naehdichter da- 
gegen, der ängstlich jedes Motiv und jede Figur bis auf ihren er- 
sten Ursprung und bis in ihre letzten Ausläufer verfolgt, und sei- 
nen Lesern Aufschluss geben will über alles, was das grosse Vor- 
bild noch unausgeführt und unklar gelassen hat, lässt durch seinen 
Helden den Tod des edeln , vielbeklagten Gamuret an Ipomidon 
rächen. Auf diese Weise erfahren die Leser zugleich etwas über 
die weiteren Schicksale der babylonischen Brüder, des Baruchs 
und der ganzen Verhältnisse des Orients, für die durch Wolframs 
kurze Darstellung daslnteresse geweckt, aber nicht befriedigt war*). 
Wenn dann Albrecht die endlosen Scharen der Könige und Fürsten 
aufzählt, die sich auf dem Felde Plenanze zum Streite rüsten, so 
ist das nur das Gegenstück zu der grossen Versammlung der christ- 
lichen Fürsten und Ritter an Artus Hofe auf Florischanze **). Man 

dem entsprechend str. 4169: 

Als im die brühte Tsehionalulander: 

da Gamuret gerochen i cart, alrcet dä einen namen fand er. 

Der Uauptbeweggrund zu dieser Schrulle des Dichters ist natürlich die metrische 
Unbequemlichkeit des Namens Scbionatulander gewesen. 

*) Wie Albrecht aber gerade in der Ausmalung dieser Dinge völlig von Wolfram 
(vor allem dem Willebalm) abk&ngig ist, haben wir oben bei Cap. Vlll gesehen. 
**) cf. str. 4856, 3—7: 

Sä was von künigen beiden te beider eit dü (= üf PISnanie z. 2; 

heidenschaft diu ganze: 
da z selb was üf Flöritschanz kurieise 

crieten alle die werden bi dm künige wert ron Prituneise. 


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sieht die Disposition Albrechts klar vor Angen: die beiden von 
ihm erfnndenen und weitläufig ausgesponnenen Einschiebsel , das 
Fest auf Florischanze und die Schlacht auf Plenanze. stehn in einem 
engen Zusammenhänge, indem sie sich gegenseitig ergänzen und so 
erst das Bild Schionatulanders vollständig machen. — 

Bei diesen schönen Entwürfen hat Albrecht aber mehrere 
Punkte ganz übersehen : Schon Simrock (Parz. u. Tit. I, pag. 604) 
hat hervorgehoben, wie wunderbar sich bei all diesen Fahrten des 
Schionatulander die Figur derSigune ausnimmt. „Man wird nicht 
erwarten (sagt er), dass Sigune bei der Heftigkeit und Ungeduld, 
mit der sie in Wolframs Titurel auf den Besitz des Brackenseils 
dringt, nachher dem Geliebten Zeit gegönnt habe, alle die unnützen 
Abenteuer zu bestehn , die einen grossen Teil des Titurel füllen, 
und gar ohne Not zum andern Male gen Baidach zum Baruch zu 
fahren“. Albrecht sieht sich genötigt, um seine langen Einschiebsel 
nach dieser Seite hin zu motivieren , das Verhältnis Sigunens zu 
Schionatulander, wie es uns in Wolframs Titurel entgegentritt, 
geradezu umzndrehen (cf. str. 1909 — 1920). Die herbe, abweisende 
Sigune Wolframs bietet sich jetzt dem Geliebten selbst an, obwohl 
er das Brackenseil noch nicht erworben hat, und bittet ihn, sich 
doch vor seiner Abfahrt in den Orient mit ihr zu vermählen , da- 
mit sie einen Erben ihrer Lande erzeugen könnten; und der nach 
Liebe verlangende Schionatulander Wolframs weist die durch seine 
Ruhmesthaten längst verdiente Geliebte ab, um erst noch grössere 
Thaten zu vollbringen. Nirgends fühlt man so deutlich wie hier, 
wie tief Albrecht die herrlichen Fragmente Wolframs durch seine 
Bearbeitung herabgewürdigt hat*). 

So gut wie ganz fibergeht Albrecht in seinen beiden grossen 
Einlagen die Kämpfe um das Brackenseil ; es macht sich fast albern, 
wenn (str. 4829 — 33) der Baruch nach seinem durch Schionatulan- 
ders Hülfe erfochtenen grossen Siege sich bei Lehelin für Schio- 
natnlander und das Brackenseil verwendet. Als Schionatulander von 
Baldac zurückkehrt (cf. 4431 ff.), sind die Kämpfe um das Bracken- 
seil um keinen Deut weiter vorgerückt, als sie beim Beginn des 
Festes auf Florischanze standen. 

Der dritte Punkt, an dem Albrecht durch die Hinzufügung 
von Schionatulanders Zug nach Baldac eine Un Wahrscheinlichkeit 

*) übrigens kehrt der Zug, dass Sigune sich ein Pfand ihrer Liebe und einen 
Erben ihrer Lande wünscht, von jetzt an sündig in allen Klagen der Sigune um 
den entfernten oder später um den erschlagenen Geliebten wieder cf. 2880. 2497. 
5066 — 06. Dem Dichter ist diese Erfindung aus dem Bilde Flerzeloydens und 
ihres Sohnes zugeflossen. 


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hcrbeifuhrt, ist die dem Schionatulander von Gamuret aufgetragene 
Sorge um die Lande des jungen Parzival. Schionatulander hätte 
sich doch einer schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht, wenn 
er die ihm von einem Sterbenden anvertrauten Lande so leicht- 
herzig im Stiche gelassen hätte , um auf einem ganz unsicheren, 
gefahrvollen Zuge noch grössere Ruhmeslorbern zu sammeln, han- 
delte es sich dabei auch um die Rächung des erschlagenen Ver- 
wandten. Der Ausweg, den Albrecht hier einschlägt, dass näm- 
lich Schionatulander dem Artus die Lande anvertraut, ist ebenso 
bequem, wie für einen pflichtgetreuen Fürsten unwahrscheinlich. 

So dürfen wir denn wohl sagen , dass der Rachezug Schiona- 
tulanders nach Baldac, ebenso wie das Fest auf Floriscbanze, von 
Albrecht erfunden worden ist. Betrachten wir jetzt die Ausfüh- 
rung desselben im einzelnen. 

Unleugbar geschickt hat der Dichter den Zug Scbionatulan- 
ders zum Baruch mit dem Vorhergehenden verbunden: durch die 
Sendung der Boten des Baruchs, die köstliche Geschenke bringen, 
wird unser Interesse für die im 8. Capitel behandelten orientali- 
schen Dinge wieder erweckt, und durch die Manier Schionatulan- 
ders, einen jeden, dem er im Turnier auf Floriscbanze seine Sicherheit 
abnimmt, zur Teilnahme an dem Zuge nach Baldac zu verpflichten, 
werden wir immer mehr mit Erwartung der kommenden Dinge 
erfüllt. So hebt denn auch der Dichter str. 2468, 6—74, wo er 
in die Erzählung von Schionatulanders Abfahrt nach Baldac ein- 
tritt, mit besonderem Nachdruck hervor, dass er einen Hauptab- 
schnitt seines Werkes beginnen wolle. 

Der Rest des 19. Capitels, von str. 2475 an, schildert den 
überaus schmerzlichen Abschied Schionatulanders von Sigune. Wie 
bei dem ersten Auszuge Schionatulanders (str. 1247 fl'.) erhebt Si- 
gune den Mut ihres Geliebten dadurch zu einer ungemessenen Höhe, 
dass sie ihn ihren weissen Leib unbedeckt schauen lässt. Dann 
vertraut Schionatulander die Sigune dem Fürsten Turkentals (P. 
128, 8) an, und reisst sich endlich los. Ein Echo dieses Abschieds 
ist die Trennung Ekunats und Claudittens (str. 2483 — 2492). 

Selbzwölfte ist Schionatulander in der auserlesenen Schar der 
Fürsten, die ihn auf seinem Zuge begleiten; str. 2589 — 98 werden 
sie uns genannt: Gailet und Ekunat stehn dem Schionatulander 
am nächsten, sie sind beide seine Verwandten*). Gailet und Ekunat 
sind Lieblingsfiguren des Titureldichters geworden , neben seinen 
eigentlichen Helden hebt er auch sie überall hervor, wo es nur 


*) Vgl. darüber besonders: W. Tit. 42 , 1 . 126, 4. P. 39, 11 — 13. 


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angeht. Zu diesen beiden kommen nun die wohlbekannten Wol- 
framschen Gestalten , die wir alle bereits beim Feste auf Flori- 
schanze begrüsst hatten : Fridebrant , Hiuteger , Morolt, Hardiez, 
Lehelin *) , Ither von Kahefiez , Kingrimursel von Tschampfenzun, 
der König von Frankreich und endlich der König von Navarre, den 
wir direkt nicht aus Wolfram nachweisen konnten. In der grossen 
Schlacht auf Plenanze werden Hardiez und der König von Na- 
varre getötet (3467 ff. u. 3549); an ihre Stelle treten (Tit. 4074 — 76) 
Karforas von Portigale und Ympries von Ytolac, die beide schon auf 
dem Turnier von Florischanze vorkamen und beide aus Wolfram 
stammen (cf. P. 66, 26 u. 772, 9 : Tit. 1982 u. 2023). 

Cap. XX. ( str . 2524—2638 II.) Mit diesen auserwählten Hel- 
den**) und vielen andern Rittern schifft sich Schionatulander zu 
Marsilje ein ; nicht nach der gewöhnlichen Reiseroute (z. B. P. 58, 22) 
zu Sibilje, weil er dem Gailet, dem Sibilje gehört, keine weiteren 
Unkosten machen will (2524). Seine Seefahrt gestaltet Albrecht 
nach dem Muster der volkstümlichen Epen, wie Herzog Ernst u. a., 
aus; ein heftiger Sturm wirft ihn zuerst an die Küste von Zaza- 
mank, das Schionatulander, der andere Gahmuret, ja nicht ver- 
fehlen durfte. Die Mohren, die ihn für Gahmuret halten und an 
ihm Belakanens Tod rächen wollen, werden besiegt, aber den Fei- 
refiz findet er nicht, denn der befindet sich in der huote des Razza- 
lik, der gerade auf einem Kriegszuge gegen den Killikrates von 
Centrinn abwesend ist (ef. P. 770, 12. 687, 6) ***). So fahrt Schio- 
natulander weiter. 

Cap. XXI. (s/r. 2639 — 2771 II.) Zum zweiten Male überfallt seine 
Schiffe jetzt ein Sturm , der von dem wunderbaren Salamander in 
Schionatulanders Schilde hervorgerufen wird (vergl. die grosse ge- 
lehrte Abhandlung Albrechts str. 2747 — 71). Schionatulander wird 
mit seinem Schiffe von den übrigen getrennt (cf. Hzg. Ernst v. 2123 ff.), 
er bewältigt einen Aufruhr, der auf seinem Schiffe ausbricht, durch 
ein starkes Schwert aus Fridebrants Schatze und gelangt endlich 
zur Küste der wilden Galiotten. Das ist ein böses, seeräuberisches 


*) Mit Unrecht meint Simrock (Pari. u. Tit. 1,504): „nur äusserste Namen- 
not konnte dazu bestimmen, auch Lähelin, der als Orilus Bruder Tschionatulan- 
ders Feind war, unter seinen Mitstreitern aufzuzählen“; vielmehr will Albrecht 
dadurch nur noch den Ruhm seines Helden steigern, dass er ihn sogar seinen er- 
bitterten Gegner zur Teilnahme an dem Zuge zwingen lässt (cf. str. 1901). 

**) die str. 4855 der zxeelf Zungen herren der c rieten genannt werden, cf. Wh. 
73, 11—14. 

***) Die Charakteristik des Itazzulik (str. 2549 fl'.) stammt aus P. 43, 4—8. 


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58 


Volk ; sie fahren auf dem Grunde des Meeres dahin , bohren alle 
Schiffe, die sich ihrer Küste nähern, an und bringen sie so zum 
Sinken; wenn aber ein Mensch ihre Küste erreicht, so erschlagen 
sie ihn 

yahärgs ist bei den Griechen ein Name für den Schwertfisch, 
der auch |iqpi'ag heisst, vergl. z. B. Strabo, Geograph. I, Cap. 24. 
Es ist erklärlich, dass sich über diesen wunderbar geformten Fisch 
leicht die Sage bilden konnte, er bohre die Schiffe an. So finden 
wir dieselbe bereits bei Plinius, Nat. Hist. XXXII, 15: xiphian, 
id est gladium, rostro mucronuto esse, ab hoc navis pcrfossas mergi in 
oceano ad lortnn Mauretanien , qui Cotte voeelur, non jtrocul Lix> flu- 
inine. Nun heisst aber galiöt im Mhd. derCorsar, Seeräuber (vergl. 
ital. galcotto ) , cf. Wigal. 10491. Barl. 256, 28. Albrecht hat also 
durch gelehrte Combination dieses Wortes mit der schon aus dem 
Altertum stammenden Sage über den Schwertfisch sein Volk der 
Galiotten geschaffen; vielleicht als Gegenstück zu den Schnäbel- 
leuten des Herzog Ernst, zu denen der Held ebenfalls durch einen 
Seesturm verschlagen wird. — Die so geschilderten Galiotten be- 
zwingt Sehionatulander, der sich in Fridebrants Rüstung (cf. oben 
pg. 38) ganz allein hat ans Land setzen lassen , nach einem hef- 
tigen Kampfe. Sie müssen sich unterwerfen , und 200 von ihnen 
sendet Sehionatulander als Boten an den Baruch. Seine zahlrei- 
chen Wunden werden durch den Schaum eines Meertieres schnell 
geheilt (2736 f.). In der Habe zu Persidine trifft er dann die Sei- 
nigen wieder. 

Cap. XXII. ( str . 2772 — 2910 TI.) Unterdessen haben die Boten 
Schionatulanders den Hof des Baruchs erreicht, und der Baruch 
rüstet sich, den Helden mit allen möglichen Ehren einzuholen. 
Die Gemahlin des Baruchs, Clarissilie, und hundert Königinnen, die 
sie begleiten, begriissen jede den Sehionatulander mit drei Küssen*), 
jeden der übrigen Fürsten mit einem Kusse. Über der Atmerinne 
wird ein köstlicher blauer Baldachin getragen ; auf demselben 
ist das Bild Gamurets gewirkt, den die Heiden jetzt als ihren 
höchsten Gott verehren (= P. 107, 19 ff.). — Die Kunde, dass 
Gamuret wieder aufgelebt und nach Baldac zurückgekommen sei, 
dringt auch nach Babylon und erweckt dort grosse Bestürzung. 
Der Baruch lässt den babylonischen Brüdern Fehde ankündigen, 
und beide Parteien rüsten sich zum Kriege. 

Cap. XXIII. (str. 2911 — 3065 H.) Als die beiden Heere ein- 
ander nahe gekommen sind, beginnt nicht etwa gleich der Kampf, 

*) Tit. 2812 = P. 310, 16-16. 


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— 59 — 

sondern der Dichter führt ans erst ein fünf Tage dauerndes, ganz 
freundschaftliches Turnier der beiderseitigen Haupthelden vor, wie 
wenn er uns die vesperte eines Turniers gewöhnlicher Art schil- 
derte. Dieses ganze Turnier ist nur eingelegt, damit Schionatu- 
Iander und sein Gegenbild Secureis sich gegenseitig einen persön- 
lichen fride ausraachen können, der für die Entwicklung der Hand- 
lung von Bedeutung wird. 

Cap. XXIV ( slr . 3066 — 3396 II.) enthält dann in bogenlangen 
Namenlisten die Aufzählung der auf Plenanze versammelten Streiter. 
Zuerst ordnet Ackerin seine Scharen in zehn grosse Abteilungen. 
Seine Heeresordnung ist, wie wir schon oben (pag. IG) gesagt 
haben, getreulich der Terramers in Wolframs Willehalm nachge- 
bildet (Wh. 340, 22 — 353, 30); fast alle dort (und an früheren 
Stellen des Willehalm z. B. 26 — 36. 74. 255 n. a.) aufgezählten 
Namen von Ländern finden sich hier wieder, und innerhalb der 
10. Schar, die Ackerin wie Terramer selber befehligt, ist auch die 
Anordnung des Einzelnen an beiden Orten dieselbe. So sind selbst 
diese höchst langweiligen Partien des Titurel , deren Ode nur 
für eine philologische Lectüre etwas an Abschreckendem verliert, 
nichts anderes , als eine zwar gut gemeinte, aber herzlich schlecht 
ausgeführte *) Nachahmung Wolframscher Manier. Es ist hier der 
Ort, die Übereinstimmung in den Einzelheiten nachzuweisen: 

1) Die erste Schar des Baruchs befehligt Gloromatis von Persia 

— Wh. 30, 17 u. ö. ; der dort vorkommende Name Arofel findet 
sich wieder Tit. 3639, 5 — 7. — Unter dem von Persia stehn die 
Könige folgender Lande (str. 3091— 95) : Leunnigruns = Wh. 76, 11 
(in p) u. 255, 6. Taffar = Wh. 74, 4. Damian = Dannjata Wh. 
74, 17. Algoes = Wh. 74, 24 (nur in op). Alimet = Wh. 74, 24. 
Tarlarie — Barberte Wh. 74, 13. Chordubine = Wh. 74, 9. Nubia 

— Wh. 74, 11. Tampasten = Jciinec Tampas/ £ Wh. 27, 8. Alakose — 
Wh. 74, 25. Korascn = Wh. 74, 19. 

2) Alexander von Assi'm = Wh. 255, 4 (in ltz). Von den 
Ländern seiner zehn Fürsten finden wir nur drei im Willehalm 
wieder ; Falfunde (3108, wiederholt 3140) == Wh. 45, 29 u. ö. Tur- 
Jcanie (doppelt: 3110 u. 3111) = Wh. 29, 3. Vdlpinos (3110, wie- 
derholt 3171) = Wh. 349, 27. 

3) Arbessulet von Kolone — Wh. 36, 14. Unter ihm (str. 3122 
— 24) die Könige von : Arobeise = Wh. 36, 15. Seeeleise = die Sc- 
ciljeise Wh. 36, 16. Palerne = Wh. 84, 11. Sairois ( Socris A. D.) 


•) Vergl. b». Tit. 3153. 


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60 


«= Sötiers Wh. 36, 19. Latriset — Wh. 36, 19. Grikulanie = Wh. 
36, 17. Der von der Montanie ist aus Wh. 36, 18 u. 84, 14 gebildet. 

4) Fossoborat von Orastegente = Wh. 22, 20 u. ö. Ans seiner 
Schar nur der von Sires (3126) = Söres Wh. 26, 25. 

5) Essemerell von Mecka = Wh. 226, 17. Der Name Esse- 
mcrell ist von Albrecht gebildet aus Essere der emeräl Wb. 77, 27. 
417, 29. 430, 19. — Seiner knote sind zwei junge Prinzen, der Sohn 
des Baruehs und sein Verwandter Kardibulun von Kordeis (3331 
= Wh. 34, 17) an vertraut, vergl. Wh. 29, 18 — 30, 20. Über den 
König von der wilden Monte vergl. unten pag. 63. Der Name 
des Königs Haltzibor von Eulteibant ist aus dein des Königs Uuhebier 
Wh. 923 u. ö. abgeleitet. 

6) Gamelarot von Rabse — Wh. 350, 12 u. 36, 9 (in p). Unter 
ihm Samirat von Fulfunde (3140, cf. oben unter 2), Samiral aus Wh. 
356, 19; ferner (3141 — 42) die Könige von: Foekadanie = Boctän 
Wh. 341, 26. Atzagouch, in diesem Zusammenhänge aus Wh. 350,25. 
Alamansura = Wh. 255, 8. 

7) Gloraxidus von Amatiste , von dem Werder lüniyc viere kröne 
trugen — Wh. 33, 2. Unter ihm die Könige von : Jaufiise (3152) 

— Wh. 349, 19 (vergl. P. VI. Echibä von Junfüse). Oriente (3165) 
= Wh. 49, 11. Todierne (3168) = Wh. 28, 23. Runkulat (3171) 

— W. 49, 15. Vcdj/inose (3171 cf. 3110). — Auch drei Namen von 
Fürsten stimmen zum Willehalm: Jlubiol (3171) — Rübüal Wb. 
33, 15. Siiiagiinc (3172) — Wh. 27, 13. Malribulcis von Tenabrei 
(3164), der Mutterbruder des Baruehs, == Wh. 98, 14. Mdtribleiz, 
Tenabri ist ein Land Terramers Wh. 34, 20. 

8) Arisuleis von Lantz-Sardine, der Schwiegersohn des Baruehs, 
= Wh. 358, 15, wo seiu Land das des ältesten Sohnes Terramers 
ist (cf. P. 770, 22). — Unter ihm (3177—78) die Könige von: In - 
gulic (A. D.) = Wh. 53, 22. Scandinavia = Wb. 257, 5. Narkilin 
= Wh. 371, 2. Arabie = Wh. 28, 23. 

9) Ardibileis von Kubiaudc und Ardolis von Tananarke, die 
Schwestersöhne des Baruehs, = Wh. 358,24. 30. Unter ihnen (3200) 
der von Kahafiezze = Wh. 348, 25 und Utereis von Gruonlandcn — 
Wh. 348, 25. Utrciz Wh. 32, 15. 

10) Die 10. Schar ist die des Baruehs selbst (3619 ff.). Hier 
ist die 10. Abteilung Terramers, bei der Terramer selbst steht 
(Wh. 352, 1 ff.), auch in der Anordnung der Einzelheiten Vorbild 
gewesen; nur ist die Reihenfolge der einzelnen Gruppen gerade 
umgekehrt : Die Karratschen der Götter gehn, wie Wh. 352, 1 — 17, 
so auch Tit. 3635 ff , von Mecrrindem gezogen , der 10. Abteilung 
voraus, nur dass Albrecht eine schon der 1. Abteilung zuteilt 


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61 


(3096 ff.)- — Zur Linken <les Barocks werden zwölf Könige auf- 
gestellt (Tit. 3620—26, 2 = Wli. 358, 23 — 359, 30). Die Namen 
ihrer Länder aber entsprechen sich nicht, sondern Albrecht hat andre 
Namen ans dem Willehalm hier eingesetzt: Grikulanie (cf. 3124) 
= Wh. 36, 17. rulcsligweis = Wh. 423, 2 (in Itp). Adramatute 
= Wh. 447, 27. (Balic corrupt? — Wh. 344, 1 (in np) ??). Sigl imesse . 
= Wh. 74, 15. Saigalme = Wh. 74, 17. — Zur Rechten des Ba- 
ruchs stehn die Fürsten seiner neun Kernlande und die acht Kö- 
nige, die ihm die Rüstung darbieten (cf. Tit. 871). Diese Partie 
(3626, 3 — 28) entspricht Wh. 358, 1—22. Wolfram meint aber 
Wh. 358, 21—22 mit den neun Königen nicht die Könige seiner 
Kernlande, wie Albrecht angiebt, sondern die acht Könige, die dem 
Terramer eben die Rüstung gebracht haben (Wh. 353, 15 — 57, 30), 
und den ältesten Sohn Terramers, Kanlinn von Lanzesardin (Wh. 
358, 14—15). Albrecht hat das missverstanden oder absichtlich 
die Fürsten der neun Länder Terramers, die Wh. 352, 20—24 
kurz aufgeführt werden als in der 10. Schar befindlich , hierher 
versetzt. — Da der Platz zur Rechten des Baruchs der Ehren- 
platz ist, fügt Albrecht an dieser Stelle seine eigenen Helden und 
Figuren ein, vor allen Schionatulander mit seinen christlichen Strei- 
tern, dann die Fürsten von Syrien (Ninive), die nach Tit. VIII 
der ßarnch den Babyloniern abspenstig gemacht hatte (cf. auch 
str. 3371 — 74), und die Galiotten. Dieses ganze Stück (Tit. 3629 
— 31) fehlt natürlich im Willehalm. — Es folgen dann, wieder 
nach Wolframs Vorbilde, noch einzelne Könige, die mit speciellen 
Ämtern beauftragt sind : Pansor von Salonie trägt die Sturmfahne 
(3632) = Wh. 353, 1 — 14; Albrecht giebt ihm noch einen zweiten 
König zur Seite. Bordin von Ormularieee ruft mit seinem Horn 
den Baruch zum Streite (3867) = Wh. 353, 24—29; und Diute 
von Ammiravcl hat die Rotobumben unter sich (3881) = Wh. 300. 

Dem Beispiele des Baruchs folgend, teilt nun auch Ipomidon 
das doppelt so grosse Heer der Babilone in zehn grosse Abtei- 
lungen (str. 3207 ff.). Deutlich tritt hierbei überall die Parallele 
zu der Heeresordnung des Baruchs hervor, und damit zu der Terra- 
mers ; nur herrschen bei den Babyionen überall grössere Massstäbe. 
Bei der 10. Abteilung befindet sich Ipomidon, wie der Baruch und 
Terramer (3353 ff.). Hier bringt Albrecht dadurch eine Abwechse- 
lung in die Sache , dass er der Ordnung des Willehalra getreu 
bleibt und sie nicht umdreht, wie bei der 10. Abteilung des Baruchs*). 

*) Dem Köuige von Nubiant (Wh. 368, 24—26) mit seinen 14 Söhnen ent- 
spricht genau der König Seruk von Firmidise (3370) mit seinen 20 Söhnen ; bei 
dem Baruch fehlt dieser Zug. 


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62 


Was die Namen der Könige und der Länder anbelangt, so hat 
Albrecht bei den zahllosen Streitern jede Entlehnung aus dom 
Willehalm streng vermieden *) , bis aut' die 9. Abteilung , die mit 
allem, was daran hängt, aus der 9. Abteilung des Terratner her- 
vorgegangen ist. In den übrigen Abteilungen finden wir nur eine 
Berührung mit Wolframschen Namen. Nämlich ungefähr die er- 
sten 20 Namen hat Albrecht der Reihe nach aus P. 770 entnom- 
men; es ist das Verzeichnis der von Feirefiz besiegten Fürsten. 
Wie Albrecht gerade hierauf gekommen ist, giebt er uns selbst 
an; wir erkennen auch an diesem Punkte die gelehrte, construie- 
rende Methode Albrechts wieder. Tit. 5248 — 5281 werden uns 
die 25 Freier der Secundille aufgezählt, von denen Feirefiz dio 
Königin erwarb, indem er alle andern besiegto (cf. P. 519, 2—4). 
Da hat nun Albrecht einfach das Namenregister der von Feirefiz 
besiegten Helden (P. 770) genau abgeschrieben , wie eine Neben- 
einanderstellung der beiden Verzeichnisse zeigt. Der Dichter geht 
dann so weiter: Feirefiz, der Sohn des Anschevins Gahmuret, 
steht natürlich auf der Seite Gahmurcts, also auch auf der Seite 
des Baruchs und Schionatulanders. Dann ist er aber ein Feind 
der Babylone, und seine Feinde sind die Freunde der Babylone. 
Aus diesem Grunde versetzt Albrecht die von Feirefiz besiegten 
Helden einfach als Bundesgenossen auf die Seite der Babylone. 
Die Probe auf dies Exempel giebt uns der Umstand, dass der 
Dichter die paar Namen, die von den P. 770 genannten im Wille- 
halm als Bundesgenossen Terraraers erscheinen und infolgedessen 
auch auf der Seite des Baruchs sich finden, nicht mit in das Ver- 
zeichnis der Bundesgenossen der Babylone hinübergenommen hat. 
Aus Rücksicht auf die chronologische Differenz zwischen Feirefiz 
Erwerbung der Secundille und den Kämpfen auf Plenauze lässt 
Albrecht die Kämpfer von Plenanze die Eltern der von Feirefiz 
besiegten Freier sein (Tit. 5284, 5 — 6). Überblicken wir nun die 
aus P. 770 von Albrecht hier (str. 3210 ff.) übernommenen Namen, 
so sehen wir, dass sehr viele von ihnen arg entstellt sind; da ist 
das Verzeichnis der Freier der Secundille (Tit. 6248 — 81) an man- 
chen Stellen ein Hülfsmittel , die Beziehung zu erkennen. Es ist 
von P. 770 v. 1 = Tit. 3215, 6—7. v. 2 = 3217, 6 corr. v. 4 
— 3220, 1. v. 5 = 3220, 2 corr. v. 6 = 3220, 4. v. 7 — 3220, 5. 
v. 8 = 3220, 6 -7. v. 9 = 3221, 1 corr. v. 10 = 3221, 2 corr. 


*) Auffällig ist nur Karluserkulcia Tit. 8279 = Wh. 141, 18. 359, 11, wo 
ei aber nur eine geogrspbiicbe Bezeichnung, nicht das Land eines Verbündeten 
Terrameri ist. 


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63 


(cf. 5267). v. 11 = 3221, 3 corr. otlcr 3221, 4 A.D. corr. (cf. 5271). 
v. 12 = 3229. v. 13 = 3230, 1 corr. (cf. 5274). v. 20 = 3230, 5 
corr. (fehlt im Verzeichnisse der Freier), v. 22 = 3231 , 3 corr. 
(cf. 5281). 

Sehen wir vorerst von der 9. Abteilung der Babilonier ab, so 
weiss ich jetzt von den zahllosen orientalischen Kamen, die im 
24. Capitel des Titurel aufgezählt werden, keinen einzigen weiter 
aus Wolfram oder irgend einer andern poetischen Vorlage zu be- 
legen. Alle diese phantastischen Namen tragen den Stempel von 
Albrechts Erfindung an der Stirn. Sie bestehn zum Teile aus An- 
spielungen auf Namen des alten Testamentes, wogegen wirkliche 
orientalische Namen und Wortstämme sich, wie mir mein Freund 
Prof. Ra Ulfs versichert, nicht nachweisen lassen; zum Teile ent- 
stammen sie Albrechts gelehrten Kenntnissen. Alle übrigen aber 
sind einfach von Albrecht nach dem Muster der Namen in P. 770 
u. 772 frei gebildet worden. Vergl. noch Tit. 3255, wo Albrecht 
naiv seine Methode rechtfertigt. 

Uns interessiert hier nur noch die 9. Abteilung, die wie ge- 
sagt eine Übertragung der 9. Abteilung von Terramers Heer aus 
dem Willehalm ist. Es sind die phantastischen Gestalten der Hür- 
nenen aus dem Lande Kanjas. Wir finden sie ausführlich beschrie- 
ben Wh. 35, 3 — 36, 4 und dann bei der Heeresordnung Wb. 351, 
15 — 20. Eine Nachahmung dieser Stellen ist Tit. 3311c (= A. D. 
XXIV, 261) — 3320. Die von Albrecht hinzugefügte Geschichte 
ihrer Entstehung ist nichts als eine Variation von P. 518, wo 
Wolfram, anknüpfend an die Schilderung Malcreatiures , der auch 
aus Ganjas stammt, die Entstehung der menschlichen Missgeburten 
überhaupt erzählt. Dieser eigentümlicher Weise auf die Seite der 
Babylonier gerückten Abteilung Terramers hat Albrecht seiner- 
seits die Nebelleute von der wilden Monte (Tit. 3134 ff.) gegenüber- 
gestellt, die aus Wh. 36, 18 und 84, 14 stammen und bei dem 
allgemeinen Siege des Baruchs gerade die ihnen entsprechenden Hür- 
nenen vernichten (Tit. 4115—19). 

An die Spitze der 9. Abteilung hat aber Albrecht nun den 
Mann gestellt, dem wir in den Kämpfen des Baruchs und der Baby - 
lone als einer Hauptfigur begegnen, den König S ecu reis von Tasme 
und Thabronit, den Gemahl der Arabadille und Vater der aus dem 
Parzival bekannten Secundille. Diese von Albrecht geschaffene Per- 
sönlichkeit, die dem Dichter offenbar bald eine Lieblingsfigur ge- 
worden ist, müssen wir jetzt etwas näher charakterisieren (vergl. 
bs. Tit. 2933 ff.). Secureis ist zunächst das getreue Abbild des 
Feirefiz im 15. u. 16. Buche des Parzival. Albrecht hat alles, 


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64 


waa er da über Feirefiz gesagt fand, auf den Secureis übertragen, 
dem zugleich die ganzen Herrlichkeiten und Reicbtiimer der Sc- 
cundille von selbst zufielen. So ist er König von Thabronit, Thasme, 
Tribalibot, und besitzt die unermesslichen Schätze dieser Länder, 
mit denen nachher seine Tochter Secnndille ihren Geliebten aus- 
stattet. So ist die weitläufige Beschreibung der kostbaren Rüstung 
des Secureis (Tit. 2955 — 69) in der Hauptsache der Beschreibung 
Wolframs P. 735 — 36. 741 nachgebildet, und Jupiter ist der Gott 
des Secureis (Tit. 3335 u. ö.) , wie P. 748, 19 der des Feirefiz. 
Damit hat dann Albrecht die Figur des Königs Poydjus von 
Griffane, Friendo, Tasme , Triande und Kaukasas aus Wolframs 
Willehalm verbunden (Wh. 375, 14. 17 — 19). Die Schilderung von 
dessen Lande Frieude Wh. 377, 12 hat Albrecht herübergenom- 
men bei der Schilderung der Länder des Secureis (Tit. 2949— 
50). So ist Secureis der reichste König, den nur die Heiligkeit 
des Grals übertrifft (2941)*). — Dieser so geschilderte König ist 
nun den babylonischen Brüdern zu Hülfe gekommen , aus keinem 
andern Grunde, als weil er, um der Minne der Arabadille willen, 
auf Abenteuer ausgezogen ist; gerade wie es Wolfram von Feirefiz 
P. 736, 1 — 2. 6 — 8 sagt. So kommt es, dass er, obwohl auf der 
Seite der verhassten Babylone stehend , doch unsere volle Sym- 
pathie geniesst; er vertritt gewissermassen bei den Babyionen 
die Gestalt des Schionatulander. Um diese beiden Gestalten grup- 
pieren sich die einzigen Lichtblicke in der grenzenlosen Wüste 
der Kämpfe auf Plenanze und Floristelle. Der Dichter hat die 
Schicksale der beiden Helden eng miteinander verflochten und 
erhebt sich bei dem schliesslichen Untergange des Secureis sicht- 
lich zu einer etwas frischeren Darstellung und Farbengebung. Wir 
können über die unendlich weit ausgeführten, aber leblosen Schlacht- 
beschreibungen, deren strategische Anordnung ebenso wie die Aus- 
malung der Einzelheiten vollkommen dem Schema des Willehalm 
nachgearbeitet ist, mit wenigen Worten hinweggehn, indem wir 
dabei hauptsächlich die Geschichte Schionatulanders und Secureis 
im Auge behalten : 

Cap. XXV— XXVI. ( str . 3397-3817 II.) Am ersten Schlacht- 
tage rettet Schionatulander das wankende Heer des Baruchs , in- 
dem er sich mit seinen Getreuen, dem Gotte Kahune gleich, ganz 
in Braun kleidet und so wie ein von diesem Gotte gesandter 
Helfer in den Kampf eingreift. Die nächsten Scblachttage werden 


*) Die dem Secureis von Albrecht gegebenen Vorfahren Ekutier und Secusier 
(*tr. 4827—29) sind einfach ans dem Namen Securcit abgeleitet (cf. A.D.). 


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65 


ganz kurz abgemacht; jeden Abend verkündet ein hohes Zeichen, 
das Secureis aufsteekt, das £nde des Kampfes. Am fünften Tage 
warten alle vergebens auf dieses Zeichen, Secureis hatte in einer 
Tjost mit Fridebrant sein mit Sehionatulandcr verabredetes Er- 
kennungszeichen (cf. oben pg. 59) verloren und war infolgedessen 
mit Scbionatulander in einen Kampf geraten. Bis spät in die 
Nacht hinein zieht sich derselbe hin , bis er schliesslich mit dem 
Tode des Secureis endigt. Aber auch Scbionatulander ist so er- 
schöpft, dass er einige Tage vom Kampfe ruhen muss. Seine Kla- 
gen, als er hört, wen er getötet hat, und seine Selbstvorwürfe er- 
innern an die ähnliche Situation bei Schionatulanders erstem Auf- 
treten an Artus Hofe (str. 1403 ff.). Es wird ein Waffenstillstand 
für die nächsten Tage abgeschlossen ; die Babyloue beklagen ihre 
grossen Verluste , die hauptsächlich von drei Rittern herrühren, 
von denen jeden Tag einer erschienen war , der erste in grüner, 
der zweite in himmelblauer, der dritte in schwarzer Waffen- 
rüstung. Die Babylonier vermuten richtig , dass das immer ein 
und derselbe Kitter gewesen sei, nämlich Scbionatulander. — Dies 
Motiv bat Albrecht aus Ulrichs Lanzelet entlehnt, wo Lanzelet 
auf einem grossen Turnier, das Lot von Johenis gegen Gurncmanz 
nach Djofie ausgeschrieben hatte, am ersten Tage in ganz grüner, 
am zweiten in weisser, am dritten in roter Rüstung erscheint und 
unerkannt alles besiegt. 

Cap. XXVII— XXVIII. {str. 3818-4229 II.) Das Schlachtfeld 
zu Pleuanze war jetzt so mit Toten bedeckt, dass die Heere am 
sechsten Tage weiterzieken nach dem Plane von Floristelle , wo 
die zweite grosse Schlacht entbrennt. Ein Kampf zweier Späher 
ist vorausgeschickt, in Nachahmung von Wh. 333, 12 ff. Dieser 
Kampf auf Floristelle bewegt sich in ganz ungeheuren Massstäben. 
Entgegen der Verabredung, dass immer nur Schar gegen Schar 
geschickt werden sollte, versucht Ipomidon, indem er unvermutet 
alle seine zehn Scharen in den Kampf schickt, die Gegner und vor 
allem den Scbionatulander mit seinen Christen zu überrumpeln. 
Doch gelingt ihm dieser Anschlag nicht, wie früher die hinter- 
listige Besiegung Gahinurets (P. ll=Tit. VIII); durch die Wach- 
samkeit der Späher des Baruchs wird das Heer desselben noch 
gerade rechtzeitig genug alarmiert. Die Babylone haben aber 
so viele Streiter in den Kampf geschickt, dass in der Mitte des 
Ganzen alles durch den furchtbaren Andrang zerdrückt wird*). 
Schionatulander und die Seinen retten sich auf die Fahnen wagen 


*) Der Gedanke ist hervorgerufen durch Wh. 891, 13 ff. 

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66 


des ßaruchs. Nachdem dadurch eine kurze Pause eingetreten 
ist, beginnt mit Cap. XXVIII der letzte Kampf. Er endigt mit 
dem Tode Ipomidons durch Schionatulander und dem des Pompeius 
durch Ekunat 

Cap. XXIX. (str. 4230—4354 H.) Damit ist das lange Ringen 
entschieden, ira 29. Capitel nimmt der Barucli Quartier in Baby- 
lon 11 ). Er möchte seine christlichen Freunde zum Danke für ihre 
Unterstützung mit weiten Ländern ausstatten, aber sie wollen wie- 
der in die Heimat zurückkehren. Schionatulander erhält schliess- 
lich das unendlich kostbare Zeltlager des Secureis, Tasme genannt, 
zum Geschenke, das uns vorher (str. 3333 ff.) ausführlich in all 
seiner Pracht beschrieben worden ist. So bringt Gahmuret das 
prächtige Zelt Isenharts (P. 1) au3 Zazamanc mit. 

Der Dichter fügt an dieser Stelle (str. 4265) einen kurzen 
Hinweis auf fernere Kämpfe desBaruchs mit den Babyloniern ein; 
der Baruch findet später doch noch Widerstand bei den Babylo- 
niern , da ja auch ihm in den Kämpfen auf Plenanze und Flori- 
stelle die Blüte seiner Ritterschaft getötet ist. Der grosse Zug 
Schionatulanders hat also in der Hinsicht wenig genützt, die Rache 
für Gamuret war eben sein einziger Zweck. — str. 4256 — 67 weist 
der Dichter auf die später erzählten Schicksale der Arabadille, 
Secundille und des Feirefiz hin, der damals ein Knabe war. Das 
ist nur eine synchronistische Notiz für den Leser. 

Dann kehrt das Heer des Baruchs nach Baldac zurück. Schio- 
natulander und die Seinen besuchen noch einmal Gamurets Grab (wie 
im 8. Capitel nach Gamurets Tode). Ackerin lässt die vier gefallenen 
christlichen Fürsten neben Gamuret beisetzen. Von diesen vierFürsten 
waren, wie schon gesagt, zwei auf Plenanze gefallen, Hardiez und der 
König von Navarre ; die andern beiden auf Floristelle, Albert von Ge- 
runden (4173), der schon str. 2029 auf dem Turnier zu Florischanze 
vorkam, und Erolas von Orfilune (4171), ein Schwestersohn Lehe- 
lins. Seinen Tod beklagt Lehelin sehr schmerzlich , nun waren 
ihm durch Schionatulanders Schuld bereits zwei Neffen getötet 
worden (str. 4172 cf. str. 1319 und oben pag. 33 f.). So bricht der 
alte Groll Lehelins gegen Schionatulander von neuem gewaltig 
hervor, und es ist ein vergebliches Bemühen , wenn sich jetzt der 
Baruch bei ihm für Schionatulander um das Brackenseil verwen- 
det (str. 4329 — 33 cf. oben pag. 55). Als der Frühling ins Land 
zieht, nimmt Schionatulander Abschied vom Baruch und fahrt hin- 


*) Die Situation ist auch in den Einzelheiten dem Schlüsse des Willehalm 
nachgebildet 


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67 


über nach Sibilje. Seinen kostbaren Salamanderschild , der auf 
der Hinreise die fürchterlichen Stürme bervorgerufen hatte, lässt 
er auf einem besonderen Schifte hinüberführen ; ohne sein Wissen 
wird auch seine kostbare Rüstung aus dem Glück bringenden 
Tigergold, das Geschenk des Baruchs (cf. Tit. 16dl), mit in dieses 
einzelne Schiff gepackt. Der Salamander zeigt auch diesmal seine 
Kraft, ein heftiger Sturm begräbt das Schiff mit dem Schilde und 
dem Panzer. So hat Scliionatulander das galt der Sceldc verloren, 
und das bringt ihm nachher den Tod (vergl. unten Seite 81 f.). 

Abschnitt Y: Scliionatulander 111. 

Mit einem Hinweise auf den herannahenden Fall seines Hel- 
den leitet also der Dichter über zu dem 3. grossen Hauptteil von 
Schionatulanders Laufbahn, seinen Kämpfen nach seiner Rückkehr 
von Baldac bis an seinen Tod (Cap. XXX — XXXV erste Hälfte). 
Das leitende Motiv dieses Teiles des Titurel sind die Kämpfe 
Schionatulanders mit Orilus und Lehelin um die ihm anvertrauten 
Lande des Parzival. Von diesen Kämpfen spricht Wolfram ganz 
kurz an zwei Stellen von P. III : Herzeloyde berichtet dem jungen 
Parzival bei seinem Abschiede von ihr (P. 128, 3 — 10) : 
du sott och wizzen, nun min, der stolze kiiene Lälwlin 
dtnen fürsten ah ervaht zwei laut, diu sotten dienen diner haut f 
Wiileis und Norgäls. ein din fürste Turkcntiils 

den tot von siner honte enphienc: din volc er sltioc unde vienc. 

und Sigune erzählt dem Parzival kurz darauf (P. 141, 2 ff.) : 
dirre fürste (= Scliionatulander) wart durch dich erslagen, 
tcand er din tont ic werte: sine triwe er nie Versehrte, 

junc vlectic süezer man, die gehruoder hiint dir vil getan, 

zwei laut nam dir Lühelin : disen ritter unt den vetern din 

ze tjostiern sluoc Orilus. der lies och mich in jämer sus. 

An beiden Stellen wird ausdrücklich gesagt , dass Lähelin es ist, 
der die beiden Länder des jungen Parzival sich angeeignet hat, 
während Orilus in andrer Weise dem Geschlcchte des Parzival 
Schaden zugefügt hat, indem er Galoes und Scliionatulander tötete 
(vergl. noch P. 266, 22 — 24 u. 331, 15 f.). Bei Wolfram entspricht 
diese Scheidung zwischen den beiden Brüdern der ganzen Art und 
Weise, wie Wolfram sie überhaupt charakterisiert. Lähelin ist 
bei ihm der gewaltthätigere , rücksichtslosere von beiden , der so- 
gar das geweihte Gralgebiet nicht mit seinen Angriffen verschont, 
während bei Orilus stolze Ritterlichkeit der vorherrschende Zug 
ist, sodass wir seiner Person im Grunde ganz sympathisch ge- 



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68 


genüberstehn. Albrecht hat diesen feineren Unterschied verwischt, 
indem er sie beide nach demselben Schema behandelt. Als der 
gefährliche Gegner und Todfeind Schionatulanders zeigt Orilus im 
Titurel ganz denselben rücksichtslosen and gewalttkätigen Sinn, 
wie Lähelin im Parzival. So dient denn auch die Einiührung der 
beiden Brüder bei den Kämpfen um Parzivals Lande nur dazu, 
Variationen und Paralleldarstellungen herbeizufübren. Sie teilen 
sich schliesslich in die beiden eroberten Lande, wovon bei Wolfram 
nicht die geringste Andeutung vorkommt, und Schionatulander kann 
auf diese Weise noch einmal mit jedem von beiden einzeln kämpfen. 
Mit Ausnahme dieser Verschiedenheit in der Verteilung der Hollen 
der beiden Brüder, die in dem ganzen Aufbau des Titurel begründet 
liegt, lässt sich alles , was Albrecht über diese Kämpfe erzählt, 
aus den Andeutungen Wolframs hinlänglich erklären. 

Cap. XXX. (str. 4355 — 4451 H.) Eingcleitet wird dieser Ab- 
schnitt durch ein abermaliges Maifest des Königs Artus, das er 
auf die Kunde von der Ankunft der Helden sofort beruft. Zuvor 
aber versäumt der umsichtige Dichter nicht , sobald als möglich 
durch einen Besuch Siguuens die Gemahlin des Gerächten von den 
Tkaten seines Häckers in Kenntnis zu setzen. Zugleich wirft der 
Dichter, wie eben vorher auf den jungen Kerafis, so hier, im An- 
schluss an 1*. 111, einen Blick auf den heranwachsenden Parzival. 
— Das gauze nun folgende Pest des Artus dient nur dazu, dass 
sich die so lange getrennten Personen des Gedichtes einmal wieder 
gehörig mit einander aussprechen können. Gailet berichtet im 
Kamen seiner Mitstreiter über ihre Erlebnisse im fernen Oriente, 
und Artus teilt ihnen dagegen mit, was er über die von Klinsekor 
geraubten Krauen in Kenntnis gebracht hat. Wir haben das alles 
bereits im 19. Capitel erfahren , Albrecht bringt nichts Neues 
hinzu, ln der allgemeinen Klage über die geraubten Krauen und 
die im Oriente gefallenen Pürsten und Kitter weist der Dichter 
besonders auf die Gebrüder Orilus und Lehelin hin , die ihre bei- 
den durch Schionatulander ums Leben gekommenen Keifen be- 
klagen und sie au Schionatulander zu rächen begehren. Der Dich- 
ter führt die Brüder nur deshalb noch einmal besonders unter den 
Klagenden auf, weil er an dieser Stelle (str. 4416) die im 11. Ca- 
pitel (str. 1484) abgebrochene Geschichte des Brack enseiies wieder 
aufnehmen will. Orilus fordert nämlich jetzt die sofortige Erle- 
digung des Kampfes, der schon damals vor Xantes zwischen ihm 
und Ekunat festgesetzt war, der aber durch Schionatulanders Zug 
nach Baldac solange verhindert worden ist (cf. Tit. 4417, 3 — 5). 
Vergeblich sucht Artus den Streit zu schlichten; da tritt etwas 


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- 69 - 

anderes dazwischen und vereitelt wiederum den Anstrag dieses 
Kampfes. 

Orilus war nämlich, während Schionatulander beim Baruch 
weilte, in feindlicher Absicht in die Lande Schionatulanders einge- 
fallen , hatte , als er ihn selbst nicht vorfand, Burgen und Länder 
bezwungen und zu Kingrivals zwei Fürsten getötet (4423 ff. 
aus P. 128, 4 — 10). Als die Kunde hiervon an Artus Hof kommt, 
weigert sich Ekunat , jetzt noch mit Orilus zu kämpfen, da die- 
ser den festgesetzten Frieden gebrochen habe. Orilus unterwirft 
sich dem Richterspruche des Artus , aber als dieser entscheidet, 
dass der Kampf nicht stattfinden solle, erklärt Orilus erbittert, 
sich mit Gewalt sein Recht suchen zu wollen, und die beiden Brü- 
der verlassen ohne Abschied Artus Hof. Vergebens hatten Artus 
und Schionatulander gegen den Eintausch der kostbaren Tasme 
Jeschute und Clamlitte zum Verzicht auf das Brackenseil zu be- 
wegen versucht; die Gewalt sollte entseheiden. — Der Richter- 
spruch des Artus und das trotzige Auftreten des Orilus kehrt hier 
wieder aus der Beschreibung der früheren Kämpfe um das Seil 
(Cap. XI). Die Armut der Motive in den Partien, die das Bracken- 
seil betreffen, tritt auch hier wieder hervor. 

Cap. XXXI. (s/r. 4452— 4588 II.) Die beiden Brüder von La- 
lander fuhren ihre angekündigten Drohungen diesmal nur zu bald 
aus. Das nächste (31.) Capitel berichtet uns von dem ersten Ein- 
fall der beiden Brüder in die Lande Walern und Norgals, der durch 
Schionatulander und Artus znriiekgewiesen wird. Dieser Zug ist 
nur eine Parallelhildnng zu dem zweiten Einfalle der beiden Brü- 
der (Cap. XXXII 2. Hälfte), der mit der definitiven Besetzung 
der beiden Lande durch Orilus und Lehelin endigt. Der Dichter 
fand es bei Wolfram so vor, dass Schionatulander im Kampfe um 
die Lande des Parzival in einer Tjost mit Orilus getötet wurde; 
aber er konnte es doch nicht übers Herz bringen, seinen gefeierten 
Helden, der eben noch Orient und Occident mit seinem Ruhme er- 
füllt hatte, nun so schmucklos im Kampfe mit einem Schwächeren 
den Tod finden zu lassen. So umkränzt er denn seinen Helden 
auch auf der letzten, absteigenden Stufe seiner Laufbahn noch ein- 
mal freigebig mit Ruhmesthaten, indem er ausser diesem früheren 
Einfalle der Brüder von Laiander, der für Schionatulander günstig 
endigt, auch noch zwei grosse Episoden, den Krieg des Artus mit 
Kaiser Lucius von Rom, und den Kampf Schionatulanders mit den 
beiden Riesen von Thabronit, nur deshalb einfügt, damit sein Held 
sich dabei noch einmal mit Ruhm bedecken soll. 

Albrecht erzählt nun den ersten Kampf Schionatulanders mit 


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Orilus und Lehelin folgcndermassen : Als Schionatulander mit allen 
seinen Rittern noch an Artus Hofe weilt, werden sie aufgeschreckt 
durch die Nachricht, dass Orilus und Lehelin mit einem starken 
Heere vor Kanfoleis liegen, und bereits Fürst Turkentals, dem 
Schionatulander die Lande anvertraut hatte , gefallen sei (P. 128, 
4 — 9). Auf diese Kunde bin rüsten sich Artus und alle Ritter, 
die sein Fest mitgefeiert hatten, zum Rachezuge gegen die frechen 
Eindringlinge; nur Morolt bittet den Artus, ihn von der Teilnahme 
zu entbinden , da er ein Verwandter der Fürsten aus Laiander 
sei (woher stammt das?). Sie finden vor Kanfoleis das Heer 
des Orilus und Lehelin durch viele Fürsten verstärkt , die teils 
der Neid auf Schionatulanders hohen Ruhm, teils der Trieb, ihre 
durch Schionatulander nmgekommcncn Verwandten zu rächen , in 
Orilus und Lehelins Arme geführt hatte. Die in dieser Aufzäh- 
lung vorkommenden Anspielungen beziehen sich sämtlich auf frü- 
here Teile des Titnrel selbst. Nur den König von Ttoiharbarhe 
(4481) kann ich nicht näher bestimmen, ebensowenig den Herzog 
ans T.edrikone (4480), doch liegt, nach den übrigen zu schliessen, 
auch hier wohl eine Beziehung auf das Turnier zu Florischanze 
vor. Besonders bemerkenswert sind nur noch (str. 4474 fF.) vier 
bekannte epische Helden: Free, Edolane , Ospinel, Joret. Es wäre 
nicht undenkbar, dass Albrecht Erec als den Bruder der Jeschute, 
Orilus Gemahlin (P. 134, 2 — 22), seinem Schwager zu Hülfe kommen 
lässt; ob Albrecht bei den übrigen dreien auch einen besonderen 
Grund gehabt hat, sie dem Artus gegenüberzustellen, kann ich 
nicht angeben. Übrigens kommen die Namen alle vier auch auf 
dem Turnier von Florischanze vor. 

Dem eigentlichen Kampf ist wieder ein Kampf zweier Späher 
voransgeschickt, wie bei dem Kampf auf Floristelle (str. 3861 ff.). 
Von Artus Seite ist es diesmal Keye, der dann dem Artus über 
die Feinde berichtet. Die Schlacht findet unter den Mauern von 
Kanfoleis statt : infolgedessen ist die Schlacht von Bearosche 
(P. VII) in Einzelheiten Vorbild gewesen. Dem Schionatulander 
und seinen Mannen kommt dieser Kampf vor wie ein Puppenspiel 
im Vergleiche mit den Kämpfen auf Plenanze und Floristelle 
(4533). Orilus und Lelielin verlieren den dritten Teil ihres Heeres 
und müssen infolge ihrer schweren Niederlage das Land räumen. 

str. 4551 ff. (= XXXI, 100 ff.) Während man noch mit der 
Bestattung der Toten beschäftigt ist , kommt bereits neue Kriegs- 
botschaft : Kaiser Lucius von Rom will den Artus mit Krieg über- 
ziehen. Die Beschreibung dieses Kampfes nimmt dann den Rest 
des 31, und den grössten Teil des 32. Capitel des Titurel ein. 


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Diese ganze hier vollkommen unmotiviert hineinschneiende Ge- 
schichte hat nur den Zweck, zu erklären, wie es gekommen sei, 
dass Schionatulander trotz seines grossen Sieges über Orilus und 
Lehelin doch bald darauf die Lande Waleis und Norgals definitiv 
den Brüdern von Laiander überlassen muss. Denn als gleich 
nach der Besiegung des Orilus und Lehelin der Krieg des Artus 
mit Lucius von Rom ausbricht, hält es Schionatulander für eine 
Ehrenpflicht, dem Artus, der ihm soeben durch seine Unterstützung 
den Sieg verschafft hat , nun auch seinerseits mit allen seinen 
Mannen zu Hülfe zu kommen. Dadurch muss er aber die Lande 
Waleis und Norgals von Truppen entblössen , und so benutzen 
Orilus und Lehelin die günstige Gelegenheit, die beiden Länder 
endgültig in ihren Besitz zu bringen. Als Schionatulander mit 
Artus aus dem Feldzuge gegen Lucius zurückkehrt, ist er nicht mehr 
im Stande, mit seinem geschwächten Heere dem Orilus und Lehelin 
entgegenzutreten, und bescbliesst deshalb, zugleich von Reue über 
die Preisgabe der anvertrauten Lande ergriffen , im Einzelkampfe 
den Orilus und Lehel in zu bestehn. Dabei findet er dann am 
Ende seinen Tod. Deutlich merken wir den fremdartigen Cha- 
rakter der hier in das Epos von Schionatulander eingeschobenen 
Partie daran , dass in dem Kampfe mit Lucius gar nicht Schiona- 
tulander, sondern Artus selbst der Held der Aventiure ist. Das 
gesteht der Dichter selbst ein, wenn er str. 4ö35 f. sagt : 

Diu äventiur teil gälten van einem au diu ander, 

teer mäht cz allez ervähen ? ir lierre daz was Schionatulander , 

wie der an prise üf nam und imtoste sigen. 

durch die äventiure so mitoz ich von den gesten vil verewigen. 

Doch süllen wir den gesten Artusen nicht genöeen, 

dci ■ was ic hi den besten an aller wcrdileit vil unrerstözen. 

frowe Äventiur lät in bi uns beliben 

alhie in iwern hulden , sagt uns ob in der heiser mug verfriben. 

Es lässt sich nun gerade an dieser Stelle auch ganz genau die Quelle 
bestimmen, ans der die gesamte von Albrecht hier eingeschachtelte 
Episode genommen ist. Es ist das dieHistoria regum Britanniac des 
Gottfried von Monmouth. Dieses Buch ist für die Erzählung 
von Artus Kampfe mit Lucius von Rom und für die Geschichte 
von der unehelichen Erzeugung des Artus , die ebenfalls hier mit 
hineinspielt, die einzige primäre Quelle, aus der sämtliche Erwäh- 
nungen dieser beiden Fakta bei den französischen, englischen und 
deutschen epischen Dichtern geflossen sind. Der gelehrte Albrecht 
hat diese Primärquelle selbst benutzt, und es ist nicht nötig, mit 
R. Spiller (Zs. 27, 169) eine Mittelquelle für Albrecht anzusetzen. 
Das ergiebt sich aus folgenden Gründen : 


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1) Tit. 4021 ff., wo der Kaiser Lucius zum ersten Male erwähnt 
wird , führt Albrecht für den Kampf des Artus mit Lucius von 
Rom und für die Thaten des Artus im allgemeinen eine lateinische 
Chronik von Britannien und Kornwal an, die in ungezwungener 
Auffassung der Stelle direkt auf Gottfrieds Werk gedeutet werden 
kann*). Nun sehen wir aber an anderen Stellen, mit welcher Vor- 
sicht solche Berufungen Albrechts auf Chroniken aufzunebmen 
sind**); es ist daher durchaus berechtigt, dieser Stelle allein keine 
Beweiskraft zuznerkennen. Allein sie wird gestützt durch 

2) sichere Anspielungen auf Stellen der Chronik Gottfrieds, 
die mit der hier geschilderten Hauptgeschichte in gar keinem Zu- 
sammenhänge stehn , sondern bei Gottfried ganz wo anders für 
sich gelesen werden: str. 4555 erinnert Artus, als er die Kriegser- 
klärung des Lucius von Rom empfangen hat, an frühere Kämpfe 
zwischen Britannien und Rom: 

Ei ist ein altiu schulde, sä jach der von Brit&ne, 

sit dai (d)cr Rcemer hulde wart der edel Constantinus ätie 

von Maxcnciö dem sadden schieben; 

des such inan (vH) der werden gen Britanjehcr von Böme liehen (cf. A. D.). 
Diese Strophe ist weiter nichts als eine Inhaltsangabe von Gott- 
fried V, 7***). Ebenso enthält str. 4556 eine kurze Angabe des 
bei Gottfried V, 8 Erzählten: 

Er want, im sulle gelingen als Octaviä ne, 

der Britäne ertwingen künde aldä er tcart der fürsten eine, 

die Constantinus hei von Rom verfiieret f). 

3) Auch diese Übereinstimmungen würden noch nicht ent- 
scheiden , dass Albrecht das Buch Gottfrieds selber eingesehen 
habe; denn er konnte diese Wissenschaft auch aus französischen 
Übertragungen der Chronik Gottfrieds haben , wie z. B. aus dem 


*) 4023. Der diu buoch der hiigede lesen t eil latine, 

der hdtz für kein getrügede, diu sagent uär ril manic wirde sine, 
krönika zuo Britanje und zuo Kornwäle: 

von dannen tcas er bärtig ron rater und rem muoler runder tirdle. 

**) cf. Teil II. 

**•) cf.: Ea temjtestate erat qiddam tyrannus Ttomae, Maxentius nomine, qui 
nol'iles quosque probissimos cives exhaeredare conabatur , pessimaque tyranuide 
Mempublicam opprimebat. Incumbente igitur ipsius saevitia , diffugiebant ex 1er- 
minuti ad Constantinum in Britanniam, et ab ipso honorifice excipiebantur e.q.s. 

t) Vergl. damit Gottfried V, 8 : Inlerea Octavius dux Wisseorum insurrexit 
in proconsules Jtomanae dignitatis , quibus insulae regim'en jiemiissum fuerat , et 
regni solio, ipsis interfectis, potitus est. 


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Brut Waces, oder aus dem von Spüler (Zs. 27, 169) angeführten 
Werke des Meester Martyn van Höre. Dieser letzte Einwand wird 
aber dadurch hinfällig, dass Albrecht im Gegensätze zu den fran- 
zösischen Bearbeitungen conseqnent die genauen lateinischen For- 
men der lateinischen Namen beibehält : cf. Tit. 4556, 4 der edel Con - 
stanllnus, ebenso 4556, 6; 4555, 5 von Maxencio ; 4556, 2. Octaviane. 
Vergl. dagegen Roman de Brut (ed. Le Roux de Lincy) I, v. 5802 
Conslanlins ; 5811 Maxens ; 5854 Ortaves. 

So dürfen wir wohl als sicher annehmen , dass Albrecht die 
Chronik Gottfrieds selbst vor Augen gehabt hat. Dazu stimmt 
nun die genauere Analyse dieser ganzen Partie des Titnrel bis 
ins Kleinste. Albrecht hat zwei von Gottfried an verschiedenen 
Stellen berichtete Ereignisse in ein einziges zusammengeschmolzen. 
Das eine der beiden ist die Geschichte von dem Verhältnisse Uter- 
pandraguns, Artus Vater, zur Igemc und von der ausserehelichen 
Erzeugung des Artus. Gottfried erzählt uns dieselbe VIII, 19 — 20 ; 
Albrecht giebt diesen Bericht (str. 4595 — 4613) an vielen Stel- 
len in einfacher Übersetzung der Worte Gottfrieds wieder, an 
anderen Stellen begnügt er sich mit einer ganz kurzen Angabe 
des von Gottfried weitläufiger Erzählten , so besonders bei der 
Erzählung von Uthers Fahrt nach Tintajol , wobei Uther, nach 
Gottfrieds Berichte, durch die Zauberkünste des Merlin in die Ge- 
stalt des Gorlois verwandelt wurde und so mit der Igerne den 
Artus erzeugte. Ich führe hier nur die Abweichungen Albrechts 
auf : Bei Gottfried erscheint auf dem Siegesfesto des Uther zu 
London auch der Herzog Gorlois von Cornubia mit seiner Gemah- 
lin Igerne, der schönsten Frau Britanniens. Als Uther sie sieht, 
wird er sofort von heftiger Liebe zu ihr ergriffen. Bei Albrecht 
dagegen heisst es, Arnive (die Wolframsche Form setzt Albrecht 
selbstverständlich ein) sei schon in ihrer Jugend die Auserwählte 
Utpandraguns gewesen. Aber der Fürst Urlois habe sie und ihr 
Land Kornwal wider den Willen Utpandraguns erworben. Ge- 
raume Zeit nachher habe Utpandragun ein grosses Fest ansagen 
lassen, zu dem auch Urlois mit Arnive erschienen sei u. s. w. Diese 
Veränderung Albrechts findet sich sonst nirgends und ist wohl 
Albrecht selbst zuznschreiben. Sie sucht die Schuld Uthers ab- 
zuschwächen , indem sie seine Ansprüche auf Arnive für älter er- 
klärt als die des Urlois. Spiller (Zs. 27, 170) sagt fälschlich, 
wahrscheinlich im Anschlüsse an San -Martes unrichtige Angabe 
(Leben und Dichten Wolframs II, 241),: „Urlois ist im Titurel nur 
ein Mitbewerber um Arnives Minne“. Im Gegenteil, auch bei Al- 
brecht ist Arnive von str. 4597 an die Gemahlin des Urlois. — 


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Albrecht fügt ausserdem ans andern Stellen Gottfrieds noch den 
Aurelius, den Bruder Utpandraguns , ein, der hier bei Gottfried 
längst tot ist ; ferner den Bruder des Urlois, Marke von Kornwal 
den er aus der Tristansage herüber nahm. str. 4604 enthalt eine 
Auseinandersetzung, weshalb Marke im Tristan den Königstitel, 
Urlois bei Gottfried aber nur den Herzogstitel führt (cf. Gorlois 
dux Cornubiae, Gottfr. ed. San-Marte, pag. 116, 17). Wir sehen 
also auch hier, dass Albrecht die herangezogenen Anspielungen 
mit ziemlicher Freiheit behandelt und vor allem darauf bedacht 
ist, sie sorgsam seinem Gedichte einzugliedern. 

Zu der so behandelten Geschichte tritt nun bei Albrecht der 
Kriegszug des Artus gegen Lucius von Rom hinzu, der bei Gott- 
fried IX, 15 ff. erzählt wird. 

Der Kaiser Lucius Tiberius von Rom lässt (nach Gottfried) 
den Artus durch eine Gesandtschaft auffordern , den alten Tribut, 
den Julius Caesar den Britanniern auferlegt habe, wieder an den 
römischen Senat zu bezahlen. Artus weigert sich, uud indem er 
sich auf die drei britannischen Könige bernft, die Rom unterjocht 
haben , verlangt er seinerseits von Lucius von Rom Tribut. — 
Für diese Einforderung des alten Tributes hat Albrecht die Ge*, 
schichte der unehelichen Geburt des Artus eingesetzt, auf die 
sich Lucius beruft , wenn er dem Artus das Recht auf die britan- 
nische Krone bestreitet. Albrecht lässt den Lucius ausserdem noch 
den alten Vorwurf hinzufügen (4611 — 13), den schon Wolfram (P. 
65, 30 — 66, 8) andeutet , dass nämlich Arnive von dem Pfaffen 
Klinschor sich habe entführen lassen. Die Schilderung , wie die 
Botschaft des Lucins von Artus und seinen Rittern aufgenommen 
wird (Tit. 4551 — 4558) , ist ein schwacher Abglanz der grossen 
Reden des Arturus und seiner Mannen bei Gottfried IX, 15—19. 
Auch bei Albrecht beruft sich Artus auf die früheren Kämpfe zwi- 
schen Römern und Britanniern , Albrecht fügt hier bei der Nen- 
nung des Constantinus die beiden oben erwähnten Anspielungen 
anf zwei weitere Stellen Gottfrieds ein. Überhaupt hält sich Al- 
brecht bei der Schilderung der einzelnen Etappen des Kampfes 
mit Lucins deutlich an sein Vorbild Gottfried. Nur bei der Auf- 
zählung der Hiilfstruppen des Lucius schöpft er aus einer andern 
Quelle. Lucius führt (4559) die von Lombardte, von Terlabüne, 
von Tuscanie, von Calabrüne , von Seciljc , und von Kutschiere. 
Terlabüne ist das Land Klinschors P. 656, 14 Terrc de Läbür = 
Terra di Lavoro, einem Namen für Calabrien. Die von Nutschiere 
sind Heiden, cf. Tit. 4624, 1—4. 4631, 5. Dem Wortlaute nach 
könnte mit Kutschiere nur Nocera gemeint sein. Nun wurden aber 


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von Kaiser Friedrich II. gegen 1224 — 25 15000 Saracenen von Si- 
cilien nach Luceria in Apnlien verpflanzt*); ich glaube daher, dass 
hier Albrccht oder sein Gewährsmann Luceria mit Nocera verwech- 
selt hat. 4625 ff. werden ausserdem noch die von Messt ne genannt, 
ihr Anführer ist Forumar (Furtimar 4647) von Beröle (— Baro- 
lum. dem mlat. Namen für Barletta = Barduli der Römer.) Die 
italienisch -staufische Quelle, die sich aus diesen Namen verrät, 
tritt noch deutlicher zu Tage in str. 4648, 6 — 4649, wo Artus den 
Leichnam des gefallenen Kaisers dem Furtimar von Berole übergiebt: 
Dax er den heiser brrehfe, dar im ec rehte war sin reste fundeil : 

Sie heizent ee Balerne. was Tcunige und heiser sterbent 
jensit der mont Lamberne ....**): 

Bei Gottfried findet sich von diesen Namen begreiflicher Weise 
nichts, sondern da bekommen wir X, 1 eine Aufzählung der fern- 
sten orientalischen Namen und dahinter her ein paar römische Se- 
natorennamen. — Auf der Seite des Artus findet sich bei Albrecht 
natürlich Schionatulander mit seinen bekannten Helden. Ither von 
Gabefiez, der ja auch ein unehelicher Sohn ist, tritt deshalb jetzt 
nicht gegen Artus auf, sondern verhält sich in diesem Kampfe 
passiv (str. 4637 — 41). 

Die Beschreibung der Schlacht bietet keine neuen Züge. Artus 
ist der Held derselben, unter seinen Streichen fällt Lucius selbst, 
wie anch bei Gottfried erzählt wird. So hatte Artus sein Recht 
auf seine Lande glänzend behauptet. Er spricht dem Schionatu- 
lander seinen Dank für die geleistete Unterstützung aus ; doch 
dieser muss die Erfüllung seiner Ehrenpflicht gegen Artus bald 
genug teuer bezahlen. 

str. 4652 ff. (= XXXII, 64 ff.) Wie Schionatulander selbst vor- 
ausgesehen hatte (str. 4576) , waren inzwischen die Fürsten von 
Laiander wiederum in Waleis und Norgals eingefallen und hatten 
die Abwesenheit des Schionatulander und Artus benutzt, sich zu 
unumschränkten Gebietern der beiden Lande zu machen ; dieses 
Mal hatten sie auch Kanfoleis und Kingrivals, die Hauptstädte 
der beiden Länder, in ihre Gewalt gebracht. Als die Nachricht 
davon zu dem rückkehrenden Heere des Artus gelangt, murren 
die Ritter, die nach so langen Kriegszeiten jetzt endlich sich in 
der Heimat ausznruhen verlangen. Zugleich merkt Schionatulan- 
der, dass ihm von den Fürsten der verlorenen Lande Vorwürfe 
gemacht werden, weil er die ihm anvertrauten Lande nun seit 


*) cf. Winkelmann, Friedrich II. (Leipzig 1889) I, 537- 88 and 208 *4. 

**) Vcrgl. noch, was Albrccht str. 4620 über Messine berichtet. 


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mehr als drei Jahren fast ununterbrochen den Angriffen der Für- 
sten von Laiander preisgegeben habe, während er selbst auf fernen 
Abenteuern Ruhm suchte. 

Diese Vorwürfe erfüllen den Helden mit solcher Trauer und 
Reue über seine Vernachlässigung der ihm anvertrauten Lande, 
dass er zum Entgelt dafür bescbliesst, jetzt ganz allein den Kampf 
gegen Orilus und Lehelin auf sich zu nehmen ; er hofft, beide ein- 
zeln in der Tjost zu fällen und dadurch die Länder wiederzuerlangen. 
Alle Anerbietungen des Artus und seiner Freunde weist er ab, 
und nach einem schmerzlichen Abschiede von Sigune, die untröst- 
lich ist, dass Schionatulander noch nicht genug hat an den Nöten, 
die er um ihrer Minne willen erlitten hat, begiebt er sich ganz 
allein auf die Reise. Den Anker, das alte Wappenzeichen Gnmu- 
rets , legt er jetzt ab , weil er die zwei Lande Oamurets verloren 
bat. So hat denn Albrecht am Schlüsse des 39. Capitels die Sachen 
so weit gebracht, wie sie uns im 3. Buche des Parzival entgegen- 
treten. Wir bemerken, dass auch im Titurel in allen diesen Käm- 
pfen Schionatulanders mit Orilus und Lehelin um die Lande Par- 
zivals immer nur von zwei Landen die Rede ist, Waleis und 
Norgals. Das zeigt uns deutlich, dass Albrecht die P. UI ge- 
schilderten Verhältnisse zum Ausgangspunkte genommen hat. Schio- 
natulanders Laufbahn neigt sich deutlich ihrem Ende zu, aber der 
Dichter stattet auch jetzt, noch seinen Helden, so gut er irgend 
kann, mit weiteren Ruhmesthaten aus, die den Inhalt der Capp. 
XXXIII und XXXIV bilden. 

Cap. XXXIII (sfr, 4677—4854 H.) ist dem Andenken des Se- 
cureis gewidmet und orientiert uns zugleich über die weiteren 
Schicksale der Secundille: Arabadille, die trauernde Wittwe des 
Secureis, hat zwei riesenmässige Fürsten aus ihren Landen aus- 
gesandt, um den Secureis an Schionatulander zu rächen. Sie tref- 
fen den Gesuchten , als er allein ziellos durch einen Wald reitet, 
und obwohl sie den Helden nicht erkennen, da er den Anker nicht 
mehr trägt , beginnen sie doch sofort den Kampf mit ihm. Bald 
hat Schionatulander den einen der beiden entwaffnet; mit dem an- 
dern aber beginnt ein heftiger Schwertkampf, der in seinen Einzel- 
heiten reich an Nachahmungen von Parzivals Kampf mit Feirefiz 
(P. XV) ist. Albrecht lässt dann den endlich Besiegten auf Schio- 
natulanders Frage Auskunft über seine Heimat und den Zweck 
seiner Reise geben. Albrecht giebt dabei selbst die Quellen an, 
aus denen er den langen Bericht des besiegten Fürsten geschöpft 
hat; wir haben dadurch ein sicheres, wertvolles Zeugnis für Al- 
brechts Arbeitsweise, das mit allem, was wir bis jetzt über sie 


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erschlossen haben , wunderschön übereinstimmt. Die beiden be- 
siegten Fürsten nennen sich Alexander und Philippe aus dem 
Geschlechte des grossen Alexander. Sie sind zwei mächtige Kö- 
nige aus dem Lande Paradise, das in unendlicher Ferne im Osten 
liegt, soweit, dass sie sich abgerichteter Greifeu bedienen, um 
hierherzukommen, wie einst Alexander, der Sohn Philipps (4744). 
— Wir werden also durch diese Beziehungen mitten in die Alexan- 
dersage hineingeführt, und Albrecht häuft, um mit seiner Gelehr- 
samkeit zu pruukeu, die Anspielungeu auf diese Sage. Das Land 
Faradise ist das Paradies, welches Alexander am Ende seiner ruhm- 
vollen Heldentbaten vergebens zu erwerben trachtete. Die Expe- 
dition Alexanders erzählt vor allem das lateinische lter Alexandri 
Magni ad Paradisum , herausgegeben von J. Zacher (Königsberg 
1859). Daraus hat der Pfaffe Lamprecht im Alexanderlied von 
v. 6596 bis zum Schlüsse seines Gedichtes geschöpft (cf. Kinzel, 
Einltg. zu Lamprechts Alexander, pag. XLV 111 — LI. Zacher, Pseudo- 
kallisthenes, pag. 141 — 142). Dagegen hat der Pfaffe Lamprecht 
die Erzählung von der Abrichtung der Greifen nicht, sie findet 
sich erst in dem letzten Teile der lateinischen Historia de preliis 
Alexandri Magni , wo Lamprecht diese Vorlage bereits mit dem 
lter ad Paradisum vertauscht hat. Wir sehen aus diesem Um- 
stande , dass Lamprecht nicht die einzige Quelle Albrechts für 
diese ganze Partie gewesen ist. Albrecht beschreibt str. 4757 — 59 
ausführlich, wie man sich der Greifen zu diesen Fahrten bedient*). 
Vergl. auch Tit. str. 4805— ö. 

Ausser diesen Zügen, die Albrecht in seine Handlung hinein- 
arbeitet , fügt er aber noch . eine Reihe von Anspielungen auf die 
Alexaudergeschichte an , die nichts weiter sind als Anspielungen 
und als solche die Belesenheit des Verfassers darthun sollen : 
str. 4747 — 50 berichtet Albrecht von dem Zuge Alexanders an das 
Ende der Welt, er wollte der erden an dein orte ein ende sc/towen. 
Vergl. damit Lampr. Al. v. 5489—95. Zacher, Pseudokaliisthenes 
pg. 141 — 42. — str. 4751 — 53 erzählt, wie Alexander die Tiefen des 
Meeres erforscht. Diese Geschichte findet sich, ebenso wie die 
Fahrt mit den Greifen, nicht bei Lamprecht, folgt aber unmittel- 


*) Einen Teil dieser Angaben finden wir z. B. im Basler Alexander (ed. R. M. 
Werner), v. 4288 ff. : 

er Ate« ein sessel zicisent die griffen 
binden und zvco Stangen 
iicic as man an die Stangen band. 
cf. Einzel, Einleitg. zu Lamprechts Alexander, pg. XVI, 


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bar auf dieselbe in der Historia de preliis cf. Kinzel, Einltg. zu 
Lampr. Al., p. XXVI*). — str. 4754, 4 — 7 enthält eine kurze Cha- 
rakteristik Alexanders: 

er künde sich der lazheil nild gesellen, 
er fuor bi allen den sinen gar mit slihte, 

alle siner hab gemeine, des vand er sin iif alle ort die rihte. — 
str. 4755 —56 wird auf Alexanders Versuche angespielt, die Luft 
mit allen ihren Geschöpfen zu erforschen. Gewöhnlich wird dieser 
Zug mit der Zähmung der Greifen in Verbindung gebracht (cf. 
hier str. 4767 — 59), so z. B. Basler Alexander v. 4281 ff.: 

Er sprach „ich wisti nun gern die mer, 

teer in dem hirnel wer, 

dae wil ich versuchen wer/ich.“ 

er hics stigen sä eim nest, 

da lagen jung griffen in, 

die wurden gezogen, 

bis sy mochtten fliegen (folgen die oben citierten Verse), 
str. 4760 — 65 endlich enthalten eine Beschreibung der Wunder In- 
diens, die sich mit der von Secureis Land gegebenen Beschreibung 
(str. 2948 ff.) an vielen Punkten deckt**). 

Welche specielle Fassung der Alexandergeschichte diesem aus- 
geführten Berichte Albrechts zu Grunde liegt, habe ich noch nicht 
erkennen können. — 

*) Im Basler Alexander findet sich auch dies Motiv v. 4259 — 80; doch fehlt 
dort der von Alhrccht berichtete Kampf der Fische , der den Alexander aber die 
Nützlichkeit der Burgen belehrt. 

**) An dieser Stelle ist noch einer Anspielung Albrechts auf die Alexander- 
gescbichte zu gedenken , die sich an einer andern Stelle (str. 8933) findet : Der 
König Ledibodanz vou Gredimonte führt als Wappen den Basiliscus, dessen Blick 
tötet. Diesen Basiliscus lässt er den Feinden entgegen t ragen , damit sie durch 
seinen Blick sterben sollen ; allein die Feinde schützen sich dagegen , indem sie 
durch Spiegel den Blick des Basiliscus auf die eigenen Leute des Königs zurück- 
werfen. Dazu bemerkt Albrecht 3933, 5 f. (nur in H, nicht in A. D.): 

Hie mit half Aristolel [und] Alexander 
da vor in mamyen eilen. 

Diese Angabe findet sich weder bei Lamprecht, noch im Basler Alexander, noch 
in der Historia de preliis und dem Pseudokallisthenes. Dagegen ist mit dieser 
Erzählung Albrechts eine Stelle aus des Strickers Daniel vom blühenden Thal 
zusammenzustellen, die den Zusammenhang mit der antiken Medusensage deutlich 
macht (v. 1879 ff. cf. 1991): Daniel bekämpft dort einen Zwerg, der als Waffe ein 
durch den Anblick tötendes Haupt führt, ebenfalls mit Hülfe eines Spiegels. Hat 
nun der gelehrte Albrecht etwa den Medusentöter Perseus mit dem Macedonier- 
könig gleichen Namens verwechselt und danu die Sage umgebildet auf den grossen 
Maredonierhelden übertragen? Über den basiliscus vergl. noch Tit. 6953, 5 — 6; 
hl. Georg 4172-75. 4944-45. 


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79 


In alle Anspielungen auf die Alexandergeschichte schneit nun 
auf einmal auch noch eine ausgesprochene Beziehung auf den hei- 
ligen Georg des Reinbot von Dorn hinein (str. 4745 — 46). Albrecht 
giebt in wenigen Worten eine Inhaltsangabe des Gedichtes; die 
Fassung der Anspielung Albrechts zeigt deutlich , dass sie nur 
ans dem Gedichte Reinbots genommen sein kann. — 

Erst nachdem er diese Fülle von sorgsam zusammengesuchter 
Gelehrsamkeit über uns ausgegossen hat, fährt Albrecht in der 
Erzählung seiner eigentlichen Aventiure fort. Der von Sekiona- 
tulander besiegte Alexander, der seinen Besieger ja noch nicht 
erkannt hat, beklagt es, dass er nicht von Schionatulander oder 
von einem Gralritter besiegt sei. Da nennt ihm Schionatulander 
seinen Namen, aber Alexander glaubt es ihm nicht, bis endlich 
wie ein deus ex machina plötzlich der Fürst von Kaukasas (dem 
Kaukasus des Wh. 375, 18, das als Reich des Poydjus von Friende 
im Titurel dem Secureis gehört cf. oben pag. 64) , der ebenfalls 
auf einem Greifen hergekommen ist und unsichtbar dem ganzen 
Kampfe zugeschaut hat, dazwischentritt. Er ist dabei gewesen, 
als Schionatulander den Secureis besiegt hat, und bezeugt jetzt, 
dass Schionatulander von aller Schuld an Secureis Tode frei sei. 
Daraufhin versöhnen sich denn die beiden Fürsten des Secureis 
mit Sehionatulauder. Durch Ekunat, der durch den Kampfeslärm 
angezogen jetzt auch aultritt , wird Artus , der in der Nähe mit 
seinem Hofe lagert, herbeigeholt, nm die Greifen zu besehen, die 
Keyes lebhaften Spott herausfordern. Bald darauf fahren die drei 
fremden Fürsten auf ihren Greifen wieder davon. Schionatulander 
aber stiehlt sich heimlich von Artus Hofe fort. 

Hier (str. 4809) flickt der Dichter einen Bericht über die fer- 
neren Schicksale der Arabadille und der Secundille ein. ALs die 
zur Rache für Secureis ausgesandten Fürsten unverrichteter Sache 
wieder nach Tribalibot zuriiekkehren, stirbt Arabadille vor Herze- 
leid, sie wird köstlich bestattet neben Secureis und dessen Vor- 
fahren*). Secundille aber wird von ihren Fürsten veranlasst, sich 
einen Gemahl zu suchen. Ihre Astronomen nennen ihr als die 
Würdigsten vier Männer; davon seien zwei bereits auserwählte 
Ritter (Anfortas und Schionatulander), während die andern beiden 
(Parzival und Feirefiz) damals noch nicht 15 Jahre zählten. 
Secundille zieht ihre Neigung zu Anfortas. Davon hat uns Al- 
brecht bereits str. 3152 — 64 bei Gelegenheit der Erwähnung des 


*) Die Beachreibung ihres Grabgewölbes beruht auf zwei Stellen der Eneit, 
cf. oben pag. 26. 


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80 


Frigoreis von Janfuse und seiner Schwester Eckuba berichtet. 
Wie Eckuba von Liebe zu Artus erfüllt wurde , von dem sie so 
vieles Schöne und Rühmenswerte gehört hatte (aus P. VI abge- 
leitet), so trug Secundille die Liebe zu Ani'ortas im Herzen. Ihn 
möchte sie auch jetzt am liebsten zu ihrem Gemahle erwählen, aber 
ihre Astronomen raten ihr vielmehr zu Schionatulander. La be- 
richtet der Fürst von Kaukasas, dass Schionatulander bereits an 
Sigune durch hohe Minne gefesselt sei. So schickt denn Secun- 
dille dem Anfortas ihren reichen Kram (der bereits str. 2941 ff. 
unter den Reicbtümern des Secureis aufgezählt worden war) und 
zugleich zwei Menschen, der arl was fremdes sämen (= Cundrie und 
Malcreatiure bei Wolfr.). Allein Anfortas war in Liebe gefangen 
zur schönen Orgiluse , Zitegasts Weibe, deren Liebe ihm später 
das Verderben brachte. So musste Secundille verzichten, bis sie 
später von Feirefiz erstritten wurde , als dieser hcrangewaehsen 
war. — Dieser Bericht Albreehts ist nichts als eine Zusammen- 
fassung der Andeutungen Wolframs über Secundillens Verhältnis 
zu Anfortas und die Sendung des Krams. Die Hauptstellen bei 
Wolfram sind P. 619, 10-12. 18-30 u. Wb. 279, 13—23. Dass 
Albrecht auch in diese Geschichte seinen Helden Schionatulander 
hineinbringt, ist uns nicht mehr verwunderlich, wir sind das schon 
gewohnt. 

Cap. XXXIV. (str. 4855—4993 II.) Schionatulander war, wie 
wir uns erinnern, nur deshalb ganz allein ausgezogen, um die 
Brüder von Laiander im Einzelkampfe zu bestehn. Sein Kampf 
mit Orilus wird uns nun im 34. Capitel erzählt; er ist nur eine 
Parallele, ein Vorspiel zu der letzten, mit Schionatulanders Tode 
endigenden Tjoste der beiden Helden. 

Als Orilus eines Morgens mit Jeschute se veldc liegt, wird 
ihm ein Ritter gemeldet , der ihn zu bestehn wünsche. Sofort 
sagt er: „Das ist Schionatulander, nun werde ich allen Preis ver- 
lieren !“ Aber da der Ritter das Wappenzeichen Schionatulanders 
nicht trägt, fasst Orilus wieder Mut. Allein bei der Tjoste fallt 
er vom Rosse, und auch im Schwertkampf wird er zu Boden gestreckt. 
Zwar erhebt er sich bald wieder, aber da fällt Jeschute, die vom 
Zelte aus dem Kampfe hat Zusehen müssen, dem Schionatulander in 
den Arm. Sie hat ihn längst erkannt und bietet ihm jetzt freiwillig 
das Brackenseil an ; doch Schionatulander lehnt es ab , er will es 
nur im Kampfe erwerben. So nimmt er für jetzt Urlaub, um bei 
gelegenerer Zeit den Kampf mit Orilus zu erneuern. — Der Dich- 
ter hat durch die Einflechtung dieses Kampfes erreicht, dass das 
Brackenseil nun doch noch freiwillig von Jeschute in Sigunens 


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Hände gegeben wird.* Denn Jeschute, die ernstlich um das Leben 
ihres Mannes besorgt ist, sendet nach dieser Tjost das Bracken- 
seil heimlich an Sigune (4891 ff.). Als Orilus das erfährt, gerät 
er in den heftigsten Zorn und schwört , jetzt müsse entweder 
Schionatulander oder er selbst das Leben lassen. So sehen wir 
Schionatulanders Katastrophe immer näher heranrücken ; wir fürch- 
ten jetzt für sein Leben, zumal da wir wissen, dass er endlich 
doch einmal unterliegen muss. Aber den Untergang des Helden 
muss schliesslich doch eine höhere Macht herbeilühren , der keine 
Heldcnkraft zu widerstehn vermag. Wie wäre es sonst mög- 
lich , dass der gefeiertste Held des Morgen- und Abendlandes der 
Tjoste des schon zweimal von ihm halb besiegten Orilus unter- 
liegen konnte ! Aus diesem Gedankengange heraus ist Albrecht zu 
der Einführung des goldes der Saide*) gekommen, das, für Schio- 
natulander bestimmt, durch einen unglücklichen Zufall in die Hände 
des Orilus gelangt und so diesem zum Siege über den sonst un- 
besiegbaren Gegner verbilft. 

Von den wunderbaren geheimnisvollen Kräften der edeln 
Steine und Metalle wusste das Mittelalter Wunders viel zu sagen **). 
Die 1 itterarischen Zeugnisse sind vor allem die verschiedenen 
mittelalterlichen Steinbücher, die in wohlgeordneter Aufzählung 
die guten und bösen Kräfte eines jeden Steines auffiihren und 
meistens eine mystische Ausdeutung dieser Eigenschaften hinzu- 
fügen. Aber auch jedes andere poetische Denkmal des Mittelalters 
giebt uns Beweise genug für die grosse Rolle , die dieser Glaube 
in den Anschauungen der damaligen Zeiten spielte. Gerade bei 
unserm Dichter finden wir eine reiche Ausbeute , man vergleiche 
nur den Bau und die Auslegung des Graltempels, die Steine des 
Brackenseils u. a. m. Das unmittelbare Vorbild Albrechts war in 
diesem Falle wohl P. 743, B— 8, wo Wolfram berichtet, dass Fei- 
retiz mit Hülfe Sieg verleihender Steine kämpft. Dasselbe erzählt 
Wirnt von Joram von Syrie im Eingang des Wigalois, worauf sich 
Albrecht Tit. 2193 — 64 mit scharfem Tadel bezieht. Im Titurel 
selbst kommt dies Motiv noch ein paar Mal vor: str. 5599 von 
Agors ; str. 5739 will Ekunat mit Hülfe der Steine des Bracken- 
seils kämpfen ; da (v. 2) wird auch von Orilus gesagt , dass er 
nur mit Hülfe der steine den Schionatulander besiegt habe. — 

Aus dem reinen Tigrisgolde, dessen wunderkräftiger Wirkung 

*) cf. z. B. 5028, 5 ; sonst heisst es auch Tigrisgold , über dessen Herkunft 
uns str. 1641—49 genaue Auskunft giebt. 

**) Vergl. J. Zingerle, Glauben an Edelsteine und ihre Kräfte, Zs. für Cultur- 
geschichte 11 (1857) 335 ff. 

6 


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Schionatulander erliegt, war auch die Rüstung verfertigt, die er 
früher vom Baruch zum Geschenk erhalten hatte (Tit. 1640 fl'.) 
sunder kouf , durch tu in ne und ouch der bete suuder , denn nur dann 
zeigt das Gold seine eigentümliche Kraft , cf. Tit. 4348 *). Aber 
noch etwas anderes gehört dazu , damit die Gabe des Goldes ihre 
Kraft nicht verliere: derjenige, der es durch minne erhalten hat, 
muss es sorgsam hüten, denn sonst kann er es (str. 4350) 

nimmer gar driu jär .... behalten, 

als es geliicb: ums gebende , also kan es ouch ungelückes walten. 
Das hatte Schionatulander versäumt, und so war ihm durch seine 
Schuld der kostbare Harnasch damals auf der Rückfahrt von Bal- 
dac (4356) verloren gegangen. Als der Baruch von diesem Ver- 
luste hört, schreibt er sofort dem Schionatulander (str. 4661 — 70), 
er habe noch ein wenig von dein kostbaren Golde dabehalten, das 
wolle er ihm durch einen Boten schicken; er solle es nehmen, in 
welcher Gestalt es ihm auch von dem Boten gebracht werde. Der 
Bote aber, der dieses Gold, das zu einem Ringe und einer Spange 
verarbeitet worden war, dem Schionatulander bringen soll, erreicht 
ihn nicht (cf. str. 4909 — 19). Er wird auf seinem Wege, als er be- 
reits iu Waleis ist, von einem Hirsche überrannt und giebt ster- 
bend die Kleinodien einem des Weges daherkommenden Waidmanne, 
mit der Bitte, sie dem „Herrn des Landes“ zu Überbringern Der 
Waidmann kennt als solchen jetzt nur noch den Orilus, so eilt er 
zu diesem und übergiebt ihm die Kleinodien, als Orilus gerade nach 
der Tjost mit Schionatulander traurig dasitzt. Sobald aber Orilus 
und Jeschute das wunderkräftige Gold empfangen haben, ist alle 
ihre Traurigkeit verschwunden. Orilus beschenkt deu Waidmann 
reichlich und lässt den fremden Waller würdig bestatten. Als man 
ihn gerade begraben will, kommt Schionatulander dazu und erkennt 
in ihm einen Fürsten des Baruchs. Er kann sich wohl denken, 
dass derselbe ihm das Gold des Baruchs hatte bringen sollen, aber 
er fragt nichts nach diesem Talismane, sondern vertraut sich Gott 
allein an (4915). Damit hebt ihn der Dichter zu einer idealen 
Höhe empor; der Held muss zwar einer übermächtigen Gewalt un- 
terliegen, aber sein Ruhm strahlt dennoch uneingeschränkt über 
seinen Tod hinaus. Der wunderkräftige Ring und die Spange, die 
der Baruch für Schionatulander bestimmt hatte, die aber jetzt Je- 
schute erhält, sind dieselben Kleinode, die bald darauf der junge 
Parzival der schlafenden Jeschute raubt (P. HI. Tit. 5452). Albrecht 

*) Wenn Tit. 4667 gesagt wird, dass erst die Verbindung mit dem jachant 
dem Tigrisgolde seine Kraft verleihe, so steht das im Widerspruch mit allen 
übrigen Angaben des Titurel. (I ber deu jächant vergl. Megenberg, pag. 449, ‘47 ff.) 


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83 


entnimmt also hier ein Motiv aus Wolfram und gestaltet es höchst 
eigenartig aus; denn während bei Wolfram diese Kleinodien nur 
eine geringe Rolle spielen, basiert Albrecht auf sie die Katastrophe 
seines Haupthelden. — 

Nach dem Kampfe mit Orilus reitet Schionatulander weiter 
nach Norgals, um auch Lehelin zu bestehen (str. 4920 fl'.). Vor 
Kingrivals findet er ein Heer Gailets und Ekunats , die trotz der 
Ablehnung Schionatulanders es für ihre Pflicht gehalten haben, 
seine Sache zu vertreten. Auch Artus hatte ihnen Hülfe mitge- 
schickt, aber trotzdem haben sie durch die Ausfälle der Belagerten 
bereits schwere Verluste erlitten. Erst als Schionatulander un- 
erkannt in den Kampf eingreift und den Lehelin selbst schwer 
verwundet , muss sich dieser mit seinen Mannen in die Veste zu- 
rückziehen. Schionatulander lässt sich jetzt von Gailet und Ekunat 
überreden , mit ihnen an Artus Hof zu der ihn schmerzlich erwar- 
tenden Signne zurückzukebren. Vergeblich sucht ihn aber Sigune 
durch die Vorlesung der Schrift des Brackenseils heiter zu stim- 
men, ihre Freude ist stets mit Leid gemischt. Sigune will, wie 
einst Enite, mit ihrem Geliebten als sein schiltkncht ziehen, und 
als Schionatulander das abschlägt, bittet sie ihn, sie zur Burg des 
Grals zu führen, wo sie leichter von ihren Sünden befreit werden 
könne, wenn die etwa Schuld wären an ihrer steten Freudlosig- 
keit. Sie rüsten sich zu dieser Reise , und Sigune giebt solange 
das Brackenseil , das jetzt für sie gar keinen Reiz mehr hat 
an Ekunat und Clauditte. — Diese letzte Angabe ist bezeichnend 
für die saloppe Weise, mit der Albrecht die Streitigkeiten um das 
Brackenseil hier abthut; man muss sieh nur wundern, wenn Eku- 
nat und Clauditte das auf diese Weise erstrittene Brackenseil an- 
nehmen. — Auf die Erfindung der Reise Sigunens zum Gral ist 
Albrecht wahrscheinlich dadurch gekommen , dass Parzival bei 
Wolfram Sigune mit dem toten Schionatulander zuerst (P. III) im 
Walde Brizljan bei Nantes, bei seiner zweiten Begegnung (P. V) 
dagegen im Gralwalde findet. Daraus schloss Albrecht, dass beide 
zum Gral gewollt hätten. — 

Cap. XXXV. (str. 4994 — 5176 H.) Nachdem Schionatulander 
und Sigune thränenreichen Abschied genommen haben, gelangen 
sie zunächst zum Walde Frecilic p'Utmont de klüse (5009). Es ist 
der bekannte Wald Frisljdn (cf. Benecke zu Iw. 263); in ihm fin- 
det Parzival (P. 138, cf. 129, 6 — 6) Sigune mit dem kurz vorher 
getöteten Schionatulander. (Über die franz, Zusätze vergl. unten 
Teil II.) Die Nacht über lagern sie im Walde und sprechen dar- 
über, wie sie alle ihre Unterthanen glücklich machen wollten, 

6 * 


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wenn Gott sie noch einmal in den Besitz der verlorenen Lande 
setzen sollte. Als sie am andern Morgen weiterziehen , stossen 
sie plötzlich auf Orilus. Sogleich beginnt der Kampf ; Sigune 
fallt vor Schreck besinnungslos zu Boden. Bei dem gewaltigen 

Anstosse der Helden zersplittern beider Lanzen : Schionatulander 
fällt mit einer tiefen Wunde wie tot zur Erde , aber auch Orilus 
begehrt im Herzen des Pfaffen zur Beichte. Hätte er nicht Acke- 
rins Geschenk gehabt, er wäre sicherlich gefallt worden. Und 
wenn die Tjost nur eine kurze Zeit später Statt gefunden hätte, so 
wäre Orilus der Kraft des Goldes beraubt gewesen ; denn da wur- 
den Ring und Fürspann der Jeschute von Parzival genommen 
(cf. P. 131, 16—17; wir befinden uns hier schon deutlich in der 
Atmosphaere von P. III). Orilus tritt zu der ohnmächtigen Sigune 
heran und bringt sie zum Leben zurück ; sie glaubt erwachend ih- 
ren Geliebten vor sich zu sehen, erkennt aber schaudernd den 
Orilus. Sie fleht ihn an, nun auch ihr den Tod zu geben. Trau- 
rig erwidert Orilus, er wolle dem Schionatulander, wenn er wieder 
zum Leben erwache, freiwillig seine beiden Lande zurückgeben, 
da es ihm gelungen sei, diesen Helden in der Tjost zu fallen. 
Allein Schionatulander hört ihn nicht mehr, so reitet Orilus be- 
wegt von dannen. Jetzt beginnt Sigune ihre Klagen, deren unend- 
lichen Jammer der Dichter nicht voll beschreiben kann. Davon 
erwacht Schionatulander noch einmal wieder und bittet sie , von 
ihrer grenzenlosen Klage abzulassen, die ihn eher als seine Wunden 
töten würde. Dann spricht er seine Beichte und stirbt. 

Damit sind wir an das Ende des grossen Mittelstückes , des 
Kerns unseres Gedichtes gekommen , die Heldenlaufbahn Schiona- 
tulanders ist mit seinem Tode abgeschlossen , aber seine Person 
bleibt doch auch in dem 3. Hauptteile unseres Gedichtes noch der 
ideelle Mittelpunkt der Handlung. Sigune und ihre beständigen 
Klagen um den toten Geliebten bilden den unendlich breit ausge- 
sponnenen Vorwurf der folgenden Capitel XXXVb — XXXVIII; und 
mit dem Tode des Orilus durch die rächende Hand des Ekunat 
(Cap. XL) ist die eigentliche Fabel des Gedichtes zu Ende gebracht. 

Abschnitt VI: Parzival. 

Im 3. Hauptteil unseres Gedichtes ist also, wie gesagt, Schio- 
natulander noch der ideelle Mittelpunkt der Handlung, aber der 
hell der äventiure kann er nach den Begriffen dieser epischen Ge- 
dichte nicht mehr sein; denn das muss eine lebende, Thaten voll- 
bringende Gestalt sein (cf. Tit. 6072). Da tritt denn für ihn Par- 
zival an die Stelle, der sofort in der nächsten Scene nach Schio- 


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85 


natulanders Tode eingeführt wird. Allein Parzivals Geschichte 
wird von Albrecht sehr flüchtig und kurz behandelt, aus dem ein- 
fachen Grunde, weil von jetzt an die ausführliche Darstellung 
Wolframs im Parzival immer nebenher läuft. Infolgedessen nimmt 
Albrecht jeden Augenblick Veranlassung, auf den Parzival Wol- 
frams zu verweisen. Eine besondere Stellung nimmt nur das 39. 
Capitel des Titurel ein, in dem Parzivals Erlebnisse auf seinen 
Irrfahrten, die Wolfram (P. 433) nur ganz kurz andeutet, weit- 
läufig beschrieben werden. In den übrigen Capiteln erzählt Al- 
brecht von Parzival eigentlich nur seine verschiedenen Besuche 
bei Sigune, sodass auch hierdurch die bloss secundäre Rolle, die 
Parzival bei Albrecht als Held der Aventiure spielt , angezeigt 
wird. Auf diesen Abschnitt des Titurel passt noch viel besser, 
als für den Parzival, die Charakteristik der Sigune, die Lach- 
mann in seinem Aufsatze „Über den Inhalt des Parzival“ (Zs. A. 
5 , 295) giebt: „Parzival kommt zu Sigunen, der unglücklichen 
reinen, der Stellvertreterin seiner verstorbenen Mutter, gleichsam 
der lenkenden leitenden Gottheit. Bei jedem Abschnitte seines 
Lebens verirrt sich Parzival zu ihr und empfängt Rat und Trost“. 
Dieses schöne Motiv ist erst von Wolfram in die Geschichte Par- 
zivals hineingebracht, denn Chrestien wciss nur von einem einzigen 
der drei von Wolfram berichteten Besuche Parzivals bei Sigune*). 
Albrecht folgt auch hier Wolfram und fügt noch einen vierten Be- 
such hinzu. 

Mit dem ersten Zusammentreffen Parzivals und Sigunens, un- 
mittelbar nach Schionatulanders Tode (cf. P. 135, 21—24), beginnt 
Albrecht den 3. grossen Teil seines Gedichtes (Tit. 5068 ff.). Er 
giebt nichts als eine kurze Inhaltsangabe der parallelen Stelle 
P. 138 , 9 — 142 , 2. Parzival geht von Sigune an den Hof des 
Artus (P. II) und giebt ihm Nachricht über das Schicksal Schio- 
natulanders und Sigunens. — Dies und das Folgende erzählt Wolf- 
ram nicht ausdrücklich, da aber bei der zweiten Begegnung Par- 
zival Sigune mit der Leiche Schionatulanders im Gralwalde wieder- 
findet, so lässt Albrecht hier durch Artus Schionatulanders Leiche 
dorthin bringen. 

Als Parzival den Tod Schionatulanders bei Artus berichtet, 
erhebt sich grosses Trauern, das noch vergrössert wird, als Par- 
zival gleich darauf in seiner Unerfahrenheit den Ither von Gahefiez 
tötet (P. III). Sobald Ither beigesetzt ist, macht sich Artus mit 


*) ef. KQpp, Die unmittelbaren Quellen von Wolframs Partival, Zs. f. d. 
Pb. 17, 84. 


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8G 


Gefolge auf, um Sigune zu suchen. Am fünften Morgen hören sie 
endlich den Klageruf Sigunens ; als sie herzukommen , finden sie 
die klagende so verändert , dass kaum jemand in ihr die schöne 
Sigune wiedererkannt hätte (cf. P. 252, 27 — 253, 6) ; nur ihr un- 
berührtes Magdtum und ihr grosses Leid haben sie diese fünf Tage 
am Lehen erhalten. Artus lässt den Toten herrlich einbalsamieren 
(cf. P. 249, 16) und auf den dringenden Wunsch der Sigune nach 
der wilden Laborie*) im Gebiete des Grals bringen. An der 
Grenze des Gralgebietes wird Sigune von den Tempieisen in Em- 
pfang genommen , die Ritter des Artus aber müssen umkehren. 
Nicht ganz eine Raste von der Gralburg entfernt (aus P. 250, 13 
— 16), lässt Sigune Halt machen und mit Kundries, der Gralbotin**), 
Hülfe bereitet sie sich einen Sitz auf den Asten einer Linde (P. 
249, 14). Dort bleibt sie nun und verbringt die Zeit mit endlosen 
Klagen um Schionatulander , in deren Ausmalung der Dichter un- 
erschöpflich ist. — Durch diesen Bericht , der Wolframs Darstel- 
lung (P. III) ausmalend ergänzt, ist alles vorbereitet für die zweite 
Begegnung Parzivals und Sigunes (nach Parzivals erstem Besuche 
auf der Gralburg) , bei der Parzival Sigune mit der Leiche Sckio- 
natulanders im Gralwalde findet. — 

Cap. XXXVI ( str . 5177 — 5317 //.) erzählt diese zweite Begeg- 
nung ; cf. P. 249, 19 — 255, 30. Als 3. Fassung tritt hier Chre- 
stiens Bericht (v. 4600 ff.) hinzu***); mit Chrestiens Abweichungen 
von Wolfram stimmt Albreeht in keinem Falle, wohl aber erzählen 
Chrestieu und Wolfram die Geschichte des Gralschwertes an dieser 
Stelle. Albreeht kürzt den Bericht Wolframs an eiuigen Punkten, 
die Erwähnung des Gralschwertes lässt er ganz weg, da er sie bei 
der selbständig erfundenen nächsten Begegnung der beiden ver- 
wendet; die Erkennungsscene stellt er voran und lässt dann erst 
Sigune die verhängnisvolle Frage nach Parzivals Nachtlager auf 
der Gralburg thun. Im übrigen ist der Bericht Albreehts wieder 
nichts als eine kurze Nacherzählung von Wolframs Worten. Al- 
brecht lässt nur den Parzival noch kinzufügen , ein Pförtner der 
Gralburg habe ihn bei seinem Fortgange sehr gescholten, dass er 
dio Frage unterlassen habe (cf. P. 247, 21 — 248, 6). 

Albreeht berichtet sodann , nach Wolframs Angaben , über Si- 

*) Dieser Name ist eine Bildung Albreeht«, cf. Teil II. 

**) Kundrie bat im Titnrel ganz die Wolfrarascben Züge ; Albreeht scherzt 
über ihre Hässlichkeit Tit. 5370 (cf. P. 313—14 ; 780), rühmt aber öfter ihre 
Treue gegen Anfortas und Sigune, z. B. Tit. 5371 — 72 (cf. P. 812,3), und hebt 
ihre gelebrlen Kenntnisse herror Tit. 6208. 6216. 6217. (cf. P. 312, 19 — 26). 

***) cf. Küpp, a. a. 0. pag. 24. 


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R7 


gunens Leben in der Wildnis (6194 ff.): Als Abkömmling des Gral- 
geschlechte9 wird sie durch die Heiligkeit des Grals mit Speise 
versorgt, die ihr Knndrie la surziere täglich bringt (6206: P. 438, 
29 ff.). Erst später, als fiir Sigune eine köstliche Klause gebaut 
worden ist, die viel weiter von der Gralburg entfernt liegt, kann 
Kundrie nur noch alle Samstage zu ihr kommen (5465 : P. 439, 

1 — 5). Die Kraft des Grales hält ausserdem den Gralwald frei 
von allem, was Sigune Gefahr bringen könnte (6198). Obwohl 
sie keine Messe hörte, war sie doch als Kind des Grales von 
vornherein zum Paradiese bestimmt (P. 436, 23—24) *). Zusammen 
mit Kundrie klagt Sigune gern über Parzivals Unterlassung der 
Präge und das unglückliche Geschick des Anfortas , der, wie der 
Dichter (5203) sagt, nur deshalb noch nicht von Parzival erlöst 
worden war, weil das Mass seiner Sünde noch nicht ganz durch 
seine Reue erreicht war. 

Cap. XXXVII (sfr. 5318 — 5414 II) können wir ohne weiteres 
der Erfindung Albrechts zusehreiben. Er lässt die sich in ewigen 
Klagen verzehrende Sigune von allen möglichen Verwandten und 
Bekannten in ihrer Einsamkeit besucht werden ; alle suchen sie 
ihren Schmerz zu trösten , aber allen Bemühungen , sie zu einem 
andern Leben zurückzurnfen, setzt Sigune den hartnäckigsten Wi- 
derstand entgegen. So kommt ihr Vater Kiot mit seinem Bruder 
Manfilot, mit Gurnemanz und dessen Tochter Liaze; Kondwira- 
murs ist nur deshalb zu Hause geblieben, weil sie schon an ihrem 
Schmerze um Parzival genug zu tragen hat. Ausführlich schil- 
dert der Dichter ihre wechselseitigen Klagen , doch nur soviel er- 
reicht Kiot von seiner Tochter, dass sie darin einwilligt, doch 
wenigstens eine Behausung über Schionatulanders Leiche erbauen 
zu lassen (5357 : P. 435, 7). Auch Anfortas und Urrepanse de 
tschoien besuchen Sigune öfter. Auf Bitten des Anfortas lässt sie 
den toten Sebionatulander in einen Sarg legen (P. 435, 21—22). 
Anfortas spricht jedesmal bei ihr vor, wenn er zum See Rrnmbane 
geht ; hofft er doch vielleicht bei ihr einmal den Parzival und 
damit die Erlösung von seinen Qualen zu finden. 

Cap. XXXVIII. (s/r. 5415—5511 II.) Im 38. Capitel erzählt der 
Dichter eine weitere Begegnung Parzivals und Sigunens , von der 
sich bei Wolfram nichts findet. Denn Wolframs dritte Begegnung 
(P. 435, 13—442, 26) macht Albrecht durch einen kurzen Hinweis 
str. 5773—74 ab. Dass Albrecht die im 38. Capitel erzählte Bc- 

*) Über die »on Albrecht so oft betonte Praedestination der Anserwählten des 
Grals sum Paradiese vergl. P. 47t, 10—14 u. bes. W. TU. 44. 


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ii 



88 


gegnung selbständig hinzugefugt hat, erkennen wir daraus, dass 
sämtliche Motive derselben entweder aus den übrigen Begegnungen 
der beiden oder sonst aus Wolfram genommen sind: Parzival, von 
Sehnsucht nach höher minne und nach dem Gral getrieben (cf. P. 
441, 11—14), kommt noch einmal zu Sigune. Sie erkennen sich 
beide nicht, Sigune vor ihrem Jammer, Parzival, weil Albrecht 
hier eine recht alberne Wiederholung des wundervollen Liebes- 
zaubers mit den Blutstropfen im Schnee aus P. VI cinführt (str. 
5429). In diesem Zauber befangen , ist Parzival ganz mechanisch, 
nur durch die Klage Sigunens angezogen, zu ihr herangeritten und 
hat sie begrüsst. Als er den Namen Schionatulander aussprechen 
hört, erinnert er sich zwar seiner ersten Begegnung mit Sigune (cf. 
P. 440, 18 ff.), erkennt Sigune jedoch noch immer nicht. Aus seiner 
Antwort erkennt ihn aber Sigune. Vergebens erzählt sie ihm aus- 
führlich seine und seiner Eltern Geschichte, sowie Schionatulanders 
trauriges Geschick noch einmal (von Albrecht aus dem ersten Ge- 
spräche Sigunens mit Parzival, P. 140, 15—141, 24, kierhergenom- 
men), er versteht den Sinn ihrer Worte nicht*). Als Parzival end- 
lich wieder zum Bewusstsein zurückkommt (man weiss nicht, wo- 
durch !), erkennt er Sigune sofort und bittet sie, doch endlich von 
ihrer Klage abzulassen (cf. P. 252, 27 ff.). Er fragt sie , ob sie 
nicht lieber doch noch einem andern werten Ritter ihre Hand geben 
wolle, was Sigune natürlich mit Entrüstung zurückweist. Diesen 
unzarten Zusatz hat sich Albrecht wohl aus dem von Wolfram an 
der oben erwähnten Stelle (P. 253, 10—17) getadelten Rate der 
Lunete abstrahiert. Jetzt klagt Parzival seinerseits der Sigune 
sein Leid (cf. P. 441, 3 ff.) , ohne dass ihn jedoch Sigune erst nach 
dem Grale gefragt hätte, wie bei Wolfram. Er erinnert Sigune an 
ihre harten Worte bei ihrer letzten Begegnung (P. 441, 15—17). 
Bei Wolfram nimmt darauf Sigune ihren Fluch zurück und sendet 
ihn auf die Spur von Kundries Maultier. Albrecht dagegen lässt 
Sigune auf die Bitte Parzivals um Rat, wie er zum Grale kommen 
könne, (im Anschluss an P. 250, 20—30 n. 468, 10 — 16) antworten, 
dass all sein Suchen nach dem Grale auch nicht das Geringste 
nützen werde; er solle nur keusch und mannhaft bleiben, dann 


*) Sie fügt hinzu, sie sitze jetzt bereits fünf Jahre hier in Klagen und Trauer. 
Diese Angabe bat sich Albrecht aus F. 460, 22 zurechtgelegt, wo Trevrezent sagt, 
es seien zwischen der Tjoste Parzivals mit Orilus (P. V. 265 ff.) und Parzivals 
Ankunft bei ihm, dem Einsiedler, fünfthalb Jahr und drei Tage verflossen. Zwi- 
schen Parzivals erster Begegnung mit Sigune und seinem Kampfe mit Orilus ist 
aber nach P. 139, 20—21 mehr als ein ganzes Jahr verflossen, so kann Sigune 
mit Hecht sagen : Fünf jär vil ganze bin ich alhie gesetzen (5430). 


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— 89 — 

werde ihn Kundrie, wenn er doch noch einmal znm Grale berufen 
werden sollte , auch auf dem Grunde des Lebermeeres finden. — 
Albrecht fügt sodann noch (in Fortführung eines schon oben png. 82 
angedeuteten Motive») einen Auftrag der Signne für Parzival hinzu : 
Sigune hat bei Schiouatnlanders Leiche den Brief gefunden, in dem 
ihm der Baruch die Absendung der beiden kostbaren Stücke aus 
dem Horte der Saelde mitgeteilt hatte (cf. str. 4661 ff.). Sie bittet 
jetzt Parzival, nach diesem Boten zu forschen. Parzival erkennt, 
dass dies die beiden Schmuckstücke sind, die er einst der Jeschute 
geraubt hatte, und wovon er die Spange noch an demselben Tage 
einem Fischer als Zahlung für das Nachtlager gegeben hatte (cf. 
P. 143, 1 — 2). Er verspricht deshalb Sigune, diesen Fischer wieder 
aufznsuchen und das Kleinod zurückzufordern. Beim Abschiede 
giebt ihm Sigune noch den Segensspruch mit, durch den das Gral- 
schwert im Brunnen zu Karnant wieder zusammengefügt werden 
kann. Das ist eine kurze Anspielung auf das von Chrestien und 
Wolfram bei der Begegnung Parzivals mit Sigune nach seinem 
Besuche auf der Gralburg Erzählte (P. 253, 24—254, 30). Bei 
Chrestien findet sich von einem Schwertsegen nichts, Wolfram aber 
scheint, nach P. 254, 15 — 30, unter demselben nur die Frage Par- 
zivals beim Gralkönig zu verstehn, P. 434, 25—30 dagegen, wo 
Wolfram berichtet, dass das Gralschwert zerbrochen und wieder 
zusammengefügt sei, lesen wir nichts von einem Segen , der dazu 
nötig wäre. Albrecht führt auch dabei ausdrücklich den Segens- 
spruch an (5732), den er aus Wolframs Worten an unserer Stelle 
herausgelesen hat. 

Durch Kundriens Vermittlung wird jetzt (5463) der Sigune über 
dem Sarge Schionatulanders die Klause Fontsalvacie erbaut; sie 
liegt weiter von der Gralburg entfernt, damit Sigune ganz unge- 
stört sei. Hier findet Parzival die Sigune P. 435, 6—9. Der Name 
Fontsalvacie (5464) findet sich P. 452, 13 als Klause Trevrizents. 
Sigunens Klause wird vom Bischof Bonifazie geweiht und nach 
Sigunens Anordnungen mit köstlichen Bildern aus der Geburts- 
und Leidensgeschichte Christi ansgeschmiiekt. Schionatulander wird 
in einen noch viel kostbareren Sarg gelegt , als vorher. Sigune 
aber trägt als Schmuck nur einen King mit einem Granat, zum 
Zeichen treuer Erinnerung an den toten Geliebten (cf. P. 438, 2 — 8. 
439, 11-440, 19). — 

Ehe wir jetzt zum 39. Capitel tibergehen, müssen wir noch 
den Bericht Albrechts über die Erwerbung der Secundille durch 
Ferafis (str. 6234 — 5317) abmachen. Der Dichter legt denselben 
der Eckuba von Janfuse in den Mund, die damals am Plimizcel 


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- 90 — 

dem Artus und der Ginover dies alles erzählte (Weiterführang von 
P. 328). Schon oben (str. 4840 — 54) hat der Dichter erzählt, dass 
Secundille nach dem Tode ihrer Mutter von ihren Fürsten gedrängt 
worden war, sich einen Gemahl zu suchen. Aber Anfortas, den 
sie erwählt,' lehnt ihre Liebe ab, so muss sie sich denn nach an- 
deren Freiern Umsehen. Fünfundzwanzig mächtige Könige und 
Fürsten schicken nacheinander zierliche Bewerbungsbriefe an Se- 
cnndille, sodass sie schliesslich in Verlegenheit gerät, wen sie wäh- 
len soll. Da rät ihr der weise Fürst von Kaukasas (den wir 
schon str. 4783 ff. und 4848 als Berater der Secundille kennen ge- 
lernt haben), ein grosses Turnier nach Tasme anszuschreiben , als 
dessen Preis ihre Hand ausgesetzt wird. Das geschieht , und ein 
Jahr lang rüsten sich alle zu dem Feste. Dieses Turnier von Tasme 
ist eine deutliche Nachahmung des Turniers von Kanvoleis (P. II), 
bei dem Herzeloydens Hand und Länder als Preis ansgesetzt wa- 
ren. Die Namenliste der 25 Freier der Secundille folgt, wie wir 
oben (pag. 62) schon gesehen haben, Namen für Namen der grossen 
Aufzählung der von Feirefiz besiegten Fürsten P. 770. Ferafis 
selbst hatte bis dahin noch nichts von Secundille gehört ; er genoss 
die Liebe dreier Königinnen, der Albarosa, Barbidele und Clauditte. 
Hier haben wir eine merkwürdige Abweichung Albrechts: Wolfram 
nennt nämlich ausser Secundille nur zwei frühere Geliebte des 
Feirefiz mit Namen: P. 771, 17—18: 

Olimjnc und Clauditte. Secundille ist nu diu dritte. 
und P. 811, 11—13: 

Clauditte unt Olimpiä, Secundille, unt teilen anderswd 

dä wib im diens lönden. 

Clauditte findet sich bei Albrecht wieder (5299) , aber für Olimpiä 
hat er zwei andere Namen, Albarosa und Barbidele, und für diese 
beiden Namen beruft er sich auf das Zeugnis Kiots. Man müsste 
danach also annehmen, dass Wolfram die Angabe Kiots absichtlich 
geändert, Albrecht aber die wahre Lesart der Quelle wieder her- 
vorgeholt habe. Dann würde sich Albrecht aber sicherlich anders 
ausgedrückt und nicht einfach die formelhaften Worte Wolframs 
(z. B. P. 776, 10 ob Kyöt die uärheit sprach cf. 805, 10) variiert 
haben. Bei dem Namen Barbidele beruft sich Albrecht für ein paar 
spitzfindige Erklärungen dieses Namens noch einmal auf Kyots 
Autorität. Der Name Albarosa ist einfach lateinisch, und barbidele 
ist der Name eines Gewürzes, Tit. 514a. (= Zarncke, Auslegung 
des Graltempels, str. 14) 4: Alöe pardisee barbudele, wo die Recen- 
sion I barbidele bat. Albrecht hat hier drei Geliebte des Ferafis 
nennen wollen, wie Wolfram an den erwähnten Stellen ; da er aber 


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Secundille nicht unter denselben auffiiliren durfte , hat er ein paar 
neue Namen eingeführt. Die Berufung auf Kyot ist einfach formel- 
haft und Wolfram nachgeahmt (cf. Teil II, Berufungen auf die 
Quelle). 

Ungeachtet der Liebe dieser drei Königinnen zieht Ferafis 
doch bald auf weitere Abenteuer aus und hört dabei von Secun- 
dille und dem angesngten Turniere. Er lässt sich die Namen aller 
Bewerber nennen und sucht dann jeden einzelnen in seinem Lande 
auf, ehe sie noch zu dem Turnier aufgebrochen waren. Der Reihe 
nach besiegt er alle und verpflichtet sie, zu dem Turnier nach 
Tasme zu kommen und der Secundille ihre Dienstbarkeit zu er- 
klären (Nachahmung von Parzivals Manier, alle nach Pelrapeire 
zu schicken). Als nun das Turnier beginnt, und alle der Secun- 
dille ihre Länder zur Verfügung stellen und sich von Ferafis be- 
siegt bekennen müssen , kann Secundille selbstverständlich nicht 
umhin, den Ferafis zu ihrem Gemahl zu machen. So schmückt Al- 
brecht aus, was Wolfram kurz andeutet P. B19, 2 — 4: 
diu küneginne Secundille, 
die FeircfU mit riters hant 
erwarp, ir lip unt ir laut. 

Cap. XXXIX. (sfr. 5512— 5768 H.) Das 39. Capitel des Titurel 
beschreibt uns Parzivals Irrfahrten in den fünf Jahren , die zwi- 
schen seinem Abschiede von Artus Hofe am Ende von P. VI und 
seinem Zusammentreffen mit Trevrizent (P. IX) liegen. Bei Wol- 
fram (und Chrestien!) tritt der Held in dieser Zeit seiner Ver- 
zweiflung an Gott und seiner unermüdlichen Suche nach dem Gral 
vollständig in den Hintergrund; der höfische Gawan wird solange 
der eigentliche heit da ■ äventiure , und Parzival taucht nur ganz 
gelegentlich aus seiner Verborgenheit hervor. Wolfram giebt 
P. 434, 11—30 eine kurze summarische Übersicht über Parzivals 
Leben in dieser Zeit: viele Länder habe er zu Ross und zu Schiffe 
durchstrichen und jeden , der ihm in der Tjoste gegenübergetreten 
sei, besiegt. Von Einzelheiten erwähnt Wolfram nur das Zer- 
brechen des Gralschwertea und die Wiederherstellung desselben 
im Wasser des Brunnen Lac zu Karnant. Hier bot sich also dem 
Nachdichter ein grosses Feld der Tbütigkeit. Entweder konnte 
er aus Wolframs Quelle die von diesem übergangenen Abenteuer 
naehholen, oder aus Wolframs Andeutungen eine Reihe von Aben- 
teuern selbststäudig erfinden. Nun sagt Chrestien von Parzivals 
Thaten während seiner Irrfahrten nichts mehr als Wolfram*); 


*) cf. Küpp, a. a. 0. pag. 42b. 


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Albrecht könnte diese Abenteuer Parzivals also höchstens aus dem 
Werke Kiots geschöpft haben, und das hat man sehr häufig direkt 
angenommen. Wie wir aber Albrecht und seine Arbeitsweise bis 
jetzt kennen gelernt haben , müssen wir von vornherein in diese 
Annahme Zweifel setzen. Wir haben die hier von Albrecht er- 
zählten Abenteuer zu analysieren und jedes Motiv, das sich auch 
bei Wolfram ausgeführt oder angedeutet findet, sorgsam zu regi- 
strieren. Erst aus dem, was noch übrig bleibt, dürfen wir weitere 
Schlüsse ziehen. 

Das ganze 39. Capitel zerfallt in zwei grosse Teile, die durch 
ein kurzes Zwischenstück, das sich auf eine bestimmte Episode des 
Titurel zurückbezieht, getrennt sind. Der erste, der die Haupt- 
masse des Capitels umfasst (str. B512— 6699g [= A. D. 39, 211]), 
erzählt die verschiedensten Abenteuer Parzivals in allen den Län- 
dern , wohin er zu Ross oder zu Schiff gelangt ; der zweite Teil 
(str. 5702 — 5768) behandelt die Geschichte des Gralschwertes. Wir 
erkennen sofort, dass diese Einteilung des 39. Capitels genau der 
Anordnung von Wolframs Übersicht (P. 434, 11—30) entspricht. 
Dass das Zerspringen des Gralschwertes zeitlich hinter alle übrigen 
Abenteuer Parzivals fiele, hat aber Wolfram gewiss nicht sagen 
wollen; das hat erst Albrecht aus Wolframs Worten geschlossen 
(vgl. p. 96a.). 

Betrachten wir nun den ersten Teil des 39. Capitels im ein- 
zelnen , so wird unser Verdacht sofort weiter bestärkt , denn alle 
Namen von Helden , die Parzival hier besiegt , finden sich in dem 
grossen Verzeichnisse der von Parzival besiegten Fürsten P. 772 
wieder , Albrecht könnte sie also alle hieraus entnommen haben. 
Nach dem, was wir von Alfcrechts Benutzung des Verzeichnisses der 
von Feirefiz besiegten Fürsten, P. 770, constatiert haben, muss uns 
das sehr möglich erscheinen. Den Sieg Parzivals über König Schir- 
niel von Lirivoyn und dessen Bruder Mirabel von Avendroyn (= 
P. 772, 1—2) hat uns Wolfram selbst ja schon P. VII (cf. 384, 8 — 9) 
erzählt. Der erste in der Reibe der Übrigbleibenden ist dann der 
König Serabil von Rozokarz P. 772, 3 ; und mit diesem fäDgt Al- 
brecht an: Serabel hatte sich schon auf Florischanze ausgezeichnet 
cf. Tit. 1986. Als er jetzt den Parzival erblickt, hält er ihn sei- 
ner roten Rüstung wegen für Ither von Gahefiez, der ihm einen 
Bruder getötet hatte. Er gedenkt seinen Bruder zu rächen, wird 
aber von Parzival bald überwältigt. 

Das Motiv, dass man Parzival für den roten Ritter Ither von 
Gahefiez hält und von Ither erlittenen Schaden an ihm rächen 
will, kehrt im ersten; Teile unseres Capitels nicht weniger als drei- 


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mal wieder; ausser an dieser Stelle noch v. 5646 und v. 6639a— g 
(= A. D. 39, 206 — 211), wo auf diesem Motive noch einmal ein 
ganzes Abenteuer aufgebaut wird*). 

Auch das 2. Abenteuer Parzivals ist offenbar ein Werk Al- 
brechts : König Senuligorz von Sigernnnze wird P. 772, 6 aufgeführt ; 
seine Verbindung mit Teanglis stammt von dem Fest auf Flori- 
schanze , wo er str. 2019 in der Schar des Teanglis aufgezählt 
wird. In den Einzelheiten finden sich Anspielungen auf Wolfram: 
Tit. 5523, 5—7: P. 170, 25; 6527: P. VI; 5529: P. 389, 4—15; 
5531 : P. 388, 29—389, 2. 

Einen besonderen Platz nimmt das dritte Abenteuer Parzivals, 
der Kampf mit König Agors von Vilgarunze und die Befreiung der 
Pardiscale, ein, da dieses allein von allen im ersten Teile des 39. 
Capitels berichteten Abenteuern mit epischer Breite erzählt wird: 
Der Name des Königs Agors von Vilgarunee findet sich P. 772, 6, 
wo er von Villegarune Strangedors heisst. Sehr verdächtig ist bei 
dieser Geschichte die Einführung Klinschors, die doch zu deutlich 
einer Nachahmung von Klinschors Thätigkeit, wie sie uns aus 
P. XI — XIII u. Tit. XIX entgegentritt, ähnlich sieht. Ferner ist 
auch der König Agors, der es unter seiner Würde hält, mit einem 
einzelnen Manue zu kämpfen, und nur gegen mindestens vier oder 
gar sechs in den Kampf geht, eine übertreibende Copie von König 
Gramoflanz, der nur gegen mindestens zwei Kämpfer antritt (P. 

607, 17—22). Man vergleiche mit der unwabrscbeinlichen und ab- 
geschmackten Umgehung von Agors Grundsatz (Tit. 5589 ff.) die 
kräftige und passende Begründung, die Graniofianz bei Wolfram 
für die Ausnahme, die er gegenüber Gawan macht, anführt (P. 

608, 18 - 30). Dem was Wolfram von Gramoflanz P. 605, 27 — 30 
sagt, entspricht genau die Angabe Albrechts (5597), dass Klinsekor 
den Agors mit reicher Waffenrüstung versehen habe, damit er 
nicht die Wunder von Schastel marveile bestehe. — Agors Kursit 
und Waffenrock sind ein Geschenk Secundiliens (5607) (der Name 
ist nur gewählt, um den Reichtum zu zeigen, cf. Wh. 65. 125. 248). 
Als Parzival den Agors besiegt hat, und gegen ihn der Vorwurf 
der Zauberei erhoben wird, erscheinen (str. 5632 ff.) plötzlich zwei 
bekannte Figuren aus P. VII, König Poydiconjunz und Herzog Astor, 
auf der Bildliäcke und tragen Parzival aus alter Dankbarkeit ihre 
Hülfe an. Allein Parzival erinnert sich ihrer und der von ihnen 
genannten Namen Beärosch , Aleljans , Lyppaut (aus P. VII) gar 

*) Die ADgabe, die Albrecht str. 5516 über das Verwandtschaftsverh&ltois 
Itbers and Parzivals macht, lässt sich sonst nirgends belegen und widerspricht 
Tit. 449. 


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nicht, da er bisher auf seinen Irrfahrten niemals nach dem Namen 
von Land und Leuten gefragt habe. Schliesslich überzeugen sie 
ihn aber doch, worauf Parzival beschliesst, von jetzt an stets nach 
Land und Leuten zu fragen (Tit. 5645 u. 5702 cf. 5648a = A.D. 
39, 148)*). Der besiegte Agors verlangt von Parzival, dass er, 
um sich von dem Verdachte der Zauberei zu reinigen , seinerseits 
gegen sechs von Agors gestellte Kitter kämpfen solle. Die sechs 
Gegner Parzivals sind nun wiederum aus P. 772 entnommen, 
wo sie v. 8. 15. 11. 12. 13 u. 20 (?) erscheinen. Die übrigen Neben- 
personen dieser Episode sind Albrechts Erfindung : Glöris von 
Parliterre mit seiner Gemahlin Pardiscäle ; der Kaufmann Gerbolt 
ist dem Kaufmann Wimar im Willehalm nacbgebildet (vgl. den 
Kaufmann Todila im Tandareis). Endlich ist eine Meerfahrt Par- 
zivals eingelegt, um Wolframs Worte P. 434, 13 zu bestätigen. 
So spricht alles dafür, dass Albrecht auch diese grosse Episode 
seines Gedichtes selbst zusammengestoppelt habe. 

Unter Führung des treuen Gerbolt streift Parzival darauf 
(5675 tf.) von einem Ende der Welt zum andern. Der Dichter nennt 
noch ganz kurz ein Turnier zu Lamboie im Lande Aldurctte, das 
der König von Agresore ausgeschrieben bat. Ibernische Männer 
weisen Parzival dorthin, und er verrichtet glänzende Tbaten. Von 
dort führt ihn Gerbolt die ganze cristenhcit al umbe nach der sittnicn 
(5695) zur wüesten Iiomunie , durch Grcda die wilde, nach Capadöcie, 
Surdes, Tosia (Troja?), Asia (Aglei A.D.) und zurück nach Parliterre, 
dem Lande des Gloris und der Pardiscale, wo er von Gerbolt Ab- 
schied nimmt. Hierin brauchen wir wohl nur einen gelehrten geo- 
graphischen Excurs Albrechts zu sehen, bei dem ihm Wolframs 
Vorbild (P. 496) vorseh webte. 

Den Schluss des ersten Teils des 39. Capitels macht der nur 
in A.D. (Cap. 39, 205 — 211) hinter str. 5699 H. überlieferte Kampf 
Parzivals mit Jordibeis von Provenze , dem Jovedcis von Arl ein 
Provenzäl von P. 772, 22. Seine Stadt Tertnis (A.D. 39, 206) ist 
aus dem Willehalm bekannt. Das Motiv dieses Kampfes ist wie- 
derum, wie oben erwähnt, eine Verwechselung Parzivals mit Ither. 
Parzival siegt natürlich glänzend. 

Das kurze Zwischenstück zwischen Teil I und II des 39. Ca- 
pitels (str. 5699h [= A.D. 39, 212]— 5701) berichtet kurz, wie 

*) Wolfram sagt das nirgends ausdrücklich , und Albrecht gerät durch diese 
Angabe in einen doppelten Widerspruch mit Wolfram und sich selbst: einmal 
nennt Parsiral (P. 772, 5) auch die vor seinem Kampfe mit Agors von ihm be- 
siegten Fürsten , die wir oben kennen gelernt haben ; daun unterlässt Parzival 
seine Frage ganz unmotiviert noch einmal viel später, als er an Schaslel mar- 
veile vorüberfährt. Wir haben also hierin Albrechts Erfindung zu erkennen. 


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Parzival die Spange der Jeschutc, die er früher (P. III) einem ar- 
men Fischer gegeben hatte, wiedererwirbt (cf. Tit. 5452 und oben 
p. ö9). Zugleich werden wir unterrichtet, weshalb Gailet und 
Ekunat den Tod Schionatulanders noch nicht gerächt haben. 

Wir kommen jetzt zu dem 2. Teile des 39. Capitels, der Par- 
zivals Erlebnisse mit dem Gralschwerte behandelt. Wolfram be- 
richtet darüber kurz P. 434, 25 — 30: 

sin sivert, das im Anfortas gap dö er Urne grale tcas , 
brast sit dö er bestanden wart : doch machtet ganz des brunnen art 

bi Karnant, der dd heizet Lac. das swert geltalf im priss bejac. 

Albrecbt dagegen bringt dieses Ereignis in Zusammenhang mit 
einem ganz abliegendeu Teile der Geschichte der Gralkönigc: er 
lässt das Gralschwert zerspringen im Kampfe Parzivals mit dem 
Könige, durch dessen Tjoste Frimutel, der Grossvater Parzivals, 
gefallen war. Es ist dies der König Flordiprinze von Flordibale, 
seine Gemahlin heisst Albaflore; ihre Tochter Floramie übertrifft 
nach dem Aussprüche ihres Vaters alle Frauen an Schönheit. Flor- 
diprinze lässt aber niemanden um die Minne seiner Tochter wer- 
ben , der nicht vorher ihn selbst im Zweikampfe bestanden hat 
(gerade wie im Lauzelet Ulrichs Iweret von dem schönen Walde 
nur demjenigen seine einzige Tochter Iblis geben will, der ihn 
selbst vorher bestanden hat , v. 3900 ff.), ln diesem Kampfe war 
einst Frimutel gefallen. Davon weiss aber Parzival nichts, er 
sucht nur deshalb den Flordiprinze auf, um durch eine Tjost zu 
erweisen, dass Kondwiramurs Schönheit den höchsten Preis be- 
sitze. — Wolfram spricht von Frimutels Tod nur an zwei Stellen: 
P. 251, 9-10: 

der lac von einer tjoste tot, als im diu minne dar gebot. 
und 474, 12—17 : 

dar unde vlös der degen snel 

von einer tjoste ouch einen lip. der minnel sin selbes wip, 
das nie von manne mere wip ge minnel wart so sere; 

ich mein mit rehten triuwen. 

Albrechts Angaben lassen sich mit diesen beiden Stellen des Par- 
zival nur so vereinigen, dass man annimmt, Frimutel habe nach 
dein Tode seiner ersten Gemahlin (die Tit. 449 Cldrisse von Granat 
genannt wird und wirklich, nach Tit. 469, früh gestorben ist) eine 
neue Liebe zur Floramie gefasst und dabei seinen Tod gefunden, 
ehe er sie erworben. Dem widerspricht aber offenbar das hohe Lob, 
das Wolfram an der zweiten Stelle, unmittelbar nach der Erwäh- 
nung von Frimutels Tod, seiner grossen Liebe zu seiner wirklichen 


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Gemahlin spendet. Wolfram scheint also von Albrcchts Angaben 
noch nichts zu wissen. — Dazu kommt ein anderer Anstoss: Flor- 
amie spielt hier die Rolle der ewig jungen Penelope der Odyssee, 
den Grossvater Parzivals hat sie bereits durch ihre Schönheit be- 
zaubert, und der Enkel zieht noch nach Flordibale, um die höhere 
Schönheit seiner Gemahlin zu erhärten. Der mindestens gleich- 
altrige Besieger des Grossvaters wird vom herangewachsenen En- 
kel des Gefallenen erst nach hartem Kampfe besiegt. — Endlich 
ist auch der Gleichklang der Namen : FVordibale , FYordiprinze, 
Floranne, Alba/fore geeignet, auf selbstständige Erfindung Albrechts 
hinzuweisen. P. 772 kommt Flordiprinze nicht vor. — Ich möchte 
aus alle dem schliessen , dass Albrecht hier wiederum frei combi- 
niert hat, mit viel Gewaltsamkeit und ohne grosses Glück*). 

Nachdem Parzival die Stücke des zerbrochenen Schwertes auf 
die vorgeschriebene Weise wieder zusammengefügt hat, giebt er es 
dem Ekunat zum Rachekampf für Schionatulander. Parzival be- 
klagt, dass er den Orilus nicht gleich getötet habe, jetzt darf er 
die Rache für Schionatulander nicht mehr übernehmen , da ihm 
Orilus bereits seine Sicherheit gegeben hat. Dadurch, dass Parzival 
das Gralschwert an Ekunat abgiebt, wird später auch verhütet, 
dass Feirefiz durch die Hand Parzivals fällt; denn da (P. 744, 10) 
führt Parzival sein Schwert von Gahefiez. 

Dass gerade das wunderkräftige Gralschwcrt zum Rachekampf 
für Schionatulander gebraucht wird, ist für Albrechts oft gekenn- 
zeichnete Auflassung seines Helden sehr charakteristisch. Von 
diesem letzten Kampfe des Orilus und Ekunat, durch den Schio- 
natulander gerächt wird, weiss Wolfram im Parzival nichts, da 
ja bei ihm Schionatulander nur eine unbedeutende Nebenfigur ist; 
wie er es im Titurel gemacht haben würde, können wir nicht 
wissen. Für Wolfram genügte es, dass Parzival die Sicherheit des 
Orilus empfing, für den Dichter des Titurel, der in Schionatulander 
seinen hoch gefeierten, über alle andern Helden erhobenen und nur 
durch eine übermenschliche Kraft untergegangenen Helden verloren 
hat, musste diese Bestrafung des Orilus zu milde erscheinen. Der 
Tod Schionatulanders musste durch den Tod des Orilus gerächt 
werden, Ekunat war, nach dem Verhältnis der Helden im Titurel 
zu einander, der nächste zur Ausführung der Rache. 

*) leb will noch erwähnen, dass bei Ckrestiens Fortsetzern das Oralschwert gleich 
bei der ersten Tjost, die Parzival nach dem Verlassen der Oralburg besteht, zer- 
springt; es ist der Kampf mit Orilus de Laiander, den Wolfram P. V erzählt. 
Ein Einfluss der Fortsetzer Cbrestiens auf Albrecht liegt hier also auch nicht vor. 
cf. Birch-Hirchfeld, Sage vom Oral pag. 267. 


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97 


Cap. XL. ( str . 5769 — 6141 H.) Den Kampf des Orilua mit 
Ekunat selbst erzählt nun der Dichter im 40. Capitel. Vorher- 
gehn ein paar kurze , orientierende Hinweise auf die inzwischen 
geschehenen Ereignisse des Parzival : Parzivals letzten (4.) Besuch 
bei Sigune, seinen Aufenthalt bei Trevrezent und die Erlösung 
des Anfortas. In ein paar Strophen wird dann Sigunens Tod und 
Bestattung erzählt (cf. P. 804, 22 ff.)*). Alles dieses erzählt der 
Dichter in nur 25 Strophen; ereilt zu der Hauptsache, dem Kampfe 
des Orilus und Ekunat (5792). Vor der Stadt Prurin (P. 134, 12. 
Erec 2241. 2351) stossen beide Helden aufeinander und beginnen 
sofort den Kampf. Jetzt können sie endlich den schon vor so 
langer Zeit nach Nantes angesagten Kampf ausfechtcn. ln der 
Tjoste hält sich Ekunat nur mit Mühe im Sattel, er geht daher, 
im Vertrauen auf das Gralschwert, sofort zum Schwertkampf über, 
aber erst nach langem erbittertem Kampfe, der auch Ekunat mit 
schweren Wunden bedeckt, fällt Orilus unter den Streichen des 
Gralschwertes**). Das unselige Brackenseil, der Erisapfel aller die- 
ser Kämpfe , das Sigune , wie str. 4991 (cf. oben pag. 83) erzählt, 
der Clauditte gegeben hatte und das jetzt Ekunat in dem Kampfe 
mit Orilus als Helmzimier trägt , ist unter den heftigen Schwert- 
schlägen des Orilus vollständig zertrümmert worden. So wird das 
vielumstrittene Streitobject in eben dem Augenblicke , wo es defi- 
nitiv von Ekunat erstritten wird, vernichtet. Diese Erfindung Al- 
brechts ist sehr ansprechend und zeugt von einer überlegten Dis- 
ponierung des Gedichtes. — Die Fortführung der Geschichte Jo- 
schutens (Tit. 5830—35) ist eine stricte Parallele zu Sigunens 
Schicksalen. Orilus wird zu Prurin beigesetzt. Die Vernachlässi- 
gung des schwerverwundeten Ekunat gleicht der des Wigalois, als 
er den König Roaz erschlagen hat (Wig. 7919 ff.). Während Ekunat 
dann zu Nantes auf die Heilung seiner Wunden wartet, bringt 
ihm Artus von Joflanze die Nachricht mit, dass Parzival den Gral 
erworben habe. 

So sind wir denn hier gleichzeitig an den Schluss von Wolf- 


*) Über das uralte Motiv der Rebe und Rose, die, sich ineinander verschlin- 
gend, aus dem Grabe zweier Liebenden hervorwaebsen, wie es hier (str. 5790) in 
leiser Variation aus der Tristaosage entnommen ist (siehe Rechstein in der Ein- 
leitung zu Qottfrieds Tristan’ I, pag. 8 u. II, 310), giebt die letzte umfassende 
Zusammenstellung A. Hauffen in den Quellen und Forschungen z. Geschichte 
Österreichs III, 178—183. 

**) Für Einzelheiten ist Parzivals Kampf mit Orilus (P. V) massgebend ge- 
wesen ; die Beschreibung der Rüstung des Orilus (str. 5797 ff.) stammt ebendaher 
(P. 261 — 62). 

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rams Parzival und an das Ende unserer Aventiure gekommen. 
Schionatulander, der Held unseres Gediehtes, ist gerächt, und erst 
damit ist seine Geschichte zum Abschluss gebracht. Albrecht fügt 
nun gleich daran den beliebten geistlichen Schluss der meisten 
epischen Gedichte seiner Zeit, nicht ohne sich geschmackloser Über- 
treibungen schuldig zu machen. Alle Personen des Gedichtes, die 
zu dem Helden in einem näheren Verhältnisse gestanden haben, 
ziehen sich von dem Leben dieser Welt zurück, stiften Klöster 
und Spitäler und leben ganz dem Andenken des geliebten Toten. 
Artus verwaltet indes ihre Lande treulich, bis sie später Parzivals 
Sohn Kardeiz erbt, der auch die reiche Tasme und das Gralschwert 
erhält. 


Abschnitt VII: Nachträge. 

Mit dem Schlüsse des 6. Abschnittes sind wir bereits an das 
Ende der eigentlichen Aventiure Albrechts gekommen , aber wie 
Wolfram dem Schlüsse seines Parzival noch einen Bericht über 
die Schicksale des Feirefiz und des Loherangrin anhängt, so fügt 
auch Albrecht seinem Gedichte noch eine Reihe von Nachträgen 
hinzu. Als solche charakterisieren sich dieselben durch die grosse 
Auseinandersetzung Albrechts str. 5881— 6914. Albrecht sagt, 

seine Aventiure sei zwar an ihrem Ende angelangt, doch wolle er 
sie nicht so mit ritiwc abschliessen, sondern mit der triuvcc (5887), 
die zur himmlischen Freude weise*). Man habe an dem Wille- 
balm den ungenügenden Anfang, am Parzival den Schluss getadelt; 
Gott der höchste möge geben , dass ihm an seinem Gedichte das 
Ende woblgelinge. Dann kündigt der Dichter an , er werde noch 
über zwei Dinge reden, über die weiteren Schicksale von Parzivals 
Geschlecht und über die wahre Natur und Beschaffenheit des 
Grals. Albrecht nennt str. 5883 zum ersten Male seinen wahren 
Namen und spricht von da ab von Wolfram stets in der 3. Person 
(cf. Teil II, Cap. 6 Ende). Aber weder aus diesem Umstande, noch 
aus den Worten Albrechts lässt sich ein genügender Grund für 
die Annahme schöpfen , dass mit str. 5883 ein Fortsetzer des ei- 
gentlichen Titureldichters einsetze. Gerade auf den wichtigsten 
der jetzt zu erzählenden Nachträge, auf die Versetzung des Grals 
nach Indien und seine Verbindung mit dem Priester Johann finden 
sich zwei Anspielungen in viel früheren Teilen des Gedichtes Tit. 
307 — 308, 1 und 4776, 2—6. Dass der Dichter des jg. Titurel von 
Anfang an beabsichtigt hat, sich mit dem Abschlüsse, den Wolfram 

*) Gemeint ist damit die Versetzung des Grals nach dem paradiesischen Indien. 


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der Geschichte des Gralgeschlechtes gegeben hatte, nicht zufrieden 
zu stellen, geht deutlich aus seinem Verhalten bei der Schilderung 
der Vorgeschichte des Gralgeschlechtes hervor. Wie er dort den 
Angaben Wolframs einen selbsterfundenen Bericht vorausschickt, 
so führt er auf der andern Seite die Geschichte des Gralgeschlechts 
selbstständig weit über die von Wolfram gesteckten Grenzen hin- 
aus. Aus Kiot kann Albrecht diese Angaben deshalb nicht ge- 
schöpft haben , weil Wolfram am Schlüsse seines Parzival aus- 
drücklich sagt, dass Kiot nicht mehr davon gehabt habe, als er, 
Wolfram, jetzt davon erzähle, cf. P. 827, 12 — 14. Wir haben 
also nur zu untersuchen, was wir der eigenen Erfindung Albrechts 
zuschreiben dürfen, und wo wir eine fremde Quelle anzunehmen 
haben. 

str. 5915 H. ff. (XL, 148 ff) Zuerst berichtet der Dichter über 
die Gralträgerinnen , die nach Urrepanse de tschoien zu diesem 
Dienste ausgewählt wurden. Die erste nach Urrepanse war Ga- 
tschiloye , des Königs Tochter von Indien. Die hat Albrecht aus 
P. 255, 9 und 800, 14 entnommen, wo sie neben Repanse de schoye 
im unmittelbaren Dienste des Grals erscheint; P. 806, 14 heisst 
sie allerdings von Gruonlant. Sie trägt den Gral , bis Condwira- 
murs Tochter Aribadale herangewachsen ist und das Amt der 
Gralträgerin übernimmt. Aribadale ist wohl eine Erfindung Al- 
brechts , um den durch Urrepanse eingenommenen Platz wieder 
dem Gralgeschleehte zukommen zu lassen. 

str. 5918 H. ff. (XL, 151ff.) Sodann verfolgt Albrecht das wei- 
tere Schicksal Lohengrins bis an seinen Tod. Er berichtet von 
einer zweiten Aussendung Lohengrins, die aber nicht, wie die von 
Wolfram erzählte erste, verholne, sondern offenlkhe (str. 5918, 4) 
geschieht. Denn als die Herzogin von Brabant bald nach Lohen- 
grins raschem Scheiden vor Reue und Sehnsucht nach dem Ge- 
liebten gestorben war, batte der Gral das kurz nach Anfortas Erlö- 
sung (P. 818, 24ff‘.) erlassene Verbot der Frage wieder aufgehoben 
(Tit. 5954 ff.). So weiss Pelaye, die zweite Gemahlin des Lohen- 
grin, dass er von Gamuret und Parzival abstammt (Tit. 5922 — 23), 
und sie verliert ihn nicht durch die Stellung der verbotenen Frage, 
sondern auf eine ganz andere Weise. Pelaye ist von der grenzen- 
losesten Liebe zu Lohengrin erfüllt, und da er dieselbe nicht ebenso 
übertrieben erwidert , hält sie ihn für unstete , wie es Gamuret, 
sein Ahne, gewesen sei. Ein böses kamerteip giebt ihr nun als 
bestes Mittel, den Gemahl in unauflöslicher Liebe an sich zu fesseln, 
an, sie solle ein Stück Fleisch von seinem Leibe verzehren. Pe- 
laye weist diesen schändlichen Rat schaudernd ab, aber ihre Ver- 

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wandten suchen ihn heimlich auszuführen. Dabei findet Lohen- 
grin seinen Tod, und Pelaye folgt ihm schnell nach. Das geschah 
500 Jahre nach Christi Geburt. Das Land der Pelaye wurde nach 
dem edeln Toten Lutringen genannt. — Man sieht leicht, dass Al- 
hrecht hier mit dem Namen Lohengrins eine ganz fremde Sage 
verknüpft hat. Der Rat der Kammerfrau, die der liebeskranken 
Königin das abscheuliche Mittel angiebt, weist auf einen novelli- 
stischen Stoff hin, der Albrecht hier als Vorlage gedient hat. Die 
Verbindung dieses Elementes mit der alten Lohengrinfabel ist herz- 
lich schwach. Durch eine gesuchte und alberne Ausdeutung von 
Lohengrins Scheiden aus Brabant wird der Liebeskummer der 
Pelaye motiviert. Ferner musste die Herzogin von Brabant ge- 
storben sein, damit Lohengrin die zweite Ehe schliessen konnte, 
und das Verbot der Frage aufgehoben werden, damit das neue 
Motiv an seine Stelle treten konnte. Im Schlüsse dieser Episode 
scheint Albrecht Angaben einer lothringischen Gründungssage be- 
nutzt zu haben , wenn man nicht hierin eigene Gelehrsamkeit des 
Dichters erkennen will. 

str. 5964 H. ff. (XL, 201 ff.) Wir kommen jetzt zu einem höchst 
wichtigen Abschnitte des Titurel, zu der Wanderung des 
Grals nach Indien. Über diesen Abschnitt vergleiche beson- 
ders San-Marte , Leben und Dichten Wolframs II, 437 — 440. Al- 
brechts Bericht über die Wanderung des Grals nach Indien gehört 
eng zusammen mit seiner Schilderung der Macht und Herrlichkeit 
von Priester Johanns Reich in Indien; beide Abschnitte müssen in 
der Besprechung zusammengefasst werden. 

Das Schicksal des Grals nach seiner Erwerbung durch Par- 
zival bleibt bei Wolfram ganz im Unklaren. Wolframs Parzival 
will nur die Erwerbung des Grals durch den Helden der Aventiure 
erzählen, weiter nichts, das sagt der Dichter deutlich am Schlüsse 
seines Werkes, wo er sich zugleich auf Kiots Beispiel beruft, der es 
ebenso gemacht habe (P. 827, 5 — 14). Über den Verbleib des Grals 
selbst sagt Wolfram nur an einer Stelle, P. 786, 8 — 12, ganz kurz ; 
das meere kom übr el/iu laut, 
kein strit mäht in (= den Gral) erwerben: 
vil liut lies dö verderben 
nach dem gräle gewerbes Hst, 
dä von er noch verborgen ist. 

Bei den Nordfranzosen wird der Gral nach dem Tode der 
Gralsucher schliesslich in den Himmel entrückt, oder er verschwin- 
det sonst spurlos, cf. San - Marte , a. a. 0. pag. 423 — 25. Birch- 
Hirschfeld, Sage vom Gral pag. 60. 102 u. 134, 


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101 


Eine Wanderung des Grals in den Orient findet sich in der 
s. g. Queste du St. Graal (cf. B.-H. pag. 50) und in der kurzen 
Anspielung auf diese Stelle im Grand St. Graal (B.-H. pag. 22) 
Aber es ist hier die Rückkehr des Grals nach Sarras, von wo 
Joseph von Arimathia einstmals mit dem Grale nach Britannien 
aufgebrochen war. Auf eine ähnliche Version der Sage spielt 
auch der franz. Prosaroman von Merlin , der eine Auflösung des 
nur im Anfänge erhaltenen Gedichtes von Robert de Boron ist, 
an*), cf. San -Marte, Leben und Dichten II, 406. Es heisst da: 
„Jenes Gefäss aber und seine Hüter sind gegen Orient hingezogen; 
die Hüter wissen aber jetzt selber nicht mehr, wo es eigentlich 
hingeraten ist , sondern sie sind ihm nur in jene Gegend nachge- 
zogen“. — Es ist verlockend , auf diesen Zug der l'ranz. Gralro- 
mane Albrechts Erfindung zurückzuführen. Allein ich glaube, dass 
im Titurel der Zug des Grals nach Indien , der nichts von dem 
Charakter einer Rückkehr an sich trägt , allein durch die enge 
Verknüpfung der Gralgeschichte mit dem Priester Johann und sei- 
nem Reiche, wie sie Albrecht vollzogen hat, erklärt werden darf. 

Des Priester Johann geschieht bei den Nordfranzosen 
überhaupt gar keine Erwähnung, er ist erst von Wolfram ( — Kyot?) 
mit der Gralsage verknüpft worden. Er ist da der Sohn des Eei- 
refiz und der Repanse de schoye (P. 822, 23 — 27), hat aber mit 
dem Grale und den Gralhütern weiter nichts zu thun. Über den 
Priester Johannes, dessen angeblich christliches Reich im innersten 
Asien gerade zu der Zeit, als Wolfram und Albrecht dichteten, 
das Interesse aller abendländischen Christen in hohem Masse in 
Anspruch nahm, besitzen wir die umfassenden Abhandlungen von 
Er. Zarncke, in den Leipziger Sitzungsberichten philolog.-hist. CI. 
Bd. VII u. VIII. Über den Bericht des Titurel handelt er darin 
speciell Bd. VII, pag. 968 — 993. Er weist nach , dass Albrechts 
ausführliche Schilderung der Macht und Herrlichkeit des Priesters Jo- 
hann nichts als eine Übersetzung des lateinischen Briefes des Priesters 
Johannes an den byzantinischen Kaiser Emanuel ist, den Zarncke 
a. a. 0. pag. 909 — 934 kritisch herausgegeben hat**). Albrecht 
hat also Wolframs kurze Andeutung des Priesters Johann mit 
Hülfe dieser ihm bekannt gewordenen Quelle zu einem grossen, 


*) Die Stelle findet sich nicht bei Birch - Hirschfeld pag. 168, da sie auch 
nicht bei P. Paris, Romans de la Table-Ronde II, 65 aasgehoben ist. Wohl aber 
giebt sie Fr. Schlegel, Qeschichte des Zauberers Merlin (Romant. Dicht. 1. Teil) 
pag. 155 und danach Sao-Marte. 

**) Vor Zarncke hat bereits Bartsch auf diese Quelle Albrechts aufmerksam 
gemacht, Qerm. 7, 271 B. 


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lebendigen Gemälde ausgearbeitet ; wir erhalten aus diesem Ab- 
schnitte die beste Illustration zu Albrechts schon öfter charakteri- 
sierter gelehrt compilierender Arbeitsweise. Indem sich nun Al- 
brecbt die Gestalt des Priesters Johannes zu eigen machte , wie 
sie ihm der s. g. Presbyterbrief darbot, gab er die Angabe Wolf- 
rams, dass der Priester Johann der Sohn des Feirefiz und der Re- 
panse de schoye sei, auf. Der Priester Johann Albrechts tritt ganz 
selbstständig, als gleichwertiger Factor, neben das Gralgeschlecht. 
Wenn aber Albrecht an der Hand des Presbyterbriefes die Reich- 
tiimer und Herrlichkeiten von Priester Johanns Reich in Indien in 
allen Einzelheiten schilderte und dabei wieder und wieder, wie 
seine Quelle, sagen musste, dass die Macht des Priesters Johannes 
von keiner andern Macht auf dieser Erde übertroffen würde, lag 
es da für den Dichter des Titurel nicht nahe , die andere hehre 
Kraft , die er im bisherigen Verlaufe seines Gedichtes so oft als 
erden tcunsches tibertcal gepriesen hatte, die heilige Kraft des Grals, 
mit der neu eingeführten Macht des Priesters Johannes zu ver- 
gleichen, beide wunderbaren Mächte sich vereinigen und sich kreu- 
zen zu lassen, um damit schliesslich die höchste Potenz aller Herr- 
lichkeit zu gewinnen ? Ich glaube , auf diese Weise , indem man 
vom Priester Johann bei Albrecht ausgeht, erklärt sich leicht und 
ungezwungen die enge Verbindung des Priesters Johann mit dem 
Grale, und damit die Wanderung des Grals nach Indien, als Er- 
findung Albrechts. 

Die Ausmalung der Reise des Grals nach Indien benutzt Al- 
brecht, nach seiner uns jetzt schon ganz geläufigen Weise, wieder, 
um Reminiscenzen an die verschiedensten Sagen und Epen anzu- 
bringen. Als den Grund, weshalb der Gral Salvaterra verlässt, 
giebt Albrecht die immer grösser werdende Sündhaftigkeit der 
Christenheit an, die um den Gral herum wohnt. Sie ist nicht 
mehr würdig, den Gral in ihrer Mitte zu haben, er will zu den 
auserwählten Christen nach Indien gehn. DieQueste*) sagt nur, 
Galaad habe das Gebot erhalten, nach Sarras zu gehn mit dem hei- 
ligen Gefiissc, „because it was not served, or honoured, in tbe way 
that it ought to have been" (vgl. B.-H. p. 50). — Dann be- 
schreibt Albrecht die Reise des Grals: Solange die Gralritter 
mit ihrem kostbaren Schatze zu Lande reisen , speist der Gral 
alle, die frommen Sinnes sich an ihn wenden; die Unbeiligen hält 
der Gral stets zwei Rasten weit von sich entfernt. In Marsilje 
(cf. Tit. 2524) schiffen sich die Gralritter ein; auf Geheiss des 

*) die ich hier nur in der engl. Rück Übersetzung einer wälseben Übersetzung 
(Y Seint Greal, ed. Rob. Williams, London 1876. p. 642) benutzen konnte. 


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103 


Grals müssen von den Schiffsleuten diejenigen Zurückbleiben , die 
nicht vorher ihre Beichte abgelegt haben. Dieses Motiv ent- 
spricht dem, was der Grand St.-Graal hei der ersten Reise Jo- 
sephs von Arimathia von Sarras nach Britannien erzählt: Joseph 
verkündet, dass nur die Keuschen und Reinen übers Meer kommen 
sollen. Es sind 460 aus der Sehaar unrein , nur 150 rein (B.-H. 
pag. 22). Hier aber eine Entlehnung Albrechts anznnehmen , ist 
durchaus unnötig, denn dies Motiv entspricht ganz der Auffassung, 
die Albrecht überall von der Heiligkeit des Grales vorträgt. — 
Ein günstiger Wind treibt das Gralschiff, das Meer ist still und 
ruhig. Sie kommen zu der Stadt Pitimonte , die 500 Meilen ent- 
fernt von der übrigen Welt mitten im Meere liegt. Die Bürger 
glauben , dass dem Schiffe nach der langen Fahrt die Nahrung 
ausgegangen sei , und wollen ihnen Waren anbieten. Allein der 
Gral speist nicht nur die Sehiffslente , sondern auch die Bürger; 
dieselben hauen zu Ehren des Grals einen prächtigen Tempel aus 
grauem Steine, nach dem Muster des Tempels von Salvaterre, und 
nennen ihre Stadt von jetzt an Gräles. — Bei diesen wunderbaren 
Speisungen des Grals braucht man nicht mit San - Marte (a. a. O. 
pag. 438) eine Entlehnung aus den französischen Romanen anzu- 
nehmen, sie ergeben sich für den Nachahmer Wolframs von selbst 
aus der Natur des Grales ; Albrecht beschreibt auch an dieser Stelle 
sehr viel nur mit Wolframs Worten. So würden wir aus den 
bisher angeführten Momenten noch keine Benutzung altfranzösischer 
Romane von Joseph von Arimathia und dem Grale zu erschliessen 
brauchen. 

Weiter hat Albrecht die Fahrt des Grals mit den märchen- 
haften Zügen der Herzog-Ernst-Sage ausgcstaltet. Von Pitimonte 
kommt das Gralschiff weiterhin auch nahe an den Magnetberg 
heran, wo sie wohl 1000 Schiffe verfault und leer liegen sehen, 
aber vor der Kraft des Grals erlahmt die Kraft des Magneten. 
Von dort gelangen sie ins Lebermeer , darin steckt ein Wald von 
Kielen , vor dem Schiffe des Grals aber zerfliesst es , wie Eis im 
Feuer*). Noch viele andere Wunder an Ländern und Tieren zählt 
der Dichter kurz auf, ohne weiter auf sie einzugehen**). Dem 
Ferafis ist unterdessen (str. 6010a ff.) die Kunde vom Nahen des 
Grals gekommen. Er hatte seit seiner Rückkehr nach Indien 
alle seine Lande zum Christentum bekehrt (P. 822, 28 — 823, 3) ; 

*) Vergleiche über die Einordnung dieser Motive aus der Ernst -Sage in die 
Geschichte derselben Bartsch in der Einleitung zu seiner Ausgabe des Herzog 
Ernst, pag. CXLVII— CXLVIII and CL. 

**) Zu str. 6009 vergl. P. 830, 10—11. 790, 7 - 8. 


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104 


auch Philippe und Alexander, die beiden von Schionatulander über- 
wundenen Prinzen (cf. Tit. XXXIU), hatten sich dem Ferafis un- 
tergeordnet und das Christentum angenommen, sodass ihm 72 Reiche 
dienen. Mit einer grossen Prozession holen Ferafis und Urrepanse 
den Gral ein. Alle freuen sich des Grales, beklagen aber das 
Fehlen des Graltempels. Da tröstet sie Ferafis, indem er ihnen 
in langer Rede die Macht und Herrlichkeit des Priesters Johann 
schildert, dem auch er selbst sich freiwillig untergeordnet habe. 
Es folgt nun von str. 6030a (= A. D. XL, 301) — 6158 (XLI, 20) 
die grosse von Zarncke a. a. 0. analysierte Partie. In den meisten 
Stücken ist sie eine einfache Übersetzung des Presbyterbriefes 
nach der Recension B ; aber Albrecht fügt ausser einzelnen unbe- 
deutenden Zusätzen, durch die er das grosse Einschiebsel seinem 
Gedichte anzugleichen sucht (cf. Zarncke pag. 968/9), auch eine 
grosse Beschreibung eines Tartarenkampfes des Priesters Johann 
aus einer Reisebeschreibung des Mönches Johannes de Plano Carpini 
ein (cf. Zarncke 969). Bei der Beschreibung des zweiten Palastes 
verknüpft Albrecht auch die Thomaslegende mit seiner Schilderung, 
wenn er den Quasideus des Presbyterbriefes zu dem ersten Könige 
von Indien macht, der sich je Priester genannt habe, und der vom 
hl. Thomas getauft worden sei. 

Nach dieser Rede des Ferafis erklärt Parzival, auch er wolle 
sich dem Priester Johann unterordnen. Priester Johann kommt auf 
die Nachricht von der Ankunft des Grals demselben entgegen. 
Jetzt fehlt zu dem allgemeinen Glücke nur noch der Graltempel, 
aber auf das innige Flehen der Gralritter versetzt Gott in der 
Nacht den ganzen Bau nach Indien. 

An diesem Punkte (6166 ff.) fügt nun der Dichter seine schon 
längst in Aussicht gestellte nähere Erklärung über die Beschaffen- 
heit des Grals ein, die er dem alten Titurel in den Mund legt. 
Über diese merkwürdige Stelle hat überzeugend und richtig ge- 
handelt Birch-Hirschfeld, Sage vom Gral pag. 290 — 91. Hier haben 
wir zum ersten Male einen Punkt, wo eine unzweifelhafte Abhän- 
gigkeit Albrechts von den nordfranzösischen Graldichtungen fest- 
zustellen ist. Von Joseph von Arimathia und der Bedeutung des 
Grals als der Abenmahlsschüssel Christi weiss Wolfram gar nichts. 
Auch Albrecht vertritt in seinem ganzen langen Gedichte bis an 
diesen Punkt durchaus Wolframs Angaben über die Geschichte des 
Grals. Diese neue Wissenschaft muss ihm also erst am Ende sei- 
nes Werkes gekommen sein; wir dürfen vermuten, dass er schon 
str. 5914 im Besitze derselben gewesen ist, denn er stellt hier den 
endlichen Aufschluss über die stets dunkel gebliebene Geschichte 


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und Bedeutung des Grals in Aussicht (cf. str. 5982, 6 — 7). Da 
Albreeht andererseits aber auch die wertvollen Angaben Wolframs 
über die Herkunft des Grals nicht preisgeben will , so sieht er 
sich genötigt, beide Berichte, so gut es geht, zu verschmelzen. 
Eine gelehrte Nebenbemerkung über einen unechten Gral fügt er 
am Ende noch hinzu. — Wolfram berichtet über die Geschichte des 
Grals (P. 454, 24—30. 469, 3—13. 471, 15—28. cf. 798, 11—21), 
dass eine himmlische Schar ihn auf der Erde gehütet habe , bis 
dieselbe wieder in den Himmel zurückgekehrt, und der Gral mensch- 
licher Obhut anvertraut sei. So lässt denn auch Albreeht im An- 
fänge seines Gedichtes den Gral von Engeln behütet werden, bis 
Titurel zum Grale berufen und durch den Engel zum Grale ge- 
leitet wird. An unserer Stelle dagegen schiebt er in diese Er- 
zählung die Benutzung des Grals durch Jesus Christus bei seiner 
Mandate *) , und die Aufbewahrung des Grals durch Joseph von 
Arimathia bis zu dem Augenblicke, wo der Engel ihn dem Titurel 
bringt, vollkommen neu ein. So wird der Gral also zuerst von 
Engeln auf die Erde gebracht und von ihnen dort gehütet, dann 
von Jesus benutzt und von Joseph aufbewahrt, bis wiederum ein 
Engel kommt und den Gral dem Titurel bringt. — In gleicher 
Weise vereinigt Albreeht die Angaben Wolframs und der franzö- 
sischen Romaue über die Gestalt des Grals. Bei Wolfram ist er 
ein Stein mit Namen lapsit exillis (P. 460, 7), bei den Franzosen 
die Abendmahlsschüssel Christi. Albreeht lässt aus dem Steine 
Jaspis exillix die Abendmahlsschüssel Christi herstellen, von der 
sich bei Wolfram auch nicht die leiseste Andeutung findet. 

Welche specielle französische Quelle Albreeht für die von ihm 
mit der Auffassung Wolframs verknüpften Angaben benutzt hat, 
lässt sieh aus ihnen allein nicht feststellen, da sie zu allgemein 
gehalten sind. Es lässt sieh nicht einmal feststellen, ob Albreeht 
überhaupt einen französischen Gralroman eingesehen hat**). Die 
wenigen vorher erwähnten Übereinstimmungen einzelner Züge von 
Albrechts Darstellung mit Motiven der französischen Graldichtun- 
gen Hessen sich alle aus Wolframs Angaben oder aus näberlie- 
genden Combinationen Albrechts erklären. Die Untersuchung der 


*) Über die Mandate vergl, Ducange V, 212c. Es ist die Fusswascbung am 
Abendmahlstage; hier ist das Wort aber in weiterer Beziehung gebraucht, da die 
Fusswaschung dem Abendmahle unmittelbar vorhergeht (cf. Ev. Job. Cap. IS). 

**) Die Bemerkung WecbBlers (Festgabe für Sievers S. 250), Albreeht habe, 
abweichend von Wolfram, für Condtcirtimürs den Namen der Heldin fast aller 
französischer Parzivalromane Blanche/lour eingesetzt , muss auf einer mir unver- 
ständlichen Verwechselung beruhen. 


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106 


französischen Fremdwörter Albrechts (ira 2. Teile dieser Untersu- 
chung), wird erweisen, dass wir für Albrecht gar keine oder nur 
die allergeringsten französischen Spracbkenntnisse vorauszusetzen 
haben. Dann müssten wir also Albrechts Angaben Tit. 6172 — 76 
entweder mündlicher Tradition zuschreiben, wie Birch- Hirschfeld 
pag. 290 es thut (cf. dagegen Hamburger, Zs. f. d. Ph. 21, 413. 
a. 1), oder annehmen, dass Albrecht sonst auf iudirectem Wege 
zur Kenntnis dieser Dinge gelangt sei. Ich möchte glauben, dass 
eine kurze Notiz gelehrten Charakters , die zugleich die Angabe 
über den unechten Gral der Konstantinopeler *) enthielt, und die in 
der Albrecht geläufigen lateinischen Sprache abgefasst war , dem 
überall herumsuchenden Dichter in die Hände gefallen sein mag ; 
denn warum sollte nicht ein so eng mit der christlichen Legende 
verknüpfter Stoff in einer lateinischen Notiz nach Deutschland ge- 
kommen sein können? — 

Was nun noch folgt , ist eine kurze Übersicht über die fer- 
neren Geschicke des Gralgeschlechtes. Der alte Titurel , der 500 
Jahre dem Grale gedient hat, stirbt, nachdem man ihm auf seine 
Bitte neun Tage lang den Anblick des Grals entzogen hat. Weiter 
zieht Albrecht die Consequenzen aus seiner Gegenüberstellung des 
Grals und des Priesters Johann, indem er beide Gebiete mit ein- 
ander vereinigt und nun den Anteil eines jeden von beiden ab- 
misst. Von jetzt an speist der Gral niemanden mehr, weil er in 
das Land des Überflusses gekommen ist. Man sieht aber an ihm 
geschrieben, wenn einer sündigt. Dann werden dessen Hände mit 
einer Wunde durchschlagen, die erst bei reuiger Busse des Sünders 
heilt. — Parzival und Priester Johann erheben einen edlen Wett- 
streit um die Herrschaft des Landes. Der Gral bestimmt endlich, 
dass Parzival König werden soll, aber nur auf zehn Jahre , weil 
er Schuld an dem Tode seiner Mutter gewesen sei (nach P. 499, 
21 — 22). Er muss seinen Namen mit dem des Priesters Johann 
vertauschen. Nach Parzival wird der Sohn des Feirefiz und der 
Urrepanse Priester Johann (P. 822, 23—27). Parzivals Würde 
wächst auch noch , nachdem er die Gralkönigswürde niedergelegt 
hat, über die aller andern Könige. Man findet noch heute am Gral 
jedesmal den Namen des neuen Priesters Johann mit Gold geschrie- 
ben; aber sie müssen alle sterben, doch vom ewigen Verderben 
bleiben sie befreit. — 

Wir sind am Schlüsse unserer Untersuchung angelangt , und 


*) Vgl. über diesen Bircli-Hirscbfeld, p. 223 a. 1. 


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107 


wollen versuchen, das Resultat im Folgenden kurz zusamraenzu- 
fassen : 

Die einzige Vorlage, di e A lbr ech t fü r s ein ganzes 
Gedicht gleiehmässigheranzieht, ist Wolfram sPar- 
zival und Titurel. Obwohl Albrechts Gedicht eigentlich nur 
die Weiterführung des von Wolfram begonnenen Epos von Scbio- 
natulander und Sigune sein soll , hat sich der Dichter doch in 
Wirklichkeit das höhere Ziel gesteckt, zugleich auch alles, was 
Wolframs Parzival noch unklar gelassen hatte, aufzuhellen und 
auszuführen und so beide Epen Wolframs in seinem Gedichte zu 
einer höheren Einheit zu verschmelzen. Darum bilden die An- 
gaben von Wolframs Gedichten überall den Stützpunkt der Aus- 
führungen Albrechts , auch die kleinsten Andeutungen Wolframs 
sind gewissenhaft herangezogen und mit starker ausmalender Kraft 
ausgesponnen worden. So ist alles , was der Titurel Cap. II — IV 
erzählt, nur eine unendlich weit ausgeführte, rückwärts aufbauende 
Darstellung dessen, was Wolfram über Titurels Gralpflegertum 
berichtet; Capp. V — VII, die Schionatulanders Jugend schildern, 
geben Wolframs erstes Titurel -Lied wieder; Cap. VIII ist eine 
ausgeführte Paralleldarstellung von Gamurets zweitem Zuge nach 
Baldac und seinem Tode, vgl. P. II. Cap. X bringt Wolframs 
zweites Titurel-Lied und damit durch die Einführung des Bracken- 
seils die Exposition zum folgenden, von Albrecht selbstständig wei- 
ter ausgesponnenen Teile. Die Episode vom Rauhe der Frauen 
des Artus , Cap. XIX , beruht ganz auf Wolframs Angaben. Die 
Capp. XXX— XXXV erzählten Kämpfe Schionatulanders um die 
Lande Parzivals sind freie Ausführung eines bei Wolfram nur ganz 
oberflächlich angedeuteten Motivs ; und endlich, was Albrecht Capp. 
XXXV— XXXIX über Sigunens Klagen, Parzivals Thaten und über 
Feirefiz berichtet, ist teils eine kurze Zusammenfassung des von 
Wolfram im Parzival Erzählten, teils eine weitläufige Ausführung 
von Andeutungen des Parzival. 

In den Partien des Titurel, die nicht direct aus Wolframs 
Gedichten geflossen sind, erkennen wir ausserdem eine Reihe von 
Imitationen Wolfrarascher Scenen und Motive, die 
Albrecht auf andere Personen seines Gedichtes übertragen hat. 
Schionatulanders erste Ausfahrt und sein Erscheinen an Artus 
Hofe (Capp. X — XI) ist in vielen Stücken eine Imitation von Par- 
zivals Erlebnissen P. VI ; der grosse Zug Schionatulanders nach Bal- 
dac ist eine weit ausgesponnene Parallele zu Gahmurets Zügen nach 
Baldac (P. II — Tit. VIII). Für die Schilderung dieses Zuges und 
für die orientalischen Verhältnisse überhaupt ist Wolframs Wille- 


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108 


halra die einzige, stark ausgenutzte Quelle gewesen. Ich erwähne 
noch die verschiedenen Kämpfe Schionatulanders mit Orilus und 
Lehelin (Cap. XXX — XXXV), die nur Paralleldarstellungen zu dem 
einen von Wolfram erzählten Kampfe sind u. a. m. 

Dass endlich in allen Einzelheiten des grossen Gedichtes 
Wolframsche Züge, Wolframsche Personen und Wolframsche Auf- 
fassung auf Schritt und Tritt begegnen, haben wir bei unserer 
Untersuchung immer wieder feststellen müssen. 

Neben diesem überwältigenden Einflüsse Wolframs tritt alles 
andere zurück. Vor allem haben wir zu constatieren, dass Albrecht 
eine zweite grosse Vorlage für sein Gesamtgedicbt neben Wolfram 
nicht benutzt hat; Albrechts Titurel ist also keine Be- 
arbeitung des dem Provenzalen Kiot zugeschriebe- 
nen französischen Gedichtes. Wohl aber hat sich Albrecht 
bei der weiteren Ausarbeitung seines auf dem Grunde der beiden 
Wolframschen Gedichte aufgebauten Epos in den Einzelheiten nicht 
mit Wolframs Angaben allein begnügt, sondern teils seine eigene 
Erfindungskraft spielen lassen, mehr aber noch, da er der eigenen 
Kraft misstraut zu haben scheint, in gelehrt compilierender Manier 
aus den verschiedenartigsten Quellen eine Unsumme von kleineren 
Zügen, Notizen und Anspielungen zusammengescliarrt und in sein 
Gedicht verarbeitet, nicht ohne manchmal recht frei mit dem her- 
beigebrachten Materiale zu schalten. Hierher müssten wir eigentlich 
auch die schon oben besprochene reichliche Benutzung von Wolf- 
rams Willebalm stellen. In diesem Sinne können wir aber 
auch für einzelne kleinere, in sichabgeschlosseneAb- 
schnitte von Albrechts Gedicht bestimmte zusammen- 
hängende Quellen neben Wolfram nachwcisen. Das gilt 
vor allem von den beiden grossen Episoden, dem Kampfe des Artus 
mit Lucius von Rom , und der Beschreibung des Landes und der 
Herrlichkeit des Priesters Johann, mit der eingelegten Beschrei- 
bung eines Tartarenkampfes des Priesters Johann. — Ferner haben 
wir an ein paar Stellen die hl. Schrift als Vorlage Albrechts er- 
kannt. — Eine nähere Kenntnis der nordfranzösischen 
Gralromane haben wir dagegen für Albrecht ablehnen 
müssen , doch geht die kurze Notiz über die wahre Natur des 
Grals (Tit. 6172 — 76) in ihrem letzten Ursprünge auf diese fran- 
zösischen Dichtungen zurück. — Die staunenswerte Belesenheit 
Albrechts in der epischen Litteratur seines Jahrhunderts macht 
sich stellenweise geradezu unangenehm breit. Ich erinnere an die 
langen Aufzählungen der Fürsten und Ritter auf dem Turnier zu 
Florischanze , an die ganz unmotivierten Anspielungen auf die 


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109 


Alexanderfabel und die darin wiederum eingeschaltete Beziehung 
auf Reinbots hl. Georg. — Das grosse Fest des Artus auf Flori- 
schanze haben wir zwar Albrechts Erfindung zuzuschreiben , aber 
in der Ausführung der Einzelheiten hat Albrecht sich ganz nach 
der Schablone aller übrigen höfischen Epen gerichtet. Dasselbe 
gilt von der Brückenprobe (Cap. XVIII) , während in der gleich 
darauf folgenden kleinen , hübschen Geschichte von Artus und 
Melianz, sowie in der Erzählung von Lohengrins Ende (Cap. XL) 
ausserdem noch Motive aus novellistischen Quellen mit der Per- 
son der epischen Helden verknüpft sind. — Die Vorlage für das 
grosse mystische Gedicht vom Brackenseile ist noch zu entdecken. 

Wollen wir nun endlich die Partien des Titurel aufzählen, die 
Albrechts eigener Erfindung zuzuschreiben sind, so ist zu 
bemerken , dass damit nur die Erfindung dieser Partien in ihren 
Umrissen gemeint ist, denn in allen Einzelheiten zieht Albrecht 
auch hier die verschiedensten Quellen reichlich an. Unter dieser 
Einschränkung sind hier zu nennen: Cap. IX: Schionatulanders 
Schwertleite. Capp. X — XII : die Fortführung der in W. Tit. II 
exponierten Kämpfe um das Brackenseil. Capp. XIII — XVIII: das 
Fest aufFlorischanze. Capp. XX — XXIX: Schionatulanders Zug nach 
Baldac (damit zusammenhängend Cap. XXXIII). Cap. XL: der 
Tod des Orilus und der geistliche Schluss der eigentlichen Aven- 
tiure. Endlich die Umrahmung des ganzen grossen Gedichtes, die 
ausführlich erzählte Vorgeschichte des Gralgeschlechtes und am 
Schlüsse die Wanderung des Grals nach Indien und der kurze 
Ausblick auf die ferneren Schicksale des Gralgeschlechts. 

Betrachten wir schliesslich das aus so mannigfachen Elementen 
zusammengesetzte Gedicht Albrechts einmal als ein Ganzes, so er- 
kennen wir hei scharfer Beobachtung der Hauptetappen des Ge- 
dichtes wohl , dass der Dichter den Plan des Ganzen gar nicht 
übel angelegt hat, ja wir nehmen deutlich den symmetrischen Auf- 
bau des Gedichtes wahr. Allein durch seine gelehrten Neigungen 
hat sich der Dichter verleiten lassen, den gesunden Kern seiner 
Aventiure durch die massenhafte Heranziehung auch ganz fremden 
Stoffes unter einem Wust von Abenteuern zu vergraben. Dadurch 
ist uns heute der jg. Titurel ebenso sehr, wie durch seine unleid- 
liche Sprache, ungeniessbar geworden, und Wolfram selbst würde 
sich über diese Fortsetzung seines Titurel wenig gefreut haben. 


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110 


II. Teil. 

Albrechts Abhängigkeit von Wolfram in Sprache und Stil. 

Ganz dasselbe Resultat, wie die Untersuchung der stofflichen 
Abhängigkeit Albrechts von Wolfram, giebt uns die Vergleichung 
des jg. Titurel mit Wolframs Gedichten nach Sprache und Stil. 
Ebenso wie Albrecht den Stoff seines Gedichtes in der Hauptsache 
auf den Gedichten Wolframs und dessen gelegentlichen Andeutun- 
gen aufbaut, aber für Episoden und allerband Einzelheiten mit un- 
ermüdlichem Fleisse und grosser Gelehrsamkeit von allen Orten 
herbeischleppt, was er nur Brauchbares finden kann , so ruht auch 
Albrechts poetische Diction im wesentlichen auf dem Fundamente 
von Wolframs Sprache, ohne doch darum gelegentliche Anleihen 
bei allen möglichen andern, höfischen und volksmässigen , Epikern 
zu verschmähen. Wolframs starke dichterische Persönlichkeit hat 
sich auch eine eigenartige individuelle dichterische Sprache ge- 
schaffen , die gleichmässig alle seine poetischen Schöpfungen aus- 
zeichnet und uns fast noch deutlicher, als seine Behandlung des 
überkommenen Stoffes, die kraftvolle, selbstständige Natur dieses 
grössten Dichters unseres deutschen Mittelalters erkennen lehrt. 
Eine grosse einheitliche Darstellung von Wolframs Sprache und 
Stil giebt es bis jetzt noch nicht, die kurze Skizze Boettichers 
(Germ. 21, 257 ff.) lässt nur ahnen , wie umfangreich , aber auch 
von welcher Bedeutung für die ganze mhd. Litteratur diese Arbeit 
sein würde. Von Einzelarbeiten, die mehr oder minder glücklich 
einzelne Punkte von Wolframs Sprachgebrauch und Stil behandeln, 
habe ich die unten aufgezählten *) benutzt. Es würde eine lohnende 


*) 0. Jaenicke, De dicendi usu Wolfrarui de Eschenbach. Halle 1860. — 
K. Einzel, Zur Charakteristik des Wolframscheu Stils. Zs. f. d. Ph. V, 1—86. — 
P. T. Förster, Zur Sprache u. Poesie Wolframs r. E. Leipzig 1874. — K. Kant, 
Scherz u. Humor in Wolframs v. E. Dichtungen. Ileilbronn 1878. — Chr. Stark, 
Die Darstellungsmittel des Wolframschen Humors. Schwerin 1879. — L. Bock, 
Wolframs Bilder u. Wörter f. Freude u. Leid. Q. F. XXXIII. — W. Hoffmann, 


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111 


Arbeit sein, das Fortlebea der Dichterspracke Wolframs bei seinen 
Nachahmern im Ganzen zu behandeln; wir haben es hier nur mit 
dem jüngeren Titurel zu thun, aber Albrecht ist von allen Nach- 
ahmern Wolframs der intensivste. Wie er sich überhaupt mit 
dem grössten Eifer in das Studium des grossen Meisters versenkt 
hat, so nimmt er auch Wolframs Stil, soweit er ihn erkannt hat, 
bewusst auf, ja er bildet ihn an manchen Punkten weiter aus. 
Trotzdem ist ihm Wolframs Persönlichkeit in ihrer ganzen Grösse 
doch noch nicht aufgegangen, schliesslich hängt auch er nur an 
den formalen, leicht erkennbaren Eigentümlichkeiten von Wolframs 
Diction ; nirgends weht Wolframscher Geist in dem ganzen unge- 
heuren Werke. 

Der folgenden Untersuchung sind, wie oben p. 3 gesagt, H 
und AD gleichmässig zu Grunde gelegt. H und AD sind die 
Vertreter der beiden von Zarncke im „Graltempel“ aufgestellten 
Recensionen I und II, zwar nicht die besten, aber es lässt sich 
doch, bei dem bedauerlichen Mangel einer kritischen Ausgabe des 
Titurel, durch sie eine leidliche Übersicht über den Text gewinnen. 
Lachmanns Herstellung der Einleitung des Titurel (kl. Sehr. I, 
497 ff.) und Zarnckes kritische Behandlung einzelner Partien des 
Gedichtes*) sind sorgfältig herangezogen worden. Für eine ganze 
Reihe von Eigentümlichkeiten der Sprache des Titurel, die sich 
durch das ganze Gedicht gleichmässig hinziehen, werden wir uns 
mit Stichproben begnügen dürfen; dazu sind die Strophen 1 — 1000, 
2500 — 3000 , 5500— 6000 gewählt worden; für alles irgendwie 
Wichtige ist Vollständigkeit angestrebt worden. Einen Versuch, 
im Titurel enthaltene Interpolationen auszuscheiden, habe ich bei der 
mangelhaften kritischen Grundlage, die mir zur Verfügung stand, 
nicht gewagt. 

Cap. I. Metrisches. 

In einem ersten Capitel wollen wir vorausnehmen, was über 
die Behandlung der Versausgänge und der Reime zu sagen ist**). 

Der Einfluss des Reims auf die Spruche Wolframs v. E. Strassburg 1894. 

E. Jauder, Über Metrik und Stil in Wolframs Titurel. Rostock 18»3. — Sau- 
Marte, Rcimregister zu Wolframs Weiken. — Vgl. noch Sau-Marte, Parz.-Studien 
Bd. S Abt. C. — K. Lucae, De Donnullis locis Wolframianis. — Über die Sprache 
des jg. Titurel finde ich nichts als ein paar Bemerkungen P. Hamburgers in 
seinen Untersuchungen über Ulr. Fürterers Dichtungen vom Gral u. v. d. Tafel- 
runde I. Strassburg 1882. 

*) Abh. der Siebs. Gesellsch. d. W., phil.-hiet. CI. Bd. VII, 434—71. 505 
-15. 524—42. 973—93, u. Germ. 22, 11—16. 

**) über die metrische Technik Albrechts im Innern der Verse ein Urteil 
zu fällen, ist nicht erlaubt, ehe nicht eine kritische Ausgabe den ältesten Text 


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. 


— 112 - 

Wolframs Titurelstrophe ist vierzeilig; sie besteht aus drei ver- 
schieden langen Langzeilen mit Caesur in der Mitte und einer 
Kurzzeile von 5 Hebungen. Die Strophe verlangt an den Reim- 
stellen stets klingenden Ausgang, an den Caesurstellen dagegen 
wechselt klingende und stumpfe Endung. Es stehen also im gün- 
stigsten Falle 3 stumpfe Ausgänge 4 klingenden gegenüber. 
Albrecbt hat durch die Einführung der klingenden Caesurreime 
nicht nur die vierzeilige Strophe Wolframs in eine siebenzeilige 
Strophe von Kurzversen, mit einer Waise an 6. Stelle, verwandelt, 
sondern auch die Alleinherrschaft des klingenden Ausgangs in sei- 
ner Strophe zur vollsten Geltung gebracht. Selbst die Waise in 
der 6. Zeile muss sich dem Gesetze der klingenden Endung fügen, 
aber gerade an 6. Stelle finden sich noch die meisten Anklänge an 
Wolframs Technik. Ich zähle im ganzen Titurel ca. 370 stumpfe 
Ausgänge an 6. Stelle, das sind nicht ganz 6°/o. Die Mehrzahl 
dieser Fälle findet sich in den ersten 2000 Strophen des Gedichtes, 
ohne dass gerade innerhalb der Wolframschen Fragmente selbst 
eine auffallende Häufung der Fälle sich zeigte. Je näher es dem 
Schlüsse zugeht, desto seltener werden die stumpfen Ausgänge an 
6. Stelle*). 

Viel seltener sind die Fälle, wo an erster und dritter Stelle 
der Titurelstrophe stumpfer Ausgang erhalten ist. Auf der Be- 
obachtung, dass Albrecht sich bei der Überarbeitung der Wolf- 
ramschen Fragmente, der Bequemlichkeit halber, die sonst gemie- 
denen stumpfen Ausgänge an 1. und 3. Stelle reichlich gestattet**), 
beruht der Versuch von Bartseh (Germ. 13, 1 lf.), zwei weitere 
Stücke des Titurel als echt wolframsclie Bestandteile in Anspruch 


des Titurel wiederhergestellt hat. Gerade in diesem Punkte zerstören die spä- 
teren Umarbeitungen der mittelalterlichen Epen am ehesten die Technik des 
Dichters, im allgemeinen darf man nur das schon jetzt behaupten, dass Albrecbt, 
der Strömung seiner Zeit folgend, Hebung und Senkung gieichmäasiger verteilt 
hat, als Wolfram. 

*) str. 1 — 1000 mit 83 Fällen, davon entfallen 32 auf W. Tit. I (in ca. 
200 Strophen); in dem von Bartsch ausgehobenen zweiten W. Tit.-Bruchstücke 
(= 33 Strophen) nur 3 Fälle. — str. 1000 — 2000 = 146 Fälle, davon 14 auf 
W. Tit. II (in 50 Strophen); in dem von Bartsch ausgehobenen vierten W. Tit.- 
Bruchstücke (= 32 Strophen) nur 3 Fälle. — str. 2000—3000 = 62, str. 8000 
bis 4000 = 39, str. 4000—5000 = 26, str. 5000=6200 (Ende) = 24 Fälle. 

**) W. Tit. I hat bei Albrecht in ca. 200 Strophen 45 stumpfe Reimpaare 
an 1. und 3. Stelle; davon sind aber 5 Zusatzstrophen Albrecbts (612 [6,48] AD. 
647 H. 698. 700. 702), bei dreien ist es nicht sicher, wem von beiden sie ge- 
hören (721. 763. 768). W. Tit. II enthält bei Albrecht in 49 Strophen (str. 1140 
-88) 10 Fälle. 


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113 


zu nehmen : str. 923 — 56 (mit 5 Fällen von stumpfem Ausgänge 
an 1. und 3. Stelle) und 1234 — 64 (mit 10 Fällen). Doch scheint 
mir eine andere Erklärung dieser Erscheinung näher zu liegen. 
Eine Übersicht über sämtliche Fälle im Titurel ergiebt, dass 
Albrecht eben in den ersten 1500 Strophen die stumpfen Caesurreime 
überhaupt noch nicht durchaus vermieden hat*). 

Das völlige Überwiegen der klingenden Ausgänge nötigt nun 
Albrecht noch mehr als Wolfram, klingend endigende Reimwörter 
zu suchen oder gewaltsam zu bilden. Unter diesen Gesichtspunkt 
fallen zunächst mehrere syntactische Eigentümlichkeiten, die sich 
bei Wolfram, besonders im Titurel, vorgebildet, bei Albrecht aber 
gehäuft und zum Teil masslos übertrieben wiederfinden. Im 
Innern der Verse gebraucht Albrecht sie fast alle so gut wie 
gar nicht. 

Nur kurz hinzuweisen brauchen wir auf die einfache Nach- 
stellung des attributiven Adjectivums, die bei allen mhd. Dichtern 
mehr oder minder beliebt ist. Bei Albrecht sind die Beispiele 
zahllos; doch da (nach Grimm Gramm. IV, 490) diese Nachstellung 
gewöhnlich dazu dient, stumpfe Versscblüsse zu schaffen, indem 
das Adjectivum in diesen Fällen meistens unflectirt auftritt, so 
gebraucht Albrecht entweder solche Adjectiva, die auch in ihrer 
unfiectierten Form zweisilbig sind, oder er flectiert das nachge- 
stellte Adjectivum. Die mannigfachen Freiheiten, die sich Albrecht 
dabei erlaubt, gehen weit über Wolframs Gebrauch hinaus**). 

Die appositionelle Nachstellung des Adjectivums mit Artikel 
hat Wolfram mit den volkstümlichen Epen gemein; für Wolfram 
vgl. Jaenicke p. 28, und für W. Tit. besonders Hamburger p. 11, a. 1. 


*) Stumpfer Caesarreim vor der Überarbeitung von W. Tit. I nur: str. 42. 
60a(66). 257. 258. 318 (= Z. Qralt. 8; aus Zarnckes Conjectur). Zwischen W. 
Tit. I und II liegen : str. 799. 910, dann die fünf Strophen in Bartsch* 2. Bruchstück, 
dann str.976. 1050. 1063. 1074. 1089. 1130(9, 46)AD. 1187. Nach W.Tit. 11 folgen: 
str. 1216. 1230, dann Bartschs 4. Bruchstück mit 10 Fällen, darauf str. 1322. 1346. 
1348. 1349. 1378. Iüö7. 1404. 1418. 1429. In weiteren Zwischenräumen endlich 
noch str. 1643. 2237a(17,10). 2459 und die letzte, auffällige Gruppe: 5161. 6187. 
5211. 5212. 5214. 5215. 5223. 

**) Besondere Beachtung verdient z. B. das dem nachgestellten Adjectivum 
(oder Pronomen poss.) unorganisch angebängte -e in solchen Fällen, wo entweder 
gar keine oder eine andere Endung als -e antreten sollte (cf. Martin z. Kabschl. 
931,1). So sagt Albrecht nicht uur: der bruoder sine 976,7, sondern auch »n 
tcerdem schine cläre 609, 5. der hvhen brefte sine 920, 4. dem werden aheim sine 
3519, 1. cf. 801, 4. 1789,7. 1796,1. 1908,3. 2007,7. 2126,3. 2660,4. 2687,4. 
2784,7. 2890,4. 3409,2. 3610,5. 3542,2. 3801,3. 8901,6. 8995,1. 1415,8. 4769,4- 
4949,1. 6075,4. 6548,1. 6648,2. 6658,7. 6721,2. 

8 


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114 


Albrecht hat diese Structur überaus häufig, einmal bei Eigen- 
namen, dann auch in anderen Fällen : cf. Tit. 74, 5: Elyas der wise. 
80, 4: Titurel der werde = 85, 7. Senabor der r'tchc 89, 2. u. s. w.*). 

Ein Adjectiv in praedikativer Stellung wird mit dem Artikel 
versehen. Für Wolfram vgl. Förster p. 8 — 9, für W. Tit. speciell 
Jander p. 17 — 18. Bei Albrecht ist auch dieser Gebrauch sehr 
gehäuft. Tit. 9, 4 : däJn was eine gar diu dz ersuohte. 84, 1 : Rom 
ist nü diu nuere. 92,2: ich weer im Jobs der jehende u. s. w.**). 

Ein Adjectiv in prädikativer Stellung wird flectiert. Dieser 
Fall ist hei Albrecht seltener als die vorigen. 205,4: daz lebart 
nie so schenker (: lecker) wart. 303, 5 : wan hct er sie da Ideen belibene 
(: unvertribene). 891, 3: ervalte manegen löten, cf. 613, 3 — 4. 994,6—7 
(dagegen 997,2 innerhalb des Verses). — 2609,5. 2616,2. 2658,1. 
2692, 5. 2694, 4. 2736, 7. 2836, 7. 2890, 3. — 6883, 2. 5895, 4. Auf- 
fällig sind besonders diejenigen Stellen, an denen ein solches Ad- 
jectiv, nur aus Reimbedürfnis, schwach flectiert ist. cf. 22, 3 : das 
tnuoz der sei vil sure (: ndchgcbüre) werden (= P. 1,2). 833, 4: der 
selbe ruof wart da wol erkante (: Modiante). cf. 360,2. 970,3 — 4. — 
2757,4. 2870,7. 2922, 2. — 5521,3. 5641,7. 5636,2. 5711,6. 5981a 
(40,225)1. 

Hierher gehört endlich noch die Umschreibung des Praesens 


*) atr. 105,6. 124,8. 132,2. 192,6. 210,6. 213,7. 257,1. 283,5. 811,2. 
318, 7. 841,3. 487,6- 6. 444,2. 450,6. 524.1.- 2507,1. 28,3. 2610, 1. 26,6. 
28, 1. 57,6. 81,2.5. 2803,1. 85,5. 49,2.6. 58,2. 2933,2. 54,1. 59,5. 70,1. 71,2. 

80.1. 84,6. 87,6. 94,1. — 5549,1. 81,3. 5637,4. 50,7. 57,1. 59a, 2. 67,3. 68,5. 

85.5. 96,5. 96,2.5. 5712,5. 16,1. 45,7. 98,6. 5810,3. 48,4. 51,2. 79,1. 80,1. 

85.3.5. 6917,2. 95,7. — Nicht bei Eigennamen : Tit. 86,2: üz tcazzer dem Hl 
weichen. 49,3: ein ouge daz gerehte u. s. w. : 30,1. 66,2. 64,1. 73,2. 103,6. 

106,4. 123,6. 124,6. 125,2. 127, 1. 129,2. 156,6. 356,2.383,1. 389,1—8.396,2. 
Mlb. (= Marienlob, ed. Zarncke) 6,1. 5,6. 14,3. 82,6. Tit. 452,6. 468,4. 481,6. 

483.1. 486,1. 525,5. 538,2. — 2518,2. 22,7. 26,6. 44,3. 90,2. 92,2. 99,1.3. 

2665.1. 66,6. 2701,2. 05,6. 06,5. 29,6. 40,7. 70,1. 77,3. 90,3. 96,2.5. 97,1. 

2842.6. 78, 1. 94,3. 2934,7. 40,6. 52,1. 65, 1. 65,2. 92,5. 95,2. 97,1.-6508,1. 

22.6. 24,6. 34,6. 35,5. 6601,7. 08,1. 13,2. 13a, 3. 25,1. 28,5. 35,6.42,1. 69,2. 
61,6.66,5. 88,7. 94a, 7. 99,6. 5724,6. 28,6. 41,3. 67,8. 69,4. 63,6. 81b, 1. 

96.3. 5828,5. 29,1. 50,6. 72,1. 5905,5. 12,4. 21,3. 29,5. 50,2. 92,2. 

•*) cf. 78,5. 99,8. 110,7. 120,5. 152,3. 170,7. 174,4. 175,6. 194,7. 195,4. 

202.7. 210,5.7. 297,7. 302,5. 303,7. 431,5. 448,3. 483,3. 491,4. 501,4. 564,7. 
— 2542,6. 71,7. 86,4. 2606,2. 36,6. 40,1.2. 60, 1. 71,3. 72,6. 75,2.93,7. 98,4. 

2710.7. 20,4. 26,7. 33,5.7. 42,4. 46,5. 2823,7. 26.7. 28,5. 36,6. 41,5. 47,5. 

56.4. 66,1. 86,4. 87,5. 2911,4. 13,4. 46,3. 56,6. 58,3. 80,7. — 5528, 3. 41,5. 

53.7. 73,5. 88,7. 91,4. 5610,5.7. 30,6. 34,5. 47,6. 48a, 5. 48b, 2 50,4. 51,5 

84.4. 99a, 7. 5711,4. 38,3. 50,4. 53,3. 65,3. 75,4. 88, 7. 94,3.7. 5830,7. 41,7 
44,3. 72,7. 73,7. 75,4. 88,1. 5938,4. 48,7. 31,2. 53,2. 90b, 7. 92,4. 98,7. 


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115 


oder Praeteritumg durch das Part. Prs. mit der Copula sin oder 
werden. Diese Umschreibung, die sich bei Wolfram schon ziem- 
lich oft findet, aber meistens noch die ihr eigentümliche Bedeu- 
tung der Dauer in einer Zeit deutlich zeigt, ist bei Albrecht 
völlig zur formelhaften Manier herabgesunken. Sie findet sich 
streckenweise fast in jeder Strophe und trägt nicht am wenigsten 
dazu bei, die Sprache des Gedichtes für uns geschraubt und uner- 
träglich zu machen. Aus metrischen Gründen verwendet Albrecht 
noch dazu nur Participia von Verben mit kurzer Stammsilbe*), 
sodass eine erschreckende Monotonie durch diese Manier hervor- 
gernfen wird. Hamburger (a. a. 0. p. 12) behauptet, dass das um- 
schreibende Part. Prs. im Titurel in den späteren Partien bei 
weitem nicht so häufig sei, wie am Anfänge. Ich zähle str. 1 — 500 
im Ganzen 145 Stellen , in denen meistens beide Verse (ein paar 
Waisen sind mit darunter) auf ein umschreibendes Part. Prs. 
ausgehn; str. 2500 — 3000 enthalten nur 92 Fälle, str. 5500 — 
6000 aber wieder 140 Fälle. Albrecht hat also am Ende seines 
Gedichtes die Umschreibung noch ebenso gern wie am Anfänge. 
— Bei der ungemein häufigen Verwendung des Part. Prs. im Reime 
kann es nicht wundern, wenn Albrecht aus Reimnot die seltensten 
und gewagtesten Participialconstructionen heranzieht. So regiert 
hären das Part, statt des Inf. z. B. 4783,2; sehen 523, 3 — 4. 
4452,4; machen 4622, 1 ; laten 418, 1. 4324,2. 5939,2, und besonders 
tuon 602,5. 3071,6. 3135,3. 3420,4. 3509,3, 3644,7. 5377,4. 
6114, 7. Da Albrecht ferner die flectierten Formen des Infinitivs 
selbst, das Gerundium, auf -ende bildet, so vermischen sich oft die 
Formen des Part. prs. und des Gerund., das bei Albrecht gar 
nicht selten auch den wirklichen Infinitiv vertritt. Bei Wolfram 
finde ich nur ein Beispiel dieser Art: P. 610,5: daz ich tu einem 
hän verjehen gein iu ze kämpfe kumcnde ; bei Albrecht aber schafft 
der Reimzwang und die sprachliche Unbeholfenheit des Dichters 
vereint nicht selten solche Ungetüme von Constructionen wie Tit. 
226 : Bewegenheit des lehennes und doch zuo leben hugetide pfligt in 
sturme gebennes genendikeit und ganzer crefte mugende. Vgl. die ähn- 


*) Ausnahmen von dieser Regel sind nnr : (beende :) mcrnde 566, 1. (wemde:) 
lemde 1901b (15, 33) 5 cf. 3158,2, nach der bei Albrecht beliebten Bindung yon 
i : i vor r ■+■ Cons. ; ferner mit Ausstossung der Bilduugssilbe -en- : tcarnde (: vamde, 
spamde) von warnen : 787,5. 808,5. 1890,3. 2970,5. 1448,5. 8073,5. 3702,4. 
4211,1. lemde (: wemde) 5228,5. weinden (: rereinden) 5244,5; härtere Fälle sind: 
valde (= vallende) (: Graeiealde) 942, 1, ef. 2733, 7 : die begerden (= begemden) 
(: werden) ; endlich werbende: umtobende: 120(1,44) 2 (lies wermde : stermde, wie 
netnende : gebende = nemde: gemde: 4882 , 5 , cf. 6126,5). 

• 7 • 8 * 

v ■* - - v •- 


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116 


lieh barten Constructioncn 638,7. 2607,3. 2866,3. 4498,7. 6139,1. 
3442,7. 4448,6. 6004,2. 6466,7. 

Auf die übrigen Mittel, die Albrecbt zur Gewinnung klingen- 
der Ausgänge verwendet*), können wir hier nicht näher eingehen, 
da sie bei Wolfram noch nicht Vorkommen; doch sind auch man- 
che von den in den nächsten Capiteln behandelten Stileigentümlich- 
keiten, die Albrecht aus Wolfram übernommen hat, hauptsächlich 
dem Reimbedürfnisse entsprungen ; vgl. darüber bei den einzelnen 
Erscheinungen. 

Von den dialektisch-ungenauen Reimen Albrechts findet sich 
eine ganze Reihe schon bei Wolfram vor; bei einer zusammen- 
hängenden Darstellung der Reimtechnik Albrechts würden diese 
Reime also unter eine besondere Rubrik fallen, da sie, als et- 
waige Nachahmungen Wolframscher Technik, für Albrechts Dialekt 
nicht die gleiche Bedeutung haben, wie die übrigen ungenauen 
Reime. Dahin gehören: i:ie: Albrecht hat nur eierde:wirdc 91,6. 
140,2. 165,2. 773,1. 1326,5. 6030,6 und patelierreivirre 2668, 5. 
(= P. 183,7); aber auch kriegen : enwiegen 277,5, was bei Wolf- 
ram nicht vorkommt. — u : no hat Albrecht nur selten : künde : 
tuonde4777, 1. 6636, 2. uv künde : tuonde 1894, 5. erfunde : tuovde 3433, 5. 
Dementsprechend U : üe: kiinde(n) : stiiendc(n) 4740, 1. 6526,5. 5594, 1 ; 
künege-.unsüenege 5873 (40,107)7 AD. — a : fk vor r : 756,1. 1260,1. 
1151,1. 6187,1; sonst nur 1071,1: frägte:sagte und 320,2 (nach 
Zarnckes Anm. z. Gralt. str. 10): lahler : geddhter. — ö : e vor h: 
3995,1: eehene : lehetie, cf. Wh. 372,7. Tit. 3115, 5; sehr häufig vor 
rr , rt und rnd , wo Albrecht ganz der Technik Wolframs folgt. 
Die Wörter hirrc , irre , nierre reimen nur unter sieb oder mit 
vi'-rre , wirre, tirre. Ausnahmen sind nur keren : juncherren 424,1 
(= P. 36,13). höre : her re 1287,2. hirre : tnere 701,6. 4815,5. Vor 
rt: kerte-.gerte 1362,1. 2278,1. 4752,1. irte:gerte 2034,2. sicerte: 
geerte 2652, 1. cf. 4233, 2. 4267, 2. 5861, 2. 2390, 1. 2843, 2. 5468, 2. 
börnde : mernde 566,1. cf. 1951b (1533) 5. 3168,2. Vor einfachem 
r : hir : ger Tit. 935,1 in einem der seltenen stumpfen Ausgänge an 
1. Stelle ; keren : gören 3301, 2 ist wohl corrupt. — In allen diesen 
Verbindungen erscheint bei Albrecht niemals ein Umlauts-e, wie es 


*) Dahin gehören: die Erhaltung eines archaischen -e der Endsilben oder 
eines alten j in Klexiou und Wortbildung (nidere : teidere; rogelen : gogtlen ; 
ferjen : ertcerjen) ; die Bevorzugung abstracter Feminina auf -« und schwacher 
Masculina auf •«; das Antreten eines unorganischen -e an Eigennamen und andre 
Wörter; die Dehnung einer offenen Tonsilbe, wie in vale, dule etc.; das Hervor- 
suchen von seltenen Doppelformen mit ff, U, nn, pp, ck in Wörtern, wie gtppe 
(= gebt), lecken (= legen) u. a. m. 


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117 


bei Wolfram vor - rn , -rte allein vorkommt. — o:ö vor rt und rs. 
hdrte(n):worte(n): 1474,2. 1907,1. 5098,1. 5168,5. 5663,1. 5672,2. 
6030a, 2. : orte(n) : 3789(26, 141) 5. 4055,1. 4751,2. 5310,5. 5838,2. 
:porte(n): 367, 5. 369, 2. 371, 1. 1533,5. 2298, 5. 3328, 1. 4460, 1. : horte-. 
1148, 1. 1157, 1. orsen -.flörsen 4045, 2 = Wh. 373, 15. — i : i in Roi~ 
sabin.se -.zinse -. 1944, 1. 2204, 2 = P. 604, 1. 693, 13 ; -.flinse 2046, 1 — 
P. 678, 19. vinden : binden Tit. 4086, 2. — u : ü nur 1588, 1 : sümden : 
stunden ; ü : iu, waa bei W olfram nicht vorkommt, Tit. 16, 5 : gefriunden : 
Sünden. — e : © *) bindet Albrecht ungefähr in derselben Ausdehnung 
wie Wolfram: gesiebte :rehte : Tit. 495,1. 1650,1. 5354,2. 5879,2. 
cf. 3464, 2. 4623, 1. — brechen : krechen : 4085, 1. 6060, 2. 5068, 2. cf. 

3237. 2. — quecke(n) : recke(n ) (: wecken) : 1338, 2. 1946, 2. 1968, 2. 

3065.2. 3120,2. 3423,5. 3478,2. 3906,2. 4041,7. 4082,5. 4177,1. 
4210,6. — bresten : esten : 855,7. cf.5108, 5. 1104,3. 1112,5. 2391,5. 

256. 1. 4763, 1. 5970, 3. 3697, 1. 4030, 2. 5896, 2. swester : vester : 1401, 2. 

3193.2. 3194,2. cf. 1414a (11, 74) 1. 2477, 2. 1774,1. weste -.beste: 
331,3. 4074,2. cf. 766,3. 1435,1. 322,3. 1502,3. 2552,4. 4753,5. 
Areste : beste : 3173, 6. Perbester : vester : 2038, 2. 5876, 2. sehste(n) : 
beste : 3846, 1. cf. 3362,5. 3942,1. — esse : presse: 848, 1. — zeswen : 
heswen : 3982, 1. — verderben : erben : 2496, 5. — gi'rte : verte : 3743, 1. 
cf. 3990, 1. 4236b (29, 9) 1. — materjen : scherjen : 5468, 1. — Die 
Fremdwörter und Eigennamen auf - ente schwanken durchaus. — 
nemende : erlernende : 3420 , 2. — legende : wi'gcnde: 3348, 2. 4124, 5. 

4429. 2. 5356, 1. — gemegenet : regend : 266, 1. cf. 188, 1. 1981, 2. 3406, 2. 
— edele-.sedele: 426,1. Mlb. 3, 1. 1955,5. 2461,1. 6073,2. 6135,1. 
vedere: redere: 3383,2. cf. 2094, 5. — vrebe. Je: nebele: 1874,5. 1907,5. 

1923.2. hebende -.gebende: 787,1. 1836,1. 2416,1. 3088,5. 3442,5. 
3808, 2. 4275, 1. 4306,6. 4376,2. 4603,2. 6160, 1. 6189,1. 6206r(41, 
86)1. cf. 1921,1. 3145,1. 3272,5. 3285,1. 3367,6. 4068,1.4395,1. 

6111.1. 6064,6. 6107,1. 6122,5. 6126,5. 6172, 5. — hebte -. gebte : 

1676.1. cf. 4052, 1. 4618,1. 5077,1. 4616,6. — kebse \ gebse: 1870,2. 
Bemerkenswerte Flexions- und Wortformen, die bei Wolfram, 

wie bei Albrecht , durch den Reim gesichert werden , sind : wösse 
(Prt. von wetz): Wh. 391, 19 (: presse) = Tit. 948,3. 6962b (40, 
195) 5. cf. 6134, 3 (= Wigal. 3742). 5142, 3. 4509, 2. 2083, 1. Da- 
neben öfter weste (cf. oben Z. 16). — Wolframs Form megen hat Al- 
brecht niemals im Reime, weil sie keinen klingenden Reim giebt; da- 
gegen hat er die bei Wolfram nicht vorkommenden Formen mähte 
(= mohte) : 2308, 1 (: slahte). cf. 5012, 2. 3253,7. 3976,2. 4711,7. 

*) leb berücksichtige in der folgenden Aufzählung lediglich die etymologische 
Verschiedenheit der beiden e, ohne den schwankenden phonetischen Wert hier zu 
erörtern. 


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5641. 1. melde (: elde) : 2267, 4. 3321, 2. 6123a (40, 403) 3. cf. 6131, 4. 
5399, 4. — bcde [= beide] (: grede) : 6119,3 = P. 794, 7. 806,11. 
Wh. 139, 22. — höchsten : bcesten : Wh. 185, 13 = Tit. 4743, 6. cf. 56, 2. 
275, 2. 305. 2. 933, 1. 936, 1. 1577, 2. 2084, 2. 2412, 1. 2506, 2. 2920, 1. 
3971, 5. 5053, 5. 5246, 1. 6360, 6. 807, 3. 3640, 1. 6205, 5. 1594, 1. 

2710.5. 3892,1. 3903,5. 5403, 1; ebenso sehsle : beste: 3846, 1, cf. oben 
p. 117. — i rebele -.nebele: P. 302,13. Wh. 253,29 = Tit. 1874,6. 

1907. 5. 1923, 2 ; cf. swebele : nebele : Tit. 6095, 5. 

Über verschiedene andere, durch den Reim gesicherte Wort- 
formen findet sich, ebenso wie über beliebte Reimwörter und Reim- 
verbindungen Wolframs, die Albrecht übernimmt, das Meiste in 
den folgenden Capiteln dieser Untersuchung verstreut, hauptsäch- 
lich unter Wortwahl (unhöfische Wörter, Fremdwörter) und um- 
schreibend gebrauchten Wörtern (erkant, hunnen, eil u. s.w.). Hier 
habe ich nur noch weniges aufzuführen: gehiure (cf. Steinmeyer, 
über einige Epitheta der mhd. Poesie p. 12) ist bei Albrecht ebenso 
häufig wie bei Wolfram, z. B. Tit. 9,3. 149,2. 197,3. 238a (1,162) 
3. 307, 3. 314, 2. 317, 2. 318, 7. 463, 4. 600, 1. 513, 4. 627, 3. 695, 5. 
720, 4. 906,7. 918,2. — 2618,7. 2619, 1. 2723,2. 2804, 2. — 5665, 3. 

5781. 1. 5785, 7. 5805, 4. 80, 4. 87, 3. 88, 2. 5961a, 7. 90b, 7. lield- 
gemäle(n) (cf. Hoffmann, a. a. 0. p. 36) von Sachen: 2997,1 ( sper ). 

6608.1. 1232,7 (schilt), von Personen: 1128,3. 5426,5 (Parzival). 
267, 1 (Titurel). 1724,1 (Anfortas). 3455,2. 5912,4, von Frauen: 
976,4. 4424,7. 5727,3. 5921,4. riutce : triuwe (cf. Bock, a. a. 0. 52 
—64): 17,1. 51,2. 240,2. 753,1. 904,2. 933,2. 941,1. 958,2. 
997, 1. — 2607,2. 57,1. 79, 5. 2605, 5. 2612, 2. 2734, 2. 2885, 2. — 

5861.1.5887.2. 5899, 2 AD. 5965,2. 69,2. 92a, 5. 93c, 2. koche : 
fiirgeewhe : Wh. 184,3:4; danach hocke : eoehe : Tit. 250a (1, 180) 4. 
746,3. 1803,4. 3491,4. 5642,3. cf. 4462,4. 4538,3. 4806,3. 6153,3. 

— 3338,3. 3603,3. 4621,3. 4672,6. 5472,2. künec ifrümec: Wh. 46, 6 
= Tit. 700, 1. volgen : erbolgen : P. 127, 23. 157, 5 u. Ö. •= Tit. 2936, 5. 

3170. 2. 3691, 5. 4277, 1. cristen : tristen : Wh. 373, 27 = Tit. 806, 5. 

2809.2. 3665,2. 4048,2. 4064,2. 4191,2. 4263,1. 4270,5. 4315,5. 
eogte : brogte Wh. 163,7 = Tit. 1712,1. 1573,2. cf. 2139, 2. 2289,1. 
6077, 1. gogelen : vogelen : Wh. 403, 23. cf. 377, 3 = Tit. 4483,2. rottumbes : 
krumbes: Wh. 400, 17 = Tit. 2786, 2. 3879, 2. 3991, 2. 4017, 2. 4049, 1. 
gesnürre : unirre : P. 718, 9. cf. Wh. 390, 29. 400, 19 = Tit. 1962a 
(15,46) 1. 2011,2. cf. 4017, 1 (gesneere : wäre), höheren : oberen : Wh. 
212,21. 294,5. 33,29 = Tit. 849,5. 2603,1. 4188,2. 5005,6. Ko- 
rasen : mäsen : Wh. 74, 19 = Tit. 3096, 5. stvehcr(e) : heher(e) : Wh. 407, 9 

— Tit. 2031,5. 

Die Enclisis des Pronomen pers. an das Verb, meist an 2. 


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119 


Reimstelle, hat Albrecht, wie Wolfram, häufig; z.B. Schionalulander : 
vandcr : 6843, 3. 5854, 6. : behänder : 2630, 3. 2711, 6. 2730, 3 ; ähnlich : 
2592,4. 2637,4. 2836,4. 5606,7. 5618,4. 5799,3. 5766,4. 5796,2: 
vanden (—vandin): an den. Andere Fälle sind: Tit. 320,4. 202,3. 
— 2508,3. 2830,3. 4494,7.-5705,4. 5822,1. 5862,3. Bemerkens- 
wert ist noch die Imitation von Wh. 390, 9 : Raabs : drabs, Tit. 
3139, 3. 3945, 1. cf. 1870, 2. 3383, 1. 

Das Enjambement der Strophen endlich findet sich in W. Tit. 
nur str. 135 f. u. 161 f. (cf. Jander p. 8). Albrecht hat es überaus 
häufig, seine Technik ist hierin viel roher : cf. Tit. 24 f. 35 — 35a. 44a 
— b. 51 f. 53 f. 55 f. 72 f. 78 f. 81 f. 91 f. 100 f. 103 f. 115 f. 122 f. 
123 f. 125 f. 150 f. 152 f. 153 f. 159 f. 174 f. 181 f. 199 f. — 2501 f. 
16 f. 28 f. 41 f. 44 f. 50 f. 60 f. 70 f. 73 f. 85 f. 2620 f. 22 f. 53 f. 78 f. 
97 f. — 5505 f. 14 f. 28 f. 31 f. 41 f. 68 f. 69 f. 86 f. 5602 f. 19 f. 24 f. 
39 f. 64 f. 55 f. 61 f. 63 f. 71 f. 92 f. 99b— c. 99 i— k. (vgl. Hambur- 
ger, a. a. 0. p. 7.) 


Cap. II. Wort und Satz. 

In diesem Capitel vereinigen wir die Untersuchung der Wort- 
wahl, Wortbildung und syntactischen Stracturen. 

I. 

In der Wortwahl haben wir uns hauptsächlich mit zwei grossen 
Gruppen von Wörtern zu beschäftigen, einmal mit den s. g. „un hö- 
fischen“ Wörtern, den zu Wolframs Zeit bereits veraltenden Aus- 
drücken der volksmässigen Epen, und andrerseits mit den franzö- 
sischen Fremdwörtern, die mit dem Eindringen des ausgebildeten 
Ritterwesens zugleich die deutsche höfische Sprache überschwemm- 
ten. — Für die erstere Klasse von Wörtern giebt Jaenickes Arbeit 
in ihrem 1. Teile für Wolfram das ganze Material beieinander; 
wir folgen daher seiner Anordnung. Albrecht macht von diesen 
Wörtern denselben reichlichen Gebrauch wie Wolfram, ja er bietet 
bei der Länge seines Gedichtes für manche noch viel mehr Belege 
als Wolfram: 

Von den verschiedenen Ausdrücken für den „tapferen Helden“ 
erscheint tcigant bei Albrecht nur im Reime (2173, 3. 2677, 6. 
2785, 4. 2774, 3). Die übrigen drei Wörter sind viel häufiger, recke 
ist besonders im Reime beliebt, vgl. ausserdem 3478, 1. 4210,5; 
in der Bedeutung ‘Avanturier’ nur 720, 4 (= W. Tit. ?) cf. P. 99, 15. 
— degen wird als etwas Höheres dem einfachen ritter gegenüberge- 
stellt 5563, 2 ; es ist — männl. Kind : 1078, 7. 3314, 7 (cf. Georg 
960), degenkint : 6025,6. 614,3(6,51. AD.), stcertdegen: 1696,2. ge- 


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120 


degenet: 1513,7. — heit ist das häufigste dieser Wörter und wird, 
wie bei Wolfram, mit zahlreichen Epithetis versehen. 

Von den nun folgenden Adjectiven finden wir mare, wie bei 
Wolfram, fast nur in dem von Jaenicke angegebenen epischen 
Sinne gebraucht; es erscheint ausserdem nur im Reime. Von Sachen 
gebraucht : 6161, 6 und in modifieierter Bedeutung : 1383, 2. — halt 
zeigt alle von J. besprochenen Bedeutungen ; ist es ‘fortis, strenuus’, 
so steht es ausser 1874, 5 immer im Reime. Einen abhängigen 
Genetiv regiert balt 1286, 7. 4868, 4, cf. 1874, 5. — gemeii erscheint 
dreimal, immer praedikativ und von Personen gebraucht, stets im 
Versschlusse: 1102,6. 2956,6. 2297,7. — snel stellt in der Bedeu- 
tung ‘acer, strenuus’ mit einem Eigennamen verbunden 1338, 3. 1488, 5. 
3701,6. 4179,2. 4454,4. 4616,1 (stets im Reime), cf. 1268 (10,137)1. 
465,1. Mit abhängigem praep. Ausdruck : 195,3. 449, 3 u. ö. — ellent- 
haft, ellens riche werden von Albrecht (wie das Simples eilen ) gern 
gebraucht. — teige nur in der Bedeutung „dem Tode verfallen“, 
aber recht häufig. Das von Jaen. p. 13 angeführte Sprüchwort 
(cf. Haupt z. Ü. W. v. 502) finden wir wieder: Tit. 1899, 6 u. 
3022, 7. In gleichem Sinne sehr oft das Trans, teigen, unerveiget : 
5943, 7. Ausserhalb des Reimes steht nur unveige : 4944, 7. — 
küene ist ein beliebtes Reimwort Albrechts. Das Verbum küenen: 
380, 4. 2896, 4 (= P. 96, 16). — frech ist im Reime und ausserhalb 
desselben häufig. — trete! findet sich nur dreimal (-.nebele): 1874,5. 
1907,5. 1923,2 (=» Wh. 253,29. P. 302, 13). Sonst gebraucht Al- 
brecht nur das Adv. frevelliche, und diu tretet : 4113, 2, cf. P. 171, 25. 
734,25. — vermessen hat Albrecht in der epischen Bedeutung häu- 
figer als Wolfram, es ist stets Reim wort. — mitte als ehrendes 
Epitheton eines Fürsten ist sehr gewöhnlich und steht dann stets 
im Reime. Eine humoristische Färbung erhält mitte : 5806,3 (— 
Iw. 7130 f.). 4031,4. 4036,2. cf. Er acl. 4830. Ernst 4858. Krone 2446, 
2. Troj. Kr. 31140. 

Die nächste Gruppe bilden Substantivs, Adjectiva und Verba, 
die termini technici des Kriegswesens bezeichnen : hervart erscheint 
im eigentlichen Sinne öfter, in übertragener Bedeutung vom jüngsten 
Gericht: 3486,6. 6503,6. — wie hat Albrecht nur in den Compositis 
tvichüs und volcwic (das bei keinem andern höf. Epiker vorkommt) : 
4236(29,8)3 AD. — urtiuge ist häufig; das Verbum urliugen in 
der Bedeutung : „Krieg fuhren, kämpfen“: 1529, 1. 3480, 3. 4468, 4. 
4605, 3 ; als Transit, (cf. Trist. 469, 21) : Mlb. 24, 4 (=» AD. 3, 136). 
— t tat erscheint öfter, ger, als Waffe nur einmal: 4119, 2, wo er 
deutlich als unritterliche Waffe empfunden wird, ger = keilför- 
miges Stück Zeug : 3480, 4. — ecke in swertes ecke : 1341, 6. 2215, 6. 


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121 


ecke allein für Schwert, meistens mit dem formelhaften Epitheton 
scharpf, ist sehr häufig, ecken steht gern im Reime. — sar- in Com- 
positis hatAlbrecht nur in saricät : 902,4. 3700,4. 3993, 1. 4712,7; 
sargewcete: 3418,2. Sehr häufig hat er aber das Femininum sarwe 
= Rüstung; das Verbum sartcen ( serwen ) in geserwet (: geverwet) : 
1395,3. 2569,6. 2723,7. Über die Form gezer(j>)fe , die Mlb. 41,6 
und (: scher(p)fe) 2135, 4. 2190, 3. 3269,7. 3668, 3 erscheint, cf. Zarncke 
zu Mlb. 41,6 (Gralt. p. 521 (149) u. Lexer, Mhd. Hdwtb. I, 1001. 

— eilen , cf. oben dl enthaft. — dürkel im eigentlichen Sinne sehr 
häufig ; die von Wolfram eingeführte bildliche Anwendung von 
dürkel zeigen 1903,3. 4324,5. 5425,4. 5664,5, und dürkeln : 5342, 6. 

— Bei den vier Synonymis schroten, verschroten, versntden, verhoiven 
weicht Albrechts Gebrauch etwas ab. Er gebraucht schroten , das 
bei Wolfram selten ist, zwar nur einmal (4219,3) in übertragener, 
aber häufig in eigentl. Bedeutung, vgl. bes. 4525,1; bei verschroten 
halten sich eigentliche und übertragene Bedeutung die Wage; und 
bei versntden und verhotven endlich hat die bildliche Bedeutung voll- 
ständig die Überhand, versntden im eig. Sinne finde ich nur 612 
(6,48)5 AD. und verhoiven 613,6 — 1144,5. 901,1. 2708,4; da- 
gegen bildlich vor allem in der ewig wiederkehrenden Reimformel: 
an triuwen (freuden) unverhowen. 

Endlich führt Jaenicke noch drei einzelne Wörter auf: künne 
steht in der umschreibenden Formel, (wie P. 22,17, z. B. 288,2: 
küniges künne. 5944, 6. 634, 1 (als Reimflickwort in einer überar- 
beiteten Strophe Wolframs). 125,2 hat künne die concrete Bedeu- 
tung = der Verwandte. — verch bezeichnet die ‘vis vitalis' in Nach- 
ahmungen Wolframscher Stellen, wie 613,6. 1144,5 (cf. P. 578, 27. 
710,29. 493,12), vcrchivunde 6155a (41, 15) 4; dagegen ‘caro’ in verch- 
gevar: 3498,7; als Bezeichnung der Verwandtschaft 1343, 5. 5983,6. 

— raste endlich gebraucht Albrecht, gerade wie Wolfram, promiscue 
mit der modernen Bezeichnung mtle. 

Von den bei Jaenicke aufgezählten Wörtern fehlen also im 
Titurel nur: tnarc, mete, ivccllich. Dafür haben wir aber einige 
andre Wörter dieser Kategorie für Albrecht nachzutragen, die bei 
Jaenicke nicht mit aufgeführt werden : wunder mit abh. Genetiv 
in der Bedeutung „eine grosse Menge von etwas“, cf. P. 25, 28: jä- 
mers wunder. 654, 7. 638, 13. 565, 17 (cf. Haupt z. Engelh. p. 231). 
Bei Albrecht ist es sehr beliebt und steht fast immer ira Reime *). 

— diu getürst, das W. Tit. 123, 4 u. Wh. 210, 11 auf für$te(n) reimt, 
ist bei Albrecht ein sehr beliebtes Reimwort auf fürsten geworden. 

*) Vgl. wunderfüege : 3314, 4, an einer Stelle, die Motive des Volksepoa ver- 
wendet und zugleich eine auffällige Häufung von Bildungen mit wunder zeigt. 


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122 


Ein Verbum getürsten : 5428,3. 5640,7 ( sich g.). — Ebenso ist ge- 
nende, das Wolfram Tit. 2,1 (: hende) hat, bei Albrecht ausseror- 
dentlich häufig im Reime; ferner genendic ; genendicliclie ; genenden 
(cf. W. Tit. 57, 1): 2880,3; ernenden: 142(1,67)4. — blide, bei Wolf- 
ram nur P. 530, 12, erscheint 2493, 3. 5218, 1 ; oft im Karlmeinet, 
cf. Bartsch 273. Frauend. 194, 23. 279, 27. 282, 27. 457, 4. — Mit 
grosser Vorliebe gebraucht Albrecht die mit den Adverbien tool, 
hoch, grös , üs und einigen Participien und Adjectiven gebildeten 
formelhaften Epitheta der volksmässigen Epen, die bei Wolfram 
nicht ganz so häufig sind. Mit de zusammengesetzt erscheinen in 
dieser Verwendung fast nur die Participien erkom und erlesen, die 
dann fast ausschliesslich im Reime stehn. — müeliche (— schwer- 
lich, so leicht nicht) findet sich oft in den Nibelungen (cf. 694, 4. 

1017.4. 2026,4. Klage 3366), einmal bei Wolfram (P. 700, 8) und 
einmal im Titurel: 2608,4, wo AD. dafür nytnmer einsetzt. — 
hei, besonders in den Verbindungen hei was, hei wie, gehört der 
volksmässigen Epik an, findet sich aber Er. 8856. Trist. 9160. P. 
133,21 (ironisch) als Ausruf des Schmerzes, 525,24: heia hei, cf. 
103, 20. 407, 17. 496, 22. Albrecht gebraucht es häufiger in der volks- 
epischen Bedeutung : hei was-, 722,7. 842,7. 907,1. 1246,7. 1796,7. 
3560, 7. hei allein : 2798, 5 (auch 2719, 5?). Ähnlich 952, 1 : Ahey wie. 
1779,7: ahei was. 1790, 6 (H sahey, cf. P. 651, 11 var.). 2774, 6: aht wie 
(H alhie, ebenso 2936, 1). *) — Gehört hierher auch das veraltete re : 

2700.5. 3369,5 (=Tod). cf. P. 111,21. 751,27. W. Tit. 74,4?**). 

Viel wichtiger, als die s. g. unhöfischen Wörter, in deren Ver- 
wendung Albrecht fast ganz mit Wolfram übercinstimmt, sind die 
französischen Lehnwörter im Titurel. Denn hier spricht 
die Frage nach einer französischen Vorlage Albrechts mit. Eine 
genaue Übersicht der franz. Lehnwörter, und besonders der franz. 
Redensarten Albrechts liefert eine wertvolle Controlle für die Re- 


•) Von diesem he y (ahey, ahi) ist iu trennen eine Interjection ey = wehe I 
cf. 562a (5, 80) 1. 563, 1. 671, 6. 997, 6. 1000, 1. 2891, 1. 5699, 6. 

**) Bei Wolfram kommen gar nicht vor: bräune: 1308,3. 1361,3. 3089,6. 
3924,4 in formelhaften Aufzählungen der Waffen. Vgl. Lanz. 4500. Wigal. 7371. 
7658. — rant — Schild : 4156, 5. 6607, 7 (nur H). Vgl. Lanz. 2378. Krone 19199. 
— fürbüege : 8465, 4. 36s6, 6 (= Er. 820). 3860, 5. cf. Flore 2830 u. Lacbm. z. 
Nib. 75,2; Ilaupt z. Er.’ 820. — meidem = männl. Pferd : 2787,1. Aus der höf. 
Epik weiss ich keine anderen Belege, als Partenop. (Bartsch) 461. 470. 670. 596 
u. ö. Troj. Kr. bl. 200. Dann in Dietrichs Flucht 2904. 2908. 3153. 5915. 6065. 
cf. Mhd. Wtb. II 1 , 91b. — Ibbcsam hat Albrecht als Reimflickwort in einer überar- 
beiteten Strophe Wolframs: 715,3 (= W. Tit. 76). 1158,1 (= W. Tit 144). 
Wolfram meidet die Bildungen auf - sam fast ganz, cf. Haupt z. Eng. 1186: z. 
Er.* 820. Steinmeyer, Über einige Epith. d. mhd. Poes. p. 13. 


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123 


sultate des ersten Teils dieser Untersuchung. Die franz. Lehn- 
wörter im Titurel stammen durchweg aus der höfischen Umgangs- 
und Litteratursprache, wie sie sich in den Werken der klassischen 
mhd. Epiker uns darstellt. Eine ganze Reihe dieser Wörter ist 
erst durch Wolfram in die mhd. Litteratur eingeführt worden; sie 
finden sich bei Albrecht zahlreich wieder , aber auch von den 
schon vor Wolfram bekannten franz. Fremdwörtern Albrechts steht 
eine erhebliche Anzahl nur in directen Nachahmungen Wolframs. 
Nur sehr wenige franz. Lehnwörter Albrechts finden sich nicht 
bei Wolfram , diese stelle ich als besondere Abteilung an den 
Schluss und ordne alle übrigen in ein paar sachlich bestimmte 
Gruppen, innerhalb derer ich möglichst nach dem Alphabet gehe 
und Belege hinzufüge, wo es angemessen ist*). 

Auf Kampf und Waffen beziehen sich: baniere; barbiere: 3607a 
(25,213)5. 4236d (29, 11) 6. 4492,7; btihurt (in H meistens behurt), 
bühurdiere stf. : 1680,1. 4511,1, behurdieren, verbehudieret : 430,4; 
busine ; drunze ; gabilöt : 4521 , 3. 6076, 7 ; galopieren : 5308, 6. 5517, 5 ; 
gleve **) ; heimit: 3274,7. 2209,2. (cf. P. 813,22); hamasch ; hurt, 
hurten, hurteclkh, hurtUch : 1266, 5, hurtä: 2181,1. 3252,4, gegenhurte ; 
kastellän: 3252,5; hohe: 2969, 6, isergohen: 1222,2. 1371,2. 3140,4; 
tcäpengolsen: 1649,2; krie, krien, krier : 2122,1, kriierer, kroieren ***)■, 
kumpanie ; kurstl: 3859,6. 3930,1. 5607,1; tanze ; pavitün ; puneiz, 
panieren, punier stn. (oder paniere stf.?): 4056,2 (cf. Athis E. 76); 
rabine ; rotte, sich rottieren : 2568, 4. 3617,7. 3826, 3; sarjant : 2569, 1 
(= Wh. 185, 1). 3630, 3 ; schürt zgel ( sureengel ): 3696, 6 (== Er. 820) ; 
storje : 847, 6. 1686a (13, 57) 1. 2191, 3 , störte : 2062, 4 (: Syrie). 
3178,6 (: Arabie) (ef. Wigal. 4660 u. ö.); t ambür ; tjoste, tjostieren, 
tjosten : 1301,6. 4865,2; trumbc: 1962a (15, 46) 1 (cf. P. 571,2); 
turnet , turneysie: 1930,2, furnieren: 558,1. 2181,5; taten {täten), 
vale {vale) stf., välie: 2999,3 (cf. Lanz. 1946), ungcfcelieret : 1248,1 
(cf. P. 738, 28. 754, 17) ; vesperte ; gezimieret. 

Erst von Wolfram ein geführt, oder wenigstens bei Albrecht 
directe Nachahmungen Wolframs sind folgende Wörter dieser 

*) Vgl. zum Folgenden J. Kassewitz , Die frz. Wörter im Mhd., Disa. ph. 
Strassb. 1890. 

*») Albrecht hat 1 ) glhe (glavel): 919,3. 1680,5. 3928,6. 4492,3. 5699d 
(89,208)5 glevy. H hat glevenit, wo das Metrum gleve fordert: 8642, 7. 3951,6. 
4288,3. — 2) glevie (vgl. glavie, die Form Wirnts, cf. Medern, Abh.-Verh. Wirnts 
v. Hartm. u. Wolfr., p. 5) : 1284,7, vom Metrum verlangt: 1966, 5. 2958,7. 8695,8, 
aber niemals im Reime. — 3) Die Wolframsche Form glttvine erscheint als glevbte 
(: Orasteginlesine) : 3269, 2. — 4) Die dreisilbige Form glevenie wird durch das 
Metrum gestützt: 3668, 1. 1232,5 (gleineH). cf. Lexer I, 1030. Kass. p. 44. 71 f. 

***) Nach der Analogie von krie bildet Albrecht schrie stf.: 4874,8 (: krie). 


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124 


Gruppe: barbigän: Mlb. 14,4; hatsche (Wh.); hersenier] karrätsche 
(Wh); kotieren (Wh.): 813 (8, Bl) 1 AI). 849,5. 854,5. 2603,1. 

4188. 2. 5005, 6, höbe) unge: 2574, 5. 4278, 5. 4940, 5. bekobert: 4490,6; 

patelierre : 2568,5. 6076,6 ( P. 183,7—8. Wh. 223,10); poynder ; 
quätschiure: 2723,4. 2735,6. 3714,4; amessiere : 2735,6 (= P. 164, 
25. 167, 6) ; rotubumbes (= rotumbes Wh., wo op stets rotu(m)bumbes 
haben); schumpfentiure ; tropel; turkopel : 2569, 1. 3280,5 (= Wh. 
185, 1); fi&fi: 1576,3 (= P. 80,5. Georg 154); fianee : 2604,5. 

2622. 2. 2710, 5 ; floitieren : 4092, 2 (= Wh. 34, 6) ; flören, florieren, 

flörie stf. : 379a (3, 105 = Z. Gralt. 74) 2. 1237, 1 *) ; tcalap : 3883a 
(27, 68)2. 4617,1. 5719,1. 

Bei den französischen Bezeichnungen von Titeln und Würden 
ist Albrechts völlige Abhängigkeit von Wolfram am deutlichsten : 
barün : 1936, 4. 4543, 2. 4562, 4. 4606, 3. 4629, 2, niemals mit einem 
Eigennamen verbunden. — duc, ausser 4629, 2 stets mit einem Ei- 
gennamen verbunden: duc A stör: 1998,4. 2120,5. 5633a (39, 132)2. 
6635(39,134)3 AD. (= P. 343,22); ferner 2026,6. 2029,4. Du- 
cisse de Logreise : 1746(13,21)1 AD. 59541, cf. W. Tit. 58,1; 
dagegen ducesse : (: messe) 5201,3 (= P. 435,23). (: wesst) 5142,1. 
— lampriure: 4591,6. 4648,2 (P. 712, 9). — liconfe = li conte (vgl. 
z. B. P. 87, 24): 1983b (15, 68) 6. 1991,2. 2006,6. 2021,3. Von 
Albrecht als ein Wort aufgefasst, wie 3195,3 u. 3107,7 (licöne : 
Rome) zeigen **). cont allein kommt nur vor in dem scheinbar 
von Albrecht missverstandenen Namen Riwalikont: 1994,5. 2115,5 
(= Riwalin kont, Tristans Vater); vgl. auch Bmrhunt: 1987,3 aus 
biä kunt P. 46, 17, cf. oben p. 44. — markis : 2027, 1. 4746,4 (= 
hl. Georg). 5930,5 (= Willehalm). — rois , stets mit einem Eigen- 
namen verbunden : rois Poydiconjume : 1998,2.2116(16,48)1. 5633a 
(39, 131) 1. 5634, 3 (= P. 343, 21). Sonst noch: 4934, 6 und beson- 
ders in der Formel fil lirois : 2136, 6. 6926,4: Er ec fil li roys Lac 
(nicht aus dem Erec, sondern aus P. 134, 6 [rois Gg]); vgl. 440, 1. 
6991 (40, 242) 6 (= P. 809, 30). — talftn (= Schionatulander) aus 
W. Tit. Im Reimzwange talfialte: 1317,4. 1586,2. 2561,1. 4999,6. 
5002,5. — templeis. — tschahteliure : 3873,1. 3876,4. 3938,5. 4201,7 
(aus Wh. 335, 18 u. ö. — tschatelakunte : 2647, 1 (= P. 43, 19. 52, 
15), von Albrecht als Eigenname gefasst. — tschemschalt : Kingrün 
tschemschalte : 1991,6. 2210, 1. 4515,5 (= P. 195, 15. 197,22). 4498,5 
= Keye). — fil nur in fillirois, cf. oben rois. Jofreit jie Idael (P. 277. 

*) Das deutsche Wort blüemen gebraucht Wolfram selten, Albrecht noch häu- 
figer als florieren. 

**) Der fr*. Artikel K erscheint ausser in diesem Worte nur noch in der For- 
mel fil li roit, cf. rois. 


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125 


311. 413 u. ö.) giebt Albrecht 2208, 2 durch fil Idol Jofreiten (cf. 
P. 413, 17), 2281, 1 u. 2346, 1 aber durch fis I. J. wieder, fis sonst 
noch in Feraßs und der aus P. 113, 4 herübergenommenen französi- 
schen Bezeichnung Parzivals bonfis kyrßs*) biäfis: 4387,6. — Hier 
füge ich die orientalischen Titel hinzu, die Albrecht alle aus Wolf- 
ram entlehnt hat (cf. Teil I): bdruch (niemals im Reime!), atmerdt 
(davon bildet Albrecht atmerinne ) , antazzür , emerdl (einem Grafen 
gleichgestellt 5250, 6, cf. 3294, 4), esclier. — Ich bemerke endlich, 
dass Albrecht die Prp. de in Titulaturen selbständig anwendet, 
z. B. 2076,5: bi dem fürsten de Lögreise u. ö., wofür er in den mhd. 
epischen Gedichten reichliche Beispiele finden konnte. 

In eine 3. Gruppe vereinige ich alle übrigen frz. Lehnwörter 
Albrechts, die er mit Wolfram und der ritterlichen Sprache über- 
haupt gemein hat : amie, dmis (amises 1954, 6 ; amtse D. Sg. 2166, 5. 
G.P1. 3613,1. A. PL 3640, 4) , amten: 1567,5 (corrupt?); amor , ne- 
ben der lat. Betonung geht die franz. einher, cf. 205, 6: atnörän ende. 

1973.7. 2089,1: flörie Amor = Kampfruf des Anfortas, vgl. p. 128; 
äventiure, sich äventiuren : 2400, 2 (= P.249, 4) ; ävoie : 5635 (39, 134) 
3 AD. als Reimflickwort = ävoy P. 21,14 u. ö. ; bliät: 1250,1 (P. 
313,11. 235, 10); gare, in: 1338,1.7. 1357,1; commune: 4521,1 (cf. 
Wh. 117, 19. 113, 13) ; konditvieren ; cridtiure; kulier : 2508, 1 ; kunrieren : 
852, 1, kunriere (: viere) stf. : 853, 4, kor, reit (: leie) : 866, 3. 1831, 1; 
kurteis, stets im Reime , der aber niemals die Form kurtois sichert 
(gegen Kass. p. 25 u. 81) , kurtoisie im Reime : 1943, 2. 3545, 5, 
auch 628, 4. 4930, 6 herzustellen statt kurtaise (-oise ) , kurtesoie 
{: tschoie) : 2240(17,13)3; löschieren : 1100,3 (cf. P. 755, 12. 360, 
22). 1577(12,75)3 AD; marner ] massenie ; matras: 2134,7; menen: 
2530,4 (= P.55, 16). 4003,3 (davon Adj. widermenne (: Tenne) 2166, 3 ?) ; 
monte: 287, 7. 4649, 3. 2547,3. 5278, 3, nur 2090, 5: montan je (: planje) ; 
sich mövieren (cf. P. 678, 12. Wh. 305, 16, latein. Ursprungs?); palas ; 
pdrät : 600, 2. 2729, 4. 2796, 4 , pdrdtieren : 887, 4 ; pan ieren : 960, 5 
(cf. unten p. 133) ; plane, stf. ausser 923, 4. Die Reime sichern die 
Formen plane und plange, ist auch planje anzusetzen? (cf. Kass. 
§§ 30. 32); povel: 2653, 3; present ; prts ; pruoven; quater: 5116, 5 
(= P. 179, 11), cf. sinke: 4212,5. 6026, 7 ; riviere: 1136,6. 2984, 3. 

6061.7. 6094,1; roch : 3107,3 (cf. P. 408,29); solideren : 2721,7. 
2743, 6. 3999, 2 ; schapel ; serpent : 3366, 6. 4509, 7. cf. 3366, 1 ; solt, 
übersoldct : 4008,4, soldament , soldende (: sende): 4359,5 H (corr.?), 
soldimiete (: diele) : 5980,4. cf. 5981b (40, 226) 1 , soldamenden : 1827, 6, 
soldiere: 1322,2 (P. 677,17); tavelrunder (: sunder) nur 2325,4, 
sonst stets tavclrunde im Reime sowohl, wie im Innern des Verses 

**) Zu kyr vgl. Kassewitz p. iO. 


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126 


(ausser 1356, 4 H, mit leichter Corruptel); tschoie: 2116, 3 H. 
5690,3 H und vor allem im Namen der Urrepansc de tschoie] fier ; 
sendäl: 1418,7. 1677,3. 1717,3. 

Vor Wolfram nicht belegt sind folgende Wörter dieser Gruppe: 
eise : 4061,7 (cf. P. 167, 10. Wh. 449,6), vereisen: 5237,4; (/rät; 
parliure : 77,2 (= P. 465,21); schonte ; sortiere: 5106,1. 5206,1. 

6358. 1. 5786, 1. 5217, 3. 6324, 1 (stets von Kundrie = P. 319, 1. 
312,27); terre] tragemunt: 2525,2 (= Wh. 438, 6); viele stf. : 4104,5 
( : hailc). 4717, 5, und sicher zu emendieren : 2503, 6*) ; foreis, 282, 1. 

303. 1. 423, 6, findet sich zwar zuerst bei Wolfram, aber Albrecht 
hat die Form des Wigalois gewählt, cf. Wig. 178. Wolfram hat 
foreist P. 176, 4, sonst forest (foreht ), cf. Kass. p. 93 ff. ; furrieren im 
Sinne von parrieren, cf. unten p. 133. 

Ganz aus Wolfram stammen auch die frz. Composita Albrechts : 
bi&mis : 2234,1. 5038,5 (— P. 613,1. W. Tit. 59,1; cf. Trist. 
2679. — beäfis u. s. w. siehe oben unter ftl. — dBmercie stf., 5699, 1, ist 
eine Weiterbildung von dB (die) mertis P. 578,3, wie gramer eine, 
Tit. 264,3, von gramertis P. 351,8, cf. Ulr. Trist. 2340. Vgl. gra- 
marze (: Katekarze): Tit. 1986, 3. gramazien swv.: 1931,4. — malvi- 
sinen, 6964,2, ist abgeleitet von Wh. 163,16: nid vesin (mp mal 
visin). — piteinansier : 2616, 4 ( pitic vnd mansier AD.) = pitit man- 
gels Wh. 103,24 (cf. Orl. 978. 6680. 11109. Heinr. Trist. 858); 
vgl. bldmentschier : 699(6,32) 3 (cf. Georg 1913). — Wegen der 
Formel ßllirois vgl. oben rois. 

Dieser ganzen Masse der bis jetzt besprochenen französischen 
Lehnwörter Albrechts stehn nur folgende gegenüber, die sich nicht 
in Wolframs Gedichten finden: birse: 4884,1. birseit : 4802, 2; schon 
Nib. Trist. Lanz. — burdünc: 4521,3 (vgl. 3867,2), cf. Lexer II, 
206. Kass. p. 28. — garät stf. : 3804, 5. 5784, 1. 5 ; von Albrecht 
aus der techn. Sprache genommen , cf. Lexer I, 738. — goudine : 
1807,2. 2531,2, cf. Krone 3308. 3389. 3413. 3721 u. s.w. Lexer I, 
744. — grande : 6048,3: klein und gründe (: lande), cf. Oswald 985. 
Bei Albrecht möchte ich es lateinischem Einflüsse zuschreiben 
(vgl. unten p. 131 Anm.), wie die ganz unfranzösischen Bildungen 
Albrechts, grandiponte 5989, 3 u. Grandimonte 2025, 7, zeigen ; grande- 
werre, 4062,7. 4193,7, auch in e. unecht. Liede Nitharts MSH. 
3,281a. — hurtenier : 3737,6, cf. Frauend. 450,14; danach bildet 
Albrecht brustenier : 4690, 5. — capitdnc , ausser 3054, 2 immer im 

*) Schultz, Höf. Leben 1 1,389, conjiciert hier ptl von Teseal (= Thessalien); 
aber diu viele von Tattac ist an diesen Stellen eine Nachbildung der faile tuoches 
von Surin 1’. 301,28 {vale G. vel g , 302,1: vale G. eile g), und für Tescac vgl. 
Tit. 1263,1: Tescac : lac. 


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127 


Reim auf plane: 2176,2. 2206, 1. 3070, 6. 4129(28,11) 1. Ist das 
vor Albrecht nicht belegte Wort latein. Ursprungs? cf. Kass. p. 
40. — mal im Wortspiele mit mal und bene : 5956 ff. ; zu 5957a 
(40,192) 2: nach der mul criatiure, vgl. Alalaeatiure P. 517, 16 ff. 
diu roup-mal-kumpanie : 2691,7. — Davon malte = hitziges Ge- 
fecht: 115,8. 3490,4. 3670,7. 4236a (29, 8) 2. 4475,3. 4938,1 
(cf. Georg 1343. Frauend. 83, 9. 499, 23. Orl. 6623). — mahlt : 
237, 5 (cf. Ulr. Trist. 2161. Gute Fr. 3631). — noklier (afrz. nodicr, 
Kass. p. 37): 2540,3. 3491,6. 5561,4. 5562,2 (cf. Ernst 2997. 
4534). — oyme : 2533, 1H (cf. Eracl. 3802. Wigal. 6711). — 
pareliercn : 2389, 3. 2793, 4 (cf. Lanz. 503. 5438. Kass. p. 19. 34). 
— parle stf. (= Partei): 3402,4, Widerparte: 1829,7. 2206,2. 
3916, 3 (cf. Türh. Wh. 161a ; Kass. p. 22). — schamelät : 1418, 5, 
aus der techn. Sprache genommen, cf. Weinhold, Deutsche Frauen 
420. — senkel: 1212,1. 5502,2, vgl. Trist. Alex. Meier. ; Wacker- 
nagel, Umdeutschung* 58. Lexer II, 885. Kass. p. 110a. — schan- 
ticren : 2786,2, als subst. Inf. (cf. Mhd. Wtb. II*, 84b) von Albrecht 
in eine aus dem Willehalm entlehnte Phrase eingesetzt , cf. Wh. 
34,6 — 7 u. ö. — tassel: 4404,5 (cf. Trist. Wigal. Mai. Krone; 
Kass. p. 110b). — treskamber: 5205,2, in Nachahmung von Reinm. 
v. Zw. 136,1. — ville: 5101,4. 5436,6, cf. Krone. Türh. Wh.; 
Kass. p. lila. — formieren, wie forme, wohl lat. Lehnwort (cf. 
Wigam. 4939). — forte: 4750(33,74)3 (corrupt?). 

Dazu kommen dann noch ein paar selbstständige hybride Bil- 
dungen Albrechts, die fast alle nur dem Reimzwang ihr Dasein 
verdanken: hofieren: 1577,3 H, vor Albrecht nicht belegt; pran- 
gieren (= prunken): 1683(13,63) 4; wedelieren: 4514,7*); lazzanje 
(: planje ): 2181,4, von iaz ; brustenier , cf. oben hurtenier ; vereisen, 
cf. eise. 

Die geringe Anzahl von französischen Lehnwörtern Albrechts, 
die er nicht mit Wolfram gemein hat, zeigt uns also Albrecht 
keineswegs als selbständigen Neuerer auf diesem Gebiete**); auf 

*) samclieren: 1927, 8. 4042.2. |4590,2. 6548,3. 5688,2 (samelie : 3438,7), 
steht schon P. 270,18. Wh. 45,7. 362,2. 367,18; und wandilieren , Tit. 543,4, 
schon Trist. 4804. 12072 (vertcandelieren : Tit. 1876,4. wandelte : 3302,6). 

**) Dieses Resultat wird wohl nicht mehr umgestossen durch ein paar Fremd- 
wörter Albrechts, die ich nicht zu erklären im Stande bin uud deshalb hier auf- 
zähle: ariibiere (: viere): 412,4, cf. Zarnckes Anm. z. Gralt. str. 94. — balieren: 
3232,5; cf. Lexer I, 115. — gebarület (: unerfület): 4289(29,66)4. — (Ithine (: gra- 
merzine) : 264,1; cf. Lexer 1, 421. — dunzi{je (: Predlje): 1939(15,19)4. Es 
vertritt Schoydelakurt in der entsprechenden Anspielung Wolframs, P. 583,26 — 
27; vgl. frauz. doncel(e) (= dominicellus Du Cange 111 162c); dem Sinne nach 
passte auch lat. dotmeihum. — gem&ne stf. (: cajnläne) : 4129(28, 11) 3H. — 


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128 


den Einfluss einer directen franz. Quelle Albrechts führt nun 
ebensowenig die Zusammenstellung der zusammenhängenden fran- 
zösischen Redensarten, die sich im Titurel Snden. Der Kampfruf 
des Anfortas ist flirte Amor : 1973, 7. 2089, 1 ; er beruht auf P. 
478,30: Amor was sin krie. — Ein paar franz. Grussformeln bringt 
Albrecht bei der Aufzählung der italienischen Hülfsvölker des 
Kaisers Lucius von Rom an, 4559, 6 — 7 : ir deti sal gar vergolten 
wart in niht mit deo wart mal mi Are. Ich glaube, dass es durch- 
aus verfehlt ist, auf Grund dieser Stelle die oben p. 74 f. aufge- 
deckte Quelle Albrechts für diese Aufzählung der Hülfsvölker des 
Kaisers Lucius , die er der Erzählung von Gottfrieds Chronik 
selbstständig einfdgt, näher bestimmen zu wollen. Vielmehr 
wird der gelehrte Dichter diese ganz einfachen Phrasen der Um- 
gangssprache lwohl sonst irgend einmal gehört oder gelesen 
haben ; hier holt er sie nur deshalb hervor, um der ganz ähnlichen 
Stelle Wolframs (P. 351,7 — 8: swcr byen sey vende da sprach, gra- 
merzis er wider jach) eine Variation an die Seite stellen zu können. 
Die sprachlichen Formen unserer Stelle sind ausserdem , wie mich 
Herr Prof. Stimming belehrt, recht problematischer Natur. — Eine 
zusammenhängende , längere franz. Redensart haben wir nur noch 
2533,5: malevaut altut est tnorle, cf. 5557,6: altut est morte , so 
fluchen die Schiffer im heftigeu Sturme, malevaut soll wohl so 
viel sein, wie mal event, aber al in altut ist überhaupt kein franz. 
Wort. Ich erkläre es mir so: Albrecht hat dreimal die franz. 
Redensart alaterre (= k la terre) : 2540, 4 Der noklir . . . begunde mit 
freuden schrien „ alaterre “ = 5562, 1 — 2. cf. 780, 1 : Gcnigen ala- 
terre sf, erde lande und lüfte. Aus diesem alaterre scheint sich 
Albrecht einen unmöglichen frz. Artikel al construiert zu haben ; 


pallitrieren (pallicieren AD.) : 6923(40,161)1. — parlieritten (: dritten): 2987,3 
(von parlieren im Reimzwang?). — parribiere : 3630(25,286)6 (barbiere AD.). 4520 
(31,69)4: paritdere (H barbieren). Es scheint eine Truppenart zu sein, wie pa- 
telierre ; vgl. Schultz, Hilf. Lehen *11,199. — steh rinnen: 6045,3; im lat. Ori- 
ginal nur progredient ; hängt es mit ravine zusammen ? — scheniecen (: verdrie- 
ten): 237 (1, 160) 2 H. — rerdormen: 6148a (35, 156) 4; von dormir(e) ? — Orienta- 
lische Titel bedeuten: accedine: 3247 (24, 184) 3 (atmerine AD.), atzidiere (.ziere): 
S215, 5. — In der Sammlung von Speisen, Tit. 699— 599a (6, 33), sind, ausser 
den aua Wh. 134,9 — 14 entlehnten Namen, noch mehrere mir unklare Fremd- 
wörter, die aber nur die Gelehrsamkeit Albrechts auch nach dieser Seite in helles 
Licht stellen. Sicher lateinischen Ursprungs sind wohl: teearje (: Pirhdarje)'- 
6624 (39, 13) 7 (AD.: in ir parje) ; von cesariee? — erster ( : stetster) : 2052(15, 144)3 
(zitester AD.) ; vgl. griech.-lat. cestros, der Breunstiel, Brennspatel bei der enkau- 
stischen Malerei , x. B. Plinius 36, 149, cf. Georges I, 1031. 


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129 


vgl. 61G4, 6 : Montsaltätsch ul terre (= N. Sg.) , ebenso Maledic 
alterte, das Land der verfluchten Galiotten , 2668,6 cf. 2779,1. 
bona Vinalterre: 2048,3; endlich 5163,6: der ztcö und sibenzic 
spräche alterre, und unser altut (= (le) tout?). 

Die wenigen hier aufgezählten Stellen sind die einzigen zu- 
sammenhängenden französischen oder pseudo-französischen Phrasen 
im ganzen Titurel. Hätte Albrecht nur etwas eingehendere Kennt- 
nis der franz. Sprache besessen, als er sie hier zeigt, so würde 
er sicherlich nicht damit hinter dem Berge gehalten haben , son- 
dern sein langes Gedicht gehörig mit frz. Redensarten gespickt 
haben. 

Ich möchte nun endlich noch , um alles erschöpft zu haben, 
hier zusammenstellen, was Albrecht in den Eigennamen, die er 
selbst gebildet hat, an französischen Elementen aufweist*): Albrecht 
hat bei seinen eigenen Bildungen eine Vorliebe für Namen mit 
klär- und flör-, die Lieblingsbildungen der mhd. Epiker überhaupt; 
vgl. Clärisse Tit. 449 tf. Clärissilie 2805,1. Clärissäre 3483,1. Clä- 
rissidän 2281,1. — Flörie von Kanedic (Tit. 1477,1 u. ö.) stammt 
aus W. Tit. 148. 149. P. 586; Flörlne von Syrie (Tit. 1612,1. 
1775,2) aus dem Wigalois. Aber Albrecht fügt hinzu: Floriane 
von Talimon, die Gemahlin des Teanglis: 1775,5. 1797, 6 (Fibröse). 
Der Name Flörischatiz ist gebildet nach Alischavz. Flöristelle, das 
2. Schlachtfeld in Schionatulanders orientalischen Kämpfen, 3825, 1. 
4044,6. Vor allem aber das Fürstengeschlecht in dem Blumeu- 
lande Flördibäle (5703, 1 ff.) hat lauter mit flör- zusammengesetzte 
Namen: Flördiprinze (cf. 5710,1: Der höhen fürstm bltiome), Alba - 
flöre, Flör amte (cf. 8707,5: der bluomen friundin). 

Von den drei Geliebten des Ferafis, Tit. 5295 ff., ist der Name 
der Albaröse (5295,2. 5314,1) sicherlich nicht proven^alisch , soa- 
dern, trotz der Berufung auf Kiot, einfach lateinisch (cf. Teil I, 
p. 90) wie Klaudillc (cf. 5299, 1 — 2). Barbidele endlich (vgl. ebenfalls 
p. 90) ist ein Name wie Barille (Tit. 90, 1 ff.) , also gelehrt-latei- 
nischen Ursprungs ; wie sich denn Albrecht nicht scheut, ganz la- 
teinische Namen, wie Bonifante (124,5), Bonifacie (5464,1. 6002,1) 
u. Fenitvnze (415,1), die beiden Bischöfe auf der Gralburg, einzu- 
führen. Das Vorherrschen des lateinischen Einflusses bei Albrecht 
zeigt auch deutlich das Missverständnis von Munsalvwsche , bei 


*) Wie wir oben p. 63 gesehen haben, geben die wilden Kamen der orien- 
talischen Fürsten und Länder, Tit. XXIV, für unsere Frage gar nichts aus; 
und in dem langen Verzeichnisse der Fürsten und Ritter auf Floriscbanze sind 
die von Albrecht selbst gebildeten Kamen meistens ganz unfranzösische Neubil- 
dungen, die nur im Klange zuweilen an wirklich franz. Kamen erinnern. 

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130 


Albreeht Montsalvätsche ; es ist der ‘wilde Berg = mont salvage’, 
Albreeht aber fasst es lateinisch auf als ‘mons salvationis’ (Tit. 
289. 499, 2 — 4. (5174, 5). Ebenso latinisiert er Wolframs Terre de 
Scdvecsche zu Salvatcrra. Dass Albrecbt das französische Wort sal- 
vätsche (— salvage, sauvage) wirklich nicht verstand, geht noch 
deutlicher aus seiner Bildung Salvätsch de Campidonte (6866, 3) 
hervor. Es ist der Name des Klosters, das Gailet und Ekunat 
nach Schionatulanders Tode bauen. Dieses Kloster wird nun (Tit. 
6863) auf den Rat des Trevrezent nicht in die Einöde gebaut, in 
der dieser selbst hauste, sondern lierdan üf duz gevilde hiez erden 
werden bowen üf die plane, dä sie der dürfte gerende mdhten finden. 
Das drückt Albreeht aus durch : Campidonte (von Campus = gevilde, 
plane), setzt aber ein Salvälsche davor, was widersinnig wäre, wenn 
er die wirkliche Bedeutung dieses Wortes gekannt hätte. Er 
fügt es hinzu , weil ja auch die Klause des Trevrezent Salvätsche 
de Fontäne heisst (Tit. 6866, 1 = P. 452, 13. 456, 2 : Fontäne la 
salvälsche). Fontsedväcie heisst bei Albreeht auch die 2. Klause 
der Sigune (6464,3), die bei Wolfram keinen eigenen Namen bat; 
aber vgl. P. 435,7 — 9. 804,10 — 11. Föreis Salvätsch heisst der 
Gralwald Tit. 282,1. 303,1. Für den Namen Ekunats, de Sal- 
väsch flürlen, hatte Wolfram selbst die Übersetzung von Binome 
diu wilde gegeben; daher wendet sie Albreeht häufig im Wort- 
spiel und in der Umschreibung für Ekunat an. So bleibt nur 
noch Albrechts Bildung zer wilden Laborie (Tit. 5100,1. 5377,7 
Laboräne) übrig , die einen Teil des Gralwaldes bezeichnen soll, 
(5378, 1 — 2) durch daz man dä die steine eem tempcl meistic uorhte. 
Laborie ist also von lat. laborare abgeleitet; in dem wilde könnte 
man ja das Salvätsche der übrigen Lokalitäten des Gralbezirks 
erkennen , aber es ist doch nach dem Übrigen nicht notwendig. 
— Mäledic al terre, das Land der »verfluchten Galiotten“, (2668, 6. 
2779) ist vom lat. malcdicere abgeleitet, cf. 2669, 1. Die verfluochten Ga- 
liotten. — Genteflürs, der Sohn des Gurnemanz (= Schentefliirs P. 177. 
195. 198. 214) , wird erklärt 2056a (15, 148) : Und Gcnte/lürs ein 
bltiome der werden diel ee diute. Das ist wohl französisch , könnte 
aber auch lat. Weisheit sein. Sicher französisch ist 5009 (35,16)4: 
gein einem walde, der hiez Precilie pitimont de clüse (H . prctinwnt, AD. 
picimoiit). Gemeint ist der bekannte Wald Brezljan. pitimont ist 
gebildet wie pitipunt Wh. 232, 26. 302, 11, cf. var. ; wegen des zu- 
gefügten de clüse vgl. P. 382, 24 : zer muntäne Clüse. Pitimont ist 
bei Albreeht auch der Name einer Stadt, zu der das Gralschiff 
auf der Reise nach Indien kommt (5989, 1 Plimonte H. 5995, 6) ; 
sie erhält da den neuen Namen Gräles nach dem Gral. Ich er- 


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131 


innere endlich noch an die schon oben erwähnten Missverständ- 
nisse Albrechts bei likonle, tschahtelakunte, beäkunt u. a. in. 

Das Gesamtbild, das sich aus all diesen Zusammenstellungen 
ergiebt, ist also, dass Albrecht von der französischen Sprache nur 
sehr oberflächliche Kenntnisse besessen hat. Er zeigt nirgends 
Vertrautheit und Selbstständigkeit in der Anwendung der franz. 
Sprache, sondern er hat seine franz. Fremdwörter sowohl, wie die 
zusammenhängenden Redensarten, die er an ein paar Stellen bringt, 
nur aus den Werken der früheren mhd. Epiker, vor allem aus 
Wolfram, geschöpft. Auch das Resultat dieser Untersuchung führt 
uns also dazu, eine franz. Quelle Albrechts überhaupt zu leugnen*). 
Provei^alisehe Spuren haben sieh mir überhaupt nicht ergeben. 

II. 

Dem Capitel über die Wortwahl schliessen sich am nächsten 
an eigentümliche Wortbildungen, die wir nach Wolframs Vor- 
gänge bei Albrecht wieder finden. Wolframs Sprache ist nach 
dieser Seite noch wenig durchforscht; was Boetticber a. a. 0. 
p. 32B— 329 auf Grund der vorangegangenen und seiner eigenen 
Untersuchungen zusammenstellt , ist für einen so eigenartigen 
Dichter wie Wolfram doch wirklich etwas dürftig ausgefallen. 
Damit ist auch unserer Untersuchung eine gewisse Beschränkung 
auferlegt. 

Das auffälligste Beispiel der Neubildnng eines Subst. bei Wolf- 
ram ist erbarme stf. : P. 465, 8 (im Wortspiel mit erbarme = Conj. 
des Verbums); cf. Wh. 2,30. 454,28 (erbärme P. 171,25. 214,2). 
Albrecht hat erbarme selbst 396, 4 (aber cf. Zarncke, Gralt. str. 
93) , ausserdem aber eine sehr reiche Fülle von andern , ganz 


*) Ein wesentlich anderes Resultat würde die genauere Untersuchung der 
lateinischen Fremdwörter Albrechts ergeben. Nicht uur Ubertreffen bei ihm die 
lat. Fremdwörter ihrer Zahl nach die französischen um ein Bedeutendes, son- 
dern sie geben auch der Diction Albrechts überall da, wo er selbstständig 
auftritt, ihr eigentümliches Gepräge ; man vergleiche als abschreckendes Beispiel 
str. 647 unter all den schönen Wolframschcu Strophen. Nachahmungen Wolframs 
fehlen natürlich auch hier nicht, aber dafür geht Albrecht in der selbstständigen 
Verwendung des Materials der lateinischen Kirchen- und Gelchrtensprache weit 
über Wolfram hinaus. Wir finden im Titurel zwar nicht viele zusammenhängende 
lat. Redensarten, denn die verbot der Stil des epischen Gedichtes selbst Albrecht, 
aber dafür eine Fülle von seltenen lat. Fremdwörtern, meist gelehrter Natur, 
darunter mehrere Neubildungen Albrechts , und sehr viele flectierte lat. Formen. 
Ja, streiten sich bei einem Worte französischer und lateinischer Einfluss, so 
dürfen wir für Albrechts Empfinden immer eher an das Lateinische, als an das 
Französische denken. 



9 * 



132 


nach dem Muster von erbarme mit dem Suffix -e direct von einem 
Verbum (oder Adjectivum) abgeleiteten abstracten Femininen. Zu 
erklären sind diese Bildungen durch ihre bequeme Verwendbarkeit 
im klingenden Versschlusse ; sie sind dem gleichen Bedürfnisse 
entsprungen , wie die zahlreichen , mit dem Suffix -e direct von 
Verben abgeleiteten Adjectiva auf -c, bei denen sich Albrecht die 
kühnsten Bildungen gestattet. 

An Wolframschen Neubildungen von Verben aus Substantiven 
finden wir bei Albrecht folgende wieder : hcrren unde frouwen, 
P. 128, 24, steht Tit. 83, 3 — 4 u. 318,4 in der Bedeutung: zu Herrn 
und Herrin (Mann und Frau) machen. Dagegen ist diese Formel 
soviel wie hcren unde vrouwen (= her und vrö machen , vgl. auch 
die aus Freidank entlehnte Ableitung des Wortes freude von frouwe 
Tit. 1953,6 — 7): 2331,3. 6052,4. 6163,7; doch ist eine wortspie- 
lende Beziehung auf die erste Bedeutung auch hier sicher anzu- 
nehmen, cf. Zarncke, Gralt. p. 476 z. str. 318,4. — Albrecht geht 
in ähnlichen Bildungen selbstständig weiter : 4257, 1 : Der was 
noch kleine knabcnde ; cf. (ge-)mannen (2218,1. 4854,1. 5549,2), das 
schon bei Türh. Wh. 160 b. 254c. 255b und bei Reinm. v. Zweter 
vorkommt (ed. Roethe 101, 9: ir mannet! lät vrön Leen uiben I) — 
gelibet : 5547,2: der ist so stark gelibet. — logen swv. : 370, 7. 6107,2. 
6206i (41, 78)2. — geboumet: 3863a (27, 47) 5. — geneidet: 1742,3: ich 
st inne oder geneidet . — beiden : Mlb. 13,4: Marten lop sich heidet mit 
mägden vil manc tiiscnt. Die Vorlage hat: die meide, die sitit bi 
dir tif der beide ; cf. Zarncke , Gralt. 518. — hellen : 152, 5 : von 
der dä menschen könne wirt gehellet, und sonst sehr häufig. Der 
Gegensatz dazu ist paradisen: 95,5. 187,3. 349,4. 519,7. 548,7 
u.s. w. ; dafür steht himelrichen: 494,1. himeln: 2356,5; cf. Wart- 
burgkrieg MSH. III, 174b 4: sie mögen mich gcliimelen noch gehellen. 
— gewännet: 4413,1: Din eierde wart gewännet (: besännet). — Al- 
brecht eigentümlich ist auch die Verwendung der in anderem 
Sinne schon geprägten Wörter betagen und benähten : 5439,4: sie 
kan von herzen riuwen umb uns ze guote betagen noch benähten u. 
3343, 4. — geicitcrt und gesunnet : 5725, 3— 4 . — gefremdet : 1409, 2 : und 
ie sin dventiure ist jeerlich gefremdet durch uii/wer wunder stiure (= 
wunderbar, reich an Wundern gemacht). — Von zusammengesetzten 
Substantiven sind abgeleitet: zehenvidten : 2611,4. hunderttüsent- 
valten : 385, 7. mangerleien : 332, 7. 637, 4. 1629, 5. t Izgesumertockt : 
1959,7 (cf. sumerlocke 5166,4). bekldr i funkelt : 4099,4. verkarfunkelt : 
4826, 3. vertegelicltet : 1892, 5. 

An beliebten Compositionen Wolframs finden wir folgende 
im Titurel wieder: 


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133 


Von den zahlreichen mit under- zusammengesetzten Verben 
gebraucht Wolfram eine Reihe als Variationen des Verbums «n- 
dersniden in der bildlichen Bedeutung von portieren. Ebenso 
Albrecht: uttderblenien : 1456,2, cf. 2728,5. undermengen : 377,7. 
3715,4. undermeezen : 3328,6. undersetzen : 1195,5. 4328,7. undcr- 
stözen : 675,3. 4840,3. 2796,4. understrewen : 353,4. undervähen : 
378,2. 877,2, cf. 853,3. undervachen: 4818(33,145)3; cf. undertwäle: 
2275,7. undersniden selbst kommt nicht vor; parrieren nur einmal: 

960. 5. furrieren (cf. Kinzel a. a. O. pag. 36) öfter, noch ganz sinnlich 
gefasst: 887,2. 1108.4. 1418,7; bildlich dagegen: 2202,5 und in 
Nachahmung von W. Tit. 138,2: 3682,4. 5115,7. 5391,2. 

Eine stattliche Anzahl von Neubildungen hat Wolfram bei 
den mit sunder- zusammengesetzten Substantivis, vor allem im Wh. 
(vergl. die Aufzählung bei San -Marte, Parz.-Stud. III, 232 ff.). 
Albrecht folgt ihm getreulich , jedoch ist nicht immer mit Sicher- 
heit Composition und adjectivischer Gebrauch von sunder zu unter- 
scheiden *). 

Die Adjectivbildungen auf -lieh (-liehe) sind im Mhd. überall 
sehr verbreitet, Wolfram hat aber vielfache eigentümliche Ver- 
wendungen und Neubildungen solcher Wörter ; cf. Förster p. 25 f., 
Boetticher p. 326 f. Was ich bei Albrecht an Nachahmungen 
dieser Wolframschen Art und an eigenen Neubildungen finde, sei 
hier im wesentlichen zusammengestellt : arbeitlkh (trotz Boett. 
p. 325 unten) : 4097, 6 : von arbeitlicher tuvte ; cf. P. 334, 2 , öfter im 
Barl. Pass., die es aus Wolfram nehmen ; cf. Tit. 5689, 4. — betwun- 
gcnliche : 798, 7, cf. P. 745, 24. — bliclkh : 5917, 7 = W. Tit. 106, 4. 
W. Lieder 7,17. — hei flieh : 5982a (40, 228) 7 (cf. Barl. 98,5), bei 
Wolfram häufiger. — hungerlich: 1349,1, cf. Türh. Wh. 155d. — 
muottiche (= mutig) gebären 1690, 7. 3145, 3 : tu. lebende ; oft im Lo- 
hengrin. — under schiltliehcm dache : W. Tit. 71,4; Tit. 1320,2. 

1895.5. 1914,6. 2874,6. 4366,6. 5062,7. 5844,6, cf. 5525,7. — 
sturmlichee hurten : 828, 6 , cf. 4282, 4. 5746, 7. Ernst 1975. Trist. 


*) sunder-ere: Tit. 4299,5. -glast'. 380, 5 (cf. Wh. 14,9). -glizen: 1706,7 (cf. 
Wh. 898,10). -gruoz\ 4252,4. -harzen: 1457.6. -klage: 1001,7. 4310,5. -kleit : 

1108.6. -kost : 370,2 (cf. sunderricheit Wh. 30,5). -krie : 832, 7. 841,7. 8065,7. 
3941, 3 (cf. sututerruof Wh. 344,6). -kröne : 8358,6. -küssen : 1410,6. -laut: 

3353.6. 3374,7 (cf. P. 737, 1. Wh. 30,5. 106,15. 401,10). -lön : 1613,5. -lop: 
2330,2. -nuere: 393,2. -marke : 2830,4. •im'tme: 2551,7. -palas: 3337,3. -rotte: 
1704,1 (cf. P. 618, 8. Wh. 814,7. 393,29. 412,16). -schar: 1703,7 (cf. P.805,25. 
Wh. 239,2. 372,2). -schowen: 1695,1. -smerze: 6166,7. -spähe: 376,7. -strenge: 
1727, 7 . -strilen: 3362,3. 4633,1. -tat: 841,6. -trähte: 1793,1. -iräpen: 3722,6. 

3727.6. 4634,7(7) (cf. P. 216,18). -t eirde: 4253,4. 


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134 


961 (adv.) — 3818,2: der urteillichen stunde, cf. urteilt! eher tac'Wh. 

13.4. 134,33. 462,23. 464,25 u. 402,14. Türb. Wb. 180a; ausser- 
dem P. 210,28. 288,2. — 1567,3: in vanclicher eiihte, cf. gevangen- 
Uche Wh. 159, 29. gevancUch Reinfr. 25112. 26741. — unter gezeenlich'. 
1518,7 (cf. P. 811,7. Wh. 309,11). — 813,4: in fluhtlichem schalle, 
cf. Krone 10708. Licht. 411,25. — wancliche : 2457,7, cf. W. Tit. 

97.4. — 5744,4: unter xvdpenlichem kleide, cf. P. 761,25. Wh. 31,25, 
schon Nib. 1634,3. — weinltch : 1058,4 = Wh. 252,27 (cf. mop), 
cf. Lanz. 5262. — wortecliche : 46,4, cf. Renner 13663. — 4604,7: 
mit jeeptcrlichem tröne. — Besonders merkwürdig : 809, 5 : von hdl- 
scharlicher täte vorhte — Wh. 236,17, cf. P. 292,4. — heimvart- 
liclr. 6780,7. 

An einzelnen Zusammensetzungen kann ich noch anführen : 
abereürnen : P. 463, 1 (vgl. aber P. 798,3); danach bildet Al- 
brecht : dberhazzen : 2253, 6, und aberdrewen : 1862, 3. Nach dem 
Muster von darkunft , Wh. 249, 24, und dankere, Wh. 222,22, hat 
Albrecht gebildet: darhere stf., 413, 7, und dannekere: 1557,1. Vor 
Wolfram findet sich dannekere schon bei Heinr. v. Melk, Priester- 
leben 89; später Crane 9999. — Ähnlich ist gebildet: mitestn stn. : 
Tit. 4583 (31,132)3 AD., cf. Mystiker 2,253,33. — Moldau stm. 
(= uol dan), aus Wh. 90, 12. 96, 23. 236, 5, Tit. 2978, 6 : den Mol- 
dau rifen , cf. 4686,4. — altutse , P. 109,13: ein altuiser man (cf. 
P. 358, 27) , Tit. 914, 1 : Ein altxcise beiden, wohl auch 595, 1 ; aber 
vgl. 1712,7. 

m. 

Von der Betrachtung der Wörter an und für sich, nach Wort- 
wahl und Wortbildung, da wir die Formenlehre bis auf weiteres 
übergehn müssen, gelangen wir jetzt zur Darstellung der Regeln, 
nach denen sich die einzelnen Wörter zum Satze zusammenfügen, 
und denen die einzelnen Sätze in ihrem Verhältnisse zu einander 
unterliegen. Für die Syntax Wolframs fehlt noch eine zusammen- 
hängende Darstellung , wie sie z. B. Otfrieds Syntax durch Erd- 
mann zu Teil geworden ist; eine grosse Anzahl von Specialunter- 
snehungen, die unglaublich verstreut liegen , bedeuten erst einen 
kleinen Anfang zu der umfänglichen Aufgabe. 

Von bemerkenswerten Structuren Wolframs, die die syntac- 
tische Verwendung der einzelnen Wortkategorien im Satze be- 
treffen, haben wir bereits Cap. I einige aufgeführt. Sie bezogen 
sich auf Stellung und Flexion der Adjectiva, entsprangen aber 
alle einzig und allein dem Reimbedürfnisse Albrechts. 

Eine andere Gruppe von syntactischen Structuren, hat Wolf- 


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135 


ram mit den Volksepen gemeinsam; sie fallen unter denselben 
Gesichtspunkt wie die oben behandelten s. g. „unböfischeu“ Wörter, 
cf. Jaen. p. 27 — 28. Die appositionelle Nachstellung des artiku- 
lierten Adjectivs ist schon Cap. I erwähnt. — Zum schwach flec- 
tiertenPron. poss. tritt der Artikel (J.s Schema: die dhun not)-. Tit. 
82, 7 : daz sin geslelde. 562a (5, 80) 3: der sincn mclodien. 566,4 (sicher 
zu erschlossen) : der tninen f rühte. Ferner 1032,4. — 2518(19,119)2 
AD. 2586 (20, 63) 7 AD. 2651,3. Diese Construction ist in der 
Überlieferung vielfach verwischt worden. — Ein Eigenname im 
Genetiv wird zwischen Artikel und Subst. eingeschobeu (J. der 
O&wdnes munt): 495,1: Das Titurels gesichte. 942,4: dm Gainu- 
retes munt.— 2548, 5. 2650,6.2841(22,71)6.-5557,4. 5786,4. — 
Ein Eigenname im Genetiv folgt direct seinem artikulierten Nomen 
regens: (J. der hruoder Liäzen) ; bei Albrecht sehr häufig: 415,2: 
der hruoder art Parillen. 883,6: daz hemde Herzelöuden. 2673,2. 

4120.1. 4148,5.4159,6. 4171,2. 4502,2; cf. 4538,6. 5301,1. 5523,5. 
5786,5. 5993a (40, 247) 2. 6206,3. — Dass der Artikel in die Mitte 
zwischen Substantiv und abhängigem Genetiv tritt (cf. Paul, Mhd. 
Synt. § 191), findet sich bei Wolfram noch nicht, aber sehr oft 
bei Albrecht, der damit ein Zeugnis für das rein silbenzähleude 
Princip seiner Metrik ablegt: 1580,6: gezelt daz Gumuretes. 3611,2: 
fruht diu Ackerincs = 3997,2; ebenso 3671,6. 4139,2. 4314,6. 

4453.2. 4582,6. 5879,7. 6025,3. 6205,1-2. 6206n (41,82)2; zu er- 
schlossen : 3846, 6. 

Dass Wolfram eine Vorliebe für die substantivierten Infini- 
tive hat, um damit Abstracta zu bezeichnen, hat Boetticher p. 314 
ausgesprochen. Dass substantivierter Infinitiv und abstractes Sub- 
stantiv als gleichartige Worte coordiniert werden (P. 779, 16), 
einen, nach Grimm Gr. IV, 260, Lachm. zu Nib. 1,3, sehr sel- 
tenen Fall , finden wir bei Albrecht mehrfach ; doch geschieht dies 
bei ihm nicht, wie bei Wolfram, aus einer Vorliebe für die sinn- 
liche Verbaluatur, sondern es ist bei ihm die reine Unbeholfenheit. 
Man vergl. Mlb. 22,4: und darinne wunder sehen und ha-ren und 
lob der magt. 866,4: daz ein durch konreie, daz ander von dem wal 
die töten lesende , daz dritte durch nuere. 1410,6— 7. 3505,5 und vor 
allem 246, 3 — 5 : daz eine kiusche in jugende , daz atidcr ist der de- 
müctic riche , daz dritte liden armuot mit gedulde. 

Über die Albrecht so ausserordentlich geläufige Verwendung 
des Part. Prs. mit der Copula sin oder werden zur Umschreibung 
des Verbums finitum vgl. Cap. I. Eine andere Verwendung des 
Part. Prs., die Albrecht aus Wolfram herübergenommen hat, ist 
der formelhafte passivische Gebrauch des Part. Prs. einiger we- 


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136 


niger Verba, wobei man auch an eine Pereonificierung des mit 
dem Part, verbundenen Substantivs denken kann. Das häufigste 
dieser Participien ist klagende. Albreeht verbindet es hauptsächlich 
mit leit, not, ptn, riuice ; ferner mit: leieh: 562a (6, 80)5. munl : 
5138,4. säte: 5946,7. sitz: 515-1,3. sorge: 1083,4. stimme : 5143, 7. 
stccere : 1237, 6. triutcc: 2065, 7. frcise : 5431, 3. teeine: 3744, 7. teilte: 
4256,3. teort: 1073, 5 (cf. P. 514,24). — schämende zuht: 1599h 
(12,106)6. riutcc: 4276,4. vartce : 5576,6. — ir hehide reise : 3580,7 
(cf. P. 466, 20). gehende st iure: 1897,1. 5957a (40, 192)4, cf. gebende 
haut (= Freigebigkeit) Wh. 135,18. Tit. 5597,3. 4288,2: mit tödes 
gebendem snterzen. gernde gunst : 1956,3. mit grabender lüttste: 553,2. 
siner körnenden reise : 2682, 7 (cf. Wb. 135, 22). habenden grünt : 2543, 4. 
in Sitten lebenden stunden: 6155a (41, 15)2, cf. 969,7. 5347,2. senede 
not: 1007,4. 1396,4. 2331,3. 5160,4. ton tobender tiuhte: 2321,7. 
ir aller eogenden reise (= Acc. Sg.) : 1960, 2. von der suntten höch 
üfnemender gönnte (cf. P. 490, 3. Tit. 4462, 4). 

Das Part. Praet. gebraucht Wolfram ein paar mal, um den 
absoluten Verbalbegriff auszudrücken, z. B. P. 212, 19: sic gctcunnen, 
sic vcrlorn, icart sunder dä mit strite erlorn ; cf. Grimm Gr. 111, 534, 
Boett. p. 303 oben. Für die mhd. Spruchdichter vgl. die Zusam- 
menstellung Roethes, R. v. Zweter, p. 288 u. Anm. 335. Bei Al- 
brecht finden wir: 596,6: der junge g etc an nie grözer schade an Ube 
danne über lanc gestanden. 1548, 7 : stcaz ieman und er harnasch kan 
erstriten , dass ist ein spil mit tocken dä gein ersehinet blitz an allen 
silen. 3613,3—4: der handelttnge . . . diu dä heizet minneciich gesellet ; 
vgl. 3735, 7. 4897,6. 5393,4. 5781b(40, 15) 5, ferner 2960, 4. 6692,1. 

In dem Verhältnisse der einzelnen Satzglieder zueinander, so- 
wie in der Verknüpfung von Sätzen und Satzgruppen beobachten 
wir bei Wolfram in einer Reihe von Fällen eine Vernachlässigung 
der strengen grammatischen Regeln zu Gunsten einer freieren lo- 
gischen Behandlung. Diese Neigung äussert sich innerhalb eines 
Satzes in der Vernachlässigung der Congruenz von Subject und 
Praedikat ; im zusammengesetzten Satze z. B. in der lockeren Be- 
ziehung des Pron. relativum, sowie im Gebrauche von und als hy- 
pothetischer Conjunction ; beim Zusammentreffen zweier Sätze vor 
allem im &jtb xoivov, sowie in wirklichen Anakoluthien , die durch 
das Zusammenflüssen zweier Satzgebäude entstanden sind , im 
plötzlichen Wechsel des Subjects und verschiedenen Attractionen ; 
im Verlaufe der Rede in dem plötzlichen Übergange aus der oratio 
directa in die oratio indirecta. Wolfram hat alle diese lockeren 
Fügungen mit dem Volksepos gemein; bei beiden beruhen sie auf 
derselben Voraussetzung, der Freiheit des bequemeren mündlichen 


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137 — 


Ansdruckes, während das Schreiben derartige Freiheiten der Rede 
verbannt. So finden wir z. B. das dttb xotvov bei Ulr. v. Lich- 
tenstein wieder, der wie Wolfram des Schreibens unknndig war 
(cf. Haupt zu Er. 1 6414 p. 391 u. s. w.). -Wenn wir nun bei Al- 
brecht, der, nach all seiner Gelehrsamkeit und vor allem nach 
der Composition seines Gedichtes zu urteilen, sicherlich lesen und 
schreiben konnte, alle diese Freiheiten der Rede wiederfinden und 
sie in seinem umfangreichen Gedichte mit zahlreichen Beispielen 
belegen können , so sind sie bei ihm nicht mehr unwillkürliche 
Äusserungen des an die lebendige Rede gewohnten Dichters, son- 
dern beabsichtigte, Wolfram nachgeahmte Constructionen. Sie 
mussten dem Nachahmer, der nach Eigentümlichkeiten der Wolf- 
ramschen Diction ausspähte, am ehesten in die Augen stechen und 
eben wegen ihrer Auffälligkeit in der schriftlichen Fixierung sein 
Wohlgefallen erregen. Dass sie ihm ausserdem bei seinem com- 
plicierten Strophenbau mitunter recht gute Dienste leisten, ist ein 
zweiter Grund ihrer häufigen Verwendung. 

Der leichteste Fall der Incongruenz von Subject und Praedi- 
kat im Numerus (cf. Boett. 284 — 86) ist die Verbindung eines sin- 
gulären Collectivbegrifi’s mit dem Plural dos Verbums: Tit. 2299, 
1—2: Nü wurden Übereogende von Marroch dag gesinde. 2346,4: 
diu meiste menige woldes jähen. 2544,1—2. 4463,3 — 4. 5246,6 —7. 
6866,4. Als Colleetivbegriff gilt auch manec: 963,5—6: manic 
werdet sarrazin in liehter wate im vdlgten alle klagende. 2516, 4 — 5. 
4071,3 — 4; ferner sicae mit dem Gen. PI. von Personen, z. B. 195, 
1—2: Swae sich von TiturcUe der heulen ie getauften ; so auch 1901, 
1 — 2 : Lehelin selbander, die wollen hie beliben (cf. 1908, 1 — 3. 1897, 4) *). 
Nach diesem Muster bildet sich Albrecht mit gewagter Attraction 
eine eigentümliche Verwendung der mit selb zusammengesetzten Ordi- 
nalia, die Zarneke (Gralt. p. 486) „verständlich, aber grammatisch 
barock“ nennt; vgl. 362, 6— 7: Johannes was des dritten köres herre; 
selb ewelfte siner geverten gehtiset luten bedenthalp niht vert e. 277, 2 : 
Er ist ein ar , ein trache , selb sibend sind sie pflegende , cf. 810, 3. 
3459, 1-3. 3615 (25, 220)3—6. 

Häufiger und auffallender ist die Verbindung eines Plurals des 
Subst. mit dem Singular des Verbums. Die Constr. ist erklärlich, 
wenn sich der Plural als eine collective Einheit zusammenfassen 
lässt, doch ist das bei vielen Beispielen Wolframs und Albrechts 

*) Ein solcher collectiver Singular wird durch ein Relativum im Plural wie- 
deraufgenommen: 5354, 2 — 8: dt» geslehte » , die nie trotten. 78,6 — 7. 113,4—6. 
987,2—3. 2679,3 — 4 . 2714, 3 — 4 . 2744,4—5: vit maniger, .. die einer kraft in 
sorge wären. 2676, 1—2. 


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138 


nicht mehr möglich. Das Verbum wird in allen diesen Verbin- 
dungen gern vorangestellt. Vgl. Tit. 1107, 3 — 4: Von Aräbi üz 
pfellen wart im und Sitten gesellen gesniten klcii (Heil ist Plural, cf. 
1108). 2848,1: Em het für schimpf genuoge, cf. 3717, 1 — 2. 4849, 

3— 4 (corr.?). 1459, 3-4. 3954,3—4. 4085,4—5. 4531, 3-5. 5842, 
6 — 7. Nach dem Vorbilde von P. 104, 17 verbindet Albrecht den 
PI. ougen mit dem Sg. : 198,5. 958,5. 1325,5. 1752,3 — 4. 3059,1. 
5287,2, cf. 251,6 — 7. Statt des Subst. im PI. tritt ein ganzer Satz 
ein: 1921,3 — 4. 4255,6 — 7. Als collective Einheit fassen Wolfram 
und Albrecht nicht nur die ursprünglich substantivischen Zahlwörter, 
wi e hundert, tüsent, sondern jedes beliebige Zahlwort; das zugehörige 
Subst. tritt dann zuweilen in den Genetiv ; cf. Tit. 594, 2 (100). 2148, 1 
(12). 3718,5 — 6(4). 366,1(3). 2751,3(4 + 3). mancc tüsent c. Sg. Endet 
sich z. B. Wh. 66, 26-27. Tit. 2655,3. 2923,1—2. 4128,5. 4235,7. 
3863a (27, 47) 4. Sonstige Beispiele sind : 86, 4. 831, 1 — 2. 1390,3 — 4. 
1502,6—7. 1632,1-2. 1738,4. 2140,5 u.s.w. 4322,1-2 (= 4+3). 
387,5(3x2), cf. 2999, 1. 5623,1. — Hierher gehört auch vil mit fol- 
gendem Gen. PI. eines Subst. Albrecht gebraucht es fast nur mit dem 
Sg. des Verbs gemäss der alten , eigentlichen Bedeutung des 
Wortes. Ebenso construiert er uenic: 243,7. 1978,2. Meine: 906 

4- 5. 3411,1—2. 6133,5. wer: 1984,1. 2275,1—2. 3688,4. icaz 
(stcaz) (cf. oben p. 137): 301,3. 1791,6—7. 3047,1. 3063,4. 3354,5, 
3598, 1. 4122,6-7. 4132,4. ungezalt (cf. Wh. 340,28): 810,6—7: 
ob amazzür und eseelier und emeräl iht ungezalt beltbe, cf. 3072, 7. Sonst 
ist ungezalt im Tit. stets Adjectiv. 

Die Verbindung zweier Substantive im Sg. mit einem Verbum 
im Sg. ist nicht gerade auffällig ; cf. Grimm Gr. 4,198. Vgl. nur 
Tit. 460, 6 — 7 mit Üb.W. (H.) 39 — 40. Viel seltener wird der Fall 
schon , wenn eins dieser beiden Subst. oder gar beide ira Plural 
stehn (cf. Grimm 4, 290). Auch davon giebt Albrecht mehrere Bei- 
spiele : 251, 6 — 7 : wie dicke im liebte ougen und munde rot die mimte 
künde erwecken. 329,4—5. 414,4 — 5. 3564,6 — 7. 3754,6 — 7. 4067, 
1—2. 4250,4 - 6*). 4187,5—6. 

Eine lockere Form der Verbindung von Haupt- und Nebensatz 
bezeichnet unde , wenn es Bedingungs- oder Relativsätze einleitet. 
Dieses ursprünglich nur coordinierende unde gehört dem Volksepos 
an, von den höfischen Dichtern hat es nur Wolfram ein paar Mal. 
Bei Albrecht leitet unde einen hypothetischen Satz ein: 129,4. 


*) Der gröbste Fall der Vernachlässigung des grammatischen Verhältnisses 
ron Sg. und PI. im Titnrel ist die Verwendung des einander 5178, 2; sie erinnert 
an die gleich harte Vermischung von act. u. pass. Construction 2171, 1—2. 


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139 


328,7: so tceer mir not , und wtrr ich bat versunnen. 401,4. 889,7. 
— 2663,1. 2671,5. — 5963,7. 5984,7 u.s. w. ; einen Relativsatz, der 
oft einen Temporalsatz vertritt: 298, 1. 321, 2. 486, 7. 577, 5. 908, 4. 
5726, 4. 5780, 6. 5843, 6. 

Eine Vernachlässigung der Congruenz des Relativpronomens 
mit dem Worte, auf welches es sich bezieht, haben wir schon oben 
p. 137 Anm. constatiert. Nun giebt es aber eine Reihe von Fällen bei 
Wolfram, in denen das meist vorausgeschickte Relativum überhaupt 
keinen Bezug erhält, sondern der Dichter fortfährt, als wenn er 
mit einem Conjunctionalsatze begonnen hätte; z. B. P. 127,26 — 28, 
cf. Paul, Mhd. Syntax § 346. Albrecht liebt diese Construction sehr, 
weil sie ihm vielfach den langgestreckten Bau seiner Strophe er- 
leichtert ; 56, 6 — 7 : vgl. der mir die niht cntsetect , so teil ich lip und 
leben sust behalten *). 

Ein der Schriftsprache gleich fremder Fall von plötzlichem 
Wechsel des Subjects findet sich bei zwei durch einfaches und coor- 
dinierten Sätzen, indem aus dem ersten der beiden irgend ein an- 
derer Begriff, als das Subject , herausgenommen und im zweiten 
Satze als Subject gesetzt wird ; cf. Paul, Mhd. Synt. § 345a 3. Wolf- 
ram gestattet sich diese Construction öfter, und Albrecht giebt viele 
Beispiele: 175,4—5: diu ntinne, die nieman sihtic wesende üf erden 
ist unt vert dorh mit gewalte. 264,3—5. 503, 6 — 7 : hat in der touf 
begatten und ist ddbi an tagenden unverhowen. 531,1 — 2**). 

Die wichtigste hier anzufiihrende Erscheinung bei der lockeren 
Verbindung zweier Sätze ist aber das s. g. ixb xoivov. Wolfram 
hat diese alte, in der Volkspoesie noch ganz geläufige Fügung 
mit grosser Freiheit angewandt, wie es die schöne Sammlung Haupts 
zu Erec* 5414 zeigt. Den übrigen höfischen Dichtern ist das dnb 
xoivov wenig geläufig, bis auf Ulrich von Lichtenstein, der wieder 
Wolfram folgt. Albrecht hat viele Beispiele dieser Form: Die meisten 
gehören zu der ersten der von Haupt aufgestellten Unterabteilungen. 
Ein Subst. ira Nom. steht (eno xoivov zwischen zwei Satzglieder 
eingeschoben: 206, 2 — 4: das in vil gerne sähen die werden tcol ver- 


*) cf. 4,1. 41, 1—2. 291, 1 ff. 315, 1 ff. 354,7. 600,5-7. 630,3. 939.4.- 
2707,6—7. 2729,8—7. 2756,4 2910(22,140)6-7. 2960,6-7. 2967,3. — 5617,6. 
5626,2-4. 5651,3—4. 5818, 1 ff. 5835, 1 ff 5907,8. 5915,6-7. 

**) Ebenso 803, 1-8. 1113,3-5. 1455e(U, 117)7. 1461,3-4. 1477,6. 1487,6. 

1542.5. 1835,7. 2200,7. 2370,1—2. 2442,4. 2497,4. - 3073,5. 3184,1. 3205,7. 

3607.5. 4056,5. 4147,4. 4606,5. 4659,2. 4715,6-7. 4782,4—5. 4955,4. 4978,2. 

6032.5. 5043,5. 5329,5. 5498,7. — 6198,1 — 2. Zuweilen lässt sich diese Con- 
struction durch die Annahme einer Parenthese erklären, *. B. 4956,4. 916,5 — 7. 
374, 3-6. 


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140 


sunnen im s6 vil der ganten tagende jähen. 435,2 —4: und wart nie 
kiinic sd riefte noch keiner sin genöte nie Invilde enphiene so tecrdicliche. 

450. 4— b(die junge Z. 5 zu streichen!). 1437,4 — 6. 1936,4 — 5. 2580 
(20,63)3 — 4. 2965,1 — 3. 2979,1: Ein velt , hiez Plenanze , därüf 
u.s. w.*). 3550,4- 5. 3669,7—70,3. 4089,3. 4131,4- 5. 4897,3—4. 
490!) (34, 55)7 ( der in H zu streichen!). 5948(40,181)1 — 3 (zu er- 
schlossen). — Das eingeschobene Subst. steht im Acc. : 959, 5 — 7 : dä 
du in kummer stieze den cdeln fürsten kleinen von dir in sollte freise 
varcn lieze\ ebenso 1120,6 — 7. 4186,3 — 4. — Das eingeschobene 
Subst. ist zugleich Acc. und Nom. : 62(68)4—5: iedoch min sin (wol) 
merket dtn kraft für alle crefte wunderzeichet (wenn nicht nnch Wb. 
2, 18 ein dich einzuschieben ist). 5802, 4 — 5: sd sie mohten viht er- 
langen daz seil vor siegen sicher was dä schöne. 4562, 5 — 7 (freiere 
Stellung!). — Ein Verbum steht äxb xotvov : 4797,4 — 5: durchriten 
vil der teile haben wir den anher vil gesuochet. 3988, 3— 5 : erbrächet 
diu tjost von den die hurticlich gebären künden dä der drunten vil 
verswingen. — Eine adverbiale Bestimmung: 4509,3—5: er weer tn 
zorne lebende noch scherf er t/an ne krön mit dem kressen hol sin stimme. 

Haupt fügt am Ende seiner Aufzählung ein paar Beispiele 
von nachlässigen Constructionen Lichtensteins und Wolframs an, 
die sich mit dem äitb xotvov berühren ; cf. P. 683, 19 — 23. An sol- 
chen freieren Verwendungen des äno xotvov , die schliesslich in 
offenbare Anakolutbien ausarten, ist Albreeht auffällig reich. Wir 
dürfen hier nicht mehr von absichtlichen Nachahmungen Wolframs 
reden, sondern haben in diesen, oft recht harten und dunklen Con- 
structionen ein Zeugnis für die mangelhafte Durchbildung und die 
Schwerfälligkeit von Albrechts Sprache zu erkennen. Am nächsten 
an das uxo xotvov schliessen sich noch folgende Fälle an : Tit. 1107, 
4 — 7 : daz in keinem lande nicman bezser wät erziugen möhte danve 
er und sine gesellen truogen wät diu siner teirde wol lohte. 2129, 1—4: 
Damit wart ouch gesetzet sunder küniges stuole an wirde ein teil ge- 
letzet lac Kingrisin. 2211,1 — 3: Die werdikeit errungen het schiere 
an disen beiden des jach man dä dem jungen (statt der junge 1 .); cf. 

5915. 4— 6. 4090, 3-6. 3947, 1 -3. Vgl. noch 1617, 1-4. 2892, 1-4 ; 
corrupt scheint 5374 (37,56)4— 5 n. 4739, 1—4 zu sein. Man sieht 
bei genauerer Betrachtung der Beispiele deutlich, wie Albreeht 
durch die langgestreckte Form seiner Strophe zu derartigen un- 
erhörten Constructionen verleitet wird **). 


*) cf. Wh. 82, 4 : Arofels ors, hiez Volatin, da üf saz er al zehanl. P. 2B, 4 ff. 
u. Tit. 6887, 4, vielleicht auch 5472, 5. 

”) Ein paar Fälle von harten Altractionen mögen diesen für Albrechts Sprache 


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141 


Die letzte lockere Structur, die wir in diesem Capitel zu er- 
wähnen haben, ist der unvermittelte Übergang aus der oratio in- 
directa in die oratio direeta. Er sagte Wolframs Natur so zu, 
dass der Dichter ihn, wie Boett. p. 284 bemerkt, häufiger als alle 
Volksepen anwendet, cf. Jaen. p. 29. Albrecht hat infolgedessen 
eine solche Fülle von Belegen dieser Structur , dass wir uns 
mit Stichproben begnügen dürfen: vgl. Tit. 266,6: den hice Ti- 
turel diu lant nu Wien „ durch fröne himelveste sült ir iuch derselben 
hie vergüten 280a (2, 24)3: und dancten got, der irtn so vil an im er- 
kennet, „den wir dö sollen leren, der hat uns diner lere sö vil benennet; 
ferner: 419,1. 606,1. 815,5. 868,7. 871,6.986,1. 988,7.-2970,5. 
— 5550,6. 5560,6. 5583,6. 5613,6. 5622,6. 5633b (39, 132) 3. 5648b 
(39,149)3. 5656,3. 5700,6. 5740 (39, 256) 1 AD. 5805,6.5870,6. 
5941, 5. 

Mit den letzten Untersuchungen sind wir bereits hart an die 
Grenze der rein stilistischen Eigentümlichkeiten von Albrechts Sprache 
gelangt. Wolfram hat die eben besprochenen „lockeren Construc- 
tionen“ nicht etwa erst aus dem Volksepos entlehnt, sondern er 
hat unbewusst den Freiheiten der mündlichen Redeweise auch in 
seinem Gedichte einen grösseren Spielraum gelassen, indem er da- 
bei seiner lebendigen, schnell fortschreitenden Auffassung nachgab, 
ohne ängstlich überall möglichste Glätte und Flüssigkeit der Sprache 
anzustreben. Sind also die besprochenen Erscheinungen bei Wolf- 
ram durchaus nur syntactische Eigenheiten, so werden sie in der 
Hand des Nachahmers Albrecht beinahe schon zu bewussten stili- 
stischen Hülfsmitteln. 

Cap. m. Stil und Manier. 

Wolfram zeigt im Gesamtcharakter seines Stils eine merkwür- 
dige Doppelung: Auf der einen Seite hat er, wie Boetticher (p. 299) 
sagt, „eine förmliche Liebhaberei für Zusammenziehung seiner Ge- 
danken in möglichst kurze, fragmentartige Ausdrücke“. Das ist 
die schwer verständliche, bilderreiche Sprache der reflectierenden 
Partien, ich erinnere vor allem an die Einleitung des Parzival. An- 
dererseits hat Wolfram eine ganze Reihe von Spracheigentümlich- 
keiten, die sich alle auf das Streben zurückführen lassen, den Ge- 
danken in möglichst allen seinen Beziehungen zum Ausdruck zu 

wichtigen Abschnitt beschlossen : 5389, 1 — 3: Owe der teizen beine, diu wolgeetalt 
diu klären, diu luont mich freuden eine. 4327, 3—7: daz künde verdriezen ir vier, 
den ez ir herze künde vereniden, talfine Ekunat und Gailelen, Lehelin der vierde, 
mit triuwen sie «tu jämers eil dö heten. Ist 3611,2 fruht diu Ackerines auch xu 
v. 1 xu riehen? 


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142 


bringen. Es ist das die Fülle der Wolfraraschen Umschreibungen, 
welche als formale , objectivc Stileigentümlichkeiten , zugleich mit 
den subjectiven Stilmitteln des Humors und des Hervortretens der 
Person des Dichters, die behagliche, aber nicht leichtflüssige Breite 
der erzählenden Partien bewirke^. Diese anscheinenden Gegen- 
sätze treffen sich in Wolframs Natur, wie sich überhaupt in ihm 
die Extreme berühren. „Höchsten Idealismus gepaart mit entschie- 
denstem Realismus“ zeigt Wolframs Humor, nach Steinmeyers Ur- 
teil (Zs. A. 7,65), als sein Charakteristikum. Albrechts Stil ist 
dagegen einheitlich ; er ist das gerade Gegenteil der knappen, 
aber gedankenschweren Sprache der Parz. -Einleitung (man ver- 
gleiche nur die Transcription derselben in die Sprache und Manier 
Albrechts Tit. 22 ff.) und baut sich zum grössten Teile aus den 
formalen, objectiven Stilmitteln der erzählenden Partien Wolframs 
auf. Die unausstehliche Breite der Sprache Albrechts beruht 
hauptsächlich auf der ausgedehnten Verwendung der mannigfachen 
umschreibenden Ausdrucksweisen Wolframs, die Albrecht alle über- 
nimmt und von denen er gerade die seltsamsten mit Vorliebe cul- 
tiviert und weiter ausbildet. Dazu tritt daun das auch nur äusser- 
liche Hereinziehen der Person des Dichters in sein Gedicht, wie 
es besonders in den Anreden an seine Zuhörer und an die Per- 
sonen seines Gedichtes geschieht. Albrecht verwendet diese Gruppe 
von Stilmitteln sogar mit besonderem Geschick, denn er baut auf ih- 
nen hauptsächlich seinen Versuch, selbst als Wolfram zu erscheinen, 
auf. Dagegen suchen wir Wolframs Reichtum des bildlichen Aus- 
druckes und seinen sprudelnden Humor im Titurel vergeblich. 

I. 

Wir haben eben den Begriff „umschreibende Ausdrucksweisen“ 
in etwas weiterer Bedeutung gefasst; gemeint sind alle die Stil- 
eigentümlichkeiten Wolframs, die den Zweck haben, einen Begriff 
möglichst klar zn veranschaulichen , ihn auf jede Weise hervorzu- 
heben. Ich stelle deshalb den eigentlichen Umschreibungen voran 
die „absolute Voranstellung eines Begriffes“. Ein Ei- 
genname oder Subst. wird im absoluten Nominativ dem ganzen 
Satze vorangestellt und nachher durch ein Pronomen in irgend 
welchem Casus wiederaufgenommen. Für Wolfram vgl. Boett. 
pg. 289—91. Das wiederaufnehmende Pronomen steht im 

1) Nominativ; der leichteste, noch in unserer nhd. Umgangs- 
sprache ganz gewöhnliche Fall. Tit. 543, 1 : Korallus, een und ougen 
kan er clärificieren. 604, 1 : Der edel reine siieze , mit tagenden gar 
durcheündet, wie er den sun nü griieee ; cf. 505,1. 802,6— 7 u. s. w. 


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143 


u. 8. w. — Eine Attraction tritt hinzu z. B. 5825, 1 : Den heim 
mit dem trarhen, den Trebuehet teorlife, er. 

2) Accusativ: 962, 5 — 6: sehs glestr laue . . ., diu truoc man. 
279,3. 982,4. — 2507, 3— 4. 2530, 3 - 4. 2787,5. 2844, 1.-6781 b 
(40,15)1—3. 5778, 1—7 (hierher oder zum Nominativ?). 

3) Genetiv: Mlb. 11,1. 282,1: Fünf lande kröne, ob ich der 
wier enpfüeret. 2989, 5 — 7. — 5704, 5 — 6. 5935, 5 — 6. Mlb. 11, 1. 
1056,1 — 3. 2362,7: so siinge ich, meistir Stetere, bi des teise. — Für 
den Gen. tritt das Pron. pos3. ein: 354,3 — 5. 594,5 —7. 800,5 — 6. 
— 5704,1-4. 5931, 1-2. 

4) Dativ : 355, 3 — 5 : diu goltrarwe sunnc und darsuo der silber 
gebende mäne , den beiden tcärn cxempel da gerichet; cf. 336, 1—4. 
2563,6 — 7. 2993,1 — 3. — 5528,4. Hierher und zu 5) gehört 431 
/4,16)l—4, wo zwei absolut vorangestellte Begriffe nebeneinander 
stehn, ein sehr harter Fall. 

5) praep. Begriff : 5752, 5: Kundwirämtirs und ouch der gräl diu 
beide, mich den pflac er sorge ; cf. 259,1 — 4. 414,3—4. 431,1 — 4 
(cf. 4). — 2959,1-4. — 5988b (40,237)1-3. 

Man sieht aus diesen Beispielen , dass Albrecht gern seine 
Strophe mit einem solchen absolut vorausgestellten Begriffe beginnt. 
Zuweilen füllt er dann die ganze Strophe nur durch die Zusätze 
aus, die er an den vorausgestellten Begriff anschliesst, und nimmt 
ihn erst wieder in der folgenden Strophe auf (cf. 3692 — 93) , wenn 
er ihn nicht ganz vergisst *) **). — 


*) Wenn der wiederaufnehmende Nominativ das Pronomen der 2. Person (dd, 
ir) ist, so steht das absolut vorangestellte Subst. nicht notwendig im Voc. , son- 
dern häufig auch im Nom., was der binzugefllgte bestimmte Artikel zeigt: Wh. 
846,2 — 3: die sehen süne min, ir sult haben die Herden schar-, ebenso Tit. 
8622,1—2. 3623,1-2. 3182,1-4. 3229,3-4. 3231,2-3. Vergl. die von einer 
2. Person abhängenden Relativsätze, Paul, Mbd. Synt. § 239 a. 2. 

**) Der absolut vorangestellte Begriff kann auch ein ganzer Satz sein; es 
sind daun meistens Umschreibungen einer Person oder Sache durch einen ganzen 
Satz, die weiter unten zur Besprechung kommen werden. 

Die Umkehrung der eben besprochenen Figur ist die Vorwegnahme eines erst 
nachfolgenden Subst. durch ein Pronomen, vor allem die eines nachfolgenden Gen. 
durch das Possessivnm (cf. Boett. p. 291 Mitte): P. 214,6: ir r ater, Lüuen. Tit. 
5242, l : Ir muoter, Secundillen. 5239, 1—2 : AM ist es doch sin bruoder, des edlen 
Parcifäles ; cf. Wh. 170, 28—29. Tit. 805, 2 - 3. 2804, 1—2. 2859, 7. 2931, 7- 
— Der nachfolgende Genetiv ist unflcctiert : P. 662,17 : des marschalc , Utepan- 
dragün. Albrecht geht hierin viel weiter, indem er überhaupt einem voraus- 
gebenden Subst. in einem Casus obl. eine Apposition im ahs. Nom., der durch 
keine Art voc Attraction zu erklären ist, folgen lässt: 195, 1 — 3: Swas sich von 
Titurellc der beiden ie getouften, gein tcerdikeit der snelle, die . . . 1774, 2: Savie 
des küniges eicester, ein vogt in Britäne, 2105,5. 3584,1—2. Mlb. 22,1—3. 


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144 


Eine zweite Art und Weise, einen Begriff hervorzuheben , ist 
die, dass man den Begriff nicht absolut hinstellt, sondern ihn als 
Teil eines grösseren Ganzen fasst und ihn in seiner speciellen Natur 
den übrigen Teilen dieses Ganzen entgegensetzt. Das sprachliche 
Hülfsmittel ist in diesem Falle die Anwendung der Negation, und 
wir kommen damit zu der mannigfachen Verwendung der Negation 
zur Verstärkung des positiven Ausdrucks. Über den Gebrauch 
der Negation bei Wolfram handelt Kinzel sehr gut, a. a. 0. p. 3— 13; 
er charakterisiert denselben mit Recht dahin, dass alle diese Ver- 
stärkungen des positiven Ausdrucks durch den negativen in Wolf- 
rams Händen ihre ursprüngliche Stärke verlieren und schliesslich 
ganz formelhaft werden, wie Wolfram so oft das Originelle durch 
den häufigen Gebrauch abnutzt. Albrecht ist auch hier nur Wolf- 
rams Nachtreter. 

Die einfachste Form der hierhergehörigen Fälle ist die nega- 
tive Antithese (: der junge, niht der alle)*). 1) Der Gegensatz 
wird eingeführt durch niht : Tit. 106, 7 : an die grase und niht min- 
ner. 280, 3 : in süezer stimme , niht harte. 425, 3 : «n süezem döne, 
niht helle. 248,5. 375,2. 480,6. 532,3 ( niender ). 572,6. 800,1.832,1. 
848,4. — 2524,1-3. 2746,6-7 ( nieman ). 2766,6. 2840,1—2. — 
6525,3. 5829, 2 (niendert). 5995,1 — 2**). Eine Unterart hiervon ist: 
offenliehe, gar unhelende: 906(8,91)7. 5552,7. 5651,7; cf. 5813, 3. — 
Seltener wird das negative Glied vorangestellt: 336,5 — 6: si wären 
niht mit aschenglas v er spannen , es wären lieht eristallen. 969, 1 — 2. 

2563.7. 6502,5—6. 5801,1—2. 5946,4. 5993,6. 6996,4-6***). — 
Statt niht wird für (vor) oder eine comparativische Construction 
gesetzt (cf. San -Marte p. 277): 911,4: gesellen kund er sich stccter 
arbeit für trage. 5764, 7 : das ich der eren Miete vor unprise. Zu 
5569, 3. 4138,4 cf. Haupt zu MF. 4, 17. 

2) Der Gegensatz wird eingeführt durch äne , sunder : 143, 7 : 
cwicllch än ende. 142, 7 : mit voller hant gar sunder lihen. 505, 2 : 
vil fröuden sunder sorgen f). Diese Ausdrücke mit äne und sunder 

*) Vgl. für Wolfram noch San-Marte, Parz.-Stud, III, 226—29. 

**) Die Verstärkung des niht vor einem Adj. oder Adv. durch ze (cf Kinzel 
p. 13) findet sich bei Albrecht weder in der negat. Antithese , noch für sich 
stehend. 

***) Nur sehr selten fällt das positive Glied ganz weg, z. B. 2591,3: an richeit 
niht den kleinen ; cf. 2836,3—4. 6743, 3. 5996,4. 

t) cf. 404,4—5. 552,7. 656,4. 579, 1—2. 694,5. 786,6-7. 856,3. 899,2. 

921.7. 922,5. 926,2—3. 935,8-4.- 2503,3.2525,7. 2534,2—3. 2781,5—6. 
2967,1-4. — 5632,5.5575,8. 5633, 6-7. 6699k (32,214) 1. 6744, C. 5772,2. 7. 
6781b (40, 15)7. 5792,4. 5793,2. 5865,4. 5876,3.77,3.86,4.93,2. 95,2.98,2. 
4.5. 97,6—7. 99,4 AD. 5909,4. 6923,3—4. 5931, 2—4. 6992a(40, 244) 6-7. 


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145 


erscheinen bei Wolfram sehr häufig ohne das zugehörige positive 
Glied (cf. Kinzel pag. 11 — 12). Sie geben dann der Rede zuweilen 
eine humoristische Färbung (cf. Stark pag. 21 f.), meistens aber 
sind es Reimflickwörter. Bei dem reimbedürftigen Albrecht ist 
infolgedessen ihr Gebrauch noch viel häufiger, und es ist nicht 
nötig, Beispiele anzugeben. 

3) Einen ganz besonderen Fall der negativen Antithese end- 
lich hat Wolfram , wenn er nicht einen einfachen , sondern einen 
zusammengesetzten Ausdruck hervorheben will. Es tritt dann, an 
Stelle der negativ eingeführten einfachen Umkehrung , die positiv 
angereihte Umkehrung der beiden indem hervorzuhebenden Ausdrucke 
enthaltenen Begriffe als 2. Glied der Antithese ein. So sagt Wolfram 
P. 581, 1 : Der eren riche und last er s arm (= Gawan) , cf. 639, 28. 
640,9 — 10: sin riwe smal, sin vreude breit wart dö ; cf. 584, 10 — 11. 
630,18 — 20. 737,20—21: die mit kiusche lember wären und lewen an 
der vrechheit, von Albrecht nachgeahmt : Tit. 1776, 5. 257, 5 — 7. 1021, 
6 — 7 ; wie denn die Beispiele dieser Art gern einen bildlichen Aus- 
druck enthalten. Vgl. ferner Mlb. 10, 6 — 7 : tugent tninnen und al untu- 
gentsnuehen. Tit. 439,4— 7. 466,7. 479,1-2.534,4-5.580,6—7. 
646, 1-2. 1002, 3-4. 947, 6-7 (cf. P. 600, 10). — 2695, 3—4. 2904, 
6—7. - 5509, 3—5. 5576,5-7. 5595, 3-4. 5770, 1—2. 5919, 6-7. — 

Hierher gehört sodann die Figur der Antiphasis. Ein 
Verbalbegriff wird dadurch hervorgehoben, dass ihm eins der an 
sich negativen Verben verbern, vermiden, vergeezen u.s.w. mit niht 
verbunden vorausgeschickt wird. Sehr oft tritt dann der hervor- 
zuhebende Verbalbegriff in Abhängigkeit von dem doppelt negierten 
Vordersätze, wobei nach den Regeln der mhd. Syntax auch im ab- 
hängigen Satze ein ne hinzugefügt werden muss. Für Wolfram 
ist der überaus häufige und weitgehende Gebrauch der Antiphasis 
charakteristisch, cf. Kinzel p. 5 — 11; bemerkenswert aber ist es, 
dass nach Kinzel p. 5 sich in W. Tit. keine Spur dieser Figur 
findet. Albrecht dagegen verwendet sie gern. Die genaueren syn- 
tactischen Verhältnisse bei der Antiphasis sind in unserer ungenügen- 
den Überlieferung (Hu. AD.) wohl öfter verwischt worden, vgl. über 
W olf'rams Gebrauch Strobl zu Berth. v. Reg. H, 304. — Die in der 
Antiphasis verwandten negativen Verben sind: läsen, erläsen: Tit. 
420, 4 — 6 : das sie des iht erlieze . . . , das sie doch zwei mit nanwn 
nach in hiese (das im abh. Satz bei Wolfram verboten!). 2609,3—4: 
doch wolten sie niht läsen , sie müssten in die stat dä mit in riten. 
2974,4- 6. beliben läsen: 2680,1—3. 2907,4—5. miden : 2672,1—2. 
verdriesen: 2738,6—7. vergessen: 6640,3 — 4*). 

*) Bei Wolfram finden sich nicht: sich äntn: Tit. 2931,5— 6. belangen : 784 

10 


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146 


Selten wird das negative Glied naebgestellt, dann ist die Con- 
struction der beiden Glieder stets von einander unabhängig : Tit. 
313, 1 — 3 : Ddrumbe wart gefräget , . . . des wären s unbeträget. 398, 
1 — 3: Ein smaragt seiner schiben dar gevelzet, man Ke des niht beliben. 

339. 4. 5620, 6 — 7. 5947, 2. — Der von den oben aufgezählten 
Verben abhängige Satz kann auch in ein abhängiges Substantiv 
zusammengefasst werden. Hervorgehoben wird dann aber stets ein 
VerbalbegrifF; deshalb ist das Subst. gern ein substantivierter Infi- 
nitiv, sonst ist der Infinitiv zu ergänzen (cf. Kz. p. 8). So gebraucht 
Albrecht: belangen: 5526,3 — 4. betrügen: 5613b (39, 108)4. 5639, 
3—4. 992,4. entwälen : 338,1: Verwierens niht cntwalcn tcold man. 

375.4. 5554,4-5. 5956,7. 5613c (39, 109)2-3. mtden : 5714,7. 
verlern: 400,3 — 4: die meister niht verbüren von reben strick, ver- 
gessen: 135,1—2. 137,1-2. Mlb.2,5 . 2969,1-2. 5833,7*). 

Wolfram dehnt nun diesen Gebrauch ganz bedeutend aus, indem 
er nicht nur eine Reihe den oben aufgezählten verwandter Verba 
ebenso verwendet, sondern schliesslich überhaupt jeden positiven Ge- 
danken, wenn es ihm beliebt, durch eine doppelte Negation ausdrückt. 
Von einer Hervorhebung des positiven Gedankens ist da wenig mehr 
zu spüren ; die Manier ist völlig formelhaft geworden und ein 
Hauptcharakteristikum von Wolframs Sprache, da sie sich in dieser 
Ausdehnung nur bei ihm und seinen Nachahmern findet. So ist 
auch der Titurel voll davon : 105, 1 : Die reise tccnic sparende was (er). 
193, 7. 357, 1 : Vil wenic sie vermisten vierlei bilde. 397, 7 : mit richeit 
niht geletzet. 403, 6 — 7 : aller richeit tiberkraft was dt i niht ein siden 
breit gebrosten. 432, 6 — 7 : niht verborgen. 786, 3 — 4 : durch was die 
Babylone den buruch niht mit strite wollen triegen**). Hierher ge- 


3 — 4. 6erou6en: 5992b (40, 245)3— 4. bestedren: 333,4 — 5. betragen i 786,5—6. 
2579,3-4, cf. 468,3—4. enthalten: 2599,5 — 7. entieenken : 2706,1 — 2. erbiten : 
613» (6, 50)4-5. 3000,8—5. encinden: 2747, 1-3. 5844, 5-7. erteenden: 2823, 

4— 5. gerauten: 5966,6—6. echeiden: 5649,3 — 6. sich svmcn : 2600,1 — 2. ticälen : 
5727,1 — 3. entwcllen: 5834,4-6. tiräle haben: 5585,3—4. röten: 5608(39,101) 
8 — 4 (mit daz !). verdorben beliben: 5661, 3-4. verirren: 4561,6 (cf. Wh. 368,12). 
versmähen: 5699h (39, 212) 6 — 7. tristen: 2809,4—6. 

*) Plcoaastisch wird dabei zuweilen noch einmal ein abhängiger Satz hinzu- 
gefügt: 402, 3—4: den künic niht bestedren der kost entcolt, er hiez . . . lecken. 

820.3 — 4. 6699d (39, 208)3— 5. 5877,5. — In ganz zusammcngedrängtcr Form er- 
scheint die Figur 2537(20,14)3—4: unz an den morgen pflögen unvergezzen dise 
ritter übercraft mit sorgen (cf. P. 738, 29 j Kz. p. 9). 2919,6. 612(6, 47) 7 AD., cf. 

694.4 unverdrozzen. 

**) Cf. 912,7. .— 2526,6—7. 2571,7. 2617,4. 2618,3-4. 2727,6-7. 2791,7. 
2823.7. 2824,3. 2829,4. 2854,6-7. 2911,4. 2960,7. 2975,7. 2995,7. 2997,6-7. 
2998,6. - 5503,7. 6607,3-4. 5637,1—2. 6673,4. 6674,6-7. 5680,6-7. 5777,4. 


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147 


hören auch die zahllosen mit Mn- zusammengesetzten Part. Prt. sol- 
cher Verba , die schon an sich einen negativen Sinn haben. Al- 
brecbt hat manche sonst nicht belegte Bildungen darunter. Ich 
nenne von allen hier nur die beliebte Formel mit triuwen unver- 
howen : 60,3. 607,3. — 2575,7. 2908,7. — 6499,3. 6852,7. 5913, 
7 *). — Adjcctiva statt dieser Participia sind Belten : 5575, 5 : er 
leleip der werdekcü unirre. 2505,1. 2984,7. — 5848,7. 5948,2. 

Besondere Beachtung verdient auch hier wieder die Behandlung 
des zusammengesetzten Ausdrucks. Wird in der oben p. 145 ab- 
gehandelten Form der neg. Antithese das erste (pos.) Glied unter- 
drückt, so erhalten wir die Form der lästere arme zur ausdrucks- 
vollen Bezeichnung des ‘Ehren reichen’. Diese Form ist an und 
für sich gar nicht auffallend. Allein Albrecht wendet diese und 
nahe verwandte Formen in einer ganz pretentiösen Weise an, in- 
dem er die Künstelei, die leicht in allen diesen Ausdrucks weisen 
erscheint, absichtlich auf die Spitze treibt. An Wolframsche Weise 
klingt noch an Tit. 1981,3—4: von im Jcunde er stöeen, alles das 
pris und er was nider legende. 2034, 6 — 7 : swas sich gein eren virret, 
dd muost man in sehen ie den schieben ; cf. 5614,3—4: in beiden was 
entrannen was mannes muot an manheit ie verirde. Aber erst Al- 
brecht durfte sich solche Künsteleien und zugleich Wortspielereien 
erlauben', wie 1575,5: das dü noch U'ceres libes /tust eilende (= 
am Leben !). 5919, 6 — 7 : sie wielt ouch armiiete , diu dä heiset ge- 
bresten an aller tugende ; dieser ungeheuerlich geschraubte Ausdruck 
ist veranlasst durch Z. 6. guotes riche. Eine Auslese solcher Kün- 
steleien bietet str. 3793, vgl. noch 3876, 4 — 6. 4281, 1 — 4. 4282, 1. — 

Alle bisher besprochenen Verwendungen der Negation dienten 
nur zur Umschreibung und Verstärkung eines positiven Begriffes. 
Wolfram, und mit ihm Albrecht, ist aber auch reich an Umschrei- 
bungen der Negation selber ; cf. Kinzel p. 3 — 5. Dieselben gehören 
jedoch fast sämtlich in das Gebiet des bildlichen Ausdrucks und 
sollen deshalb auch da behandelt werden. — In der Verstärkung 
der Negation durch Substantivs (wie hör, ber, ei etc.) gehen Wolf- 
ram und Albrecht ihre eigenen getrennten Wege. — 

5868,3. 5892,4. 6915,7. 5929, 1—2. 5985,1—2. 5990b (40, 241)5. 5992,7. 5995a 
(40, 253) 3. 

*) Cf. Tit. 103, 4. 128,7. 178,3 - 4. 278,5. 288,7. 292(3, 13)3. 303,7. 324,3. 

— Mlb.7,4. 15,3. — 446,2. 449,5. 644,5. 681a(6,8)7. 592,4. 869,2. 891,1. 
899,7. 919,4. 927,2. — 2529,4. 64,7. 2609,7. 26,7. 72,6. 93,7. 2710,7. 64,7. 
83,8 -4. 87,4. 2838,3. 53, 1. 67,6. 69,8. 70,7. 2923, 4. 49,4. 64,7. 66,4. 78,4. 

— 6553,4. 65, 3—4. 5617,4. 23,7. 33, 1.7. 84,4. 5708,6—7. 82,2. 91,3. 6803,3. 
*7,4. 93,7. 6963(40,203)6. 78,5. 98,7. 

10 * 


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148 


in. 

Wir kommen jetzt zu einem dritten grossen Gebiet von sti- 
listischen Erscheinungen, die zur Hervorhebung eines Begriffes 
dienen. Der Begriff wird hier nicht, wie bei all den Umschrei- 
bungen mit Hilfe der Negation, als Teil eines grösseren Ganzen 
gefasst und als solcher seinem Gegenteil gegenübergestellt, sondern 
er wird selbst als ein Ganzes, das sich in verschiedene Teile zer- 
legen lasst, aufgefasst und ausgedrückt 1) durch die Summe seiner 
Teile; dahin gehört eine ganze Reihe von formelhaften Verbin- 
dungen, wie junc und alt u. s.w. u.s. w. 2) durch einen bestimmten 
seiner Teile ; dahin gehören die eigentlichen Umschreibungen von 
Personen und Sachen , und in zweiter Linie der ganze bildliche 
Ausdruck, indem überall, wie Boetticher p. 306 sagt, specielle Mo- 
mente an die Stelle des allgemeinen treten. 

Ein Begriff wird ausgedrückt durch die beiden entgegenge- 
setzten Seiten seines Iuhaltes. Wolfram beschränkt diesen Ge- 
brauch auf eine Reihe von formelhaften Verbindungen, die entwe- 
der durch und (mit, zuo) oder durch oder verknüpft werden ; cf. 
San-Marte, Parz.-Stud. III, 237 — 2-10: Gegensätze als Ausdruck 
fiir eine Gesamtheit; und für die distributive Form speciell Förster, 
a. a. 0. p. 17 — 19. Albrecht giebt folgende Beispiele: 

a) Subst.: man und leint : 653, 7. die viende mit den friunden : 910, 5. 
mit liebensö mit leiden: 110, 1. 5737,1—3. 5925,2. weder in turnci noch 
in vesperte: 832,5. in schimpf od in der lwrte: 2907,4. Dem Franzois 
noch dem Wallten: 5973,1*). 

b) Adject. : die jungen zuo den alten: 53,4; cf. 136,7. 560,2. 
849,4. 892,7. 911,5. 913,7.2622,3.2694,3. 2734,3. 2938,4. 5694,4. 

5891,2. die werden und die nideren : 424, 2, cf. 2710, 5. 5837,1. 2831,6. 

5991.1. 5893,7. die kleinen und die grözen: 397,1. 669,1. 2760,5. 

5570.2. 5817,5. die fremden und die künden : 858,4. 881,4; cf. 461, 7. 
859a (8, 77) 4. 865,2.5867,3. 5958,7**). 

c) Adv. : die lazzer und die gäher : 832, 3. ob und under : 2828, 3. 

2881.7. 2914,3. 5997, 7 AD. 2808, 3. nach und verre : 5556,6. 5791,4. 

5964.3. 5983,4. 2735, 1 ; cf. 2886, 1. 6847,4. 2761,2. 2839,6. 5541,3. 

d) Verba: schüffunde oder drohende: 229,3. Versionen noch ver- 
gähen : 2735, 3. siizunde oder siende : 2794, 6. ze brüten noch ze sieden 
het ir wirt duz kalte noch daz warme: 5857, 3—4***). 

*) Vgl. 492,8. 438,7.605,4. 420,4. 160,4. 483,7. — 2913,3.2911,6.2957,6. 

2665.7. — 5981(40,224)5. 6694,1. 5660,1. 6621,6. 

**) Vgl. 669,2. 597,3. 886,2. 2961,3. 860,7. 6867,1. 2755,3. 5857,4. 6981,5. 
59,2. 5931,7 (= P. 203,9). 2708,3. 2814, 8. 2884,1. 5735,2. 4656,4. 483,4. 560,3. 

***) Cf. 551, 1. 862,1. 2602,7. 2679,5. 2680,7. 5660,3—4. 5699e (39, 209)2. 


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149 


Wie hier zuletzt verschiedene Verba, so verbindet Wolfram 
zwei verschiedene Tempora eines und desselben Verbums zur Ver- 
stärkung des Verbalbegriffes (cf. Fürst, p. 24—25) ; ebenso Tit. 
75b (82)7: an den din kraft was und ist hiutc geschehende. 194, 1—2: 
Jr striten was dem toufe und ist noch hinte ein ere; cf. 603, 4. 2852 
(22, 82) 1 - 3 AD. 2875 (22, 205) 5 AD. 4290, 5. 4929, 7. 5440, 5. 5925, 7. 
5985, 6—7. 5982a (40, 228) 5 *). 


IV. 

Ich wende mich jetzt zu den eigentlichen Umschreibun- 
gen zunächst einer Person. Das ist wieder ein Gebiet von sti- 
listischen Formen, auf dem Wolfram an den mannigfachsten Er- 
scheinungen reich ist. „Es scheint ihm (wieBoett. p. 304 sagt) zu 
dürftig, eine Person einfach bei ihrem Namen einzuführen und dann 
weiter im persönlichen Pronomen von ihr zu reden“. Darum er- 
weitert er die gewöhnlichen Umschreibungen der poetischen Sprache 
nach verschiedenen Seiten und fügt ausserdem ein paar ganz neue 
Umschreibungen selbständig ein. Dabei geht der ursprüngliche 
Zweck aller dieser Formen, eine Person oder Sache durch Hervor- 
hebung eines auffallenden charakteristischen Zuges sinnlicher darzu- 
stellen, als es der Eigenname vermag, leicht verloren, indem durch die 
eigentümliche Wahl der Umschreibung die Person oder Sache eher 
verdunkelt als in helleres Licht gerückt wird. In diesen Fehler 
ist der Nachahmer Albrecht noch viel mehr verfallen , da er bei 
seinem geringen Stilgefühl Wolframs Sonderbarkeiten bis zur Ge- 
schmacklosigkeit übertreibt. Sehr häufig sieht sich dann der Dich- 
ter genötigt, seinen dunkeln, schwerverständlichen Umschreibungen 
die Lösung des Rätsels, durch das erläuternde ich mein eingeführt, 
unmittelbar folgen zu lassen **). 


*) In diesen Zusammenhang gehören eigentlich auch die vielen formelhaften 
Verbindungen des alten Epos, die aus der Alhtterationspoesie herstammen. Al- 
brecht hat eine ganze Reihe derselben: liult und laut: 1819,5. 2483,7. 4574,5. 
4600,5. Hpund laut: 5295, 3. Up und leben: 3461,5. 4522,5. 5341,6. tnäge und man : 

4673.3. 6077,7. sig und stehle : 44 19,7. die stein sam die stocke : 4706,2. 4764,1, 
und vor allen: singen und sagen : 646,3. 815,7. 882,7. 900,5. 1605,3. 2386,4. 

2515.4.2820.7.2897.5.5311.3. 5986(40,234)7.6163,4, cf. 2907,5. Wolframs 
bürge und laut (Jaen. p. 26) hat Albrecht niil.t, von den Übrigen an dieser Stelle 
von Jacnicke anfgez&hlten Formeln kann ich bei Albrecht nachweisen: rotes golt: 
218,7. 311,5. 324,6. 345,2. 368,2. 372,1. 1650,4. 3492,4. 3767,4. 5450,7. 

5467.4. 5494,2, cf. 1466,4. 5592,5. — das mecre ginget: 2720, 1. 6159a (41, 22) 4. 
nü nähent mtere: 3818(27,1)1—2 = Wh. 334,14. 

•*) Cf. Tit. 44,6. 46,6. 60,2. 125,5. 196,2. Mlb. 21,7. 510a (5, 34)6. 626,6 

728.4. 790,4. 603,7. 857,2. 867,5. 878,7. 904,4. 906,5. — 2536,3.2575,5. 


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160 


Eine Fülle von Umschreibungen einzelner Personen gewinnt 
Wolfram mit Hülfe von Länder- und Personennamen, die zu der 
umschriebenen Person in irgendwelcher Beziehung stehn. Hier wirkt 
das Reimbedürfnis stark mit, wie Hoffmann p. 23 — 28 nacbge- 
wiesen hat. Um ein Bild von der Fülle der Belege dieser Manier 
bei Albrecht zu geben, stelle ich hier nur die so gebildeten Um- 
schreibungen des Helden Schionatulander zusammen, auf den Al- 
brecht auch viele Bezeichnungen Parzivals und Gamurets über- 
trägt: Die häufigste Bezeichnung Schionatulanders ist der Grä- 
hardois (80 mal), sodann die mit Graswalde gebildeten Umschrei- 
bungen (55mal). Ferner heisst er der Anschnitt : 1516,4. 4171,4. der 
Wäleise: 1403,6. 2772,7. 2773,4. 4406,6. 4423,1. 4661,4. der von 
Kamfoleise : 1462,2. 1638,5. 1786,7. 1812,6. 2772,2. der dz Kingri- 
t /die: 2005,5. 2771,1. Mit Hülfe von Personennamen sind gebil- 
det: dem Gureegrines kint und Mahedea: 1494,4. sun der Gurze- 
grtnes: 4453,2. 4885,6. 6042,1. Sigunen friunt: 1362,5. 4427,4. 
4951,1. diener Sigünen griieze : 1291,1*). friunt der Arentiure: 
1903,6. wirt der Äv.: 2229,5. der Äv. wtsel : 4867,2. beämis der 
höhen Minne : 2234,1; cf. 2611,3: der cristen herre. 1443,2. 1999,1. 
2482,2: der fünf lande herre**). — 

Eine weitere Reihe von Umschreibungen dient hauptsächlich 
zur nachdrucksvollen Ersetzung des Pron. pers. : es sind die Um- 
schreibungen einer Person durch das Pronomen poss. (resp. den Gen. 
poss.) und das „thätige Organ“ oder „einen Zustand oder Eigen- 
schaftsbegriff“ ; cf. Kinzel pag. 22 — 25 , Haupt zu Erec 2788. In 
den meisten Fällen wird so der Nominativ umschrieben. Ganz all- 
gemein gebräuchlich ist in dieser Umschreibung das Wort llp***), 


2904,5. — 5502,5—6. 5535(89,24)7. 5561,5. 5578,6. 5674,4. 5781,2. 5792,2. 
5822, 3. 5873,3. 5888,3. 5962d (40, 197) 1. Bei Wolfram ist ich mein etwas we- 
niger häufig. 

*) So lange Schionatulander im Orient weilt, nennt ihn der Dichter nur Ga- 
muret den andern (ntutcen, jungen ) oder Gamuret allein, cf. oben p. 53. In 
diesem Zusammenhang heisst er 3768, 4 sogar der von der art der feien, eine Be- 
zeichnung, die eigentlich nur dem wirklichen Gabmuret zukommt, cf. P. 96, 20. 

**) Albrecht eigentümlich ist die seltsam spielende Manier, eine und dieselbe 
Person mit Hülfe ihrer verschiedenen Titel als eine Mehrheit zu fassen : 4135, 1 - 2 : 
Bäruch und atmeräte, den beiden wart ein wunde, cf. Z. 6 sie beide. Ygl. 4196,5. 
2923 (23, 18) 6 — 7 ist diese Construction in AD. verwischt, 5652 (39, 158) aber 
wohl erst von H bineininterpoliert worden. Ähnlich Waith. 19, 8 — 10. 

***) Cf. Tit. 563, 5: mit welcher tat ti habe min Up verschuldet. 512,7. 774, 4. 
908,7. 946,6. 947,5. — 2617,6. 2875,7. — 5640,6. 5948,2. Im obliq. Cas.: 
126, 1. 269, 5. 422, 5. 573, 7. 924, 5. 967, 4 — 6647, 5. 


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1B1 


nicht ganz so häufig haut*), fast alle übrigen Substantivs aber 
die sich im Titurel so gebraucht finden, sind nur bei Wolfram 
häufiger. Das „thätige Organ 11 ist z. ß. : munt : 694,6. — 2520,1, 
cf. 884, 7. zunge : 583,3, cf. 5469 (38, 62) 7 AD. ougen : 357,6. 958,7. 
— 2882,7. 2998,5. — 5994,4(5616,4: der ougen mcz = P. 295, 14). 
Mlb. 19,7. houbet: 1442,2. Mlb. 15,1. brüst: 2732,2. herze : 324,4. 
424, 7. 983,5. — 2596,4. 2638, 1. 2667, 5. 2887,2. 2957, 7. - 5948,7. 
5560, 5. 5644, 3. vel : 5569, 2. — 2678, 3 : erc siner lichten ecke male 
erstreit (von e. Schwerte gesagt). Einen Zustands- oder Eigen- 
schaftsbegriff verwendet Albrecht sehr gern zu diesen Umschrei- 
bungen ; wie weit er in dieser Manier geht , mögen ein paar Bei- 
spiele zeigen : 780, 7 : sin tjost beginnet etlichen veilen. 2660, 2 : däht 
im mi diu wirde sine. 5958, 1 : Diu hcilikeit des gräles tet abstrich 
des müles. 5746,4: tcol sinen jungen jdren , diu sollten pris habent 
erhoweit, und 3853, 3 : eins Babilöncs kere was gein im hie drohende **). 
Die formelhafte Natur aller dieser Umschreibungen zeigen deutlich 
die Stellen , wo unmittelbar auf die Umschreibung das Pronomen 
personale selbst folgt: Tit. 178, 1 — 3: Da tcas sin reiniu giiete mit 
zuht also bewahret, daz er; ebenso: 324,4. 560,1. 2722,3 und be- 
sonders 357,6. — 

Eine andere , ihm ganz eigentümliche Art der Umschreibung 
einer Person gewinnt Wolfram mit Hülfe der bildlichen Aus- 
drucksweise. Er liebt es bekanntlich , bestimmte Vergleiche, die 
sich auf Personen beziehen, ohne jede Vergleichungspartikel ein- 
zufiihren, z. B. er bluome au mannes schoene. Es ist nun die höchste 
Steigerung dieser Manier, wenn Wolfram solche Ausdrücke ohne 
weiteres für den Namen einer Person selbst eiusetzt. Bei Kinzel 
pag. 29 — 31 sind diese Fälle nicht gesondert. Boetticher pag. 305 
hat sie richtig erkannt und zusammengestellt, aber versäumt, auf 
ihren Zusammenhang mit der p. 316—17 behandelten Erscheinung 
hinzuweisen. Die Beispiele Albreolits sind: der eren bluome (Ar- 
tus): 1826,1, cf. 1776,6. 3010,1. 4768,1. 5720,1. der minne fiörie 
(Sigune): 1237,1, cf. 1399, 1 (?). ir eren kranz und kröne (Schiona- 
tulander): 3055,6, cf. 2989,1—2. 1294,7. 5428,1. 5669,2. der 

•) Cf. Tit. 913,5: daz in sin hant des tages von prlse drunge. 951,6. 952, 5 
(cf. 61,6). - 2677,7. — 5825,5. Im obl. Cas. : 479,7. 782,5. 842,3-4. 876 a 
(8,86) 3. 910,6. 960,6. 987,3. — 2664,5. 2713,1. 2779,3.5. 2833,4. 2855, 7.— 
5592,3. 5621,2. 5657,5. 5699.5. 5797,7. 

**) Ferner gebraucht Albrecht noch die Substantivs: sin, teilst, tvmpheit, ge- 
dankt, kraft, eilen, gemalt, manheit, muot , gemüete, freude, zuht, triuwe, geloube, 
gedingt, güete, girdt, begerde, snelheit, clärheit, wirde, hulde, ere, pris, arbeit, helfe, 
jugrnt. 


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152 


eren leaste (Sch.): 2188,5, cf. 4554,2. 3388,1 — 2. der Iriteen arke 
(Sigune): 6774,3 = P. 804,16. urliuges gar ein lerne (Killikrates) : 
3423,3. der tnissewende ein fluht mit aller teste (Secureis) : 2981, 1 — 2. 
der höhen minne garte (Areste) : 3175, 3. der minne toicic rose (Se- 
cureis) : 3335,1. der treskamber triuice (Kundrie): 5205,2. Eine 
bemerkenswerte Häufung dieser Form bietet 1776,4— 7; vgl. sonst 
noch: 5166,4. 2462,1. 5850,6—7. 6030,7 . 5960,3. 1558,7. — 

Am charakteristischsten für Wolfram sind endlich die zahl- 
reichen Umschreibungen einer Person durch einen ganzen Satz. 
Eine umfassende Sammlung derselben giebt Förster p. 38 — 42 ; 
cf. Kinzel p. 25 — 26, Boett. p. 304 — 305. Wolfram liebt diese 
Umschreibungen deshalb so sehr , weil er in ihnen gleich eine 
kurze Beschreibung der Person oder wichtige Beziehungen, in denen 
die Person zu seinem Gedichte steht, mitgeben kann, die natürlich 
viel besser über die einzelnen Personen orientieren, als der blosse 
Eigenname es vermag. Andrerseits liegt aber nirgends die Gefahr 
so nahe, wie hier, durch die Umschreibung einen Namen vielmehr 
zu verstecken. Zuweilen ist das Absicht, öfter aber, wenigstens 
bei Albrecht, künstlerisches Unvermögen. Wie Albrecht auch hier 
das richtige Mass fehlt, zeigen Ungetüme von solchen Umschrei- 
bungen, wie Tit. 1837,1—6. 2491,1 — 6. 

Mit Vorliebe umschreibt der Dichter die Person der Gottheit, 
vor allem Gott selbst: des nam sich hat gedriel: 581,7. 4917,7. 

5890.1 — 2. der aller engel schar beschtiof so kläre: 5471,5. ein mei- 
sten, des tvinkelmee und wäge lert nach der slihte howen: 6137, 1—3. 
Ganz in der Art Wolframs sind besonders die Umschreibungen, 
die sich auf einzelne Facta der biblischen Geschichte beziehen : 

278.1— 2: der hende, diu Moysi gap geleite. 1586 a (12, 85) 2: den 
der Moysen lerte. 1740,5: der Paulum von unrehtem dienste kerte. 
2417, 1 — 3: dem der Davide mit gäbe niht künde schelhen. 2491, 
1—2: der itven machte heilic üs Adämes rippe. 2518 (19,119) 
4 — 5 : der Dänieles pflac in dem wurmgarten , und sin gesellen vor 
dem starken fiure. 5983,1 — 2: den Abrähäm erkande , das er was 
ein herre*). — Umschreibungen Christi sind z. B. 790 (8, 9) 6 : den 
sie malten sam die mörder. 3489, 5 — 6 : der da seiget sper kröne 
und kriuse und sin vil here wunden. 806, 5 : durch den , nach 
dem wir sin genennet crislen. Vgl. 362,2 — 4. 532,6. 1547,4 — 5. 


*) So wird ferner Gotte* Allmacht hervorgehoben: 44a (47) 1. 64a (70) 5. 
270,5. 280b (2,25) 7. 806,6. 2317,4. 2578,4. 2611,2. 2769,1-2. 3692,4. 
4161,6—7. 4381,7. 5860,1-2. 6993d (40,250) 7. 5999b (40,261) 4-6; Gotte* 
Allgöte: 489,7. 620,2—3. 1852, 1—2. 2666,3. 6982a (40, 228) 4 ; vgl. endlich 30,2. 


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— 153 — 

4910,6 — 7, und zwei Beispiele für die Jungfrau Maria: 362,1—2 
u. Mlb. 12,7. 

Ebenso reichlich werden die drei Helden des Gedichtes, be- 
sonders Schionatulander, bedacht. In seinem Verhältnisse zur Aven- 
tiure zeigen ihn uns: 4708,5. 5024,3 —4. 3056,1—3; auf seine 
Charaktereigenschaften weisen hin : 2701, 3. 2734, 4 — 7. 2778, 2 — 4. 

3966.2— 7. 4163,5. 4257,3—5. 4268,7. 4339 (39,117)4-5. 4366,4. 

4537.3— 4. 4707,6—7. 4708,4. 4774,4. 4875,7. 4921,6—7. 4929, 
3 — 4, cf. 2475,1 — 4. 4741,1—2; auf seine Thaten : 1496,6. 1508,5. 
3899,2. 4078,3 — 5. 4771,3 — 4. 6258,7; auf andre Umstände seines 
vergangenen oder noch bevorstehenden Lebens : 1694,3 — 5. 2638,2. 

3520.4— 5. 4434,7. 5789 (40,23)4—6 (cf. AD.); auf Zustände, in 
denen er sich gerade befindet: 1286,5. 1451,4. 4103,1 — 2. 4238,4. 
4520,7. 4777,4. 4864,7. 4918,2 — 4, cf. 4657,2; auf sein Wappen- 
zeiehen : 2546, 6. 2563, 6. 2604, 7. 4529, 7 ; auf seine Länder : 

1487.5. 2185,1 — 2. 2711,6 — 7. Schionatulander und seine 11 Ge- 
fährten ira Orient: 3521,1—2. 3564,4 — 5. 4162,6. — Gamuret: 
990,2- 3. 4275,4. 783,3-4.6 -7. 3503,5-7. 981,3. 3760,5-7. 

998. 5. 892, 1-4. — Parzival : 469, 7. 1057, 2. 5699b (39, 206)7 — 99c, 1. 

5318.5— 7. 5693,3. — Die sehr zahlreichen sonstigen Fälle der 
Umschreibung einer einzelnen Person durch einen ganzen Satz hier 
sämtlich aufzuzählen, würde zu weit führen. Albrecht verteilt sie 
ohne Unterschied auf die gerade hervortretenden Personen seines 
Gedichtes, auch Namen von Frauen*) und selbst von ganz ausser- 
halb des Gedichtes stehenden Personen**) fehlen unter den Bei- 
spielen nicht. 

Die Manier wird dann weiter ausgedehnt, indem auch ganze 
Gruppen von Personen so umschrieben werden : 3470, 4 : die Samar- 
göne schriten iif PISnanee = die Mannen des Glororaatis von Persia. 
Ebenso: 1552,3—4. 1578,5—6. 4932,6. 2980,6—7. 3020,2-3. 

3369.6— 6. 4003,1—3. 4006,1. 3469.4—6. 3521,1—2.4013,3—4. 
4528,3 — 4. 4648,1. 5944,5; das Gralgeschlecht: 5201,6— 7. 5484, 
3 — 6. 5713,2—4. — Noch allgemeiner sind die Begriffe: 3826,7: 
die diu criuze mit dem segen kiesen — die Christen, cf. 2563,3 — 4. 
3398,6; die Heiden: 242,4. 2573,5. 3974,6, cf. 5999a (40, 260) 4—5 ; 
der Begriff ‘König’: 1452,4— 5. 2025,4. 2203,7. 2311,7. 2851,5. 


*) Vgl. z. B. Sigune: 1282,6. 1328,2. 4848,4—5. 6192,2, cf. 1122,3-6, 

4393,6-6. 

**) Erzengel Gabriel: 2505,3—5. Johannes der T&ufer : 6036,2. Ul. Oswald: 

396,5. Lucifer: 6181,6—7. Venus: 6533,5. 6298,5: diu dä Vbius ,hiez und 
Pallas, die goltinne. 


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154 


3353.6- 6. 3655,4 - 5. 3673,5. 3893,3-4. 3900,3-4. 3995,6—7. 
4227,6. 4317,6. 4370,6. 4900,3 —4; Herzog : 2852, 5 : und nitro, der 
her mit zogte. 1983, 2 : des namen her nach zogte. Das letzte Beispiel 
zeigt deutlich, wie leicht bei einer so der Willkür des Dichters 
überlassenen Stileigentümlichkeit ein geschmackloser Dichter, wie 
Albrecht, auf Irrwege geraten musste. Zwar hat auch er Bei- 
spiele dieser Umschreibungen, die wirklich treffend und von star- 
ker Wirkung sind*), aber im Grossen und Ganzen wird Albrecht 
zu leicht geziert und unverständlich, oder trivial **). 

Ganz dasselbe gilt von den Umschreibungen von concreten 
und abstracten Dingen durch einen ganzen Satz. Ein paar Bei- 
spiele müssen auch hier wieder den sehr allgemeinen Gebrauch 
dieser Stileigentümlichkeit anzeigen. Nicht selten spricht aus die- 
sen Umschreibungen ein launiger Humor, von dem man nur nie- 
mals weiss, ob er Albrechts Geist entsprungen ist***). Auf der 
andern Seite liebt Albrecht aber auch die lederne Umschreibung, vor 
allem abstracter Begriffe, durch daz da heizet f) ; nur oft zu verstrickt 
er sich ferner in allzulange , dabei nicht selten ganz verquere 
und knifflige Satzgebäude (z. B. 4079,2—5), und den unheilvollen 
Einfluss des Reimzwanges fühlen wir gleichfalls nur zu oft durch ff). 

Wir haben hier nun noch ein paar einzelne umschreibend ge- 
brauchte Wörter zu besprechen, die von Wolfram zur Hervor- 

*) Vgl. i. B. 4255,7: dem bäruch was gesellet, die reibe herze und ougen sit 
beweinden (= die Blüte seiner Ritterschaft); und die Wolfram nachgeahmten Um- 
schreibungen 1232, 4 : dafür kund ez wol taten, der ez mit fitze t corhte meister- 
lichen (= der Meister), cf. 3482,3. 3952 (27, 135) 1—2. Wh. 370,18. P. 233,23. 
229,29. Wh. 269, 9. P. 604,6. 

**) Vgl. noch: 114,5 (cf. 3611,4. 3655, 1. 4303,6. 6186,2). 494,4. 813(8,31) 
8. 865,3. 

***) 4104,7: daz sich da nimt namen gerne herie (= die weibl. Scham), cf. 
4717, 5. 2572 (20, 49) 1—3. — 2561, 4—5: daz einem ougen wazzer bringet (= eine 
Zwiebel). 3051,4: des daz da machet hie geladen bare (= crnstl. Kampf). 3956, 
3—5: etzlicher kröne vogte wart von im daz ichz mit halber marke von niemen 
kouft ob ich ez fände veile (= der Tod). 1444,4 — 5: sit daz Addmes rippe ver- 
holne wart gemachet zeinem bilde. 

t) Vgl. P. 78, 6— 6. 489,18 — 19. Tit. 2295, 4: daz da heizet fremdiu äeentiure. 
2386, 5 : daz da heizet haben und behalten, ebenso 893, 8 — 4. 2003, 4. 3020, 5. 
8613,3-4. 3686,4. 3735,6—7. 3920,7. 4227,6-6. 4373,5. 4896,7. 5393,4. 

5408,5. 6472,5. 5667,8—4. 5781b (40,15) 5. 6897, 4. 5919,7. 5967,6. 

++) Vgl. im Ganzen noch folgende Stellen : 512,4. 5047,4, 6858,7. 1111,6. 

1233.6— 7. 1473,7. 2727,6—7. 4510,5—6. 3518,1—2. 5747,6. 5004,3—4. 6736, 

8—4. 5755,6. 6014,3-4. 3486,5 (cf. 5503, 5). 1624,4. 1660,6—7. 3465,7. 

8678,2—4. 6173,6 (cf. 5276, 2— 4). 6315,4. 2784,3. 2642,7 (cf. 4004,8-4). 
3488, 8—5. 


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155 


hebung eines Begriffes verwandt werden: Die bei Wolfram häufig 
so gebrauchten und zugleich als beliebte Reimwörter verwandten 
Substantivs eil , site, kraft , name (Kiuzel p. 31 — 33) finden sich bei 
Albrecht selten , da er keine stumpfen Versausgänge gebrauchen 
kann, eil im Reime nur Tit. 719,3: üf der verte eil (— W. Tit. 
80,2 üf die vartf), sonst noch Tit. 1006,7: üf jämers eil geseteet. 
2764, 6 : über eil der mäze. 6027, 5. Noch deutlich schimmert die 
eigentliche Bedeutung von eil durch 4984,5: davon uns freudcn eil 
so lenget. — site nur 1887, 4 : von zornes sit unreine. — kraft ist häu- 
figer : 1 14, 4 : mit hur/es kraft. 127, 4 : mit tjoste kraft , cf. 3977, 4. 
2763 (21,125) 7 AD. 2833,1. 2914,7: mit eornes kraft (cf. P. 78, 8). 
3539,4: des todes craft. 5238,4. — name erscheint nur in Verbin- 
dung mit Personenbezeichnungen, wie 590, 5 : mannes namen kan diu 
minne twingen. 1448,2. 5440,6 wtbes name. 

Eine 2. Gruppe bilden die Formen bekant, erkant, kunt etc., 
die Wolfram in doppelter Weise umschreibend verwendet (cf. För- 
ster p. 9—12; Jander, a. a. 0. pag. 28). Einmal verstärkt er- 
kant in völlig pleonastischem Ausdrucke ein Substantiv oder Ad- 
jectiv, sodann umschreibt die Verbindung bekant (kunt) werden oder 
tuon den einfachen Begriff 'erleiden, zu Teil werden’, resp. ‘zu Teil wer- 
den lassen, zufügen’. Die Beispiele Försters zeigen, dass da3 Gebiet 
der beiden Formen erkant und bekant nicht streng geschieden ist; 
Albrecht gebraucht beide Verba promiscue. Da diese beiden Um- 
schreibungen Wolfram eigentlich nur zur Gewinnung eines stumpfen 
Reims dienen, ist ihr Gebrauch naturgemäss bei Albrecht lange 
nicht so ausgedehnt , doch verwendet auch Albrecht alle diese 
Formen (ausser kunt) nur im Reime; er hilft sich, indem er statt 
erkant die Form erkennet gebraucht und das bei Wolfram seltenere 
Praet. erkande häufiger anwendet. Vgl. Tit. 73 a (81) 3: dä s» (= 
die Erde) vil ganz erkennet was (ganz ist betont !). 3570,5: Mauricius 
ein fürste rxche erkennet. 8,4. 556,2 — 3. 969,5 — 7. 5687,7. 5707,7. 
5713,4. 6095,3*). — Beispiele der 2. Verwendung : 2630,3: der triu- 
wen vü bekand er (= besass er). 2632,7: eebant man freise niht er- 
kande, cf. 441 , 3- 4. 280a (2, 24) 1 - 2. 271 1 , 5. 5580, 4. 5799,5. 5812, 3. 
6838,3. 5886,3. kunt nur 2628,7. 4780,2. In flectierter Form im 
Reime: 517,4. 5532,6. künde etwas häufiger : 11,3. 594,4. 1581,4: 
swenne dae herz gewinnet jämers künde. Auffallend ist 414b (3, 142) 1. 

Ebenso wie hier das Verb erkennen ( bekennen ) seine ursprüng- 


*) Ganz ähnlich diesen sind Falle, wie 990,3: der vil werde, an dem ich 
triuwe erkande cf. 818,4. 2933,3—4. 6615,5. 5651,4. 5794,5. 6945, 6, 5993,6. 


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liebe Bedeutung ganz eingebüsst hat, so das Verbum leren in 
einem andern Wolfram eigentümlichen Gebrauche. „Er umschreibt 
nämlich durch Kren mit dem Inf. oder dem Acc. eines Substantivs 
einen Verbalbegriff" (Kinzel p. 27). So findet sich im Tit. : 
668,3—4: das lert vil manigen schrieben. 895,4: diu geturst in Urte 
icider stüsen. So: schaden leren: 907,2. teuren: 943,7 .jümer: 5711,7. 
strüchen: 5699c (39,207)4. 5827,2. v liehen: 6004,7. arheit: 826,7. 
vollen: 881(8,98) 7 AD. — Ein Satz mit das folgt 530,6—7. 897, 
3—4. 997,1 — 2. Pleonastisch steht auch lerc in jdmersUre: P. 575, 12. 
Tit. 934,7. 564,2*). 

Hierher gehört endlich noch der formelhafte Gebrauch des 
Verbums hinnen, den Albrecht ebensosehr liebt wie Wolfram. 
Bei der ungeheuren Menge der Belege ist es oft schwer, die ge- 
naue Grenze zwischen beabsichtigter Wirkung und rein formel- 
haftem Gebrauch zu ziehen. Man darf aber ruhig behaupten, dass 
Albrecht diese Manier noch stärker veräusscrlicht hat als Wolfram 

Cap. IV. Bilder und Vergleiche. 

„Wolfram ist in Bildern und Gleichnissen geradezu uner- 
schöpflich. Die bildliche Redeweise spielt in alle Einzelheiten 
seiner Sprache hinein und giebt eigentlich äusserlich der Wolfra- 
mischcn Sprache den am deutlichsten erkennbaren Charakter“ 
(Bötticher, p. 315). Diese Fülle von Bildern ist bei Wolfram ein 
Ausfluss seines reichen originellen Geisteslebens, das schönste 
Zeugnis seiner poetischen Begabung. Auch Albrecht ist durchaus 
nicht arm an Bildern und Vergleichen ; aber sehen wir uns seine 
Bilder einmal etwas genauer an, so finden wir hier im kleinen ein 
getreues Spiegelbild von Albrechts dichterischer Persönlichkeit 
überhaupt. Nichts ist bei ihm originell, und dabei ist er doch 
auch wieder kein einseitiger Nachahmer Wolframs ; die unend- 
liche Menge der beliebten und zum Teil abgedroschenen Bilder 
und Vergleiche der mhd. Poesie überhaupt steht im Titurel 
neben Nachahmungen der kühnsten Wolframschen Bilder, die als 
willkommener Schmuck der dichterischen Sprache bei jeder Ge- 
legenheit als lumina aufgesetzt werden. Albrecht führt auch zu- 
weilen die ihm überlieferten Bilder nach der einen oder der an- 


*) Als Subject tritt zu dem so gebrauchten leren und einigen verwandten 
Verben, wie röten, txcingen u. a., gern ein abstracter Begriff, der dann als leise 
personificiert aufgefasst werden kann. Diese bei Wolfram ausserordentlich be- 
liebte Ausdrncksweise (cf. Kinzel p. 26 ff. Förster p. 43 — 45) findet sich auch 
bei Albrecht häufig. 


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157 


dem Seite weiter aus, meistens zum Nachteil des dichterischen 
Wertes der Bilder; aber von einer selbständigen schöpferischen 
Thätigkeit Albrechts auf dem Gebiete der bildlichen Ausdrucks- 
weise in der Art Wolframs kann nirgends die Rede sein. 

Was die äussere Form der Bilder und Vergleiche anbelangt, 
so finden wir vor allem die für Wolfram so charakteristische Ein- 
führung einer bestimmten Gruppe von Vergleichen ohne jede Ver- 
gleichuugspartikel im Titurel wieder. Es erscheinen in dieser 
Verwendung besonders schür hagel bluomc krunz kröne u. s. w. (cf. Kz. 
29—31. Boett. 316). Die sehr zahlreichen Beispiele Albrechts für 
diese Gruppe von Vergleichen finden sich, unter die einzelnen Stich- 
wörter verteilt, in der unten folgenden ausführlichen Aufzählung ; 
ich weise hier nur auf ein paar Häufungen solcher Vergleiche hin: 
Tit. 1326. 1601,5 — 7. 1776,4 — 7 u.s. w. *). — Mit Wolframs oben 
charakterisierter Vorliebe für den negativen Ausdruck hängen die 
s. g. „negativen Vergleiche“ zusammen. Sie haben zugleich eine 
stark humoristische Färbung, cf. Stark, a. a. 0. p. 30. Im Titurel 
finde ich von dieser auch bei Wolfram nicht gerade häufigen Ma- 
nier ein paar Beispiele: 2593,3 — 4: den tören und den narren fuoren 
dise eicen vil ungdiche. 5008,5: alsant Erec er sie mit im niht füerle-, 
cf. 6926, 1—2. 5943, 1 - 4 **). 

In das Gebiet der Negation gehört auch die Fülle der bild- 
lichen Umschreibungen der Negation hinein, über deren weite Aus- 
dehnung bei Wolfram Kinzel p. 3 — 5 handelt. Ich gebe deshalb 
hier, ehe ich zu den einzelnen Bildern und Vergleichen übergehe, 
eine zusammenhängende Darstellung von Albrechts Gebrauch. Nach 
der bekannten rahd. Ironie verwendet auch Albrecht die Ausdrücke 
liurc, lützcl , selten , tvenie, kleine, krank zur Bezeichnung einer star- 
ken Negation ausserordentlich häufig***). Ebenfalls nicht speciell 
Wolfram eigentümliche Umschreibungen der Negation sind die 
Verbindungen von frt, äne (äne sin, rinnt) , eine (vereinen) mit dem 
Genetiv ; doch ist hier wiederum die auffallende Häufigkeit der 
Benutzung dieser Constructionen hervorzulieben f). Bei den fol- 

*) Die Verwendung solcher Vergleiche zur Umschreibung einer Person haben 
wir schon oben besprochen. 

**) Mit P. 630,11—13 (c£ Stark 21) vergleicht sich Tit. 2787, 5—7, cf. 5518, 
und der ähnliche Ausdruck 8151,6—7. 

***) Mit dem Genetiv oder einer Praeposition verbindet Albrecht krank 1033,2: 
die freuden kranken (= W.Tit. 115,3). 2886,4. 3239,7. 5407,4. 3071,4. 4676,8. 
2469,7. 4018,5. an crenkrank-, 1281,6; cf. 613,4. 1133,2. 2823,7. 6204,2. 3857, 7. 
der kranke gein unprise : 4035,6, cf. 4989,3. bekrenket: 1262, 2. 1917,4. 2187,4. 
2394,4. 2744,3. 2880,4. 8504,5. 

t) Eine deutliche Nachahmung Wolframscher Manier ist die Formel Sigün 


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158 


genden Ausdrücken aber ist Wolfram das einzige Vorbild Albrechts 
gewesen (Kz. 4 — 5): bl 6s : die tauf es blasen: Tit. 234,1. der freuden 
blöse: 1257,3.3689,4; cf. 1397a (11, 60) 3. 1403,7. 2067,5. der schän- 
den blöse : 1796,3. 2381,1. 2252,3-7; cf. 2328,7. 2341,7. 3796,7. 

3838.3. 4170,3.4236,4. 4902,7.4988,7. 5120,1—2. 6150,7. 6156,4; 
mit vor verbunden : 242, 4. 280b (2, 25) 4. 957, 3. 1463, 7. 2466, 7. 

4725.4. 3302,5 - 6. 5992,4. 6002,7, mit an: 483,3. 1191,6. 2157,7. 
4121,4 -5. 4718,4 - 5. 5040,4. 5591,4-5, mit von: 1367,4. 5158,4. 
5140,3—4 enbloezet. — Utre : freuden leere: 944,5. 983,4. 984,7. 

1017.3. 6841,7. von dem schänden leeren : 6692,2, cf. 1019, 4. 2819,7. 

2904.7.4453.3. — weise: Kyöt der freuden weise: 653, 1. 1176,4 4982,4. 
6060,7; cf. 2028(15, 118)7. 1786,5—6. 5277,7. 3471,6. anhöhencren 
ein weise: 2429,5; ähnlich verweiset: 861,5— 6, 1542,2. 1819,3. 
— eilende: der sageheit eilende: 4697,3. 4861,7; cf. 1575,5. 5066, 
3 — 4 5224,7. 5513,3. 5830,7. 5771,4. 6187,6 — 7. Mit an verbunden: 

1897.7. 5037,7, mit vor : 3876,4 — 5, praedikativ: 6041,4. sich ei- 
lenden : 4544, 3 — 4. — verre gebraucht Albrecht meistens praedikativ, 
cf. 477,22. 2821,7. 1443,4. 2108,4. 2683,7. 3003,3.4006,4 4242,3. 

4535,4. 4776,4. 5071,2. 5243,3. Den Genetiv regiert vetre: 306,5, 
von: 4734,4. — dünne : P. 213, 16. Tit. 288, 4. 2461,3 - 4 1620,4. 
5210,4: davon trüren dünnet. — sihte: davon ir freude wart sihie: 
923, 7. der iren sihte : 5423, 3. Mit an : 1426, 3. 2695, 4 ; in ausge- 
führterem Bilde: 1885(14,52)7. 3909,1-2. 3372,3. 6049,1-2. - 
Bezeichnungen menschlicher Gebrechen sind: hm (Kz. 4), bei Al- 
brecht nur erlamende: 562,7. 5307,1. 4233,7. 3420,4. 2226,7; 
erlemdct 1409, 4. — toup : P. 475, 6 : an den witeen toup. Tit. 2553, 3. 
6631,1 — 2. 236,7. 2586,4, cf. 793,6. — blint: P. 10,20: ist got an 
einer helfe blint. Wh. 355, 3. Tit. 2901,7. 4545,1—2. — heisa-: Tit. 
4593, 3. — schelch : 3953, 7. — kal : 2946, 3, cf. 4097, 1. - schiech : P. 316, 
13 : ir sit manlicher eren schiech. Tit. 554, 7. 628, 7. 3023, 7. 2058, 6—7* 

4279. 7. 4555, 5. — siech : P. 316, 14 : an der werdekeit so siech ; cf. P. 
531,28. Tit. 1323,6. 2401,4 2856,4. 6194,7. Das Verbum siechen ; 
W. Tit. 86,3. Tit. 802, 3. 3036,4. 3296,3. 3761,7. 4745,4 - 5 .—tot: 
P. 609, 15: tötgeinvalsche. Tit. 6194, 7. 1372,5. — las (Kz. 4): Tit. 1393, 
5. 4476,3. Das Verbum lassen : 4899, 3— 4. 2832,6. 2072,2. 3793,7: 
gein aller lasheit verlasset. — trage : P. 66, 12 : gein valscheit der treege : 
Tit. 1936,3 - 4. 2012,4- 6. 3778,3—4. 4281,1. der valsches trage: 
1406, 1. 5537,1. 4587, 3. 2381, 4. 4250,3. 4544, 2. 5648a (39, 148)5—6. 

1797.7. 5422,3, cf. seine : 3279, 4. — läge: 4281,3, cf. 4544, 4. slisec; 


diu freuden äne: Tit. 5427,6, cf. P. 16,8: dt« sfiese valsches «ne; vgl. noch TU. 
694,1. 1097,6. 1635,5. 4300,4. 


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159 


4759, 4 : an craft niht werden slisec. -- Auch ein paar Substantive gehören 
noch hierher: P. 26, 21: er was gein valscher fuorecin tör. Tit. 1980, 8. 
3793, 1. 2408, 7. 2499, 3 — 4. gast : P. 742, 8 : er was schumpf ent iure 
ein gast, cf. 328, 16. 116,29. Tit. 2839, 4. 793,1—2. 2898,3—4. fluht: 
P. 4, 22: vor missewende ein war tu fluht, cf. 162,24. Tit. 2981,1 — 2*). 

Wenn ich jetzt eine möglichst umfassende Zusammenstellung 
der sonstigen Nachahmungen Wolframscher Bilder und Vergleiche 
im Titurel zu geben versuche, so kommt es mir in erster Linie 
auf solche bildlichen Ausdrücke an, die Wolfram selbst erst ge- 
prägt hat; alle andern führe ich nur dann hier auf, wenn sie ganz 
offenbare Imitationen Wolframscher Stellen sind**). Ich folge 
dabei der Einteilung Försters (p. 45 — 76) , die nach den Gebieten 
ordnet, denen die Bilder und Vergleiche entnommen sind. 

A. Bilder und Vergleiche den Bereichen des Menschenlebens ent- 
lehnt: 

1. Religiöse und kirchliche Begriffe (F. p. 46): P.308, 1 — 3: Do 
truoc der junge Farsiväl äne fliigel eng eis mal wird nachgeabmt Tit. 
166, 4. — Tit. 2569, 7 : nach der helle geverwet. 2570, 7 : den helle- 
varwen, aus P. 51,24. 463,14; cf. Tit. 803,7 die hellemören. — das 
wir Gamuret hetwungen venje suochens unser fliese: 869,4 — 5 = P. 
744,12—13; cf. Tit. 5622,2, wo ein ganz ausgefübrtes, aus lauter 
religiösen Bezeichnungen zusammengesetztes Bild angeschlossen wird. 

2. Teile , Zustände und Eigenschaften des Menschen : erborn : 
Tit. 2624, 6 : er ist von ganzer triuwe erborn, cf. P. 763, 20. 732, 17. 
Tit. 5888,1. 3164,1. 5214,3. 1398,4. — der alte und der niwe site: 
P. 203, 9. Tit. 5931,6-7, vgl. 2344,7. — sein: Tit. 3265,7: 
driu sper mit tjoste versern ; cf. P. 444,2— 3. 738,24. Tit. 3919,3 — 4. 
4270,4 — 5: er zertc freuden vil. 4205,3 — 4. — Über lam, blint, toup 
u. s. w. vgl. oben p. 158. — hinken : 1064, 1 : Min höchgemüete hin- 
ket. 1383,7. 3532,5. 4212,7. 1869,5. 2731,2: an wirde hinken, cf. 
5618,3 - 4 1536,6. 

3. Verhältnisse der Familie, der Gesellschaft, der Stände und 
Berufe (F. p. 47 — 49) : der tugent ein frowe : Tit. 4162a (28, 46) 3, cf. P. 
80, 8 : diu riwe was sin frouwe. P. 56, 2. — voget aller siihte : Tit. 2288, 1, 
cf. P. 734, 30. Tit. 3805,4. P. 338, 30. bevogten : Tit. 892,6. 6017,3, 


*) Im weiteren Sinne würden in das Gebiet der bildlichen Umschreibung der 
Negation auch die bei Albrecht unzählig oft wiederholten Ausdrücke, wie (<m eren) 
gepf endet, verderbet, beraubet, unericendet, unervaret etc. etc. gehören, cf. Kt. 5 Anm. 

**) Diejenigen Vergleiche, die zugleich eine Anspielung anf bestimmte Dich, 
tnngen oder auf eine Person oder eine Örtlichkeit aus der Zeit des Dichters ent- 
halten, sind im Zusammenhänge unten im 6, Capitel unter den „Subjectiven An- 
merkungen des Dichters“ aufgeführt. 


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160 


cf. 6625,4. 5059,6-7. Wh. 4,18. 371,29. — Tit. 134, 4 ff. (die 
Rute des Zuchtmeisters) ist eine übertreibende Nachahmung von 
P. 174,7 — 9, cf. Tit. 4933,7. — Die vielen Bilder mit gesinde, 
nächgebür , geselle u. ä. enthalten nirgends deutliche Imitationen ; 
zu vergleichen ist etwa Tit. 1845, 1 : Dü eren p/lichtgeselle mit P. 
819,7: des grales pflichtgcsellen . — P. 158, 5: kein schüttere entwürfe in 
bas, wird nachgeahmt Tit. 2109, 3. — Schiffahrt: lenden, bildlich = 
zum Ziel bringen, Tit. 1526 (12, 24) 1 : Wie sich ir reise lernte {: presente)-, 

2006.7. 3372,3—4. 5823,7. P. 41,28. 307,28. Wh. 10,23. — Tit. 

1872,4 — 5: ich ween er höher eren anker senke in schänden grünt, 
da er immer lit versunken, cf. P. 641,14. Mit Tit. 3342,5 vgl. P. 
642, 17. — Tit. 2472, 7 : siecht er oder sinket er an prise ? = W. Tit. 
170, 4, cf. Tit. 1064, 3. 4358, 6- 7. 4548, 6 -49, 3. — ruoder : P. 364, 8 
diu strites ruoder — die Schwerte ; ebenso Tit. 3164, 7. 4208, 3. 
4606,4. 4746,4, weiter ausgeführt in humoristischem Vergleiche: 

3447.3 — 6. Ähnlich Tit. 5760, 4: mit tödes ruoder ; cf. 3862,4. P. 
694, 13. — ich ween es käme ein barke diu sper getrüege des von Iserterre : 

1990. 4— 5, cf. Wh. 22, 6. Tit. 3444, 3. 2090, 1—4. - Von den bei 
Albrecht äusserst beliebten Bildern mit Heit, kleiden u. ä. ist hier 
zu erwähnen muoder : Tit. 4245, 7 : das dem von Ekunäte wart ge- 
sniten also des tödes muoder, cf. Wh. 52,6. Tit. 2059,3*). — Andere 
Beschäftigungen (F. p. 48) : sie der tniiede ein teil von in sjnelten : 

4239.7, cf. P. 293,27. Wh. 254, 24. Tit. 460, 1— 3. — untdt müswerte 
was er von im schabende: 1971,4, cf. 3832,3. 4161,1 — 2. 4976,4. 

6841. 4— 5. 2445, 4. 4818, 6—7. P. 160, 15. 311, 22. — Zuo clagen 
mich noch wetset ein dinc üf jdmers lere : 564, 1 — 2, cf. P. 616, 10. — 
es walken vom heftigen Kampfe : 2011, 3, cf. P. 82,7. — der verte 
hüeien im übertragenen Sinne, nach W. Tit. 143 — 63, Tit. 1846 — 1890 
in der Schrift des Brackenseiles ; ferner in Reminiscenzen an die- 
selbe: 2730,2. 2735,1—2. 3520,1. 4486,5. 4487,5. 4495,7. 4874,3. 
— der aller tugende hört was an sich lesende: 118, 7. 3162,4, cf. P. 
79, 30. — gesoten von der hitse wurdens von dem strite iiberal be- 
garwe : 4096,6 — 7, cf. Wh. 60,18. — die sult ir in dem wäge sin 
hie padende: 2861,4, humoristisch wie Wh. 436,8. — die niht vol- 
lende acker wollen messen : 1676,5 = P. 174, 30; cf. Tit. 2206,3 — 4. 
5566, 3 — 4. Ebenso vom Falle der Ritter in der Tjost gebraucht 
wird einem beiten : Tit. 2118, 1 — 5, in Ausführung von P. 444, 26. 
289, 6 ff. ; cf. Tit. 4184,1—3. — aller sünden vire: 332,3. 3466,4. 
1653,3, cf. Wh. 107,5. 


*) Über schroten, versniden, verhowen siebe oben pag. 121, über panieren, 
furrieren, undersniden pag. 133. 


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161 


4. Rechts- , Kauf- und Handelsverhältnisse (F. pag. 49—60) 
bürge: 861, 1 — 2: Man nam ze beiden siten niht toan den tot ze bürgen 
cf. Wh. 24, 25. Tit. 110, 7. — Sicherbote wird Scliionatulander W. Tit. 
170, 4 genannt, weil er sich anheischig gemacht hat, das Brackenseil 
zu erwerben. So sagt Albrecht Tit. 2648, 5 von Erec, der fest darauf 
rechnet, ohne Unfall über die Wunderbrücke zu gelangen: er wände 
sicher sin vor [aller] unzühte, rcht sam ein Sicherbote in urteile. Vgl. 
noch P. 741, 25. — Tit. 1832, 1 : Zuo freuden lipgedinge (H lieb 
gedinge) saz nü ir herze nähen-, cf. P. 103, 17. — pfant,pf enden in bild- 
licher Bedeutung ist ausserordentlich häufig, vor allem bei der bild- 
lichen Umschreibung der Negation (cf. oben p. 159 Anm. 1). Die Ter- 
mini des Geldgeschäftes verwendet Albrecht gleichfalls sehr häufig für 
den bildlichen Ausdruck, doch hält er sich da ganz in ausgetre- 
tenen Gleisen. Für Albrechts Lieblingswort borgen vergl. Mhd. 
Wtb. I, 162 — 63. Gerne verwendet Albrecht die Ausdrücke kou- 
fen, verkoufen und ihre Synonyma in der übertragenen Bedeutung 'er- 
werben, verdienen’, resp. 'verlieren’. In gleicher Bedeutung gebraucht 
Wolfram meistens das Wort bczaln, vgl. bei Albrecht pris bezahl, 
175, 7. 479,6. 1599 f (12,104)5. 3053,4. 3064,4. 3196,6. 3475(25, 
79)6. 3947,7. 4084,4. 4201,3-4. 4462,3. 4859,7. 5642(39,141)2. 
werdikeit: 200,3—4. gncalt : 609,4. tilgende: 2185,3, cf. 3503, 4 — 5. 
4120,7. 4851,7. 5827,5 — 6. — Tit. 1846,7: so wirt sin pris vil selten 
veile f unden — W. Tit. 145,2. — urborn, ein Lieblings wort Wolf- 
rams, Tit. 2573, 7. 5698 (39, 203) 1 AD. 5659b (39, 162) 7. 5297, 4. 

5. Spiele (F. p. 63 — 64) : Tit. 1548, 6: daz ist ein spil mit 
tocken dägein, cf. Wh. 222,18. Tit. 1370,. 7. 4533,4. 5560,7. — 
Tit. 1064, 2 : min /'unden freude ist flüstec = Wh. 167, 3. Die Aus- 
drücke des Würfelspiels verwendet Albrecht reichlich in übertra- 
gener Bedeutung. Wolframs Vergleich ritersehaft ist topclspil, P. 
289,24, variiert Albrecht Tit. 2035,6-7. 4498,5—7. 3471,1-4. 
— der wurf der sorgen: Tit. 2371,3 P. 248, 10, vgl. Tit. 2492, 6: 
der wurf der minne. — Tit. 5116,4—5: st« leit daz was gedriet, an 
daz qtiater wirt ez nü gesetzet = P. 179, 10 — 11, cf. Tit. 4590, 4— 6. 
Ähnliche Bilder : 847, 6-48, 2. 1522, 1-2. 3101,3—4. 3239,3. 4212,5. 
6026, 7 , cf. Wh. 43, 29. 162, 22. — Tit. 2591, 7 : so seit er ma- 
n igem nicU mit tödes schäche, ähnlich : 406, 4—6. 693 (6, 25) 7. 951, 
1—2. 2104,6. 2222,3. 3394,3. 4787,5. 6640,7; cf. Förster p. 53. 

6. Waffen und Kampf (F. p. 62 — 53): jämers lanze: 1103,1 
= Wh. 105,2. Tit. 6883,4 — 5: zebrach der helfe lanze, cf. 2221, 
6—7 sper. — ez brasl ir freuden klinge in dem hefte: 1525,3 = P. 
103,18-19; ebenso Tit. 2928,6—7. 2425,4-5. 5691,7, cf. 2457, 
3 — 4. Eine Variation der beliebten Redensart ist 2531, 3—4. 

11 


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162 


6617.3— 4. — ob ez ein mangenswenkel erziuget het, ez war ein un- 
geverte (von einer harten Tjost): 3667,6—7 = P. 212,15. bresten 
sam die spachen: 845,7 = PA219, 10, cf. Tit. 3919,6 — 7. 4557, 
5 — 7. daz stniu lit tut krachent : 445, 7 — P. 35, 24, cf. Tit. 1995, 5. 
2480,5. 3765,7. 5391,5. 5434,4. davon ir herze erkrachet: 4398,4, 
cf. Wh. 70,30. Tit. 3820,1. 4408,4. 5062,5. 5068,4. — für 
jänter starke hecke sltioc er in mit Mutzen : 265, 3— 4, cf. P. 813, 22. Georg 
2749. 3933. — durch daz die büre Gamurct ein lützel künde riten : 

3403.4— 5 = P. 267,28-29, cf. Tit. 3300,4—5. 3051,1-4. 3540, 
3 — 4. — der minne saldiere : 1322, 2 = P. 677, 17. — er was ein burc 
ze velde : 3447,6 = P. 339,5.. 

7. Das Haus und seine Teile, allerhand Geräte (F. p. 54 — 56): 
1208, 1: Ein dach, ein fun da tuende in inercrcn , cf. 657, 6. 3 193, 3 — 4. 3252, 3. 
3750,4. 3783,2. P.740,6. Wh. 162,27. Wh. 361,24: trunzüne wur- 
dens veldesdar.h wird variiert Tit. 2172, 1 — 2, cf. 1987,4.2032, 3 - 4. — 
schilte und darzuo heim venster wit entrennen : 1341,3—4. 2030,6 — 7. 
2150, 3—4. P. 295, 15. 505, 4. — arke einmal = schützendes Obdach 
(wie die Arche Noah): P. 477, 12: ein arke für unkiusche fluot , Tit. 577, 4; 
zweitens — Behälter, wie P. 804, 16: diu ist rehter güete ein arke, 
Tit. 5774, 3 : der trheen arke (= Sigune). In derselben Bedeutung haste : 
Tit. 2188,5. 4554,2. 3388,1 — 2. Nur wenig verschieden von dieser 
letzten Gruppe ist die Bedeutung von arte Tit. 1369,4: in tödes arke, 
cf. 3573, 2. 2550, 7. 4524, 4. 1862, 7. — vencvach (= vengec vach P. 317 
28) : Tit. 2234, 5 : ir vencvach und ir Hoben stricke netze (= der Minne) ( 
cf. 3012, 4. — zangc : 1192, 4 : ir herze was ein klamme habendiu zange — 
P. 114,14—15. der rehten minne ein zange (= Condwiramurs) : Tit. 

1769.3. cf. 1482, 3 — 4. P. 130, 4 — 6. 311,20. miner freuden ein zange: 
Tit. 563, 3. järners zange: 5208,7. 5845, 3; vgl. noch 2889, 3—4. 6062, 
2—3. 4611,3. 1879,7. 3758,7. So steht Hamme : 456,3—4. 1768,1. 

1779.3. — als obs in einer presse betwungen waren : Tit. 848,3 — 4 
= Wh. 391,20-21, cf. Tit. 948, 1—2. 4046,6—7. 5962b (40, 195) 

5— 7. — ze manegem nötstallc die zwelfe sie da hurtiklichen drangen : 
2602,3 — 4 = Wh. 391,24. — den tninnen poyen: Tit. 1611,7. der 
rehten Husche ein poye: 1765,3; cf. 3495,3. 5272,4 — 5. 5706,4 — 5. 

6205.4. P. 56,20. Wh. 397,22. — sie wären beide tif ein insigel ge- 
driieket : Tit. 1958, 7 = Wh. 274,20—21. Eine Variation davon ist 
Tit. 2052(15,144)3 —4: sie zwei in einer cestcr warn ergozzen. — 
verklüsent mit den hantvesten tödes herte: Tit. 4102,5 = Wh. 391, 
26—27, cf. Tit. 2377,6—7. Eine Variation davon ist 2689,7: des 
tödes schilt gemcnle. — slahen dolte, sam aneböz in smitten : 4203, 3 — 5, 
vgl. 3654,4. 3783,6-7. 3897,3-6. 4272,3-6. 4643,4—6. 5815, 

6 — 7 ; auch 3898, 5. 3550, 4—5, vgl. Forst. 47. — di» parte sol sin 


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— 163 — 

wenic houwen nach der snüere: 3249,6 — 7, cf. Wh. 394,13—16. 18 — 
19. — mhts herzen inner Spiegelglas du wäre: 6118,6 = Wh. 67, 
13, cf. Tit. 943,7. — Tit. 4641,4 — 5: diu rotte noch diu gige 
nie so mangen spot enpfienc von munde, alsam die üf der flöhte 
= P. 143,25 — 27. Trist. 11364—67. — die strdze brächen (= mit 
den Gefallenen auf dem Schlachtfelde): Tit. 3441,5 — Wh. 397, 
28 -29 (cf. F. p. 56). — dürkel, cf. oben p. 121. 

B. Tier- und Pflanzenreich (F. p. 58 — 64): P. 737,21: lewen 
an der vrechheit (= Parzival und Feirefiz). Imitationen der ganzen 
Stelle sind Tit. 1776,5: ein Icive an siner kraft u. s. w. 257,5—7. 
1021,6-7; vgl. 2009c (15,98) 5. 2185,6—7. 2566,6. 2778,3—4. 
3392,1. 4545,5. Der Scblachtenlärm wird mit der Stimme des 
Löwen verglichen, der seine totgeborenen Jungen zum Leben er- 
weckt: 4091,1 — 5 = Wh. 40,4—7, cf. Tit. 5152. — alsam ein Itase 
wenken : 763,7, cf. P. 1,18 — 19. — der werdikcit vorloufe brühten sie 
vil an die tciderkcre, die liht enpflohen waren manegein laezen : 194, 
3_4 Wh. 435,10-12 (cf. v. 2—3). — Tit. 4011,6—7: Die 
von Friende trugen so strahlenden Schmuck an Gold und Edel- 
steinen auf ihren Rüstungen, elliu strüzen eier mühten sich der briiete 
hie wol niesten, vgl. Wh. 364,27 — 29, auch Tit. 5153. — Diu turtcl- 
tübe erkiuset den dürren ast gezwiet, swcnn sie ir liep verliusd : 
5109, 1 — 3 = P. 57, 10 — 14. — strichen dar mit gcschozze als alle 
storche nisten al üf den wichüsen der hei fände: 3499, 3—5 = 

Wh. 375, 10 — 11. — Vom Mausern der Vögel hergenomraen sind 
folgende Bilder: P. 170, 18: der tcont in der müze rer, dd im werde- 
keit entriset. So Tit. 494, 4 : die da pflegent der tagenden müze rere, 
cf. 497,7. 1191,5 -7. 3011,4-5. 6155 a (41,15)3—4. müeen 
allein: Tit. 548,3 — 5. 5479,7; reren allein, wie Wh. 392,25: 
diu kristenheit sich rerte, diu heidenscliaft sich inerte, Tit. 604, 7 : 
gelücke reren. 1304,5: pris reren, cf. 3609,3 — 4. — vil baniere sach 
man dd vcderslahcn gein den lüften: 1830,7, cf. P. 425,21. 

Ein reizelklobe der iren ist schäm diu hoch gehörte : Tit. 897,1 — 2, 
cf. P. 508, 28 : sie wäre ein rcizel minnen gir. Tit. 3402,3: noch 
roeter danne ein furne , cf. 4186,4—5. Wh. 439,1—3. 

Pflanzen (F. p. 60 — 64) : mir begruonct freude nimer mere : Tit. 
1064, 5 = Wh. 122,26, cf. Tit. 1192,5. 5113,7. 1045,5. 3726,4. — 
ir angeborne tagende ie was erjeten vil gar vor bcesein gliiste: Tit. 
1200,7, cf. P. 317,12 u. ö. Tit. 5191,5. 3332,6 -7. sie waren 
die gemuoten uz dd jetende : 3453, 7 = Wh. 98, 18 — 19. — Tituri- 
süne ein Wurzel manr.ger tagende : Tit. 98, 5, cf. P. 128, 27 : ein wurzel 
der giiete. Wh. 48, 24. Tit. 5829, 1 — 2 : Sin edel herz daz reine 
ein wurzel stam gctoldet. — der triwen ein bernder stam: Tit. 721,3 

U* 



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164 


(= Wolfr. ?). 1326,2: ein stam wiplicher eren-, cf. P. 128,28. Tit. 

1065.2. 5325,5 — 6. 5829,1 — 2. — «cf: Tit. 929,5 — 6: das du ir wirst 
zuo einem blüendvn ziele an freuden in ir muote; cf. P. 195,4: er 
mann es schäme ein bittende rts. Tit. 1326, 1 : Sie blüede wünschelrises. 

— blttome, von Personen gebraucht, wie P. 109,11. 252,16 u. ö., 
Tit. 1391,4: aller wipltchen eren ein bluome. 1776,6: der clär- 
licit ein blttome ; ferner 1826,1. 1839,2. 2082,2. 2488,1. 2773,5. 

2876.3. 3010,1. 3159,5. 3175,5. 4768,1; ähnlich 5875,3-4. - 
Über blüemen und florieren, flörie vgl. oben p. 124. — fruht, zur um- 
schreibenden Bezeichnung von Kind und Mensch überhaupt, findet 
sich im Titurel unzählig oft. — kerne, wie P. 429, 25, Tit. 3423, 2 : 
ttrliuges gar ein kerne. 4884, 5 : gein höhen Salden ein kerne ; cf. 258, 1. 

1536.1 — 2. 1840,3 —4. 2589,3 — 4. 3197,4 — 5. — ein dorn du weere 
der vinde : 947, 6 — 7 = P. 600, 10. — kr ans, von Personen gebraucht, 
wie P. 122,13: aller manne schcenc ein bluomen hatte u. ö., Tit. 
1242,3: du seelden krane, 1294,7 : der minne solch eren kram, so noch 

1279.7. 1306,1. 1326,5. 2989,1. 3035,3. 3055,6. 3349,6. 5396,7. 

— Ebenso gebraucht wird kröne-. 1326,5: sie kröne, er kraue der 
spilnden ougen eierde, cf. 1279, 7. 1359, 5 : ein kröne ob allen junge- 
Ungen-, ferner 91,1. 1542, 6. 1581, 5. 2542,2. 2818,7. 3055,6. 5119,2. 
5428,1. 5669,2. P. 781,14. 692,5. — Directc Nachahmungen 
Wolframscher Stellen sind auch die von der bittenden heide her- 
genommenen Vergleiche. Man vergleiche nur Wh. 20,4 — 9 mit 
Tit. 3907,4—7. Variationen dieses Themas sind Tit. 843,4 — 5. 
1706,6—7. 1959,4- 5. 2728,4. 4675,3. 4862,7. 6023,3 -4. —Ei» 
mcien eit der ougen tcas dirre knabe sceldenbare: Tit. 166,1 — 2 = 
Wb. 64,11. P. 531,24; ebenso mciett blic: Tit. 1065,6. 1937,2. 

2160.7. 6393,6. 5577,1. — P. 805,21: reht ob prünnc gar der tvalt 
wird paraphrasiert Tit. 1966,3 — 4, Wh. 372,12—13: oberst nu 
donret der tvalt, Tit. 3919,6 — 7. — Wh. 370,16 — 17: man hört ttz 
manegen vorsten den tvalt dä sere krachen = Tit. 1963, 1 — 2, cf. 
855, 7. i ealtswende : 2572, 6 = P. 57, 23. Ilei was er waldcs stvande : 
Tit. 907, 1, cf. 1990, 3—4; ähnlich 1822, 7. 2004, 7 (= W. Tit. 102, 1). 

2078.1— 2.5. 3304,4—5. 2136, 4—5. Vgl. Förster 63 ff.; Kant 114. 
Ähnlich gebrauchte Übertragungen von swenden sind noch : ein freu- 
denswende : Tit. 999,7, cf. 3777,5. 6087,3. 5360,4. 5364,3. P. 416, 
15. lebenswende-. 3493,1. 3927,7. ougenswende : 4011,4. has stcen- 
den: 4987,7. 

C. Das Reich der unbelebten Natur (F. p. 64 — 69) : er weer 
gein strite ein flitise: Tit. 5259,3 = Wh. 76,7. — dem das dä in 
der sunnen vert geliche : Tit. 4,4, cf. P. 198,20. Tit. 3863 a (27, 47) 3. 
6892, 6. 6135, 6—7. — sprizen gceben schate vor der sunnen, W. Tit. 


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165 


2.3. wird variiert Tit. 2079,6 — 7. 260,6—7. 149,6 — 7. — baz dann 
Saphir in dem golde : Tit. 1884,7, cf. P. 3,14 ( saphir gg). Tit. 
218,7. — blawer danne iasure : Tit. 2800,2 = P. 313,5. — grüene 
als ahnardente : Tit. 5790, 3, cf. Wh. 426, 8 — 10. P. 36, 29. — des 
herze wart in j&mers tal geleitet : Tit. 357, 7, cf. 3773, 5. 3774, 4. 

5205. 3. 1046 (8, 247) 6 — 7 : ir beider höchgemüete wart nü in jämers tal 
gesenket. Das im letzten Beispiele versteckte Wortspiel ist echt 
Wolframisch, vgl. P. 195, 10: sin höher muot körn in ein tal. Wh. 51, 
2—3. 82,19 — 21. Tit. 1064,4: inins herzen halte ist niderbrüstec = Wh. 
167,4. Vgl. noch Tit. 953, 2. 1525,1—2. 1800,2-3.2194,5 -6. 3372,4. 
3583, 1—2. 4124,7. 4544, 3-4. 5459, 6. - Die zahlreichen Stellen Wolf- 
rams, wo er das Weinen durch ausgefiihrtere bildliche Umschreibungen 
mit wazzer, regen u. ä. ausdrfiekt (Forst, p. 67), sind im Titurel reich- 
lich variiert; cf. Tit. 44 — 44b (46 — 48 AD). 263,6—7, 330,4 — 5. 

472.3. 954,5 -6. 1023,4. 1193,3-4. 1581,1-4. 1913,1-2. 2613, 

6— 7. 3410. 4175,6-7. 4231,4. 4274,6. 4605,5. 4995,4. 5057, 

7— 58. 5090, 1—5. 5097,4. 5907, 3-6. - heres fluot : Tit. 947,5. 2256,3. 

2930.5. 3067,5. 3803,4. 4235,1. 6098a (40, 377) 7. bi froicen fliiete : 

1693.1. fluot allein = Heeresflut: 3176,4. 3236,5. 3506,5. 3617,5. 

4043. 1. — ir freude wart in riuwen furt erlrenket : Tit. 1046 (8,247)5 
= P. 114,4; cf. Tit. 4357,5. 1869,7. 2873,5.7. 4385,5. furt noch 
Tit. 1885(14,52)7. 3909,1-2, cf. Wh. 346,14. — Hut und ors in 
siceize wurden badende: Tit. 3409,5 = P. 262, 30. — mit tagenden 
begozzen: Tit. 3164,4, cf. Wh. 463,8. Tit. 2423,6- 7. 3702.7. 

3755.6. — Der wart der heideti schüre, ir strenger nächgebiire: Tit. 
112,1.3 — P. 56,3—4. Tit. 1601,5: er ltiez mit tjost der rittcr 
schüre, der vinde ein hagcl strenge. Vgl. noch 188,6 — 7. 259,6. 860, 
1-5. 3001,7. 3551,6-7. 5806,2. 3949,4. 3946,3-4. 4257,4- 5. - 
ich müht von Wochen langem regen sprechen (von einer grossen Zahl) : 
Tit. 4043,5. = Wh. 99,2 — 3. — von im suite ei n niuwe leise: 4282, 
4—6 =. P. 73,15, cf. Tit. 1369,4. 901,1—4. 1973, 3—4. — sam alle 
die wochcn drunzen warn gesnlet: 2176,7, cf. Wh. 209,12: als ob 
du ritcr sniten. 425,10—11. Tit. 4087,4 —5. 4534,7. 1967,1: Ouch 
vielens sam diu snie, cf. 2691,5. 3468,5. 3854,7. Wigal. 10978. — 
noch gelfer danne fanken in dem fiure: Tit. 961,4. 5594, 7 = Wh. 
33,20—21; cf. Tit. 1686 a (13,57) 3. 2189,4. 4012,3—4. Wh. 368, 
23 — 25. — vH zimierde ist iifhelmen von tnines swcrles eke enbrunnen, W. 
Tit. 2, 4, wird nachgeahmt Tit. 149, 5 u. 260, 3—5. Variationen dieses 
auch bei Wolfram häufigen Vergleiches hat Albrecht übermässig viel, 
vgl. 839,4—7. 896,6—7. 901,6—7. 917,4—5. 918,3—4. 951,5. 
2216,4-5 (= P. 222,5). 2587,5. 2678,6—7. 3221,6—7. 3309,6-7. 

3413. 7. 3656,4. 3673,6 -7. 4133. 5662, 3-4. 5808, 3-6. 5818, 6-7. 


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16G 


— duz im schin erlosch der Hehlen sele : Tit. 1976,7, cf. Wh. 
416, 14—16. 

Cap. V. Humor. 

Wie die bildliche Redeweise ist auch der Humor Wolframs 
ein Ausfluss der innersten Dichterseele und ein Gradmesser für 
die Kraft der dichterischen Persönlichkeit. Seine Dichtungen sind 
an allen Enden vom Humor durchzogen und getränkt, und es ist 
wohl eine der reizvollsten Aufgaben, Wolframs Gedichte nach 
dieser Seite hin zu durchforschen. Den Reichtum des Materials 
stellt Kant a. a. 0. zusammen, die sprachlichen Formen von Wolf- 
rams Humor sucht Stark auf. Albrechts schwerfällige Natur hatte 
keinen Raum für den beweglichen Humor, der bei Wolfram alles 
durchzieht. Was sich an humoristischen Wendungen findet, ist 
mühsam angequält: zum grössten Teil sind es Nachahmungen 
Wolfrarascher Stellen, die, mit leichten Variationen, unendlich oft 
wiederholt werden ; wagt sich Albrecht aber einmal auf eigene 
Füsse, so wird er gar zu leicht albern. Nur im Wortspiele findet 
seine gelehrte Natur ein geeignetes Feld der Thätigkeit, jedoch 
sind seine Wortspiele meistens künstliche Spielereien, die nur dem 
ausklügelnden Verstände, nicht der Phantasie und dem wirklichen 
Humor entsprungen sind. 

Verhältnismässig am wenigsten der subjectiven, humoristischen 
Zuthat bedürfen die humoristischen Charaktere und Situationen, 
die im stofflichen Gehalte des Gedichtes schon enthalten sind (cf. 
Kant p. 4ff. 'Sachlicher Humor’, Stark p. 3 ff.). Gegenüber dem 
Reichtum an komischen Charakteren und Situationen, den Wolfram 
hat, empfinden wir die Armut des Albrechtschen Gedichtes doppelt: 
Der anmutigen Darstellung der Jugend Parzivals setzt Albrecht 
die Schilderung des jungen Titurel an die Seite, allein, was er an 
humoristischen Zügen bringt, bewegt sich meistens doch nur in 
Nachahmungen Wolframs; so das Gebot der Königin, dass 
niemand dem jungen Titurel von der tninne reden dürfe (vgl. 
oben p. 9), ferner die Schilderung des ersten Beilagers, das Titurel 
und Ricbüude halten (vgl. oben p. 12). Nicht müde wird dann der 
Dichter, den von ihm selbst erfundenen komischen Gegensatz zwi- 
schen Titurcls hohem Alter und seinem jugendlichen Aussehen 
und Empfinden zu Wortspielen auszunutzen (vgl. oben p. 8 — 9; Tit. 
str. 252 ff. 421.425,1.431,1—2. 432,1. 434,4)*). — Der langweilige 
Musterheld Schionatulander zeigt in seiner ganzen Geschichte, die 

*) Den gleichen humoristischen Zug verwendet Albrecht für den alten Jüng- 
ling Dtpandragun 2437 f., vgl. P. 66,1. 


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167 


doch den grössten Teil unseres Gedichtes auemacht, auch nicht 
die geringsten humoristischen Ziige. Wo der Dichter einmal ver- 
sucht, ihn zum Mittelpunkte einer komischen Situation zu machen, 
wie Tit. 4691 ff., 4921 f., ist sein Witz entweder gezwungen oder 
läppisch. — Von dem jungen Parzival weiss Albrecht noch zu be- 
richten, 4387,5 — 7: (er) was gewahsen also balde, daz Herzelöuden 
sorge wart diu strenge, daz bonfis kyrfis beäfis wahsen wolt die heehe 
an risen lenge. — Über Keye und Segramor3 vgl. oben p. 34. — 
Die Mohren von Zazamanc (Tit. 2541 — 2627) werden nach Wolf- 
rams Vorbilde (cf. Stark p. 7) ihrer Farbe wegen humoristisch be- 
handelt, vgl. bes. 2569 — 70. 2605, 1 — 2. — Eine komische Situ- 
ation bringt Albrecht noch an 594, 5 — 96, wo Schoisiane zum ersten 
Male den Gral trägt. — In der Weise Hesse sich vielleicht noch 
das eine oder das andere auffinden, nirgends tritt uns aber eine 
bedeutendere humoristische Gestaltungskraft entgegen, da auch die 
einzige scheinbare Ausnahme, die humoristische Behandlung der 
Brückenprobe und der davon abhängigen kleinen Episoden, sich 
vollständig aus den Anlehnungen an die älteren Muster dieser 
Probe erklärt (vgl. oben p. 49). 

Unter den humoristischen Zuthaten, mit denen der Dichter 
komische Zustände und Vorgänge erst in das richtige Licht setzt, 
ist wohl die wichtigste die s. g. ' komische Individuazion’ (Stark 
p. 8) in längeren Schilderungen. Sie stellt die grössten Ansprüche 
an das humoristische Talent des Dichters, darum entzücken aber 
Stellen, wie die Ausrüstung Parzivals (P. 127. 144), die Beschrei- 
bung Cundries (P. 313. 780) und die anschauliche Schilderung des 
Treibens der siegreichen Christen im Lager Terramers (Wh. 446 ff.), 
stets aufs neue. Bei Albrecht finden sich wiederum nur traurige 
Reste: Tit. 4240 ff., wo er die Rast der Marroeheise im eroberten 
Zeltlager der Babylonier schildert, folgt er zwar in den einzelnen 
Zügen der Handlung deutlich der erwähnten Stelle des Willehalm, 
aber die wundervolle humoristische Schilderung Wolframs fallt, 
bis auf wenige Andeutungen str. 4240 f., ganz unter den Tisch. 
Ebenso woiss Albrecht von Knndrie nichts weiter zu sagen als 
ein armseliges Wortspiel, Tit. 5370. Von Trevrizent heisst es 
Tit. 5857(40,91)3 — 4 in Anspielung auf die breite Schilderung 
Wolframs (P. 485 — 87, spec. 486,11): ze brüten noch ze sieden het 
ir tvirt daz kalte noch daz warme. Etwas ausführlicher wird 
Albrecht bei der Beschreibung der Speisung durch den Gral. Das 
Vorbild für die beiden Tit. -Stellen ist P. 238,8 — 239,7. Doch ver- 
liert sich Albrecht str. 597 — 599 a (6,33) sofort in eine trockene 
Aufzählung seltener Speisen, die ihrerseits wieder aus Wh, 134, 


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168 


9 — 14 schöpft; und str. 6990b (40,241) reproduziert er auch nur 
P. 239, 1—5. Einen Ansatz zu eigener humoristischer Ausmalung 
habe ich nur an zwei Stellen des Titurel gefunden: str. 4950, wo 
die Flucht Lehelins und seiner Mannen in die Veste Kanfoleis an- 
schaulich geschildert wird, und, negativ gewandt, str. 3323 ff. in 
der Beschreibung des kostbaren Zeltlagers der Babylonier und des 
Secureis; vgl. 3323,6 — 7. 3324,6 — 25 (3334), und bes. 3336. 

Die negative Form des Ausdrucks, die wir in dem letzten 
Beispiele finden, ist nun überhaupt eins der beliebtesten sprach- 
lichen Mittel des Wolframschen Humors (cf. Stark, p. 13 — 15). 
Sowohl die s. g. r mhd. Ironie“, wie die mannigfachen, oben näher 
besprochenen Umschreibungen Wolframs, die mit Hülfe der Ne- 
gation einen positiven Begriff hervorheben, geben dem Ausdrucke 
zugleich sehr häufig eine stark humoristische Färbung. Beispiele 
für diese Art des Humors bietet auch Albrecht reichlich, da er ja 
Wolframs Vorliebe für den negativen Ausdruck teilt. Vgl. z. B. 
3654, 7 : er tcarp dem Sultan kleine aldä ge hulden (= er tötete ihm 
viele). 5768,4: Lot noch Gailet künden weder steimmen da noch 
tuchen (= sie gingen unbeanstandet über die Brücke). 4491,4 — 5: 
ir orscn niht dar klamme het die hiiege noch diu lit lekrenket. 902, 
6 — 7: das wart von im zertrennet in kleiner eit an veil sunder sänge; 
u. s. w. u. s. w. Besonders gern aber verwendet Wolfram, und nach 
ihm Albrecht, die negative Ausdrucksweise in den beliebten kurzen 
humoristischen Anmerkungen, die Wolfram überall anbringt, 
Albrecht gern an das Ende seiner Strophe setzt. Soweit diese 
Anmerkungen Albrechts zugleich die Persönlichkeit des Dichters 
heranziehen oder auf zeitgenössische Namen und Verhältnisse an- 
spielen, werden sie erst im nächsten Capitel aufgeführt werden. 
Hier vgl. Tit. 597, 6 — 7 : keiner noch den kochen truoc nicman has, 
truhsasen noch dm schenken. 1567, 5 : es tccer im vor dem riche niht 
erteilet (== P. 152,14 — 15). 5074,3 - 4: sicer lichte vel erkennet, der 
het in keinen tcls für einen moren (= P. 37,19); vgl. noch 630,7. 
1569,7. 1683,6—7. 1987,5. 2265,5- 7. 3511,5. 4820,6—7. 5152, 
6—7. 5358,6—7. 5968,6—7. 5995,4*). 

Diese kurzen humoristischen Anmerkungen sind auch oft posi- 
tiv : Tit. 824, 6 — 7 : sö vil unkunder geste het cinm armen wirt vil 
liht erschrecket (= P. 627, 26), cf. 829,3—7. 326,6 — 7: das ndc.h ein 


*) Gerne steht hier das Hülfsverb dürfen-. 1992,6 — 7: steer gein im einer 
tjoste gesas, der dorft sin niht ton schäme erröten. 4097, 3—4 : weder Tätrer 
noch die Val wen dorften sich vor hunger da niht taten ; cf. 593,6—7. 2843,6-7. 
3113,6-7. 3657,3—4. (4413,7). 4094,4-5. 4559,6—7. 


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169 


Wäleis tunibe gesworn het, das er bi lebene tceere (cf. P. 121,6—10); 
cf. 2119,3 - 4. 2350,6—7. 2834,5 -7. 3401,6—7. 3866,6—7. 4168, 
4 — 5. 4523,4 —7. 5989,3 — 5. u. s. w. 

Die Nachahmungen von huraorist. Bildern und Vergleichen 
finden sich iin vorigen Cap. mit den übrigen Bildern vereinigt. 

Das Wortspiel cultiviert Albrecht mehr als Wolfram, es liegt 
dem ausklügelnden Verstände unseres Dichters am nächsten und 
muss ihm den innerlichen, wahren Humor ersetzen. Gelegentliche 
Nachahmungen Wolframs fehlen natürlich auch hier nicht, beson- 
ders bei der eintachen Paronomasie *), aber man kann es schon 
nicht mehr als Nachahmung bezeichnen, wenn Albrecht die über- 
mässige Häufung gleichklingender Wörter, wie sie Wolfram P. 76,23 
— 77,18 im Briefe der Ampflise einmal charakteristisch anwendet, 
alle Augenblicke in der masslosesten Weise benutzt **). 

Unter den Sinnwortspielen bilden eine besondere Gruppe die 
wortspielenden Erklärungen von Eigennamen. Wolfram erklärt 
einmal den Namen Sigune (W. Tit. 105,4): Sigün diu sigehaft ü f 
dem wal, da man weit magede lausche unrie ir siiese. Nach diesem 
Muster fabriziert Albrecht unzählige Etymologien, wie 3906,5: 
ron SigdebutU ( Erosse ), tcan er vil oft gesigte in manigem sturme herte. 

3993.1 — 2: Sardine von saricecte und riclie von den langen (= Lan- 
zesardine). 1231,1 — 2: Durch sine kost vil tiure wart es Dürans 
geheisen. Ähnlich erklärt Albrecht Herzelöude: 1031,6 — 7. 5424, 
6 — 7. 5923,1 — 4. 1068,6 — 7; Ither von Kummerlant: 1344. 3462, 
1.3. 4639,6—7. 4650,7; Graswalt: 1295,1-2. 1340,3—4. 1395, 
1 — 2. 5109,5; Sulvaterre : 296a (3,18)6 — 7.289.304,5; Betschale- 
munt (= Patelamunt): 2568, 1—2; Trakun : 4712, 1—2. Oft spielt der 
Dichter mit dem Namen Ekunats (cf. W. Tit. 153): 1382,1. 1460, 1 — 4 
(cf. 1845). 1839,2. 5765,1-2. 5792,1, cf. 5720,1—2. Ein ab- 
schreckendes Beispiel von Albrechts Geschmacklosigkeit ist endlich 

3545. 1 — 2, wo die Aventiure den Dichter (Wolfram!) anredet: Min 
friunt, ein räm der wolfe, ir solt min so niht rämen. — Auch die humo- 
ristischen Ausführungen, die sich auf die doppelte Bedeutung des 
Wappenzeichens stützen (Kant, p. 74; Starck, p. 16) hat Albrecht 
oft : 4489, 6 — 7 : nti hiieten vor dem strüsc die viende sich , sit er kan 
slinden isen (cf. P. 42,10), ebenso 4484,5 (cf. 3548,1 — 2). 4004, 


*) Vgl. z. fl. dienstliche dienen: 798,5. 946,3. 8108,8—4, cf. P. 199,12. ein 
glüende gluot : 822,4, cf. P. 81,22. dem wiplichen leihe : 1054, 4, cf P. 10,17- 
Wh. 75,12 (cf P. 4,11). freuden klinge klone: 5617,3-4, cf P. 69, 16. 

**) Man vergleiche die abschreckenden Dissertationen über die werdekeit: 
Tit. 167 — 172 u. 5220— 32; cf. 3 152 ff. {lugende), 3813—17 (Paraphrase von Walther 
8,14 ff). 519-24. 4120—21 und 5956-58 (mal). 


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170 


6 — 7: der Anker Gamurets, cf. 4003,3 — 4. 5686,4. P. 14, 29 ff. 
1826,3— 4: der Adler des Artus, cf. 1954,1. Vor allem 5800ff. : 
Orilus Drache und Ebunats Bracke. 

In das Gebiet des Wortspiels gehört auch noch die Manier 
Albrechts, ganz paradox klingende Behauptungen aufzustellen und 
dann in längeren Erörterungen eine spitzfindige Erklärung dazu zu 
geben. Vgl. z. B. 4141 : Dass der verwundete Ackerin dem Schiona- 
tulander nicht beistehn kann, ist für letzteren s*n hcrsenliep, sin her- 
eenleide ; die folgenden Strophen erklären dann diesen anscheinenden 
Widerspruch. Ebenso 4970 ff. 5005,3 —5006,4. Bisweilen erhalten 
solche Behauptungen ihren paradoxen Charakter erst dadurch, dass 
sie wohlbekannten Charaktereigenschaften einer Person des Ge- 
dichtes schnurstracks zuwider laufen, es sind 'in der Regel Vor- 
würfe, die der Dichter dieser Person macht, die er dann aber 
stets sofort zurücknimmt. Hierzu finde ich auch ein Vorbild bei 
Wolfram, Wh. 31,1 ff.; ebenso Tit. 1199—1201. 5343 -44. 5873. 
142 -44. 947—48 (cf. 945, 1). 

Eine Parallele zu dem auf scholastischer Grundlage beruhen- 
den Rätsel Wolframs P. 463, 26 ff. bietet Albrecht Tit. 2476 — 78. 

Cap. VI. Hervortreten der Person des Dichters. 

Die Kraft und Vielgestaltigkeit des bildlichen Ausdrucks und 
des Humors, die Wolfram auszeichnen, geben uns ein Bild seiner 
starken dichterischen Individualität; aber die Person des Dichters 
selbst tritt dabei doch durchaus nicht in den Vordergrund. Das 
Vorwalten des subjectiven Elementes nach dieser Seite hin charak- 
terisiert eine andere Reihe von mehr äusserlichen Stilmitteln, die 
gleichfalls in ihrer Gesamtheit für Wolframs Stil sehr bedeutsam 
sind. Dazu gehört zunächst das Hervortreten des Dichters i m 
Verkehr mit seinem Publikum (cf. Forst, p. 26 — 38. San- 
Marte p. 240—44. Boett. p. 278 ff.). Wolfram hat die hier zu 
besprechenden Eigentümlichkeiten mit den volksmässigen Epen ge- 
meinsam, doch wendet er sie, wie Förster p. 30 bemerkt, noch 
viel häufiger an, als die Dichter der Volksepen. Albrecht bietet 
überall reiche Belege. 

Der Dichter denkt sich bei der Abfassung seines Gedichtes 
stets unter eine Menge von Zuhörern, die seinen Worten lauschen. 
So redet er denn jeden Augenblick einmal seine Zuhörer an. Er 
fordert sie auf zur Aufmerksamkeit: Tit. 982,3 — 4: nü haert , wie 
es anvienge der bäruch. 2707, 3 — 4: nü lät iu niht verdriezen und 
hart, wie er... 2738,1-2. 2911,2. 5597,2. 5850,7. 5932,7. nü seid 


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171 


wag ers genügte: 917,7. Seht wie: 860,1. 214,1. 2781,4. 2901,7. 

6502.7. 5508,1. 5519,7. 5555,6. 5559,6 (in dieser Häufung nur 

in H!). 5699 a (39,205) 4. 5831,1, cf. 148,7. Sonstige Aufforde- 
rungen : 60, 1 : NA wünschet, reine frowen, dag mir Altissimus die 
sec Id e gebende si dag ich die liventiur geleite (cf. P. 129, 2 — 4). 2554, 5: 
ddbi verstet die kurist der heidenschefte. 2597, 2. 2656, 6. 2868, 2 (cf. 
P. 899,7—8). 5501,3 - 4. 5596, lff. 5899, 7. 5979, 1. Der Dichter 
schliesst sich oft mit ein, z. B. 2885, 1 : NA läse wir sie ringen • 
2837,6—7. 2893,1 — 2. Hinweise auf Bekanntes, Mitteilungen 

enthalten diese Anreden z B. 463,3 : ir kunnct niht vergessen sins 
namen. 2840, 4 : als ich iu bediute, cf. 5692, 3. 7. Ganz auffällig an 
bekannte Situationen der Volksepen erinnert 2707,6 — 7. 

Eine zweite Gruppe bilden die häufigen Beteuerungen der 
Wahrheit des Erzählten: 795,7: geloubet mire ah ob ich dürumb 
steuere. 972.1: das gloubet, cf. 402,6 — 7. 404,6 — 7. 800,3 — 4 (cf. 
Wh. 9,4—6). 973,4.' 3935,7. 4823,5. 5689,5—7. 6164,3—7. Ko- 
misch gewandt ist die Beteuerung der Wahrheit 3942, 6 — 7. 

4043. 5 — 7, cf. 2694, 7 ff. Breit ausgeführte, für Albrecht sehr cha- 
rakteristische Versicherungen der Wahrheit sind 3254 — 56. 3341,3 
—3345. 

Eine besondere Gruppe der Beteuerungen der Wahrheit sind 
die formelhaften Berufungen anf die Quelle, die wohl von den 
wirklichen Berufungen auf die Quelle zu scheiden sind (Fürst. 27 
— 39). Albrecht kann diese Formeln viel weniger im Reime ver- 
wenden, als Wolfram, er hat sie aber doch häufig genug. Meistens 
beruft sich der Dichter auf eine Vorlage, das meere (nur 1652,4) 
oder die äventiure. V gl. 95, 6: des gibt diu äventiure. 323, 2 : nach äventiure 
gehöre ; vgl. 202,2. 527, 7. 829,7. 1978,6. 2125,2. 2158,7. 3893,5. 

4354.5 — 7. 5598,6. 5680 (39,184)4 AD. — 1218,7: es si das diu 
äventiur sich noch terkere. 4560, 1 — 2 : Mich wil diu äventiure ur- 
liuges niht erlügen; ähnlich 2205,6 — 7. 5319,4. 4536,3 — 4. Mlb. 

42.7. 5766,7. Ebenso oft beruft sich Albrecht auf die även- 
tiure, wenn er etwas übergehn will, cf. 94, 5 — 7. 307,1 — 2. 1782,7. 
2063, 3 — 4. 2111,5-7. 2357,3-4. 2469,5.2619,3. 2834,4-7. 4042, 
3-7. 4188,5. 4323,1-4. 4477.5. 4633,1—4. 4811, 4. 5346,4—7. 
5492,4*). Vielfach sind die Berufungen aber auch ganz allgemein 

*) In einer Reibe der eben aufgczählten Fälle ist deutlich eine Personi- 
fication der öretifiure walirzunchmen ; am ausgeprägtesten zeigt Bich dieselbe aber 
in den bei Albrecht sehr beliebten Gesprächen des Dichters mit der Äventiure. 
Albrecht verallgemeinert damit den schönen Eingang von P. IX (P. 433 — 434, 10), 
wo die Aventinrc dem Dichter erscheint nnd ihm auf seine ungestümen Fragen 
Auskunft über Parzivals Geschick giebt. Eine directe Anspielung auf diese 


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172 


gehalten, vgl. 1378, 3 : jä warn ir viertle, heere ich sagen. 1377, 2. 4300, 4 : 
man sagte mir (bei einer directen Anspielung auf P. 57, 19 — 20). 
962, 7 : man jach, daz cdlez halsem drinnebrunne, cf. 188, 4. 262, 3. 5525, 4. 
6831 (40, 66) 3 AD. 2696, 7. 5912,6. 1891 (15, 58) 1 AD. 2020,4. 541,3. 
Zuweilen sind die Berufungen auf die Quelle absichtlich ganz un- 
bestimmt gelassen, um eine humoristische Wirkung hervorzubringen 
(cf. Kant p. 68); meistens lehnt der Dichter eine längere Auf- 
zählung oder Beschreibung ab, cf. P. 604, 5. 397, 7—8. Wh. 208, 
28 — 30. Tit. 3255,3—4: wem sie nü die behänden warn, der ist ouch 
min geziug darunder, vgl. 1722, 3 — 4. 

Für die Zuhörer berechnet sind ferner die kurzen formelhaften 
Verweisungen auf die Zukunft; fiir Wolfram sind die Fälle noch 
nicht gesammelt : Tit. 102, 1 : Das wart in sit gewandelt. 104, 6 : 
ich toten daz sit geschähe*). Besonders häufig sind im weiteren 
Verlaufe des Gedichtes die Hinweise auf den schliesslichen Unter- 
gang des Helden Schionatulander, cf. 1219. 3806. 4217,3 — 4218. 
4356 - 58. 4449,5—7. 4462,4. 4477,5—7. 4538. 4670,4—7. 4858, 
6 -7. 4890,7. 4915—18. 4969,3—5**). 

Der Dichter lässt aber auch seinen Zuhörern selbst das Wort, 
indem er häufig kurze Fragen, gleichsam aus dem Munde seiner 
Zuhörer, in seine Darstellung einstreut (Förster p. 35—38): Tit. 
106, 1 : Waz tiü der heiser täte ? 386, 1 : Ob sie da heeten griifte ? 

Nein, herre got enwelle, daz u. s. w.***). Albrecht liebt es, seine Strophe 

Stelle findet sich Tit. 3964 in einem Gespräche des Dichters mit der Aventiure; 
und eine Imitation der gehäuften Fragen P. 433, 8 ff. ist Tit. 2469—72, wo der 
Dichter zwar die Aventiure anredet, aber ein wirklicher Dialog nicht stattfindet. 
In allen übrigen Fällen bemüht der Dichter die Aventiure nur, um ihr erst Tor- 
würfe zu machen, und darauf von ihr gescholten und eines besseren belehrt zu 
werden. Diese Armut der Erfindung macht die Manier unleidlich. Vgl. Tit. 

227.6- 266. 678,1— 681a (6,8). 627—630. 3544-46. 3961—74. 6019,6— 5030 (cf. 
5020, 1. 6022,6. 5028, 1). 6091, 5—6095. 6283—39. Kürzere Anreden au die Aven- 
tiure, ohne dass sich ein ganzes Gespräch daraus entwickelt, finden sich noch : 
2240,3-7. 2340,6—7. 2469,2. 2638,5—7. 2884,6—7. 3691,5—7. 4636,5-7. 

4671.6 — 72. 4928,4 — 7; der stap der Aventiure wird erwähnt 3153,5. 

») Vgl. 107,3—6. 149,4—5.459,6—7. 839,5. 844,6-7. 874,7. 907,6. 908,5. 
915a (8, 118)7. 976,8. 981,5.-2548,1—4. 2619,4—7. 2713,5—7. 2814,7. 2884, 

5- 7. 2894,5 -7. - 5516,4-7. 5580,6. 6712,6. 5732,7. 5759, 7 (cf. 5760). 5879, 

6 - 7 ff. 5917, 8—4. 5963,5. 

**) Einmal weist aber auch der Dichter diejenigen zurück, die allzuneugierig 
immer wieder nach dem Ausgange der Geschichte fragten ; das sei ein Zeichen, 
dass daz meere ihnen langweilig geworden sei, solchen Leuten solle man gar nichts 
weiter erzählen (Tit. 2896 — 97). Albrecht denkt dabei gewiss an Wolframs 
Worte P. 734,1—3. 

***) Vgl 201, 1— 2. 423,4.810,6—7. 891,4. 980,5. 993,5. 1000,6.-2531,1. 
60,1—3. 87,1-2. 96,2. 2630,1-2. 38,1—2. 54,3- 4. 82,4. 2707,5. 31,6. 36, 


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173 


mit solch einer Frage zu beginnen. Einen wirklichen kurzen Dia- 
log zwischen Dichter und Publikum habe ich nur Tit. 2094, 5 ff. 
gefunden. 

Zu erwähnen ist hier endlich noch die Manier des Dichters, 
„das zu Erzählende nicht einfach und direct, sondern gleichsam 
aus der Wahrnehmung anderer, und in diesem Sinne indirect zu 
berichten"' (Förster p. 26 — 27). Es sind ein paar bestimmte For- 
meln, vor allem man sach : Tit. 242, 4: der, die man vor toufe sach die 
11 dsen. 256, 4 : mit arheit iiberlesten sach man in den lip u. s. w.*) 

man siht: 153,7. 601,4. 628, 7. 802, 1. Mlb. 15,4. wart gesehen : 454, 5. 

2960.6. 5659b (39, 162) 6-7. man schonte: 114,7, cf. 844,1. man 
hös: 1082,7. 1130,7. man hörte : 472,6. 843,3. 5661,7. 6663,1. 

5824.7. cf. 497,4. man vindet: 926,4, cf. 116,4. 991,4. 292,4 — 5. 

448.7. 854,7. 

Im Verhältnisse des Dichters zu den Personen 
seines Gedichtes zeigt sich die subjective Natur Wolframs 
besonders in der Gewohnheit, in lebhafter Erzählung die handeln- 
den Personen seines Gedichtes anzureden; vgl. z. B. P. 742, 27 — 30. 
743,14—15 (Parzival). 740,19 — 22 (Condwiramurs und der Gral). 
Wh. 49, 12-14 (Vivians). 30,21-30.403,1—10 (Giburc). 400,1—12 
(Jeristen Hute). Albrecht verwendet dieses Kunstmittel besonders 
gern, indem er solche Personen anredet, die selbst gerade nicht 
Vorkommen , aber mit den eben Auftretenden eng verknüpft sind 
(cf. P. 740, 19 —22) ; der Hörer wird dadurch an diese entfernte 
Person lebhaft erinnert (cf. Hamburger, a. a. O. p. 25 Anm. 1). Daher 
die vielen Anreden an Sigune: Tit. 1272,3. 1318,7. 1319,6—7. 
1338,6. 1378,7. 2578. 2637. 2700. 2706,1. 4171,3. 4643. 4673,1. 
4894,1 — 3. 5343,1; Herzelöude: 915a (8, 118) 1. 1037,5; Sigune 
und Richöude: 2665; Klauditte: 4203; Kundwiramurs : 5462,1. 
6945,4; Anfolise: 959,1. Wirklich handelnde Personen werden 
angeredet: Schionatulander: 4885,6. 5034,2—5035,6; Parzival: 
6609. 5699 ; personificierte Abstracta: Aventiure, cf. p. 171 Anm. 
Minne: 2579, 6ff. 4238,6; Fortune: 4177,6; Gelücke: 5275,3, cf. 
6218,3 — 4; Untriuwe: 904,4; Werlt: 1967,7. Vgl. endlich 4637, 6 ff. 


1—2. 77,1—2. 87,5. 2870,5. 96,1—2. — 5516,4—7. 19,1—2. 21,1—2. 5609,5. 
18c (39, 109) 1—2. 29,1. 87,5. 92,1—2. 5781,1.8. 81a (40,14) 2. 5868, 1-2. 
87,1—2. 5916, 1—2. 46,5. 62 a (40, 194) 8. 62 b (40, 195) 1—5. 

*) Vgl. 260,4. 379a (3, 105) 7. 879b (3,106)4. 895,4. 414a(8, 141)5. 430,4. 458,2. 

467.3. 831,5. 839,1. 840,2. 845,1. 860,5. 851,1. 860,4. 899,3 - 4. 902, 1. 957,7. 

972.4. 974, 1. 978,2.-2600,7. 53,7. 2702,7. 17,4. 21,4. 97,3. 2838,4—5. 86,4. 

2977,7. 98,2.4. 8000,1-2. — 5617,4. 18,4. 85,4. 5629,4. 6719,7. 21,3. 24,7. 

90.4. 5817,7. 19,2. 5918,4. 37,7. 62d (40, 197)8; cf. 724,7. 978,4. 2996,4 - 5. 


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174 


(Salamander); 4020,1 ( toußcerc terre, cf. Wh. 400,1—12). 944,1 
(lant ec Norgäls, Wäleis und Anschowe, cf. Z. 6 iuwer) *). 

Die Anreden des Dichters an die Personen seines Gedichtes, 
bei denen die Person des Dichters selbst für einen kurzen Augen- 
blick lebhaft hervortritt, bilden eigentlich nur einen Teil des grossen 
Kreises jener beliebten kurzen subjectiven Bemerkungen, mit denen 
Wolfram seine Darstellung auf Schritt und Tritt begleitet. Jeden 
Augenblick sehen wir den Dichter aus irgend einem Winkel her- 
vorlugen, und wir empfangen den Eindruck, dass er sich immer 
fort mit seiner ganzen Aufmerksamkeit in die Handlung seiner 
Gedichte hineinversetzt. Bald giebt er nur seine Meinung an über 
das, was er gerade erzählt, er rät, ermahnt, tadelt; öfter noch aber 
zieht er seine Person und seine Verhältnisse näher heran, indem 
er sie den Personen und Verhältnissen, von denen er berichtet, 
gegenüberstellt ; gewöhnlich ist dann humoristische Selbstver- 
spottung der charakteristische Zug dieser Vergleiche. Albrecht 
ahmt die Manier Wolframs in grossem Umfange nach, eine Reihe 
von solchen Bemerkungen übernimmt er einfach aus Wolfram, in 
vielen spricht er sich aber auch selbstständig aus. 

Die leichteste Form, in der diese subjectiven Bemerkungen auf 
treten, ist die Einfügung eines ich wenn, das dem Gedanken nur eine 
leichte subjective Färbung giebt**). Dem Gebrauch von ich man 
stehn Stellen am nächsten, wie Tit. 2661,6 — 7: ich rät, daz wunden 
Meine und arme finde niemen niht versmähen, cf. 1316, 6 — 7. 1543, 7. 

*) In gelegentlichen Bemerkungen, aus denen wir uns ein Bild von dem 
Verhältnis des Dichters zu seinen Personen machen können, ahmt Albrecht öfter 
Wolfram nach: l'il. 3512 — 14 begründet der Dichter, weshalb er neben seinem 
Helden auch noch anderer Kämpfer Thaten rühmend hervorhebe, cf. 4635 f. P. 338. 
— Tit. 3227 — 28 nimmt der Dichter Gamuret in Schutz gegen die Anschuldigung 
des Ipomidon, cf. 1333; vgl. die Entschuldigung der Orgeluse durch den Dichter, 
P.516,3 — 14; Keyes, P. 297, 13ff. (naebgeahmt Tit. 4498 ff.). Gegen seinen eigeneu 
Spott verteidigt Albrecht Kundrie Tit. 5371 fast genau mit Wolframs Worten (P. 
487, 1 1 — 22). - An die Bemerkungen, mit denen Wolfram Parzivals Kampf mit Feirefiz 
(P. 734— 44) begleitet, erinnert Tit. 4710, 5— 7. 5693,3. — Dagegen lehnt Albrecht, 
io Nachahmung von Wh. 408, 30 ff., eiu näheres Verhältnis zu Persoueu seines Ge- 
dichtes ab: Tit. 3994,3-4. 1749,3. 1722,3-4. 2036. Zu W. Tit. 148,2—3 vgl. 
Tit. 1905,6—7. 5001,4 -6. 

**) Es regiert den blossen Conjunctiv des abh. Verbums: Tit. 64, 4. 104,6. 
190,4. 206a (1, 13) 7. 836,3. 944,6. 953,6. — 2586,6. 2700,7.2732,4. 2887,6. 
2897,7. — 5722,5. 5806,6. 5864,6. 5885 a (40, 119)6. 6929,3. 5948,4. Es folgt 
daz: 83,6. — 2686,4. 2772,4. Der abh. Satz ist unabhängig von ich ic<en: 50,7. 
801,6. 370,7. 404,7. 916,4. 962,3. 964,4. - 2800(22,29)7 AD. 2871 (22,101)8 
AD. 2968, 4. 2971,6. - 6518,5. 6530,5. 5606,7. 5766,4. 6801,7. 6808,2. 5814,7. 
6817,2. 5818,4. 5865,7. 5995,4. 5996,5. 


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175 


897a (8,94) 3—4 : mit sinnericher käste kan ich dem kein wisheit 
kiesen; cf. 1268,7. 1935,6-7. 3983,6—7. 4026,6—7. 4054,6—7. 

4941.5 — 7. 5197,6 — 7. Schärfer tritt das subjective Element aber 
in den folgenden Beispielen hervor; ich stelle die directen Nach- 
ahmungen Wolframscher Stellen voran: Tit. 5962,4 — 5: gelücke 
alsolhe minne von mir wende, diu mir von liebe helfe solhcr leide ; cf. 
W. Tit. 18, 2-4. P. 604, 4-6. Tit. 4836. — Tit. 5962, 6—7 : ich bin 
der minne erlösen, min amte enruoht wenn ich von ir scheide; cf. P. 
334, 8 — 10. — Tit 5626, 3— 5 : ez w<er ouch sunder langen min dage, der 
mich getribcn hcete dannen, duz ich ein sohh tjoste wahr unschende = P. 
262, 20 — 22, cf. Tit. 2865, 3 — 7. — Tit. 2068, 6 — 7 : sö wolt ich gesitzen, 
soll ich dürumb nü wirde und eie kiesen — P. 75,22—23. — Tit. 
1674,7: ich weiz ir (— Fürsten) vil, ir zuht diu würde wiltvenge ; 
cf. W. Tit. 87,4. Tit. 2732,6. — Tit. 163,3-4: ich hän den 
nachgebür, der disen kriec sö wol niht künde entslieeen (cf. 401, 3 — 7) 
= Wh. 26,22 — 24. — Tit. 3338,3-7 ist eine Paraphrase von P. 
735,9 — 11. — Keine directen Nachahmungen Wolframscher Stellen, 
aber vollständig in W olframs Manier sind : Tit. 258, 7 : durch als 
riche pfruonde wolt ich mich dar gerne hüsgenözen. 1495,6— 7: al- 
so! hen wirt ich lobte, wenn ich erbeizte miiede unde speete. 1988, 1—4; 
In minem boumgarten wolt ichs ungeme ltden, ob ich het einen zarten. 
4819, 5 — 7 : der garte min wirt nimmer so vergeteret, ob er halt jar- 
lichen mit blüeten würde wol dristunt überbleteret, cf. 4821, 3 — 5. *). 

Von besonderem Interesse lür uns werden aber die subjec- 
tiven Bemerkungen Wolframs, wenn er dabei auf Örtlichkeiten 
seiner Ueimat, oder auf bekannte Örtlichkeiten, Personen oder Er- 
eignisse seiner Zeit anspielt (vgl. die Aufzählung Försters p. 57 ; 
Kant, p. 86). ln der Nachahmung solcher Stellen lässt sich schon 
deutlich das Bemühen Albrechts erkennen, auch äusserlich sich mit 
der Person Wolframs zu ideutificieren. Weniger auü'.tllig tritt 
dies bei den Anspielungen auf bekannte Örtlichkeiten seiner Zeit 
hervor. Wo Albrecht solche Stellen Wolframs nachahmt, ver- 
tauscht er gerne die dort genannten Namen mit ähnlichen, ebenso 
bekannten, behält aber den eigentlichen Vergleich bei. So setzt 
er für Spehtshart, Wh. 96, 16, llunzeväle ein Tit. 1677, ebenfalls für 
Spehteshart, P. 216,13, Boehcm tealt Tit. 6010 a (40, 275) 4. Sicher- 
lich aus Wolframs Vergleich Wh. 377,23 — 30 (den Albrecht ohne 

*) So vgl. noch Tit. 579,4—5. 882,4—5. 909 (8, 111) 6-7 AD. 1705, 
1—4. 1827,3—5. 1963,6-64. 2001 (15,87)5—7 (cf. AD.). 2049,6-7. 2164. 

2223.6- 7. 2240,4—7. 2400,6—7. 2405,6—7. 3471,4-7. 8763,4—7. 3918,8—5. 
3930,3-4. 3966,4- 7. 4025,6—7. 4087,6—88,2. 4096,3—5. 4607,3—6. 4917, 
6-7. 6082,7. 6962. 


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176 


die Anspielung genau nachahmt Tit. 2384. 3 — 5) hervorgegangen ist 
Tit. 3474,6— 7: t rer mäht das Ump i» Spehtehart gesellen ?, cf. 4043. 
1 — 4, wo dafür Swarzualt eintritt. Dagegen sind directe Nach- 
ahmungen Wolframs: Tit. 1823,6— 7 = W. Tit. 31,4 (Swarzwalt). 
Tit. 4094,5 — P. 184,14 — 15 ( Ungersch zager). Tit. 326.6 — 7 
geht zurück auf P. 121,5 — 12 ( ein 1 Yältis (timbe). Auf der andern 
Seite schöpft aber Albrecht gerade hier gern aus seiner eigenen 
geographischen Gelehrsamkeit: Tit. 2150,6 — 7 (nur H): ritterlicher 
tjoste wart nie gesehen in Strübinger plärre. 2191,3—6: «7 maniger 
storje dringen dä gieng entleer alsam die starken ünde üf einem wilden 
si in Engellande (cf. Wh. 392, 6 — 9, wo aber die Anspielung fehlt !). 
3344,5 —7: wer sich bi dem lline erdiirsien lieze, cf. 3447,4 — 5. 
3512,1—4: dafür ich Teisachkerpfen ezzen wolt. 4097,3 — 7: weder 
Tätrer noch die Valtcen dorflen sich vor hunger dä niht taten. 4518, 
6 — 7 : ze Berne üf kampelmarkte so riehen kouf die slatzneer nie ge- 

truogen. 4824,5 — 7: denselben luft ich michel sanfter dolte , dann 
ob ich in dem augste dort in Aglei biirger wesen solide (cf. hl. Georg 
5856). 6165,1 — 3: G ein Ilöm gein Ache den verten (= Pilgerzügen). 
5322,3 — 4: Eranzoiser noch Alemänen wart nie bekant diu flust. 
2244,3: von Saders uns an Möge. 4709,3: von Isse um an Parlitte. 
4865,3: von Kriechen um an Vedrüne (cf. P. 419, 21), cf. 3518, 1—3. 

Deutlicher fühlen wir das Bestreben Albrechts, als Wolfram 
zu erscheinen, bei den Anspielungen auf Ereignisse der Zeitge- 
schichte oder auf zeitgenössische Personen. Nur einmal gestattet 
sich nämlich Albrecht eine (reichlich dunkle) Anspielung auf Ver- 
hältnisse seiner Zeit (Tit. 2942 tf.), und gerade aus dieser Stelle 
pflegt man Albrechts Zeit zu bestimmen. Sonst begnügt er sich, 
abgesehen von ein paar allgemeinen Anspielungen (Tit. 462, 4—7. 
1605,5 — 7, vgl. unten die Anm. !), damit, Anspielungen Wolframs zu 
wiederholen oder zu variieren. So ist die Anspielung Albrechts 
auf die Königskrönung Ottos IV., Tit. 4005,4 —7, nur eine nach- 
ahmende Variation von Wh. 393,30 —394,5. Albrecht setzt statt 
der Kaiser- die Königskrönung Ottos IV. ein, die am 12. Juli 
1198 zu Aachen stattfänd (cf. Lachmann z. Waith. 9,13). Er 
schiebt damit die Anspielung noch 11 Jahre weiter zurück und 
rückt sie so ganz aus der Zeit Wolframs heraus ; in seinem Be- 
streben, Wolfram vorzustellen, hat Albrecht hier also einmal übers 
Ziel hinaus geschossen; cf. Lachm. z. Waith. 17,11.*). Ebenso 

*) Gar bis zum Jahre 1197 wäre Albrecht in einer Anspielung zurückge- 
gangen Tit. 1505(12,3)5—7, wenn San-Marte (Leben u. Dichtenil, 206) und 
Pfeiffer (Freie Forschung S. 278) die Anspielung auf den römischen Kaiser, 
der im Brautstuhl auf dem GunzenlC sass, richtig datieren: Kaiser war Philipp 
1197 freilich nicht, nur Herzog. 


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charakteristisch für Albrechts Verhältnis zu Wolfram sind die 
wiederholten Anspielungen auf Landgraf Hermann von Thüringen : 
Hermanns Freigebigkeit feiert Wolfram besonders Wh. 417, 22 — 26, 
cf. P. 297, 20. So vergleicht ihn auch Albrecht mit dem freige- 
bigen Artus, Tit. 2381,3 — 7, und 3757,6—7 mit dem vor allem . 
durch seine mitte ausgezeichneten Secureis. Diese beiden Anspie- 
lungen gedenken nach dem Vorbilde von Wh. 417,22 — 26 u. Tit. 
str. 727, die vielleicht noch von Wolfram selbst herrührt (cf. 
Lachm. z. W. Tit. 82 u. p. XXIX), Hermanns bereits als eines Ver- 
storbenen. Dagegen bemerkt Lachmann zu Walther 17, 11 mit Recht, 
dass Tit. 2840 (22, 70) Landgraf Hermann noch als Lebender er- 
scheint*), wie P. 297. Albrecht würde demnach, falls Tit. 727 wirk- 
lich Wolfram gehört, auch hier, in zu ängstlicher Nachahmung der 
Anspielungen Wolframs, einen chronologischen Fehler gemacht haben. 

(ranz als Wolfram giebt sich Albrecht in den Anspielungen 
auf zeitgenössische Dichtwerke und ihre Verfasser. Es ist eine 
merkwürdige Thatsache, dass der so viel spätere Albrecht keine 
anderen Dichter namentlich anführt, als der ein halbes Jahrhun- 
dert ältere Wolfram. Anspielungen auf die deutsche Heldensage 
finden sich bei beiden, aber ohne directe Nachahmungen Albrechts 
(cf. Tit. 1710. 3312. 3355). Von den höfischen Epikern nennt Al- 
brecht nur Veldeke und Hartmann, Wolframs Vorgänger. Die 
Erwähnung Veldekes, Tit. 4831, ist eine directe Nachahmung von 
P. 404,28— 30 und besonders von Wh. 76,22 — 29. Auch Albrecht 
möchte seinen Meister und Herren herbemühen , damit derselbe 
mit seiner reicheren Kunst aushelfe; aber leider ist er zu früh 
gestorben. Herrn Hartmann von Ouwe redet Albrecht zwei mal 
an, au Stellen, wo er von Personen seiner Gedichte Ungünstiges 
zu berichten hat: Tit. 2352 u. 4539. Beide Stellen klingen deut- 
lich an Wolframs Worte, P. 143,21 — 144,4, an, wo der Dichter 


*) vor hundert järn ist Uht in Düringlande et» fürste lange erfülct, den 
man du lltrman als nü disen nande (vgl. AD!). San-Marte (Leben u. Dichten 
p. 287) bezieht diese Worte auf den 1241 gestorbenen Landgrafen Hermann II., 
da er den Titurel dort überhaupt in die Zeit von 1822 — 50 setzt. Welcher Her- 
mann v. Thüringen aber mit disen gemeint ist, giebt er nicht an. Mir scheint 
Lachmann richtiger geurteilt zu haben: Albrecht spricht wiederum in Wolf- 
rams Namen und meint mit den Worten alsarn nü disen den bekannten Gönner 
Wolframs ; es bleibt dann zu untersuchen, welcher Hermann von Thüringen um 
1120 — 30 geherrscht hat. Der erste Landgraf von Thüringen war Hermann von 
Winzenburg, dessen Sohn, Hermann II., 1130 wegen begangenen Mordes dieser 
Würde verlustig ging (vgl. Knochenhauer, Geschichte Thüringens z. Z. d. ersten 
Landgrafenbauses, Gotha 1871, pag. 88—94). Sollte hier vielleicht einer von die- 
sen beiden Hermann gemeiut sein? 

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178 


den jungen Parzival dem Wohlwollen der Personen Hartmanns, 
des Artus und der Ginover, empfiehlt und im andern Falle mit 
scharfem Spotte droht. Albrecht hat hier diese Drohung ausge- 
führt. Tit. 6090 ff. macht Albrecht bei der Schilderung des auf- 
richtigen , tiefen Schmerzes der Sigune einen Ausfall gegen die 
Frauen, denen die Thränen um den toten Geliebten nicht vom 
Herzen kämen. Er beruft sich dabei auf Ovidius und auf Hart- 
manns Laudine (5094); gerade wie Wolfram P. 263, 10 — 18 u. 436, 
4 — 10 den starken Gegensatz zwischen Sigune und der leicht getrö- 
steten Laudine hervorhebt. Endlich scheint Albrecht bei Tit. 1939, 4 
die Anspielung Wolframs auf den Erec, P. 683, 26 — 27, deutlich im 
Sinne gehabt zu haben. 

Bei der Erwähnung eines groben Verstosses gegen die hö- 
fische Sitte ruft Wolfram Wh. 312, 11 ff. den Nithart als Wächter 
über die gute höfische Sitte an. Ebenso führt Albrecht Nithart 
ein Tit. 889, 6 — 7. 

Ausser den schon genannten Dichtern nennt Wolfram nur noch 
zweimal Walther: P. 297, 24 — 25, wo er einen Vers eines uns un- 
bekannten Liedes Walthers citiert, und Wh. 286, 19. Da sich nun 
auch bei Albrecht an ausdrücklichen Citaten anderer Dichter nur 
noch eine wörtliche Einführung von ein paar Versen eines Wal- 
therschen Gedichtes findet, so worden wir nicht fehlgehn, wenn 
wir auch hier eine bestimmte beabsichtigte Variation der Wolf- 
ramschen Anspielungen annehmen, cf. Tit. 578*). — 

An dieser Stelle möchte ich die Anspielungen Albrechts auf 
Wolframs Gedichte einreihen. Die Anspielungen auf Stellen aus 
Wolframs Titurel gehören streng genommen nicht hierher, da 
Wolframs Fragmente ja eineu Teil des Titurel selbst bilden. Für 
die Abschnitte, in denen Albrechts Darstellung mit der Wolframs 
parallel geht, verweise ich auf den 1. Teil dieser Arbeit. Albrecht 
nennt den Parzival Wolframs ausdrücklich: Tit. 18, 5 ff., wo er in 
Wolframs Namen auf den Eingang des Parzival hinweist, dessen 
Paraphrase er beginnen will; 77,6. 525, 1 — 4 u., zugleich mit dem 
Willehalm, 5910. Der Parzival ist auch gemeint an folgenden 
Stellen : 261, 1 ff : Wie vil der fugenden tccere an dem gräle und 
tcirde, dass seit ein ander »leere; derselbe Ausdruck : 294(3, 15)5 (cf. 
AD.). 5192, 4 — 7. 6515, 3. 6774, 5 — 7 : das seit ein ander buoch mit 
ganzem meere. Ferner 463,1 — 2: Sin (= Anfortas) clärheit über- 
messen ist vor in ävenliuren ; ebenso 310. 6920. Endlich 5204 : des 
sult ir fragen meere Trefrescent, der seit es Parcifäle an dem kern 

*) = Walther (ed. Lachm.) 8, 19—22; Albrecht hat die Lesart von BC vor 
sich gehabt. 


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kartage bt dm fiure. Mäht ich eicö rede üz einer, so jceiie mir Jcnnst 
niht ordenlkher stiure (vgl. Gregor. 3153). Von den überaus häu- 
figen Anspielungen Albrechts auf Personen und Situationen des 
Parzival, ohne dass er Wolframs Werk als solches nennt, gebe 
ich alle Stellen, die mir aufgefallen sind , ohne absolute Vollstän- 
digkeit beanspruchen zu können : Tit. 300, 3 — 7 : Parzival auf der 
Gralburg (= P. 226, 10 ff.). 524 f.: Ferafiz Taufe (P. 816-18). 

783,4: Gamuret vor Alexandrie (= P. 18, 14 — 16. 106,9 — 11), 
cf. 919, 6—7. 2918, 1—2. 3354, 1. 3376, 5—7. 3485, 5—7. - 908, 
5—7: Herzelöudes Tod (P. III). 1000: den Gamuret betrauern 
Anfolise (cf. P. II), Herzelöude und Belakane (1000,5 = P. 750, 
25). 1024, 7 : das Turnier zu Kanvoleis (P. II), cf. 1370, 4 — 7. 

1930,4. 2081,1—2.2086,3—5. 2091,3—4. 4452,5. 4510,5—7. 6928, 
3 — 4 ; speciell auf P. 84, 24 geht Tit. 1669. — 1098, 6 — 7 : Genteflurs 
Tod durch Clamide (P. 178). 1137: Gamurets Zelt (cf. P. 1). 1604: 
Pelrapiere und Clamide (P. IV). 1665: Feirefiz t cäpenroc (P. 735, 
19—30). 1748,5 — 6: Hiuteger vor Patelamunt (P. I). 2045,1 — 4: 
Pliporie von Orilus besiegt (P. 134, 28). 2046, 6 — 7 : Kyrot v. Ro- 
sabinse und sein Kranz (P. XIII), cf. 2153 — 54. — 2080 — 81: Har- 
diz, Alize, Kailet (P. 89, 7 ff. 100,21—22), cf. 2597,5—7. — 2156 
— 57: Gramoflanz und Zitegast (P. XIII). 2354,6 — 7: Lehelins 
Kämpfe mit den Gralrittern (P. 340,1 — 6. 473,22 — 30). 2528—29: 
Gamurets Anker, cf. 5685,5. — 2541 ff. : öftere Anspielungen auf 
Gamurets Tliaten in Zazamanc (P. I). 2801 : Gamuret vor ßaldae 
( P. II. Tit. VIII). 2941 ff. : die krame des Secureis (cf. P. 562— 63. 
Wh. 279), spec. 2946: die Harfe Swalwe (P. 623, 20 ff. 663, 15 — 18). 
3152 ff. : Ekuba von Janfuse (P. VI), cf. 5240— 41. 6304. — 3263,7: 
Artus bei dem Plimenzole (P. VI, cf. Wh. 356, 8 — 9), cf. 5527, 5 (wo 
aber die Beziehung erdichtet ist). 5636. — 3689, 6 — 90 : Herzelöudes 
Schmerz bei Gamurets Tod und Parzivals Abschiede (P. II — III). 
3760: Feirefiz Überfahrt zu Artus (P. XV). 3807,1 — 3: Galoes 
Tod durch Orilus (P. 134,23—26), cf. 4437,6-7. 4442,5. 4870, 
1 — 2. 5762, 3. 5885, 5. — 3964 : Die Avcntiure und der Dichter 
(P. 433). 4016,5: das Hemd der Herzelöude (P. 101,9 — 13. W. Tit. 
81). 4297 — 98: Parzival von seiner eigenen Mutter gesäugt (P. 113, 
cf. Tit. 1080 — 81). 4300: Belakane küsst den Feirefiz auf seine 
weissen Male (P. 57, 19 — 20). 4532, 5 — 7 : Gandin und Galoes , cf. 
5885,6 (P. I). — 4612,3 — 4: Entführung der Arnive durch pfaffen 
liehe (P.66, 4f.). 4850 — 54: Anfortas und Secundille (P.519; cf. Wh. 
279). 4887,6 — 7: Parzival und Jeschute (P. 111), cf. 5035. — 6217, 
5 — 7 : Parzival von Kundric gescholten (P. 314 — 18), cf. 6318, 5 — 7. 
6366, 6—7. 5446, 6 — 7. — 5218 — 19 : Ausblick auf Parzivals spä- 

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180 


tere Schicksale bis zur Erwerbung des Grals (P. XV — XVI), cf. 

5239. 5— 6. 5843. — 5429, 4 : die drei Blutstropfen im Schnee (P. VI). 

5523.5— 7: Gurncmanz Lehren (P. 170,25), cf. 5443,3 (P. 23', 11 
-13). 5741,5—7 (P. 171, 25-30). — 5531,6-32,2: Parzivals Ver- 
zweiflung an Gott (P. 332). 5699h (39, 212)3 — 5: Parzivals Herberge 
bei dem Fischer (P. 142 — 143). 6736, 6—7 : Herzelöude hütet ihren 
Sohn vor Ritterschaft (P. III). 5760,5: Parzivals Kampf mit Fei- 
refiz (P. XV). 6762,4 — 5: Parzivals Lande von Lehelin geraubt 
(P. 141, 6 ff.). 5793,5 — 7: Parzival versöhnt Orilus und Jeschute 
(P. 266-71). 5844 : Fest von Joflanze (P. XV— XVI). 5881, 3-5: 
Krönung desKardeiz (P. 803; bs. 22— 23). 5881,6 — 7: Feirefiz und 
Repanse de tschoie (P. 822, 21 fl 1 .). 5885, 6 — 7 : Gurnemanz und seine 
drei Söhne (P. 177 — 79). 5922 -23: Gamuret, Belakane und Her- 
zelöude (P. I— II); Parzival und Kondwiraraurs, cf. 5927,6 — 28,4. 
6932,1—2. - 6943,1—2: Kundrie (vgl. z.B. P. 318, 9— 10). 5962d 
(40, 197): die Klagen um Anfortas und seine Heilung (P. XVI). 6172 : 
Hinweis auf Wolframs Bericht über die Beschaffenheit des Grals 
(P. IX). 

Wolframs Willehalm nennt Albrecht Tit. 6910 zugleich mit 
dem Parzival. Anspielungen auf das Gedicht finden sich : Tit. 1220, 7 : 
Prahange, das Ross Terramers (Wh. 353, 30 u. ö.). 2836 — 41 : Aus- 
führlicher Hinweis ; Berechnung des Zeitunterschiedes der beiden 
Epen (cf. oben p. 16). 6929, 3 — 7 : Kyburc streitet selber mit (Wh. 
226, 29 ff.). 5930, 5—7: Kyburc heisst Willehalm durch die Feinde 
reiten (Wh. 103, 9 ff.). 6931,5 — 7: Kyburcs Treue (vgl. z.B. Wh. 
260). Auf Rennewarts Kämpfen mit seiner Stange (Wh. 416, 
28 fl 1 , u. ö.) spielt wohl an Tit. 3501 ,7 : ob sie halt striten raste latic 
mit stangeii. In einer Liste von Heiligen wird Willehalm aufgeführt: 
Tit. 3670, 6—7. 

Nichts illustriert deutlicher Albrcchts Abhängigkeit von Wolf- 
ram, als die Menge der hier aufgezählten Anspielungen auf Wolf- 
rams Werke*). — 

Nur zu verstehn unter der Voraussetzung, als ob Wolfram 
selbst rede , sind ferner die wirklichen Berufungen Albrechts auf 
seine. Quelle. Albrecht tritt schon Tit. 18—20, wo er die Para- 
phrase seiner Parzival-Einleitung beginnt, offen als Wolfram auf. 
Mit str. 77 tritt er in die eigentliche Darstellung ein und schickt 
derselben als sein Programm diese Strophe voraus : „ Der von Pro- 

*) Nachahmungen von Anspielungen Wolframs auf Stoffe anderer Epen (vgl. 
oben p. 177 f.) finden sich Tit. 1S67, 5—6 : sü er (= Orilus) tt Kanadick dm 
epencterc sv manigcm ritter torbehielt (= P. 135, 7 — 12). Über die Anspielungen 
auf Hern am, Herlint u. Fridebrant (P. 25), Tit. 1528 ff. u. 2681 ff., vgl. oben p. 37 f. 


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181 


vensdle und Flegetänis parliure, heidenisch ton dem grvde und franseis 
tuont sie kunt vil dventiure , das wil ich diutsch, gan mir sin got, hie 
künden: was Parcifäl du birget , das wirt se liehte braht än vakel- 
Sünden “. Was Albrecht hier in Wolframs Namen Z. 1 — 5 über 
seine Quellen vorbringt, ist aber nichts als eine kurzgefasste, ab- 
sichtlich wohl etwas dunkel gehaltene Zusammenfassung der aus- 
führlichen Auslassungen Wolframs über Kiot und Flegetänis, P. 
416,20-30. 463,11—455,22. 827, 3—14. Ja, man darf alles, was 
Albrecht Z. 1 — 5 sagt*), mit Ausnahme des Namens Flegetänis, 
den er aus P. 453, 23 ff. hat, eine einfache Paraphrase von P. 416, 
25 ff. nennen, wo Wolfram sagt: Kyot ist ein Provensäl , der dise 
äventiur von Parsiväl heidensch geschriben sach. swas er en fransoys 
da von gesprach , bin ich niht der witse las, das sage ich Huschen 
fürbas. Albrecht fügt dem auch nicht das geringste neue Moment 
hinzu, er nennt den Flegetänis parliure (77,2), wie Wolfram den 
Kyot wenige Verse vor der eben citierten Stelle (P. 416, 22) schan- 
tiure nennt. Die Bezeichnung parliure stammt selbst wieder aus 
Wolfram, der sie dem Plato beilegt, P. 465, 21; pareliure bedeutet 
da ‘Prophet’, eine Bezeichnung, die ja auch auf den Astrologen Fle- 
getanis, wie ihn Wolfram P. 454, 9 — 30 schildert, passt. Eine zweite 
Stelle, an der Albrecht etwas ausführlicher über Kiot allein redet, 
ist Tit. 2942,4—6: ob uns Kyot niht triuget , von dem diu äventiur 
üs heidenschefte den cristen ist gewissen ; sie enthält aber ebenfalls 
gar nichts Neues. Dazu kommen dann noch ein paar kurze Berufun- 
gen auf Kiot, nach Art der oben behandelten formelhaften Beru- 
fungen auf die Quelle; vgl. P. 431,2. 453, 5 ff. 776,10. 805,10. 
Tit. 5295,5—7: alsus genant so was ir nam se diute se Provens in 
der spräche, ob Kyot hie niht iriegen kan die liute, und unmittel- 
bar darauf 6296: 6we was hän ich üf in gesiuget , von Provensiale 
an siner dventiure also niht triuget, vielleicht auch 4539, 5 — 6 : Edo- 
lans, den ein Profcnciäle prüefte für die teer den (cf. oben p. 42). 
Diese formelhaften Berufungen auf Kiot beweisen natürlich, wie alle 
derartigen Hinweise auf das meere oder die dventiure, gar nichts. 
Was endlich Albrecht Tit. 82, 5 — 7 (gleich nach der ausführl. Be- 
rufung str. 77) aus dem Werke des Flegetänis selber zu citieren 
scheint, ist eine deutliche Anspielung auf die von Wolfram als 
Worte des Flegetänis angeführten Verse P. 454,27 — 30. 

So gewinnen wir aus allen bisher besprochenen Berufungen 
Albrechts auf Kiot und Flegetänis auch nicht den geringsten An- 
haltspunkt dafür, dass Albrecht wirklich diese Quelle eingesehen 

*) Dass erst Z. 6—7 Albrechts wahre Meinung enthüllen, haben wir oben 
p. 6 gezeigt. 


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182 


und benutzt hätte. Die Entscheidung bringt aber die letzte, allein 
noch übrige Stelle des Titurel, str. 6206r (= AD. 41,86). Diese 
Strophe fehlt in H , sie ist nur in AD. (= E s Zarnckes) und C 1 
(dem hannoverschen Titurelcodex) überliefert und abgedruckt von 
Lachmann (Wolfram v. E. p. XXXII) und Zarncke (Germania 22, 
15). Ich halte beide Herstellungen für nicht ganz einwandsfrei 
und lese (fast ganz nach AD): Kyöte Flegetäntse, der ( dem C 1 ) was 
hern (her C 1 AD.) Wolfram gebende dise ( die AD.) dventiur ee prise : 
die bin ich Albreht hie nach im (in C 1 ) üßcbende, därumbe dae drier 
dinge minder wcere, der Sünden und der schänden : dae drite, mich 
drücket ormuot diu swcere *). Hier, wo Albrecht am Schlüsse seines 
Werkes, ohne Wolframs Maske, noch einmal den Zweck darlegt, 
um dessentwillen er den Titurel verfasst hat, bezeichnet er also 
Wolfram als seine unmittelbare Quelle, was aufs trefflichste über- 
einstimmt mit der Untersuchung der Quellen des Titurel (cf. Teil I), 
die für die Hauptmasse des Titurel Wolframs Gedichte mitsamt 
ihren Andeutungen als Quelle festgestellt hat. Dass Albrecht das 
Buch des Kyot jemals eingesehen haben sollte, ist absolut zu ver- 
werfen **). 

Wir haben bis hierher, im Anschlüsse an die subjectiven Ele- 
mente in Wolframs Stil und Manier, die verschiedenen Mittel anf- 
gezählt, deren sich Albrecht bedient, um selbst als Wolfram zu 
erscheinen. Ich beschliesse diesen Abschnitt deshalb mit einer 
Sammlung der Stellen des Titurel , an denen Albrecht sich selbst 
Wolfram nennt oder nennen lässt, oder ausdrücklich im Namen 
Wolframs spricht. Albrecht benutzt vor allem seine beliebten 
Gespräche mit der Aventiure dazu, sich von ihr als Wolfram 
anreden zu lassen. Sie nennt den Dichter Wolfram-, Tit. 231,6. 
238a (1, 162) 6. 252,4. 3545,1 (im Wortspiele); friunt von Eschcn- 
bach : 3962, 6 ; ritter von Eschenbach : 6092, 1 — 2 ; friunt von Blien- 
velde : 579,6. 5028,1. 5236, 1, cf. Heidelbg. Brachst. I, str. 4,3 — 4: 
der von Plivelden her Wolfram (vgl. über diese Bezeichnung Wolframs, 

*) Fiegä&nist Z. 1 ist Nominativ , das anorganische -e ist aDgehängt , wie 
häufig im Titurel bei Eigennamen im Reime (vgl. z. B. 2521, 1. 2547, 1. 2559, 1. 
2783,4. 2979,5. 5633a, 1. 5819,2 u.s.w.) Albrecht beobachtet in dieser Strophe 
genau die Aufeinanderfolge der Quellen: von Flegetanis kam die Aventiure an 
Eiot, von Kiot an Wolfram, und nach Wolfram hat sie Albrecht aufgenommen. 

**) Von den Berufungen Albrechts auf eine Chronik als seine Quelle dürfen 
wir nur Tit. 4022 f. anerkennen, wo Albrecht die lateinische Chronik Gottfrieds 
v. Monmouth im Auge bat (cf. oben p. 71 ff.). Dagegen sind die Chroniken , die 
Albrecht 3115,6—7 (cf. 3122,4) und 5791 angiebt, rein fingiert, da sie beide 
Male nachweisbare Imitationen Albrechts bezeugen sollen. — Auf die bl. Schrift 
beruft sich Albrecht Tit. 156,6. 2830,3. 2927,5. 


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183 


die sich bei ihm selbst gar nicht findet , Haupt bei Beiger , M.H. 
als akad. Lehrer , p. 275). Albrecht lässt sich von seinen Zu- 
hörern her Wolfram anreden in dem einzigen im Titurel vor- 
handenen ausgeführten Gespräch zwischen Dichter und Publikum, 
Tit. 2094,7. Albrecht selbst nennt sich Wolfram: Tit. 1951a (15, 
32)6 — 7 (fehlt H): mit Heden Titurelles ich Wolfram niht tcan ouch 
desselben muote. 2816, 1 : Ich Wolfram wol klagen solde u. s. w. 
(str. 2816 — 17 [cf. 2814 — 15] sind eine breite Paraphrase der scher- 
zenden Bemerkung Wolframs P. 130, 14 — 16). Ausdrücklich in 
Wolframs Namen spricht Albrecht in seiner Einleitung str. 18, 5 ff., 
wo er beim Beginn seiner Paraphrase von Wolframs Parzival-Ein- 
leitung auf den Eingang des Parzival mit den Worten hinweist: 
den ewivel hän ich vor ein teil enbwret, me er nach helle verwet, an 
Parcifül man das von erste hairet, cf. str. 19 u. 20. ln derselben 
Weise spricht Albrecht wahrscheinlich in Wolframs Namen Tit. 
5204, 6 u. 525, 1 — 4. — Tit. 3964 spielt der Dichter im Gespräch 
mit der Aventiure auf P. 433, 2—5 an : Es ist nü eil vil lenge, das 
iuch niht künde verdriesen, ir emcoldet iuch an der enge in min s her- 
sen kämer Idn besliesen. Was Wolfram über sein Verhältnis zu 
den Frauen sagt (P. 337 u. 116,5—14), reproduciert Albrecht als 
Wolfram (cf. 5092, 1 — 2) Tit. 5092 — 95 in einem Gespräche mit 
der Aventiure *). 

Wir ersehen aus den hier aufgezählten Fällen, dass es falsch 
wäre, anzunehmen, Albrecht spreche nur an solchen Stellen in Wolf- 
rams Namen , wo er auch Wolframsches Gut im Stoffe behandele. 
Vielmehr verteilen sich die Fälle gleichmässig ohne diese Beschrän- 
kung auf das ganze Gedicht Albrechts von der Einleitung an bis 
zu der Strophe, in der er die Maske abwirft, Tit. 5883. Von hier 
an redet Albrecht von Wolfram immer in der 3. Person, cf. Tit. 
5912,6. 620or (= AD. 41, 86) 2 (cf. Lachmann, W. v. E. , pag. 
X X X 11) ; Heidelberger Bruchst. 1, str. 4, 3 — 4; H, str. 13, 3. Darum 
ist auch 5910 (40, 143) 3 die Lesart von AD. ich habe unbedingt 
zu verwerfen, cf. 5912,6**). 


*) Wolframs Selbstbekenntnis (Wb. 2, 16 ff.), dass er der Schrift der Bacher 
unkundig sei, wiederholt Albrecht wörtlich Tit. 62 in seiner Einleitung and str. 
4833 im unmittelbaren Anschluss an die aus Wolfram entlehnte Berufung auf 
Veldeke. Er thut das sicherlich auch uur, um als wirklicher Wolfram durebzu- 
gehn ; in Wahrheit wird er unzweifelhaft habeu lesen und schreiben können. 

**) Auffallend ist nur noch, dass schon Tit. 885(4,61)6 Wolfram einmal in 
der 3. Person genannt wird (denn die Lesart von AD. ich Wolfram ist sicherlich 
falsch); allein str. 885-90 sind rein redactioneller Matur, Albrecht fällt da für 
«inen Augenblick aus der Bolle. 


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184 


Schlussbetrachtungen. 

Unsere Untersuchung hat die völlige Abhängigkeit Albrechts 
von Wolfram in der Behandlung des Stoffes, wie in den sprach- 
lichen und stilistischen Erscheinungen dargethan. Wie kommt es 
nun, dass wir trotz den heissen Bemühungen Albrechts, sich in 
jeder Weise Wolframs Manier anzueignen und so seinem Gedichte 
den Ruhm des Wolframschen Namens zu verschaffen, dennoch so- 
fort den Titurel als das Werk eines Wolfram weit untergeordne- 
ten Dichters erkennen? Zu einem Teile veranlasst uns dazu ge- 
rade die übermässige Nachahmung Wolframs, deren sich Albrecht 
schuldig gemacht hat, mehr noch aber das auf Schritt und Tritt 
hervortretende Unvermögen Albrechts, sich von seiner eigenen In- 
dividualität freizumachen. Der Stempel von Albrechts Persönlich- 
keit ist seinem Gedichte in jeder Beziehung so stark aufgedrückt, 
dass selbst die intensive Nachahmung Wolframs dagegen verblasst 
und ihre Kraft verliert. 

Albrecht ist in erster Linie ein gelehrter Dichter und damit 
das gerade Gegenteil seines Meisters Wolfram. Dieser Gegensatz 
zeigt sich schon in der Behandlung des Stoffes: Wolfram hat die 
Geschichte Parzivals durch psychologische Vertiefung und epische 
Folgerichtigkeit in weit höherem Grade, als sein Vorgänger Chrestien, 
zu einem einheitlichen Kunstwerke ausgestaltet. Albrecht dagegen 
benutzt die nach den Angaben und Andeutungen der Wolframschen 
Gedichte zusammengestellte Geschichte von Schionatulander und 
Sigune nur als Ausgangspunkt, um in breiter Ausführung die von 
Wolfram im Parzival und Titurel oft nur spielend angedeuteten 
Sagenstoffe möglichst umfassend zu erledigen. Pedantische Ge- 
nauigkeit in der Beobachtung auch der kleinsten Andeutungen 
Wolframs, und dabei gelehrte Combination der überlieferten An- 
gaben zu scheinbar neuen Resultaten, sind die hervorstechendsten 
Züge in dem Bilde der stofflichen Abhängigkeit Albrechts von 
Wolfram. Albrecht ist aber nicht zufrieden damit, Wolframs Ge- 
dichte in der schlimmsten Weise für sein Werk auszuschlachten, 
sondern unermüdlich holt er von allen Seiten weiteres Material 
für den Stoff seines Gedichtes herbei," das er in mannigfachen 
Episoden und eingearbeiteten Anspielungen zum Besten giebt. Die 
gelehrten Neigungen des Dichters haben damit jeden einheitlichen 
Bau des Gedichtes um so sicherer zu Nichte gemacht, als ihm die 
Fähigkeit fehlte , die toten Stoffmassen geistig zu durchdringen 
und künstlerisch zu bewältigen: denn dazu hätte es, von allem 


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185 


andern abgesehen, zum mindesten jener dichterischen Selbständig- 
keit bedurft, die Albrecbt in geistiger Selbstverstümmelung dem 
grossen Meister Wolfram allzu willig hingeopfert hat. 

Freilich nicht in allem; und wo Albrecht das eigne Gesicht 
zeigt, da bedauern wir fast, dass er dem Vorbild nicht noch treuer 
geblieben ist. Albrecht erzählt seine aller Orten zusammengetra- 
genen Aventiuren nicht etwa in schlichterWeise eine nach der an- 
dern, sondern er durchsetzt seine Erzählung von Anfang bis zu 
Ende mit den für den Titurel charakteristischen gelehrten Excursen, 
die verschieden lang und ausgeführt, bald rein gelehrte Untersuchun- 
gen, bald moralisch - didaktische oder mystisch -religiöse Ergüsse 
darstellen, in jedem Falle aber die Handlung des Gedichtes unter- 
brechen. Diese Manier unterscheidet Albrecht scharf von Wolfram, 
der zwar Ansätze zu gelehrten Abschweifungen gleichfalls zeigt, 
aber durch sein gesundes künstlerisches Gefühl jedes Übermass 
fern gehalten hat. Albrecht dagegen ist in diesen Abschweifungen 
in seinem eigensten Element, hier giebt er sich, wie er ist, und 
wenn er natürlich auch die hier aufgespeicherte Gelehrsamkeit 
durchweg aus zweiter Hand hat, so dürfen wir doch sagen, dass 
er diesen Teilen seines Gedichtes ein fast noch grösseres Interesse 
entgegenbringt , als seinem eigentlichen Stoffe. Die mannigfachen 
Notizen, Belehrungen und Nachweise dieser Excurse ergänzen, nach 
Albrechts Absicht, den entlehnten epischen Stoff, und erst wenn 
wir gelernt haben, die in den Excursen Albrechts vorgetragene 
Weisheit für mindestens ebenso wertvoll zu halten, wie die in der 
eigentlichen Handlung berichteten Thatsachen und Momente, dann 
erst haben wir Albrechts Auffassung von dem Werte seines Ge- 
dichtes erreicht. 

Dem entspricht auch die Wirkung, die sich Albrecht von sei- 
nem Gedichte auf seine Zeitgenossen verspricht. Er will seinen 
ritterlichen Lesern und Zuhörern (denn an ein ritterliches Publi- 
kum wendet sich sein Werk) nicht nur eine unterhaltende Lectüre, 
in den Schilderungen der endlosen Abenteuer seiner Helden , son- 
dern zugleich auch ein Musterbuch höfischer Sitte, ein Repertorium 
der damals umlaufenden gelehrten Kenntnisse und eine Auswahl 
der damals gerade beliebt werdenden mystischen Ausdeutungen in 
die Hand geben. Die gelehrten Neigungen Albrechts finden also 
ihre letzte Befriedigung in der Belehrung seiner Leser: die eigene 
htnst, die er sich durch die mühevollste und fleissigste Arbeit er- 
worben hat, will er an den Mann bringen. In der fortwährenden 
Hervorhebung der kunst steht Albrecht ganz in seiner Zeit , die 
sich ja mit der Betonung des technischen Könnens und der ge- 


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186 


lehrten Behandlungsweise bereits deutlich dem ausgeprägten Meister- 
gesänge nähert; aber er bildet darin den schärfsten Gegensatz zu 
Wolfram. Dem grossen Dichter des Parzival geht sein Schildes 
ambet bekanntlich über seine Sangeskunst (P. 115) ; seine äventiure 
vert äne der buoche stiure, und im Eingänge des Willehalm (2, 21 f.) 
sagt er von seiner Kunst: niht anders ich gelcret bin, tcan kän ich 
kunst, die git mir sin. Albrecht spricht ihm zwar dies Bekenntnis 
nach (4832) , aber er benutzt es nur als eins seiner Mittel , für 
Wolfram durchzugehn; im Grunde seines Herzens ist er ganz an- 
derer Ansicht, wie wir aus vielen Stellen seines Gedichtes mit 
völliger Gewissheit ersehen können. Obenan steht da die grosse 
Dissertation über die Stufenleiter der werden (6220—32). Nach 
den Priestern, die natürlich die erste Stelle einnehmen, folgen un- 
mittelbar die gelerten der buoche mit kunstricher wiiee ; erst nach 
ihnen rangieren die von adel hoch gebürte. Die lange Auseinander- 
setzung klingt aus in die Lehre, die besonders den Rittern einge- 
schärft wird: Stcer wirde welle erwerben, der st an künste meister- 
schaft begernde, und dazu bietet sich (5232) disiu äventiure selbst 
an : vil kunstricher stiure ist sie die werden alle schölte wernde , die 
sich des niht beherent noch beträgent, dae sie werdeclichen nach der 
äventiur durch lere frägent. Überall , wo Albrecht sonst noch von 
der Tendenz seines Gedichtes spricht, hebt er die lere hervor, cf. 
str. 59 f., 3687, 7 und besonders 2898 — 2910 , wo Albrecht , ausge- 
hend vom Lobe der gelehrten (Buch-)Dichtung, endigt mit der Em- 
pfehlung seines eigenen Gedichtes, das für Fürsten und Ritter in 
der That aller Salden beste bringe. 

Albrecht bat sich in seinen Erwartungen nicht getäuscht, sein 
kolossales Gedicht beherrschte in der seinem Erscheinen folgenden 
Periode poetischen Niederganges das deutsche Mittelalter als ein 
haubt ob teutschen pucchen und ‘eine Anweisung zur höchsten und 
edelsten Ausbildung’ (Zarncke, Gralt. p. 376 [4]) ; wir werden nicht 
fehlgehn, wenn wir annehmen, dass gerade Albrechts Gedicht einen 
grossen Teil dazu beigetragen hat, Wolfram zu dem gelehrten Meister 
zu machen, auf den die Meistersinger ihre edle Kunst zurückführten. 


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Inhaltsübersicht. 

P»«- 

Einleitung; 1 

Teill: Stoffliche Abhängigkeit Albreehts Ton Wolfram 4 

Teil II: Albreehts Abhängigkeit von Wolfram in Sprachgebrauch und Stil HD 

Cap. I: Metrisches: Stumpfe Ausgänge an fL Stelle. — Stumpfe Caesur- 
reime. — Syntact. Eigentümlichkeiten im Keime. — Dinlectische Reime. 

— Bemerkenswerte Flexions- und Wortformen im Keime. — Beliebte 
Reimwörter und Reimverbindungen. — Enclisis des Pron. pers. an 
das Verbum im Reime. — Enjambement 

Cap. II: Wort und Satz 

L Wortwahl: Unhöfische Wörter. — Franz. Fremdwörter. . . 

II. Wortbildung: Neubildungen. — Beliebte Zusammensetzungen . 

III. Syntact. Structuren: Rückblick auf die in Cap. I erörterten 

Fälle. — Volksepische Structuren. — Subst. Infinitiv. — Part. Prs. 
in pass. Bedeutung. — Part. Prt. zur Bezeichnung des abs. Ver- 
balbegriffs. — Lockere Constructionen im Verhältnisse der Satz- 
glieder (Vernachlässigte Congruenz zwischen Sg. u. PI. — unde. — 
Relativum ohne Beziehung. — Plötzlicher Wechsel des Subjects in 
coord. Sätzen. — &n'o noivov. — Wirkl. Anakoluthe. — Übergang 
aus der indirecten in die directe Rede) . 

Cap. III: Stil und Manier 

L A b s olute V o r an stel lung 

II. Verwendung der Negation: Neg. Antithese. — Antiphasis. 

— Doppelt negierte (= pos.) Sätze. — der eren riche und lasten arm . 144 

III. Formelhafte Verbindungen: junc und alt. — Zwei ver- 
schiedeneTempora eines Verbums verbunden. — FormelndesVolksepos. 1AS 

IV. Umschreibungen: einer Person (mit Hülfe von Länder- u. 

Personennamen — durch das Pron. poss. mit dem „tbätigen Or- 
gane“ oder einem „Zustands- oder Eigenschaftsbegriff“ — durch 
die bildliche Ausdrucksweise — durch einen ganzen Satz). — einer 
Sache oder eines abstracten Begriffs durch einen ganzen Satz. — 
Einzelne umschreibend gebrauchte Wörter (eil, eite, kraft, name — 
erkant, bekamt, kunt — leren — kunnen) 149 

Cap. IV. Bilder und Vergleiche IM 


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SEE EEEE 


166 

170 


Cap. V. Humor 

Cap. VL Hervortreten der Person des Dichtere 

I. im Verkehre mit seinem Publikum: Anreden an die Zu- 
hörer. — Beteuerungen der Wahrheit. — Formelhafte Berufungen 


auf die Quelle. — Verweisungen auf die Zukunft. — Fragen aus 

dem Sinne der Hörer. — man such, man härte 170 

II. in seinem Verhältnisse zu den Personen seines Ge- 
dichtes: Anreden an die Personen des Gedichtes. — Gelegentliche 

Bemerkungen des Dichters über dieselben 173 

HI. in kurzen subjectiren Bemerkungen 174 


IV. Albrechts Mittel, umsichfürWolfram auszugeben: 
Anspielungen auf Örtlichkeiten, Ereignisse und Persönlichkeiten der 
Gegenwart und Zeitgeschichte, speciell auf zeitgenössische Dichter. 
— Wirkliche Berufungen auf die Quelle. — Albrecbt spricht direct 


in Wolframs Hamen 176 

Schlutabetrachtungen 184 


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Vita. 

Ich, Conrad Borchling, bin geboren am 20. März 1872 
zu Hitzacker, Kreis Dannenberg, als Sohn des Kgl. Rechnungsrats 
August Borchling und seiner Gemahlin Marie, geb. Eilen- 
bürg. Ich bekenne mich zur evangelisch-lutherischen Confession. 
Auf den Gymnasien zu Leer, Hildesheim und Emden, wo ich zum 
Ostertermine 1889 das Abiturientenzeugnis erwarb, vorgebildet, 
bezog ich nach einer halbjährigen Ruhepause, die zur Kräftigung 
meiner angegriffenen Gesundheit nötig war, Michaelis 1889 die 
Georgia-Augusta und habe ihr seitdem bis Ostern 1896 ununter- 
brochen als akademischer Bürger angehört. In den ersten Jahren 
durch Kränklichkeit vielfach behindert , habe ich mich , bei der 
allmählichen Erstarkung meiner Constitution, von Jahr zu Jahr 
eifriger meinen Studien hingeben können, die sich gleichmässig 
der deutschen und der klassischen Philologie zugewandt haben. 
Dem deutschen Seminar habe ich 6 Semester, dem philologischen 
Seminar 3 Semester als ordentliches Mitglied angehört. Ausserdem 
habe ich 2 Semester an den Hebungen des archaeologischen Se- 
minars, und 2 Semester an denen des englischen Proseminars teil- 
genommen. Am 29. April 1895 wurde meine hier vorliegende 
Bearbeitung der Preisaufgabe der philosophischen Facultät mit 
dem vollen Preise gekrönt; inzwischen habe ich am 27. April 1896 
das Examen rigorosum und am 1. August 1896 das philologische 
Staatsexamen absolviert. 

Es ist nun noch meine angenehme Pflicht, allen meinen aka- 
demischen Lehrern meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Zwei 
Männern aber fühle ich mich ganz besonders verpflichtet, Ulrich 
von Wilamo witz-Moellendorff, dessen unveränderten Wohl- 
wollens ich mich nicht nur für meine Studien, sondern auch für 
meine Person bis zuletzt zu erfreuen gehabt habe, und Gustav 
Roethe, dem unermüdlichen Förderer dieser Arbeit, der mir als 
Gelehrter wie als Mensch gleich nahe getreten ist. Die hohe 
Auffassung dieser beiden Männer von der Philologie soll auch mir 
stets als das Ideal meines Strebens dastehn. 




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»Ci xj Vk. rtivy/.v». jrroc. 



18 DDE ON THE LAST DATE 
btamped below 

IAL FINE OF 25 0ENT8 

SESSED FOR FAILURE TO 
ON THE DATE DUE THE PENALTY 
ASE TO BO CENTS ON THE F ° U "™ 
■o «i oo ON THE SEVENTH DAY 


lsiuia ant- 


U£R 


KECDU! QES2870-2PH9« ! 


XjD 41-100m-7,’«0(8»8#l) 






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UNIVERSJTY OF CAUFORNIA LIBRARY